OGH 4Ob511/95

OGH4Ob511/957.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria A*****, vertreten durch Dr.Georg Gorton und DDr.Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde M*****, vertreten durch Dr.Hans Exner, Rechtsanwalt in Judenburg, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit (Streitwert S 80.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 10.November 1994, GZ R 894/94-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Murau vom 20.Mai 1994, GZ 2 C 460/93t-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO fehlen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann an einem öffentlichen Gut ein Privatrecht - zB eine Dienstbarkeit - dann durch Ersitzung erworben werden, wenn die Benützung des öffentlichen Gutes in anderer Weise ausgeübt wird, als sie von jedermann im Rahmen des Gemeingebrauches erfolgt (SZ 31/71; EvBl 1961/296; EvBl 1973/113, SZ 56/184 ua). Dabei muß freilich für den Eigentümer des öffentlichen Gutes erkennbar sein, daß ein vom Gemeingebrauch verschiedenes Privatrecht in Anspruch genommen wird (SZ 41/86; MietSlg 31.011; SZ 56/184 ua). Diese Ausübung muß vom Eigentümer wie die Erfüllung einer Schuld geduldet werden (Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 1460; SZ 41/86; 3 Ob 584, 585/89 ua). Daß auch andere Personen etwa den öffentlichen Weg benützen, hindert dann die Ersitzung einer privaten Servitut nicht, wenn für den Eigentümer der dienenden Liegenschaft erkennbar ist, daß ein vom Gemeingebrauch verschiedenes eigenes Recht in Anspruch genommen wird (EvBl 1961/296; SZ 41/86 ua).

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes macht es rechtlich keinen Unterschied, ob es - wie in den schon entschiedenen Fällen - um die Ersitzung von Servituten an Wegen oder - wie hier - an einem an drei Seiten von Hausmauern umschlossenen Platz geht.

Soweit das Berufungsgericht aus der festgestellten Art der Benützung der von der Bevölkerung in M***** als "A*****platzl" bezeichneten Fläche durch die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger für ihre Fahrzeuge, insbesondere auch daraus, daß diese Fläche nicht von der Beklagten, sondern ausschließlich von der Klägerin (sowie ihren Vorgängern) und ihren Leuten gereinigt und von Schnee geräumt wurde, auf eine Sondernutzung der vom öffentlichen Wegenetz nur über einen Gehsteig zu erreichenden Grundfläche geschlossen hat, liegt hierin keine grobe Verkennung der Rechtslage, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte. Das gleiche gilt für die Rechtsansicht, daß sich aus der Erklärung der Beklagten vom 13.8.1956, womit sie Walter A***** ausdrücklich das Recht zur Errichtung eines Gittertors auf ihrem Grund eingeräumt hat, auf das Bewußtsein der Beklagten schließen lasse, daß der Klägerin Sonderrechte an dem "Platzl" zustanden. Auch die - gleichfalls festgestellte - Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, sie wolle die Fläche an Dr.K***** vergeben, deutet auf das Bewußtsein der Beklagten von der Existenz besonderer Rechte der Klägerin hin. Ob auch eine andere Wertung der festgestellten Benützungshandlungen und Erklärungen zu vertreten wäre, hat aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, so daß eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten ist.

Aus diesen Erwägungen war die Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Da die Klägerin nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, diente ihre Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RZ 1977/134; EvBl 1986/128 uva).

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