OGH 14Os24/95

OGH14Os24/954.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohrböck als Schriftführerin, in der bei dem Bezirksgericht Freistadt zum AZ U 188/93 anhängigen Strafsache gegen Egon K***** wegen des Vergehens des falschen Vermögensverzeichnisses nach § 292a StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Egon K***** gegen den Vorführungsbefehl des Bezirksgerichtes Freistadt vom 11.Oktober 1994, AZ U 188/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Vorführungsbefehl wurde Egon K***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.

Ein Ausspruch über den Ersatz der Beschwerdekosten gemäß § 8 GRBG entfällt.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

In dem oben bezeichneten Strafverfahren wurde der Beschuldigte Egon K***** am 7.November 1994 von Gendarmeriebeamten auf Grund eines richterlichen Vorführungsbefehles vom 11.Oktober 1994 zur Hauptverhandlung vorgeführt.

Mit der als "Beschwerde gemäß § 481 StPO" bezeichneten, beim Bezirksgericht Freistadt am 21.November 1994 überreichten Eingabe wendet sich Egon K***** gegen diese Vorführung als gesetzwidrig, "weil er zuvor keine Ladung für die Verhandlung erhalten" habe.

Der Sache nach handelt es sich dabei um eine zulässige Grundrechtsbeschwerde (§ 1 Abs 1 GRBG), weil das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde (§ 481 StPO) gegen den Vorführungsbefehl in Anbetracht seiner bereits erfolgten Durchführung zurückzuweisen gewesen wäre und demzufolge Egon K***** im Instanzenzug weder Abhilfe durch eine Sachentscheidung noch (wenigstens) die Feststellung einer Gesetzesverletzung erreichen konnte (15 Os 152/94; vgl auch JAB 852 BlgNR 18 GP, 4). Sie ist auch rechtzeitig, weil dem Auftrag zur Behebung des Mangels einer Verteidigerunterschrift (§ 3 Abs 2 GRBG) fristgerecht entsprochen wurde.

Die Grundrechtsbeschwerde ist berechtigt.

Im bezirksgerichtlichen Verfahren kann die vorläufige Festnehmung des Beschuldigten zum Zweck der Vorführung außer den im § 175 Abs 1 Z 2 und 3 StPO erwähnten Fällen nur dann stattfinden, wenn der ausdrücklich zum persönlichen Erscheinen aufgeforderte Beschuldigte dieser Aufforderung nicht nachkommt (§ 452 Z 1 StPO). Die Vorladung des Beschuldigten hat außerdem die Androhung zu enthalten, daß er im Falle seines Ausbleibens zu gewärtigen habe, daß je nach Umständen entweder die Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit vorgenommen oder er durch einen Vorführungsbefehl zur Verhandlung gestellt oder, falls dies nicht zeitgerecht ausführbar sei, die Hauptverhandlung auf seine Kosten vertagt und er zur Verhandlung vorgeführt werde (§§ 221 Abs 1, 447 StPO; vgl auch 13 Os 89/76 und 15 Os 152/94).

Diese Vorführungsvoraussetzungen lagen hier nicht vor, denn Egon K***** war zur Hauptverhandlung vom 26.September 1994 (ON 28), der er ferngeblieben war, unter Verwendung des StPO-Formulars Lad 3 (Ladung des Beschuldigten zur Hauptverhandung vor dem Bezirksgericht) geladen worden (siehe Rückschein bei S 129), das weder die Anordnung eines persönlichen Erscheinens noch die entsprechende Belehrung über die Ausbleibensfolgen enthält. Für eine persönliche Vorladung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht ist vielmehr das StPO-Formular Lad 4 vorgesehen, in dem auch die erforderliche Rechtsbelehrung vorgedruckt ist.

Durch die gerügte Anordnung der Festnahme zum Zweck der Vorführung wurde somit das Gesetz unrichtig angewendet und Egon K***** damit im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt (§ 2 Abs 1 GRBG).

Eine Kostenentscheidung gemäß § 8 GRBG war nicht zu treffen, weil der Verteidiger in einem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schreiben vom 21.März 1995 auf Anfrage erklärt hat, in dieser Angelegenheit keine "Gebühren" zu beanspruchen.

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