Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 11.7.1993 verkaufte die Klägerin die ihr nach dem Tod ihres Vaters zugekommene, ca fünf Jahre hindurch als Deszendentenfortbetrieb von einem Kanzleiverweser geführte Steuerberatungskanzlei. Der Kanzleiverweser hatte beim Raiffeisenverband Salzburg Kredite aufgenommen und schloß zu deren Besicherung in Fortsetzung des Global- und Mantelzessionsübereinkommens vom 21.12.1988 am 22.5.1992 einen Globalzessionsvertrag ab, mit dem der Deszendentenfortbetrieb zur Abdeckung und Rückführung sämtlicher Kredite und Darlehen sowie sonstiger Forderungen dem Raiffeisenverband Salzburg sämtliche Forderungen, insbesondere also Buchforderungen, die ihm aus dem Betrieb seines Unternehmens gegenüber dritten Personen entstanden sind oder in Zukunft entstehen, abtrat.
Im Kaufvertrag vom 11.7.1993 vereinbarten die Streitteile, daß ein Kaufpreisteil von S 2 Mio von dem von beiden Teilen bestellten Treuhänder bis längstens 31.7.1996 zu verwahren ist. Diese Frist sollte sich im Fall einer Inanspruchnahme des Beklagten als Unternehmungserwerber durch Gläubiger des Deszendentenfortbetriebes bis zur Vollstreckbarkeit des ergehenden Urteiles verlängern. Grund dieser Vereinbarung war, daß schon damals Forderungen des Raiffeisenverbandes Salzburg bekannt waren und mit einer Inanspruchnahme des Beklagten als Unternehmenserwerber gerechnet wurde.
In der Folge stellte sich heraus, daß die Forderungen des Raiffeisenverbandes Salzburg rund S 1,8 Mio betragen, sämtliche Aktivforderungen des Betriebes zur Besicherung abgetreten waren und auch der Unternehmenswert in bezug auf den Klientenstock um etwa drei Viertel verringert war. In einem Annex zum Kaufvertrag hielten die Streitteile deshalb am 19.8.1993 fest, daß der Kaufpreis im Hinblick auf die vorliegenden Veränderungen nunmehr S 888.000,-- betrage und bei Unterfertigung fällig sei. Zur Kaufpreiszahlung hielten die Streitteile darin noch folgendes fest:
"Der Vertragsverfasser wird vom Käufer somit ermächtigt, den Kaufschilling nach Abruf durch die Verkäuferin dieser auszuhändigen. Für den Fall, daß der Käufer von vermeintlichen Gläubigern der Verkäuferin in Anspruch genommen würde und hierüber eine letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung vorliegt, erklärt der Vertragsverfasser seine persönliche Bürgen- und Zahlerhaftung gegenüber dem Käufer bis zur Höhe des ausgewiesenen Kaufschillings. Ausdrücklich wird festgestellt, daß der Vertragsverfasser die Treuhandschaft gegenüber beiden Vertragsparteien zurücklegt und im gleichen Zug die Treuhandschaft lediglich für die Weiterleitung des Kaufschillings an die Verkäuferin übernimmt ....."
Danach teilte der Beklagte dem Vertragsverfasser Bedenken gegen diese Vereinbarung mit: Eine Entscheidung über seine Haftung für Unternehmensschulden könnte erst nach Jahren ergehen; zu diesem Zeitpunkt könnte die Bürgschaft des Vertragsverfassers wertlos sein. Die Klägerin lehnte jedoch eine Änderung der getroffenen Vereinbarung ab.
Am 21.9.1993 erlegte der Beklagte beim Bezirksgericht Salzburg den verbliebenen Kaufpreisrest von S 640.000,-- mit der Begründung, daß der Raiffeisenverband Salzburg seine Haftung gemäß § 1409 ABGB in Anspruch genommen habe. Da er nicht überprüfen könne, ob seine Haftung gegeben sei, sei die Rechtslage unklar. Der Erlag wurde vom Gericht angenommen.
Die Klägerin begehrt die Zahlung des restlichen Kaufpreises von S 640.000,-- sA. Die gerichtliche Hinterlegung sei mangels eines tauglichen Erlagsgrundes nicht schuldbefreiend gewesen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der Raiffeisenverband Salzburg habe ihn in Kenntnis gesetzt, daß ihm die Klägerin rund S 1,8 Mio schulde und dabei auf seine Haftung gemäß § 1409 ABGB verwiesen. Wegen der immer ungewisser werdenden Sach- und Rechtslage, wen der Kaufpreis nunmehr zustehe, liege ein ausreichender Erlagsgrund vor. Der Raiffeisenverband Salzburg habe seine Ansprüche (auf den restlichen Kaufpreis) aber auch auf die Globalzession des Deszendentenfortbetriebes gestützt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Gerichtserlag sei nicht mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt, weil der Beklagte schon vor dem Erlag in Kenntnis aller vorgetragenen Umstände gewesen sei, sich aber dennoch - gegen Sicherung durch eine Bürgschaft - gegenüber der Klägerin zur sofortigen Zahlung verpflichtet habe. Mit der Zession der Kaufpreisforderung sei der Erlagsantrag nicht begründet worden. Im übrigen fehle es für die Wirksamkeit der Zession der Kaufpreisforderung an der für eine Sicherungsabtretung erforderlichen Publizität.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Der auf § 1409 ABGB gestützte Anspruch des Raiffeisenverbandes Salzburg auf die Kaufpreisforderung könne den Gerichtserlag nicht rechtfertigen. Der Beklagte habe sich in Kenntnis einer möglichen Haftung zur sofortigen Kaufpreiszahlung an den Treuhänder der Klägerin verpflichtet. Wegen der ihm bereits vor Eingehen dieser Verpflichtung bekannten Umstände könne er den Kaufpreis nicht bei Gericht erlegen. Aus dem Titel des Globalzessionsvertrages habe der Raiffeisenverband Salzburg die Kaufpreisforderung gegenüber dem Beklagten aber nicht geltend gemacht und eine solche Geltendmachung auch nicht angekündigt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Beklagten erhobene Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig im Sinne des § 502 Abs 1
ZPO.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte die bereits beim Abschluß der Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag bekannten Umstände (insbesondere die Ankündigung des Raiffeisenverbandes Salzburg, ihn als Unternehmenserwerber gemäß § 1409 ABGB in Anspruch nehmen zu wollen) nicht für die Begründung der Rechtmäßigkeit des Gerichtserlages heranziehen kann, ist durch SZ 35/1 gedeckt; der Schuldner, der sich selbst in die Lage der Unklarheit gebracht hat, ist zur Hinterlegung nicht berechtigt. Verpflichtete sich der Beklagte trotz Kenntnis aller Umstände, den Kaufpreis mit der Unterfertigung der Zusatzvereinbarung an den Vertragsverfasser zu zahlen, und wurde dieser gleichzeitig ermächtigt, den Kaufpreis nach Abruf der Verkäuferin auszuhändigen, dann hat er sich selbst in die im Erlagsantrag angegebene Situation gebracht. Der Oberste Gerichtshof hat aber auch schon ausgesprochen, daß Gerichtserläge, die den Zweck getroffener Absprachen vereiteln würden, einem Erlag entgegenstehen; einem solchen Erlag kommt keine schuldbefreiende Wirkung zu (4 Ob 116/82). Der Zweck der Fälligkeitsvereinbarung und der Ermächtigung des Vertragsverfassers zur Ausfolgung des bei ihm erlegten Kaufpreises an die Klägerin würde aber durch den Gerichtserlag vereitelt.
Von der in der Revision weiter aufgeworfenen Frage, ob der Raiffeisenverband Salzburg schon dann als weiterer Forderungsprätendent in bezug auf die Kaufpreisforderung anzusehen sei, wenn nur die Möglichkeit besteht, daß er die Forderung gegen den Beklagten auf den Globalzessionsvertrag stützen werde, hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht ab. Der Deszendentenfortbetrieb trat dem Raiffeissenverband Salzburg nur sämtliche Forderungen ab, die ihm aus dem Betrieb seines Unternehmens gegenüber dritten Personen entstanden sind oder künftig entstehen. Die Kaufpreisforderung der Klägerin ist in bezug auf diese Abtretung eine künftige Forderung. Künftige Forderungen können zwar unabhängig davon abgetreten werden, ob ihre Höhe zum Zeitpunkt der Zession bereits feststeht; sie müssen jedoch grundsätzlich nach der Person des Schuldners und nach dem Grundverhältnis, aus dem in Zukunft die Forderung zwischen den beteiligten Personen entstehen soll, bestimmt sein (SZ55/37; SZ 61/47; JBl 1984, 85). Aus dem im Abtretungsvertrag genannten Rechtsverhältnis, nämlich dem Betrieb des Deszendentenfortbetriebes, ist die Kaufpreisforderung der Klägerin aber nicht entstanden, so daß sie damit dem Raiffeisenverband Salzburg auch nicht abgetreten wurde. Auch damit, daß der Raiffeisenverband Salzburg auf Grund des Globalzessionsvertrages Anspruch auf die Kaufpreisforderung habe, kann der Erlag somit nicht gerechtfertigt werden.
Ungeachtet des - nicht bindenden Ausspruchs (§ 508 a ZPO) - daß die ordentliche Revision zulässig sei, war die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten nicht hingewiesen.
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