Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,
1. im Ausspruch über die Abweisung des Antrages der Staatsanwaltschaft, den PKW Mercedes 300, Baujahr 1991, Kennzeichen WE - RK 1, gemäß § 13 Abs 3 SGG für verfallen zu erklären, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen;
2. im Strafausspruch dahin abgeändert, daß die über Robert K***** verhängte Freiheitsstrafe unter Aufhebung des Ausspruchs über deren bedingte Nachsicht auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre erhöht wird.
II. Aus Anlaß dieser Entscheidung wird der mit dem angefochtenen Urteil zugleich ergangene Beschluß, mit dem vom Widerruf der bedingten Nachsicht der mit dem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9. April 1992, GZ 14 E Vr 171/90-68, über Robert K***** verhängten Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Monaten abgesehen und die Probezeit auf 5 (fünf) Jahre verlängert wurde, aufgehoben und diese bedingte Strafnachsicht widerrufen.
III. Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.
IV. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Robert K***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG, des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG und des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er im Zeitraum von Herbst 1993 bis 9.Mai 1994 bei 5 Einkaufsfahrten gewerbsmäßig mindestens 420 Gramm Kokain (Reinsubstanz ca 67 %) aus den Niederlanden unter Umgehung des Zollverfahrens nach Österreich eingeführt und einen Großteil davon (nach Streckung) hier in Verkehr gesetzt hat. Außerdem hat er schon von Sommer 1991 bis Herbst 1993 insgesamt mehr als 57 Gramm Kokain erworben, besessen und anderen überlassen.
Robert K***** wurde hiefür nach § 12 Abs 2 SGG zu 2 Jahren Freiheitsstrafe, wovon ihm ein Teil von 16 Monaten gemäß § 43 a Abs 3 StGB bedingt nachgesehen wurde, nach § 38 FinStrG zu einer Geldstrafe von 100.000 S (2 Monate Ersatzfreiheitsstrafe) und nach § 13 Abs 2 SGG zu einer Wertersatzstrafe von 896.712 S (9 Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Vom Widerruf der bedingten Nachsicht der über ihn mit dem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 9. April 1992, GZ 14 E Vr 171/90-68, verhängten Freiheitsstrafe von 7 Monaten wurde abgesehen und die Probezeit auf 5 Jahre verlängert (§ 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag der Staatsanwaltschaft, den zur Beförderung des Suchtgiftes verwendeten PKW Mercedes 300, Baujahr 1991, Kennzeichen WE - RK 1, gemäß § 13 Abs 3 SGG für verfallen zu erklären, wurde mit der Begründung abgewiesen, daß die Eigentümerin des Fahrzeugs, nämlich die H***** GmbH in Linz bzw deren Angestellte, nichts von den Suchtgiftfahrten gewußt haben (US 20).
Zutreffend macht demgegenüber die Staatsanwaltschaft in ihrer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde geltend, daß der Schöffensenat dabei maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt hat. Gemäß § 13 Abs 3 SGG sind die zur Beförderung eines Suchtgiftes verwendeten, nicht einer öffentlich-rechtlichen Unternehmung gehörenden Fahrzeuge für verfallen zu erklären, wenn der Fahrzeughalter wußte, daß sein Fahrzeug zu dem verbotenen Zweck mißbraucht wird. Vom Verfall eines Fahrzeuges ist abzusehen, wenn er zur Bedeutung der Tat in einem auffallenden Mißverhältnis stünde.
Ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht, daß für den Ausspruch des Verfalls eines zur Beförderung eines Suchtgiftes verwendeten Fahrzeuges das Wissen des Eigentümers (hier: des Vorbehaltseigentümers) vom Mißbrauch des Fahrzeuges maßgebend wäre, hat sich das Erstgericht mit der - nach den von der Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsmittel aufgezeigten Kriterien zu lösenden - Frage, wer im gegebenen Fall als Fahrzeughalter (§ 3 Abs 1 Z 7 GGSt) anzusehen ist (der Angeklagte Robert K***** oder dessen Ehegattin Andrea K*****), nicht auseinandergesetzt. Demnach unterblieb auch eine Erörterung, ob ein allfälliger Verfall zur Bedeutung der Tat in einem auffallenden Mißverhältnis stünde.
Im aufgezeigten Umfang war daher eine Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz unumgänglich (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO).
Der Strafausspruch wird im übrigen vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft auch mit Berufung angefochten. Der Angeklagte erachtet sich dadurch beschwert, daß von der Möglichkeit des Absehens von der Verhängung einer Wertersatzstrafe nach § 13 Abs 2 (iVm § 12 Abs 5 vierter Satz) SGG nicht zumindest teilweise Gebrauch gemacht, weder die Wertersatzstrafe noch die nach dem Finanzstrafgesetz verhängte Geldstrafe bedingt nachgesehen wurden und die Wertersatzstrafe überhöht sei. Die Staatsanwaltschaft hinwieder strebt eine Erhöhung der Freiheitsstrafe an und hält deren bedingte Nachsicht für nicht gerechtfertigt.
Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist begründet.
Bei der Bemessung der Freiheitsstrafe wertete das Schöffengericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und den Umstand als erschwerend, daß die vom Schuldspruch erfaßte Suchtgiftmenge an die übergroße Menge des § 12 Abs 3 Z 3 SGG heranreicht; als mildernd das Geständnis des Angeklagten. Die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe begründete es damit, daß der Angeklagte erstmals in Haft sei.
Mit Recht macht die Staatsanwaltschaft geltend, daß die Vorverurteilungen des Angeklagten im Hinblick darauf als erschwerend zu werten gewesen wären, daß die ihnen zugrunde liegenden Vergehen gegen Leib und Leben gegen das selbe Rechtsgut gerichtet sind wie das Suchtgiftverbrechen, nämlich gegen die Gesundheit von Menschen (§§ 33 Z 2, 71 StGB). Ins Gewicht fällt ferner die verstärkte Tatbestandsmäßigkeit durch Einfuhr und Inverkehrsetzen des Suchtgiftes, wozu kommt, daß der erhöhte Aufwand krimineller Energie bei gezielten Suchtgiftbeschaffungsfahrten ins Ausland wegen der damit verbundenen reiflichen Überlegung der Tat (§ 32 Abs 3 StGB) mitzuberücksichtigen ist. Auch die vielfache Wiederholung der deliktischen Angriffe (§ 33 Z 1 StGB) darf nicht vernachlässigt werden, wird doch das darin gelegene größere Ausmaß der Täterschuld durch den daran geknüpften Additionseffekt nur zum Teil erfaßt. Dazu kommt noch der rasche Rückfall als erschwerend, weil der Angeklagte nach seiner Verurteilung durch das Landesgericht Wels am 9.April 1992 zum AZ 14 E Vr 171/90, in welchem Verfahren er einen Monat in Untersuchungshaft angehalten worden war, sogleich wieder in einschlägiger Weise straffällig geworden ist.
Die Freiheitsstrafe war daher auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß anzuheben.
Die bedingte Nachsicht eines Teiles dieser Freiheitsstrafe kam nicht mehr in Betracht, weil mit Rücksicht auf die Vorstrafenbelastung des Angeklagten, seinen raschen Rückfall trotz eines bereits erlittenen Haftübels und die längere Dauer des Tatzeitraumes, innerhalb dessen eine graduelle Steigerung der Deliktsbereitschaft deutlich zu erkennen ist, die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens nicht angenommen werden kann (§ 43 a Abs 4 StGB) und außerdem generalpräventive Erwägungen (§ 43 Abs 1 StGB) einer solchen Nachsicht entgegenstehen.
Damit verbietet sich aber die vom Angeklagten in seiner Berufung begehrte bedingte Nachsicht der Wertersatzstrafe als Nebenstrafe schon nach dem Gesetz (§ 44 Abs 2 StGB; NRsp 1988/122, 1991/35).
Mit Recht hat das Erstgericht auch eine bedingte Nachsicht der nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Geldstrafe abgelehnt, weil unter den gegebenen Umständen bei einem gewerbsmäßigen Schmuggel dieses Umfanges Präventionserfordernisse einer derartigen Wohltat entgegenstehen.
Ein wenn auch nur teilweises Absehen von der Verhängung einer Wertersatzstrafe gemäß § 13 Abs 2 dritter Satz iVm § 12 Abs 5 vierter Satz SGG ("Härteklausel") kommt deshalb nicht in Betracht, weil dafür Suchtgiftergebenheit des Angeklagten Voraussetzung wäre. Eine solche hat aber nach seinen eigenen Angaben (S 181, 257/I) niemals bestanden. Auch seine späteren Angaben über Entzugserscheinungen in der Haft (S 257 a/I) sprechen nicht für eine ausgesprägte Abhängigkeit im dafür begriffswesentlichen Ausmaß (vgl ÖJZ-LSK 1977/240).
Gegen die vom Erstgericht angenommenen tatsächlichen Grundlagen für die Berechnung der Wertersatzstrafe ergeben sich keine Bedenken. Die angenommene Suchtgiftkonzentration von 67 % (US 15, 19) basiert auf der Anlayse einer sichergestellten, noch ungestreckten Teilmenge von 26 Gramm Kokain (S 49, 51/II). Da der Angeklagte noch in der Hauptverhandlung angegeben hat, in Amsterdam "sehr gute Ware" jeweils zum selben Preis bekommen zu haben (S 271/II) und er auch seine Bezugsquelle nicht gewechselt hat (S 165/I), ist der vom Schöffengericht gezogene Rückschluß auf eine durchwegs gleichbleibende Suchtgiftqualität einwandfrei. Die bei den übrigen Untersuchungen festgestellten geringeren Konzentrationswerte (zB S 33 ff/II) konnten dabei außer Betracht bleiben, weil diese Proben bereits gestreckt waren.
Den behaupteten höheren Eigenverbrauch (die Hälfte) hat das Erstgericht mit Recht auf Grund der Angaben des Angeklagten bei der Polizei, wo er nur von einem Viertel der von ihm importierten Menge sprach (S 181/I), als unglaubwürdig abgelehnt (US 15).
Somit bestand auch kein Anlaß zu einer Korrektur der errechneten Höhe
der Wertersatzstrafe.
Demnach war der Berufung des Angeklagten ein Erfolg zur Gänze zu versagen.
Im Hinblick auf die in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft erfolgte Abänderung des Strafausspruchs in Ansehung der Freiheitsstrafe war auch der davon abhängige, für sich allein unangefochten gebliebene Beschluß auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit (§ 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO) von Amts wegen einer Überprüfung zu unterziehen. Der Oberste Gerichtshof hält diese Entscheidung unter den geänderten Voraussetzungen nicht mehr für vertretbar, weil nach den Erwägungen, die schon für den Erfolg der Berufung des öffentlichen Anklägers maßgebend waren, der Widerruf in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zusätzlich zu dieser geboten erscheint, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB). Es wurde allerdings bei Festsetzung des Ausmaßes der Straferhöhung darauf entsprechend Rücksicht genommen.
Die Kostenersatzpflicht ist in § 390 a StPO begründet.
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