OGH 5Ob17/95

OGH5Ob17/9514.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Susanna S*****, vertreten durch Dr.Josef Ostermayer, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratstraße 15, wider die Antragsgegnerin G*****aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und Mag.Martin Machold, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 8 Abs 3 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 5 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 13.Oktober 1994, GZ 48 R 666/94-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Liesing vom 30.März 1994, GZ 2 Msch 25/92-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin der im Kopf dieser Entscheidung genannten Wohnung in einem Haus, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht.

Die Antragstellerin begehrt - nach vorausgegangenen Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Feststellung, in welcher Höhe ein Anspruch auf Entschädigung wegen in ihrer Wohnung durchgeführter notwendiger Erhaltungsarbeiten des Hauses bestehe durch die eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Mietrechte eingetreten sei. Sie machte hiefür insgesamt S 18.991 geltend (S 10.600,- für 106 Stunden Räum- und Reinigungsarbeiten, S 1.000,- für Reinigung von Bad und WC, S 546,-

für Essensrechnungen, S 3.225,- für Teppichreinigung und S 3.620,-

für Mietenrückvergütung). Hinsichtlich der Mietenrückvergütung wurde in weiterer Folge zugestanden, daß diese bereits geleistet geworden sei; hinsichtlich der Reinigungsarbeiten wurde auf die Geltendmachung eines S 80,- pro Stunde übersteigenden Ersatzes verzichtet.

Die Antragsgegnerin stellte außer Streit, daß Hilfskräfte nicht unter einem Stundenlohn von S 80,- zu haben seien. Im übrigen sei aber die Beeinträchtigung durch Mietzinsreduktion im Ausmaß von drei Viertel abgegolten. Der Vermieter sei lediglich verpflichtet, die anläßlich einer Sanierung auftretenden Schäden zu ersetzen, zB Umänderungsarbeiten bei Möbel, Maler- und Tapeziererarbeiten. Da unter möglichster Schonung des Mietrechtes vorgegangen worden sei und durch die mit den Arbeiten betraute Firma eine lückenlose, schmutzabweisende Abdeckung erfolgt sei, müßten die Reinigungskosten nicht ersetzt werden. Die Duldung des Eingriffes in das Mietrecht umfasse naturgemäß auch Unannehmlichkeiten, wie das Ausräumen der Kästen und diverse Reinigungsarbeiten, die der Mieter sohin auf sich nehmen müsse.

Das Erstgericht stellte die angemessene Entschädigung mit S 12.265,-

fest und verhielt die Antragsgegnerin zur Leistung dieses Betrages samt 4 % Zinsen seit 21.9.1990 binnen 14 Tagen an die Antragstellerin.

Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Bereits zum wiederholten Male mußte in einigen Wohnungen dieser Wohnhausanlage der mangelhafte Deckenputz saniert werden, in der Wohnung der Antragstellerin im Jahre 1990. Mit Ausnahme des Badezimmers wurde in der gesamten Wohnung die Decke neu gemacht, weil sich in Küche und WC Teile des Deckenverputzes gelöst hatten und herabgefallen waren, ebenso im Wohnzimmer. In Küche und WC wurde der verbliebene Deckenverputz heruntergemeißelt, in den anderen Räumen Gipskartonplatten an den Decken befestigt. Die dafür angefertigten Bohrlöcher waren im Abstand von zirka 30 cm.

Die Fußböden wurden seitens der Baufirma abgedeckt, im Zuge der Arbeiten ist diese Abdeckung aber teilweise, insbesondere auch an den Rändern eingerissen. Im Zuge der Arbeiten kam es zu erheblicher Staubentwicklung in der Wohnung, wobei sich feiner Staub auch unter den Abdeckungen, insbesondere auch am Sofa festgesetzt hatte. Eine Baustellenreinigung über das Entfernen der Abdeckung hinaus hat nicht stattgefunden. Das Badezimmer wurde ebenfalls verschmutzt, weil es von den Arbeitern auch im Zuge der Arbeiten betreten wurde.

Die Arbeiten in der Küche haben einen Tag gedauert; davor mußte die Küche ausgeräumt und danach wieder eingeräumt werden, sodaß insgesamt drei oder vier Tage die Küche nicht in Betrieb genommen werden konnte. Die Kücheinrichtung und das Geschirr mußten in den im Haus befindlichen Hobbyraum geschafft werden, weil sonst in der Wohnung kein Platz gewesen wäre. Die Antragstellerin hat während der Arbeiten in der Wohnung weiter gewohnt und demgemäß auch Badezimmer und WC auch selbst benützt, wodurch diese Räume durch das Betreten ebenfalls staubig und verschmutzt wurden. Sie hat im Zuge der Arbeiten mit Ausnahme der festen Einbauten oder schwer zu bewegenden Möbelstücke die Räume, in denen Arbeiten durchgeführt wurden, jeweils ausgeräumt, nach den Arbeiten geputzt und wieder eingeräumt. Auf diese Räumungs- und Reinigungsarbieten entfiel ohne Berücksichtigung von Bad und WC eine Arbeitsleistung von insgesamt 106 Stunden, die die Antragstellerin teils selbst verrichtet hat, teils von Bekannten verrichten ließ. Hinsichtlich Bad und WC hat sie mündliche Kostenschätzung eines Reinigungsunternehmens eingeholt, welche auf S 600,- für das Bad und S 400,- für das WC lauteten. Die Antragstellerin hat die Reinigungsarbeiten selbst vorgenommen und zirka 5 Stunden für die Reinigung des Bades und 2 Stunden für die Reingiugn des WC's benötigt. Weiters ließ die Antragstellerin die Teppiche reinigen, was Kosten von S 2.687,50 zuzüglich 20 % MWSt, insgesamt sohin S 3.225,- verursachte. Während der Unbenützbarkeit der Küche ging die Antragstellerin essen, was Kosten von S 546,-

verursachte. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Antragstellerin dem Grunde nach eine Entschädigung für die mit der Durchführung von Erhaltungsarbeiten durch den Vermieter in der vermieteten Wohnung verbundenen wesentlichen Beeinträchtigungen nach § 8 Abs 3 MRG gebühre. Es bestehe zwar eine Schadensminderungspflicht in der Weise, daß der geschädigte Mieter im Rahmen derjenigen Reinigungsarbeiten, für die er sich bei Besorgung eigener Angelegenheiten nicht eines Reinigungsunternehmens bedienen würde, deren Kosten auch nicht einem Schädiger gegenüber geltend machen könne. Es dürfe ihm aber auch daraus kein Nachteil erwachsen, daß er hiefür seine eigene Arbeitskraft zur Verfügung stelle. Die Eigenleistungen seien daher angemessen zu ersetzen, wobei auf Grund des unstrittigen Umstandes, daß um Beträge von unter S 80,- pro Stunde keine Arbeitskräfte zu bekommen seien, der gleiche Betrag auch als angemessener Ersatz für Eigenleistungen angesehen werden müsse.

Der Anspruch der Antragstellerin werde durch den ihr zustehenden Zinsminderungsanspruch nach § 1096 ABGB nicht berührt, weil dadurch nur der durch die Einschränkung der Benützbarkeit eintretende Nachteil ausgeglichen werde. Der sich daraus ergebende Betrag stelle bestenfalls einen Deckungsfonds, für die aus der Beeinträchtigung direkt resultierenden Ausgaben für Schaffung eines gleichwertigen Ersatzes dar, beispielsweise für Kosten der Verpflegung im Gasthaus während der Unbenützbarkeit der Küche, für Nächtigungskosten bei gänzlicher Unbrauchbarkeit der Wohnung etc. Für darüber hinausgehende Vermögensnachteile, die nicht allein durch die Einschränkung der Benützung entstünden, wie beispielsweise Reinigungskosten, bestehe hingegen der Ersatzanspruch nach § 8 Abs 3 MRG.

Die Ersatzpflicht sei demgemäß im Umfang der Reinigungsarbeiten von 106 Stunden zuzüglich 7 Stunden für Bad und WC (mit S 80,- pro Stunde) und für die Kosten der Teppichreinigung samt Umsatzsteuer festzustellen gewesen.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichte und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Gemäß § 8 Abs 3 MRG habe ein Mieter, der Erhaltungs-, Verbesserungs- und Änderungsarbeiten gemäß § 8 Abs 2 MRG zulassen müsse, gegenüber dem Vermieter - oder im Falle der Durchführung der Arbeiten durch einen anderen Mieter gegen diesen - einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für die ihm wiederfahrenen wesentlichen Beeinträchtigungen. § 8 Abs 3 MRG statuiere eine Eingriffshaftung, die dem betroffenen Mieter einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch in Form eines in Geld bestehenden Ausgleiches für entstandene Nachteile gewähre. Zu ersetzen sei der durch die Beeinträchtigung bei der Durchführung der Arbeiten verursachte Schaden. Nach der Rechtsprechung fielen hierunter jedenfalls die notwendigen Kosten für Umänderungsarbeiten bei Küchenmöbel, deren Wiedermontage, weiters Maler- und Tapeziererarbeiten (vgl MietSlg 39.255), aber auch die Kosten der notwendigen Reinigungsarbeiten und Reparaturen, wie das Verputzen von Rissen in den Wänden sowie deren Neuanstrich, die Reinigung von Polstermöbel und Teppichböden (vgl JBl 1992, 794). Sei darüber hinaus durch die Arbeiten der ordentliche Gebrauch der Bestandsache nicht oder nur in eingeschränktem Umfang gegeben, so bestehe auch eine von Gesetzes wegen eintretende Zinsbefreiung vom Beginn der Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung als Abgeltung der mangelnden Benützbarkeit (vgl Würth in Rummel, ABGB2, Rz 10 zu § 1096; Rz 4 zu § 8 MRG). Die Antragsgegnerin argumentiere nun damit, eine Mietzinsreduktion im Ausmaß von drei Viertel zur Abgeltung der Beeinträchtigung hinsichtlich der Mietrechte vorgenommen zu haben. Die Antragstellerin begehre jedoch nicht die Abgeltung dieser Beeinträchtigungen, sondern entsprechenden Aufwandersatz für die von ihr erbrachten Leistungen, nämlich Aus- und Einräumearbeiten sowie Reinigungsarbeiten und Teppichreinigungskosten. Es gehe daher nicht um die Abgeltung der Beeinträchtigung im ordentlichen Gebrauch der Wohnung, sondern um darüber hinausgehende - als Folgewirkung - Leistungen des Mieters.

Auch wenn gegebenenfalls die im Bestandobjekt durchgeführten Arbeiten unter möglichster Schonung der Substanz und Verwendung einer staubdichten Abdeckung für sämtliche Einrichtungsgegenstände erfolgt sein sollten, so ändere dies nichts daran, daß die Mieterin die von der Sanierung betroffenen Räume aus- und einräumen mußte und letztlich festgestelltermaßen eine erhebliche Staubentwicklung auftrat, sodaß es einer gründlichen Reinigung des Bestandobjektes bedurft habe. Wenn die Antragsgegnerin meine, die nachfolgende Reinigung der Wohnung sei der Antragstellerin ohne weiterer Kostenersatzpflicht durch die Antragsgegnerin zumutbar gewesen, so sei zu prüfen, ob der erforderliche Aufwand als wesentliche Beeinträchtigung angesehen werden könne oder nicht. Lediglich im erstgenannten Fall stünde eine Entschädigung nach § 8 Abs 3 MRG zu.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen seien auf die gesamten Räumungs- und Reinigungsarbeiten (einschließlich Bad und WC) 113 Stunden entfallen, wobei zusätzlich noch ein Aufwand von S 3.225,-

für die Teppichreinigung erforderlich gewesen sei. Der geleistete Arbeitseinsatz könne schon aufgrund der aufgewendeten Stundenanzahl als erheblich eingestuft werden. Ziehe man zu Illustrationszwecken die im Akt 2 Msch 26/92 des Erstgerichtes erliegenden Lichtbilder heran, von denen die Antragstellerin aussagte, in ihrer Wohnung habe es ähnlich ausgesehen, so könne kein Zweifel mehr an der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung alleine durch die Aus- und Einräumungsarbieten bestehen. Die Geltendmachung einer Schadenminderungspflicht sei in diesem Zusammenhang nicht verständlich. Unbestreitbar sei die Vorbereitung der Wohnung zur Durchführung der Sanierungsarbeiten sowie deren nachfolgende Wiederherstellung einschließlich der Reinigungsarbeiten erforderlich gewesen. Durch die Eigenleistungen der Mieterin seien die damit einhergehenden Kosten im Verhältnis zu den Kosten bei Heranziehung einer professionellen Reinigungsfirma oder Möbelpackern jedenfalls nicht vermehrt worden.

Soweit der Rekurs releviere, das Erstgericht hätte Feststellungen unterlassen, inwieweit das zuerkannte Ausmaß der Reinigung die während der Dauer der Arbeiten sowieso wöchentlich bzw. tägliche Reinigung der Wohnung überstiegen habe, handle es sich um eine im Rekursverfahren unzulässige Neuerung. Es geht dabei um die Frage der Vorteilsausgleichung, die aber vom Ersatzpflichtigen zumindest in erster Instanz zum Verfahrensgegenstand gemacht werden müßte (vgl JBl 1992, 794 mwN).

Nach der Lehre umfaße der Entschädigungsanspruch des § 8 Abs 3 MRG die volle Genugtuung im Sinne des § 1324 ABGB (vgl Krejci, in Korinek-Krejci, Handbuch des MRG 245; siehe auch Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 8 MRG zur Entschädigung auch ideeller Nachteile); nach der Judikatur scheide jedenfalls ein Ersatz ideller Schäden aus (vgl JBl 1992, 794).

Im gegebenen Fall liege mehr als ein ideller Schaden vor, nämlich konkreter, unmittelbar mit den Sanierungsmaßnahmen verbundener, notwendiger Arbeitsaufwand, insbesondere im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des früheren Zustandes. Nach der Judikatur könne jeder Geschädigte - also nicht nur der Unternehmer -, der Zeit und Geld im Zusammenhang mit der Behebung des Schadens aufwende, den Ersatz dieses Mehraufwandes vom Schädiger begehren (vgl SZ 44/144; SZ 51/7; SZ 63/46 uva). Da die hausfrauliche Tätigkeit zumindest mit S 80,- pro Stunde bewertet werden könne, erweise sich der vom Erstgericht vorgenommene Zuspruch an Entschädigung für Reinigungskosten als zutreffend.

Schließlich bemängle die Antragsgegnerin das Fehlen einer Feststellung, wonach sie vor allem den Zielsetzungen des WGG gemäß rechnungspflichtig sei und die Auszahlung des zugesprochenen Betrages zu Lasten aller Mieter - auch der Antragstellerin - anteilsmäßig erfolgen müsse. Dabei werde übersehen, daß sich die Antragstellung nach § 8 Abs 3 MRG lediglich auf die Feststellung und gegebenenfalls den Zuspruch einer Entschädigungsleistung gegenüber dem verursachenden Vermieter oder den arbeitsdurchführenden anderen Mieter beziehe. Wie sich aus dem Akt ergebe, seien die Deckensanierungsarbeiten durch die Vermieterin durchgeführt worden, wobei die im Rekurs aufgeworfene Frage lediglich die weitere Verrechnung der zu leistenden Entschädigungsleistung betreffe. Ersatzpflichtig bleibe nach dem Gesetz jedoch der Vermieter, sodaß sich ein weiterer Ausspruch erübrigt habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Ersatzfähigkeit von Eigenleistungen des Mieters im Rahmen des § 8 Abs 3 MRG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Antrag der Antragstellerin abgewiesen werde.

Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Im Revisionsrekurs macht die Antragsgegnerin geltend, daß sowohl der Zinsbefreiungsanspruch des Mieters nach § 1096 Abs 1 ABGB als auch

der Entschädigunganspruch nach § 8 Abs 3 MRG einen Ausgleich für

den Verlust oder die Minderung des bedungenen bzw ordentlichen Gebrauchs zum Gegenstand hätten. Darunter falle auch die Beeinträchtigung des Gebrauchs durch die Verunreinigung des Bestandobjektes bei Umbauarbeiten, sodaß die zur Wiederbrauchbarmachung des Objektes - durch Entfernung des Bauschmutzes - gemachten Aufwendungen bereits durch die gewährte Zinsreduktion (im gegenständlichen Fall 75 %) abgegolten seien. Bei einer Gebrauchsstörung durch Verschmutzung des Bestandobjektes im Zuge von Verbesserungsarbeiten lasse sich nämlich der Reinigungsaufwand nicht von der eigentlichen Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts trennen. Unabhängig davon sei die Beeinträchtigung eines Mieters durch Baustaub nicht als wesentlich iSd § 8 Abs 3 MRG zu qualifizieren. Das gelte auch für die verfahrensgegenständlichen Aus- und Einräumearbeiten. Da die vorgenommenen Sanierungsarbeiten auch im Interesse der Mieter (Antragsteller) gewesen seien, könne den Mietern zugemutet werden, einen Teil dieser Aufwendungen - eben die Reinigungs- und Räumungsarbeiten - entschädigungslos selbst zu tragen. Im Hinblick auf diese Interessenlage sei der in § 8 Abs 3 MRG normierte Entschädigungsanspruch teleologisch auf den Ersatz von Fremdleistungen zu beschränken. Schließlich sei zu bedenken, daß der Entschädigungsanspruch nach § 8 Abs 3 MRG eine im konkreten Fall nicht feststellbare Verletzung der Pflicht des Vermieters zur möglichsten Schonung der Mietrechte voraussetze. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß im Sinne einer Abweisung des Entschädigungsbegehrens abzuändern.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Die von der Rechtsmittelwerberin unterstellte Konkurrenz des hier geltend gemachten Entschädigungsanspruchs nach § 8 Abs 3 MRG mit dem Zinsminderungsanspruch eines Mieters, der das Bestandobjekt wegen seines mangelhaften Zustandes nicht vereinbarungsgemäß benützen kann (§ 1096 Abs 1 ABGB), besteht in Wahrheit nicht. Die Gemeinsamkeit der Tatbestandsvoraussetzungen erschöpft sich darin, daß die in § 8 Abs 3 MRG geforderte "wesentliche" Beeinträchtigung des Mieters fehlt, wenn die von ihm hinzunehmenden Erhaltungs-, Verbesserungs- und Änderungsarbeiten den ordentlichen Gebrauch des Mietgegenstandes nicht tangieren (vgl Krejci, HB zum MRG, 245). Liegt jedoch eine in diesem Sinn wesentliche Beeinträchtigung vor, richtet sich der in § 8 Abs 3 MRG vorgesehene Entschädigungsanspruch des Mieters von vornherein nur auf einen Geldausgleich für solche Nachteile, die ihm nicht schon durch die ex lege eintretende (WoBl 1991, 251/151 mwN) Zinsbefreiung abgegolten werden. Im Ausmaß dieser Zinsbefreiung können demnach bei der angemessenen Entschädigung nach § 8 Abs 3 MRG keine frustrierten Mietzinszahlungen zu Buche schlagen (Krejci aaO); das besagt jedoch nicht, daß der Mieter vom Ersatz weiterer Nachteile aus der Beeinträchtigung seines Gebrauchsrechtes ausgeschlossen wäre. Die angemessene Entschädigung iSd § 8 Abs 3 MRG ist vielmehr so zu verstehen, daß dem Mieter als Ausgleich für die hinzunehmenden Beeinträchtigungen das gesamte subjektive Interesse gebührt, das er - bezogen auf seine jetzige Vermögensposition - an der Integrität seines Mietrechtsbesitzes gehabt hätte (vgl EWr I/8/17 mwN). Seit der (hier noch nicht anzuwendenden) Neufassung des § 8 Abs 3 MRG durch das 3.WÄG könnte ihm bei einem zumindest grob fahrlässigen Verstoß des Ersatzpflichtigen gegen die Pflicht zur möglichsten Schonung des Mietrechts sogar für erlittenes Ungemach Entschädigung gewährt werden.

Genau um solche nicht schon durch den Zinsminderungsanspruch

abgegoltene Nachteile geht es im gegenständlichen Fall. Um den

Zustand wiederherzustellen, auf den die Antragsteller auf Grund des

Miet- bzw Nutzungsvertrages Anspruch hatten und den sie vorübergehend

preisgeben mußten, um der klagenden Partei die notwendigen

Sanierungsarbeiten zu ermöglichen, bedurfte es nämlich beträchtlicher

Aufwendungen an Zeit und Mühe, die sich - hätten die Antragsteller

Hilfspersonen herangezogen - mit dem geltend gemachten Geldbetrag

beziffern lassen. Nun ist es ein Grundsatz des Schadenersatzrechtes,

der - wie überhaupt die Regelung des § 1323 ABGB - auch im Bereich

verschuldensunabhängiger Ausgleichsansprüche angewendet wird, daß ein

Geschädigter, der den Schaden selbst behebt, seinen zur

Schadensbehebung gemachten Aufwand an Zeit und Geld ersetzt verlangen

kann (E 41 zu § 1323 ABGB, MGA34). Die vom Rekursgericht anläßlich

seines Ausspruchs über die Zulassung des Revisionsrekurses gestellte

Frage, ob im Rahmen des § 8 Abs 3 MRG auch Eigenleistungen des

Mieters abzugelten sind, ist daher grundsätzlich zu bejahen. Auch die Revisionsrekurswerberin scheint daran nicht zu zweifeln, da sie ihre Ersatzpflicht mit Einwendungen bestreitet, die sich auf die Art der Beeinträchtigung und ihren Anlaß beziehen; diese Einwendungen sind jedoch nicht stichhältig:

Wenn die Revisionsrekurswerberin meint, die Beeinträchtigungen der Antragsteller durch Bauschmutz seien nicht "wesentlich" iSd § 8 Abs 3 MRG gewesen, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, den das Rekursgericht überzeugend mit vorliegenden Lichtbildern illustrierte. Auch der unstrittige Arbeitsaufwand zur Wiederherstellung des früheren Zustandes widerlegt dieses Argument. Es läßt sich aber auch die Beeinträchtigung an sich nicht mit der Behauptung bestreiten, daß die verfahrensgegenständliche Deckensanierung letztlich im Interesse der Antragsteller gelegen sei. Die in § 8 Abs 3 MRG geregelte Ersatzpflicht stellt nämlich allein darauf ab, ob sich der Mieter den nachteiligen Eingriff in sein Mietrecht gefallen lassen mußte. Daß dies im gegenständlichen Fall zutraf und mit der Duldungspflicht der Antragsteller ein Recht zum Eingriff korrespondierte, das von der Antragsgegnerin auch wahrgenommen wurde, ist eindeutig. Mehr verlangt § 8 Abs 3 MRG (in bezug auf das hier angesprochene Rechtsproblem) nicht, da er die Frage, wem aus den Erhaltungs-, Verbesserungs- oder Änderungsarbeiten Vorteile erwachsen, gar nicht anspricht. Er sieht - jedenfalls zum Grund des Entschädigungsanspruchs - auch keine Interessenabwägung vor. Schließlich ist mit dem Hinweis, daß es in § 8 Abs 3 MRG primär um einen reinen Ausgleichsanspruch geht (WoBl 1992, 188/122 mwN; aus diesem Haftungsgründen könnten daher nur zusätzliche Ansprüche resultieren), der weder ein rechtswidriges noch ein schuldhaftes Handeln des Ersatzpflichtigen voraussetzt (Krejci in Korinek-Krejci, HBz MRG 244) das Argument der Revisionsrekurswerberin zu entkräften, mangels eines Verstoßes gegen das Gebot zur möglichsten Schonung der Mietrechte bestehe keine Ersatzpflicht. Eine diesbezügliche Pflichtwidrigkeit ist weder direkt noch indirekt (etwa als Element der "Wesentlichkeit" der Beeinträchtigung) Tatbestandsvoraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 8 Abs 3

MRG.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte