Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern der beiden Minderjährigen wurde 1991 gemäß § 55a EheG geschieden. Die Kinder leben seither in Obsorge der Mutter. Der Vater hat sich zuletzt zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.900,-- für den mj. Stefan (ON 47) und wurde zu einer solchen von S 2.500,-- für die mj. Marina verpflichtet (ON 46).
Am 17.6.1994 begehrte die Mutter als Sonderbedarf für die mj. Marina vom Vater die Bezahlung von S 796,50, d.i. die Hälfte der Kosten für eine Brillenfassung, soweit sie nicht von der Krankenkassa getragen worden sind, sowie für den mj. Stefan die Bezahlung von S 1.000,-- als zusätzlichen Aufwand, der dem Kind aus Anlaß der Entfernung der Mandeln in einem Privatkrankenhaus erwachsen sei. Dem mj. Stefan sei ein mehrtägiger Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus nicht zumutbar gewesen.
Der Vater hat sich unter Berufung auf seine angespannte finanzielle Situation nicht bereit erklärt, die geforderten Beträge zu bezahlen.
Das Erstgericht sprach die begehrten Beträge den beiden Minderjährigen zu. Es stellte fest, daß die Augenärztin der Mutter angeraten habe, die Brillenfassung nach den Wünschen der mj. Marina anzuschaffen, damit das Kind die Brille gerne trägt; dadurch könne sich das Sehvermögen des Kindes wieder bessern. Die Mandeloperation am mj. Stefan habe in der Privatklinik nur einen eintägigen Aufenthalt erfordert, in einem öffentlichen Krankenhaus wäre ein solcher von zwei bis drei Tagen erforderlich gewesen. Die Mutter habe daher während ihrer Anwesenheit beim mj. Stefan keine Betreuungsperson für die mj. Marina engagieren müssen. Der mj. Stefan hänge sehr an seiner Mutter und wäre nach zwei (vorangegangenen) Klinikaufenthalten nicht mehr zu einem weiteren Spitalsaufenthalt zu bewegen gewesen. Der Vater verdiene monatlich durchschnittlich S 18.842,-- (es träfen ihn keine weiteren Sorgepflichten).
Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die von der Mutter begehrten Auslagen notwendigen Sonderbedarf für die Kinder darstellten, zu deren Tragung der Vater zur Hälfte zu verpflichten gewesen sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge und wies das Sonderbedarfsbegehren ab. Es erklärte den Revisionsrekurs für unzulässig. Ärztliche Behandlungskosten könnten keinen Individualbedarf des Kindes begründen, weil sie durch die Sozialversicherung abgedeckt seien. Die von der Mutter für die Weigerung des mj. Stefan, nach zwei Krankenhausaufenthalten sich nochmals einer Spitalsbehandlung zu unterziehen, ins Treffen geführten Argumente könnten weder dem Akteninhalt noch den Anträgen der Mutter in dieser Form entnommen werden. Auch die Kosten einer Brille könnten, weil sie im Rahmen des Notwendigen von der Krankenkasse bezahlt würden, keinen Anspruch auf Abgeltung eines Sonderbedarfes begründen. Eine medizinische Notwendigkeit zum Ankauf einer teureren Brillenfassung sei nicht erwiesen worden. Außerdem könnten die Mehrkosten einer solchen Brillenfassung aus den laufenden Unterhaltszahlungen ohne wesentliche Beeinträchtigung der Lebensverhältnisse des Unterhaltsberechtigten getragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung von den Minderjährigen erhobenen Revisionsrekurs ist zwar zulässig (Art XLI Z 9 WGN 1989), aber nicht berechtigt.
Zur Frage, ob Mehrkosten für eine Brillenfassung bzw der Aufenthalt eines sozialversicherten Kindes in einem Privatsanatorium einen Sonderbedarf begründen können, haben zwar in der Vergangenheit Gerichte zweiter Instanz mehrfach Stellung genommen (vgl EFSlg 44.991 und EFSlg 61.864 sowie EFSlg 61.858), eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu diesen Fragen liegt jedoch nicht vor.
Der Sonderbedarf ist der - den Regelbedarf übersteigende - Bedarf, der dem Unterhaltsberechtigten infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewußt außer acht gelassenen Umstände erwächst (vgl SZ 63/81 = ÖA 1991, 100 = EFSlg 61.845). Das Anwachsen eines Sonderbedarfes ist daher eine Ausnahme. Der Unterhaltsberechtigte hat das Vorliegen von Tatsachen, die für die Zuerkennung von Sonderbedarf sprechen, zu behaupten und zu beweisen. Ob ein Sonderbedarf vom Unterhaltspflichtigen zu decken bzw bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, wodurch der Sonderbedarf verursacht wurde. Ist der Sonderaufwand für die Gesundheit des Kindes notwendig, ist er als deckungspflichtig anzuerkennen (vgl Edlbacher, ÖA 1985, 9 sowie RZ 1991/25 = EFSlg 61.849), wie etwa im Fall einer Zahnregulierung, deren Kosten nicht von der Sozialversicherung übernommen worden sind. Im vorliegenden Fall wurde der mj. Marina eine Weitsichtigkeitsbrille in der Stärke von beiderseits +0,25 verschrieben (vgl AS 188 in ON 48). Sieht man davon ab, daß Brillenkosten, weil sie im Rahmen des Notwendigen von der Krankenkassa getragen werden, grundsätzlich keinen Sonderbedarf darstellen, läßt sich die Empfehlung der Augenärztin, das Kind zum Tragen der Brille zu bewegen, auch durch pädagogische Maßnahmen verwirklichen. Ebenso stellen Spitalsaufenthaltskosten, weil sie durch die Krankenkassa abgedeckt werden, grundsätzlich keinen Sonderbedarf dar. Die Ausführungen der Mutter, daß sie dem Kind nach zwei Krankenhausaufenthalten keinen weiteren Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus aus psychischen Gründen nicht habe zumuten wollen, können weder die Notwendigkeit der Mandeloperation in einem Sanatorium noch die Unmöglichkeit, allenfalls auch in einem öffentlichen Krankenhaus den Aufenthalt des Minderjährigen auf einen Tag zu verkürzen, noch auch einen psychischen Schaden des Kindes durch die Abwesenheit der Mutter über zwei bis drei Tage unter Beweis stellen. Zutreffend hat daher das Rekursgericht erkannt, daß die Voraussetzungen für die Abgeltung eines Sonderbedarfes nicht vorliegen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)