OGH 5Ob11/95

OGH5Ob11/9528.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Karl Hochhaltinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "J*****" *****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes an einem mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteil der Liegenschaft EZ ***** (Streitwert S 1,000.000,-) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 13.Dezember 1994, GZ 13 R 27/94-61, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz mit dem Auftrag zurückgestellt, gemäß § 526 Abs 3 ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 1 bzw Z 3 ZPO auszusprechen, ob der Wert seines Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und ob gegebenenfalls der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit der Behauptung, die beklagte Partei habe ihr als Wohnungseigentumsorganisator in einer Punktation vom 26.4.1989 die Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an einem näher bezeichneten Objekt des mittlerweile fertiggestellten ***** Shopping Centers zugesagt, sei jedoch mit den zur Erfüllung dieser Zusage notwendigen Anträgen und Urkundenerstellungen säumig geworden, hat die klagende Partei die beklagte Partei - in deren Eigenschaft als Eigentümerin der betreffenden Liegenschaft - auf Zustimmung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes am versprochenen Mindestanteil sowie des Wohnungseigentums geklagt. Da bisher noch keine Nutzwerte für die einzelnen Objekte der Wohnungseigentumsanlage festgesetzt wurden, behielt sie sich dabei die bestimmte Angabe des beanspruchten Mindestanteils bis zur Erlassung des entsprechenden Bescheides bzw Beschlusses vor. Gleichzeitig beantragte die klagende Partei, den Parteien gemäß § 25 Abs 2 WEG die Stellung der Anträge zur Einleitung des Verfahrens auf Festsetzung der Nutzwerte mit Beschluß aufzutragen. Die zur Begründung dieser Begehren vorgebrachten Tatsachenbehauptungen bedürfen hier wegen des eingeschränkten Entscheidungsgegenstandes ebensowenig einer Erörterung wie der auf Abweisung der Klage gerichtete Prozeßstandpunkt der beklagten Partei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es den Antrag der klagenden Partei, den Parteien die Einleitung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens aufzutragen, als Teil des insgesamt erfolglosen Urteilsbegehrens behandelte und gleichfalls abwies. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die Streitteile keine Punktation über den Erwerb von Wohnungseigentum am verfahrensgegenständlichen Objekt, sondern einen bloßen Vorvertrag abgeschlossen hätten, aus dem das Urteilsbegehren nicht ableitbar sei.

Das von der klagenden Partei mit Berufung angerufene Gericht zweiter Instanz gelangte nach einer Beweiswiederholung zum Schluß, daß die Streitteile mit dem Vertrag vom 26.4.1989 nicht nur die Verpflichtung zum Abschluß eines (im Detail noch auszuhandelnden) Hauptvertrages begründen wollten, sondern beabsichtigten, die einzelnen vertraglichen Rechte und Pflichten bezüglich Kauf und Wohnungseigentumserwerb der in einem vorhandenen Plan bezeichneten Räumlichkeiten sofort und endgültig zu fixieren (Punktation). Auch eine (von der beklagten Partei geltend gemachte) auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, sodaß an der (schriftlich festgelegten) Verpflichtung der beklagten Partei, der klagenden Partei Wohnungseigentum am verfahrensgegenständlichen Objekt zu verschaffen, nicht zu zweifeln sei. Dieser Umstand zwinge im Zusammenhang mit dem von der klagenden Partei geltend gemachten Vorbehalt einer näheren Bestimmung des beanspruchten Mindestanteils zu der in § 25 Abs 2 WEG festgelegten Vorgangsweise: Das Gericht zweiter Instanz faßte deshalb als Berufungsgericht den Beschluß, beiden Parteien die Stellung der Anträge zur Einleitung des Verfahrens auf Festsetzung der Nutzwerte aufzutragen, das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens zu unterbrechen und es nur auf Antrag wieder aufzunehmen. Aussprüche über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof enthält dieser Beschluß - offensichtlich im Hinblick auf § 519 Abs 1 ZPO - nicht.

Im nunmehr vorliegenden Rekurs, mit dem der Beschluß der zweiten Instanz "zur Gänze" angefochten wird, macht die beklagte Partei geltend, daß die streitgegenständliche Vereinbarung vom 26.4.1989 sehr wohl als Vorvertrag iSd § 936 ABGB und nicht als Punktation (§ 885 ABGB) zu werten sei. Der Rekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Fortsetzung des Berufungsverfahrens unter Abstandnahme vom angenommenen Unterbrechungsgrund aufzutragen.

Um die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels beurteilen zu können, bedarf es noch der im Spruch angeführten Ergänzungen.

Wie bereits erwähnt, hat das Berufungsgericht von Aussprüchen iSd § 526 Abs 3 ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 1 bzw 3 ZPO offensichtlich deshalb abgesehen, weil es die Anrufung des Obersten Gerichtshofes gemäß § 519 Abs 1 ZPO - ohne dies auch auszusprechen (§ 500 Abs 2 Z 2 ZPO) - für jedenfalls unzulässig hielt. Die einschlägige Judikatur zum Rechtsmittelausschluß des § 519 Abs 1 ZPO, der sich zugegebenermaßen nicht nur auf verfahrensbeendende Beschlüsse des Berufungsgerichtes erstreckt und daher grundsätzlich auch für Unterbrechungsbeschlüsse gilt (SZ 27/319 ua, zuletzt SSV-NF 4/69; EFSlg 67.062; RZ 1993, 180/71; SSV-NF 6/138; Fasching, ZPR2, Rz 1979; Kodek in Rechberger, Rz 2 zu § 519; Rechberger-Simotta, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechts4, Rz 878), steht jedoch der Zulässigkeit des vorliegenden Rekurses nicht entgegen.

Nach ständiger Rsp ist § 519 Abs 1 ZPO auf Beschlüsse über selbständig zu entscheidende Zwischenstreitigkeiten, die sich aus Anlaß eines Berufungsverfahrens ergeben, nicht anzuwenden (MuR 1991, 28 mwN). Der fragliche Rechtsmittelausschluß greift daher nur dann, wenn der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichtes das zur Sachentscheidung über den geltend gemachten Rechtsschutzanspruch führende Verfahren betrifft.

Hier hat die zweite Instanz die in § 25 Abs 2 WEG für den Fall vorgesehenen Verfügungen getroffen, daß sich der auf Einverleibung seines Wohnungseigentums klagende Wohnungseigentumsbewerber die Bezifferung des beanspruchten Mindestanteils vorbehält, weil er ihn - mangels Nutzwertfestsetzung - noch nicht kennt. Diese ausdrücklich im Gesetz vorgesehene Möglichkeit einer nachträglichen Präzisierung des Urteilsbegehrens ist dem Rechtsinstitut der Stufenklage nachgebildet (vgl Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 28 zu § 25; Würth in Rummel2, Rz 7 zu § 25 WEG; Palten, Wohnungseigentumsrecht, Rz 299), wie sie etwa Art XLII Abs 3 EGZPO für die Herausgabe eines erst nach eidlicher Angabe bestimmbaren Vermögens anbietet. In einem solchen Fall hat das Gericht das Verfahren über den Anspruch auf Vermögensangabe getrennt vom Verfahren über den Leistungsanspruch zu führen und ein vollstreckbares Teilurteil über den ersteren Anspruch zu fällen (Fasching II. 98). Die in § 25 Abs 2 WEG enthaltene Regelung verstärkt diese Trennung der Verfahrensstufen zur Durchsetzung eines für die grundbücherliche Einverleibung erst zu präzisierenden Anspruchs auf Verschaffung von Wohnungseigentum noch insofern, als den Parteien die dazu erforderliche Einleitung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens mit Beschluß aufzutragen ist. Demnach sollte die (gesonderte) Überprüfung jener Entscheidung, die die erste Verfahrensstufe einer Klage nach § 25 Abs 2 WEG abschließt, nicht in einem eigenen Berufungsverfahren, sondern in einem Rekursverfahren erfolgen. Faßt das Berufungsgericht aus Anlaß der Bekämpfung eines das gesamte Begehren einer Klage iSd § 25 Abs 2 WEG abweisenden Urteils einen solchen Beschluß, kann nichts anderes gelten. Eine Entscheidung der zweiten Instanz, mit der den Parteien aufgetragen wird, die zur Einleitung des Verfahrens auf Festsetzung (oder Neufestsetzung) der Nutzwerte erforderlichen Anträge zu stellen, ist daher immer nach Maßgabe der für Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz als Rekursgericht geltenden Rechtsmittelbeschränkungen anfechtbar. Daß der hier gestellte Antrag vom Erstgericht mit Urteil statt - wie im Gesetz vorgesehen - mit Beschluß abgewiesen wurde, schadet nicht, weil für die Art einer Entscheidung deren Inhalt und nicht deren Form maßgeblich ist (vgl MietSlg 42.496 ua).

Fraglich könnte in diesem Zusammenhang nur noch sein, ob die für den zweitinstanzlichen Auftrag auf Einleitung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens geltende Anfechtungsmöglichkeit auch für den Beschluß auf Unterbrechung des Verfahrens gilt. Das gebietet jedoch schon der aus § 25 Abs 2 WEG ableitbare untrennbare Zusammenhang der beiden Beschlüsse. Der Verfahrensunterbrechung wäre die Grundlage entzogen, sollte der Auftrag zur Einleitung des Nutzwertfestsetzungsverfahrens zwecks Bestimmbarmachung des eigentlichen Rechtsschutzbegehrens beseitigt werden. Es ist daher gar nicht weiter zu untersuchen, ob nicht auch die in MuR 1991, 28 zur Anfechtbarkeit von berufungsgerichtlichen Beschlüssen in Zwischenstreitigkeiten (und darüber hinaus zur Anfechtung rechtsschutzverweigernder Beschlüsse) angestellten Erwägungen zur grundsätzlichen Zulässigkeit des vorliegenden Rekurses führen würden.

Damit unterliegt der angefochtene Beschluß insgesamt den Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ist - da Probleme der endgültigen Rechtsschutzverweigerung iSd § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nicht zu erkennen sind - nur zulässig, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt (Abs 2 Z 1 leg cit) und eine erhebliche Rechtsfrage zu klären ist (Abs 1 leg cit). Die hiefür vorgesehenen Aussprüche der zweiten Instanz sind daher noch nachzutragen.

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