OGH 2Ob519/95

OGH2Ob519/956.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Burkhard H*****, wider die beklagte Partei Peter H*****, wegen S

1.800 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 10.Jänner 1995, GZ 3 R 4/95-2, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 13.7.1994, GZ 4 C 315/94-9, wurde das Klagebegehren auf Zahlung von S 1.800 sA abgewiesen.

Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat die dagegen vom Kläger erhobene Berufung wegen Nichtigkeit mit Beschluß vom 21.10.1994 verworfen und mit Urteil vom selben Tage der Berufung des Klägers nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Der vom Kläger gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes über die Verwerfung der Nichtigkeitsberufung erhobenen (außerordentliche) Revisionsrekurs wurde rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen.

Mit einer am 3.1.1995 beim Landesgericht Feldkirch eingebrachten, auf § 529 Abs 1 Z 2 ZPO gestützten Nichtigkeitsklage beantragte der Kläger, es möge festgestellt werden, daß sowohl das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 13.7.1994 als auch das diesem Urteil vorangegangene Verfahren erster Instanz und die Entscheidung des Landesgerichtes Feldkirch vom 21.10.1994 wie auch das dieser Entscheidung vorangegangene Rechtsmittelverfahren infolge grober Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör zu Lasten des Klägers nichtig seien.

Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat mit Beschluß vom 10.1.1995 diese Nichtigkeitsklage gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß erhob der Kläger eine beim Landesgericht Feldkirch eingebrachte, von diesem dem Bezirksgericht Bludenz zuständigkeitshalber abgetretenen Rekurs an das Oberlandesgericht Innsbruck, in dem er den Antrag stellte, den Zurückweisungsbeschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 10.1.1995 ersatzlos zu beheben und diesem die Durchführung des Verfahrens über die Nichtigkeitsklage aufzutragen.

Das Oberlandesgericht Innsbruck, an das dieser Rekurs vom Bezirksgericht Bludenz vorgelegt wurde, hat mit Beschluß vom 6.3.1995 ausgesprochen, daß zur Entscheidung über einen Rekurs, mit dem ein Beschluß eines Gerichtshofes erster Instanz, der im Vorprozeß Berufungsgericht war, über die Zurückweisung einer Nichtigkeitsklage gemäß § 538 ZPO angefochten wird, der Oberste Gerichtshof zuständig sei und den Rekurs an diesen überwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Da mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage mehrere in demselben Rechtsstreite von Gerichten verschiedener Instanzen gefällte Entscheidungen angefochten werden, ist für diese Nichtigkeitsklage nach § 532 Abs 1 ZPO ausschließlich das höchste unter diesen Gerichten, demnach das Landesgericht Feldkirch zuständig. Nach § 535 ZPO sind in Ansehung der Anfechtbarkeit der Entscheidung dieses Gerichtes diejenigen Bestimmungen maßgebend, welche für das höhere Gericht als Rechtsmittelinstanz maßgebend wären. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat zutreffend darauf verwiesen, daß zur Entscheidung über einen Rekurs, mit dem ein Beschluß eines Gerichtshofes erster Instanz, der im Vorprozeß Berufungsgericht war, über die Zurückweisung einer Nichtigkeitsklage angefochten wird, der Oberste Gerichtshof zuständig ist, weil gegen Entscheidungen, die ein Landesgericht in seiner Eigenschaft als Berufungsgericht gefaßt hat, der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof geht. Nach ständiger Rechtsprechung gelten aber für den Rekurs an den Obersten Gerichtshof die Rekursbeschränkungen der §§ 519 und 528 ZPO (RZ 1993/66, RZ 1994/59, RZ 1995/10, zuletzt 8 Ob 529/94; Fasching LB 2 Rz 2087; Kodek in Rechberger Rz 1 zu § 535).

Im vorliegenden Fall ist allerdings zu beachten, daß das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht die Nichtigkeitsklage zurückgewiesen hat. Damit kommt die Ausnahmebestimmung des § 519 Abs 1 Z 1 zum Tragen. Gegen einen Beschluß, mit welchem ein Berufungsgericht die Klage oder die Berufung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ist der Vollrekurs an den Obersten Gerichtshof ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, aber auch ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes zulässig (RZ 1992/1; 1992/26; ecolex 1992, 695; Petrasch ÖLZ 1989, 750; Kodek in Rechberger Rz 3 zu § 519). Die gegenteilige Rechtsansicht Faschings (LB2 Rz 1980 f) wurde vom Obersten Gerichtshof bereits abgelehnt (ecolex 1992, 695).

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Der Rekurswerber macht geltend, daß er in seinem rechtlichen Gehör verletzt worden sei, weil seine Vernehmung als Partei nicht durchgeführt worden sei.

Es trifft zwar zu, daß nach ständiger Rechtsprechung (SZ 54/105 mN) auch Verletzungen des rechtlichen Gehörs iS des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO eine Klage nach § 529 Abs 1 Z 2 ZPO rechtfertigen können. Durch diesen Nichtigkeitsgrund wird nur die gesetzwidrige Verhinderung der Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, erfaßt. Die bloße Erschwerung der Teilnahme an der Verhandlung genügt nicht. Der Nichtigkeitsgrund wird dann hergestellt, wenn eine Partei durch eine gesetzwidrige Vorgangsweise gehindert wird, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, wenn eine solche zwingend vorgeschrieben ist (Kodek in Rechberger Rz 7 zu § 477 ZPO, Fasching IV 128).

Dem Kläger wurde nun die Möglichkeit "vor Gericht zu verhandeln" nicht genommen. Es trifft zwar zu, daß eine ausdrückliche Ladung zur Parteienvernehmung nicht erfolgte. Die Unterlassung der Parteienvernehmung kann zwar einen Verfahrensmangel, nicht aber den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO darstellen. Dazu ist im vorliegenden Fall noch zu beachten, daß der Kläger sich nicht nur auf das Beweismittel seiner Parteienvernehmung, sondern auch noch auf vorzulegende Urkunden berufen hat. Das Landesgericht Feldkirch hat daher die Nichtigkeitsklage zu Recht gemäß § 538 ZPO zurückgewiesen.

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