Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.655,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 609,28 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Nach dem Inhalt des einheitlichen Mietvertrags der Streitteile vom 3. März 1966 mietete der Kläger in einem der Beklagten gehörigen Haus in Wien zum Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei den „Geschäftsmietgegenstand top.Nr. 0, 2, 7, 7a, bestehend aus 2 Zimmer, 1 Kabinett, 1 Vorzimmer, 1 Magazin“. Die erstgenannten Räume liegen im ersten Stock des Hauses, das im Keller situierte Magazin im Ausmaß von etwa 26 m2 ist aus dem Erdgeschoß über eine gewundene Treppe, einen Gang und einen Vorraum erreichbar und verfügt über keinen eigenen Zugang von der Straße her. Sämtliche Kellerabteile bzw Magazine sind mit anderen Bestandobjekten im Haus für Wohnungen oder als Lager für Geschäftslokale mitvermietet. Nach dem Inhalt des Mietvertrags beträgt der Friedens(kronen)zins für „7 und 7a“ 1.754 Kr. und für „0.2“ 300 Kr., insgesamt daher 2.054 Kr.
Der Mieter kündigte das Magazin nach § 31 Abs 6 MRG unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum 30. September 1992 mit dem Vorbringen gerichtlich auf, daß es getrennt verwertbar sei, von ihm seit Jahren nicht benutzt werde und er gar keinen Zutritt dazu habe. Für das Magazin werde kein gesonderter Mietzins vorgeschrieben.
Die Vermieterin wendete im wesentlichen ein, das Magazin sei vom Kläger als Aktenlager angemietet worden und ebenso wie die verbleibenden Geschäftsräumlichkeiten nicht abgesondert vermietbar.
Das Erstgericht hob die gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Begehren, die Beklagte sei schuldig, das Magazin zu übernehmen, ab. Dazu stellte es noch fest, der Kläger habe das Magazin zu Beginn des Mietverhältnisses als Aktenlager verwendet, verwende es aber jedenfalls schon seit einigen Jahren - nach einem Streit mit einem anderen Mieter - nicht mehr. Es könne nicht festgestellt werden, daß es für die Vermieterin getrennt verwertbar sei. In rechtlicher Hinsicht vertrat der Erstrichter im wesentlichen die Auffassung, die Teilkündigung des Magazins durch den Mieter müsse gemäß § 31 Abs 6 MRG daran scheitern, daß dieser Raum für die Vermieterin nicht abgesondert vermietbar, somit nicht abgesondert nutzbar sei.
Die zweite Instanz bestätigte das Ersturteil im wesentlichen aus dessen Gründen. Der aufkündigende Mieter habe die abgesonderte Benützbarkeit des aufgekündigten Nebenraumes zu beweisen.
Die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Kündigung beendet das Bestandverhältnis zur Gänze. Eine Teilkündigung, bei das Bestandverhältnis zum Teil aufrecht erhalten werden soll, ist eine Abänderung des Bestandvertrags, die grundsätzlich nicht durch einseitige Willenserklärung bewirkt werden kann, sondern - abgesehen von der ausdrücklichen Einräumung im Vertrag - nur auf Grund der gesetzlichen Kündigungsvorschriften des § 31 MRG zulässig ist. Benötigt der Vermieter einzelne Teile des Mietgegenstandes für sich oder für Verwandte in gerader Linie dringend, so kann er den Mietvertrag in Ansehung dieser Teile aufkündigen, wenn der restliche Teil des Mietgegenstandes abgesondert benutzbar ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden kann und zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters und der schon bisher mit ihm im gemeinsamen Haushalt darin wohnenden eintrittsberechtigten Personen oder zur Besorgung seiner Geschäfte ausreicht (§ 31 Abs 1 erster Satz MRG). In Fällen der in den vorhergehenden Absätzen bezeichneten Art hat der Mieter für den verbleibenden Teil des Mietgegenstandes einen Mietzins zu entrichten, der gegenüber dem bisher entrichteten Mietzins angemessen vermindert ist. Entsteht darüber Streit, so kann der Vermieter oder der Mieter bei Gericht den Antrag auf Entscheidung stellen (§ 31 Abs 4 MRG). Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß für Nebenräume, wie Keller-und Dachbodenräume, die mit der Wohnung, einem Wohnraum oder einer sonstigen Räumlichkeit mitvermietet worden sind (§ 31 Abs 5 MRG). Überdies kann auch der Mieter die Miete von mitgemieteten Nebenräumen oder Nebenflächen aufkündigen, wenn die aufgekündigten Nebenräume oder Nebenflächen abgesondert benutzbar sind oder ohne verhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden können. In diesen Fällen hat die für die Abtrennung erforderlichen Kosten mangels anderweitiger Vereinbarung der aufkündigende Mieter zu tragen (§ 31 Abs 6 MRG).
Die (Teil-)Aufkündigung durch den Mieter bedarf somit nach dem Willen des Gesetzgebers keines Kündigungsgrunds, sondern setzt nur die abgesonderte Benützbarkeit der mitgemieteten und nun aufgekündigten Nebenräume oder Nebenflächen voraus. Daß das vom Kläger als Mieter aufgekündigte, früher als Aktenlager verwendete und - räumlich - nicht im Verband der übrigen Räume der Rechtsanwaltskanzlei liegende Magazin ein „Nebenraum“ ist, kann ungeachtet der zuletzt in deren Revisionsbeantwortung vorgetragenen Bedenken der Beklagten nicht fraglich sein, weil die dafür maßgebliche Definition des § 31 Abs 5 MRG (6 Ob 1505/94) ausdrücklich Kellerräume als Nebenräume nennt. Eines weiteren Beweises des Mieters bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht.
Während das Mietrecht des ABGB die teilweise Aufkündigung des Mietgegenstands - außer bei entsprechender Vereinbarung - nicht kennt, sah das Mietengesetz in seinem § 22, beschränkt auf seinen Anwendungsbereich, die Möglichkeit der Teilkündigung für bestimmte Fälle vor. Die Teilkündigung durch den Mieter war gemäß § 22 Abs 5 MG nur in dem Fall gestattet, daß der Vermieter für einen nicht unter Mieterschutz stehenden Hausgarten einen höheren als den nach § 2 MG zulässigen Mietzins begehrte. Durch das Mietrechtsgesetz wurde dem Mieter ein echtes Teilkündigungsrecht, freilich eingeschränkt auf Nebenräume und Nebenflächen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 7 zu § 31 MRG; Derbolav in Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 461 mwN in FN 111), eingeräumt. Die Materialien (EB, 425 BlgNR 15.GP, 43) enthalten dazu nur den Hinweis, auf den im wesentlichen vergleichbaren § 22 MG könne mit dem Beifügen verwiesen werden, daß durch Abs 6 auch dem Mieter das auf Nebenräume oder Nebenflächen eingeschränkte Recht zur Teilkündigung eingeräumt werden soll. Auch die Materialien zum Mietengesetz enthalten nichts zum Regelungsinhalt des Begriffs „abgesondert benutzbar“ (RV zum MieterschutzG, 723 BlgNR [1922], Anm zu § 15). Lehre und Rechtsprechung vertraten zur Teilkündigung durch den Vermieter die Auffassung, Voraussetzung für eine solche sei neben einem Kündigungsgrund, daß der verbleibende (restliche bzw entstehende) Teil des Mietgegenstands abgesondert benutzbar sei oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden könne sowie zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen bzw zur Besorgung der Geschäfte des Mieters ausreiche (MietSlg 33.422, 29.417, 24.408 ua zu § 22 MG; vgl auch MietSlg 37.460 zu § 31 Abs 1 MRG; Würth-Zingher aaO Rz 1 zu § 31 MRG; Call-Tschütscher, Mietrechtsgesetz, 100 Fälle mit Lösungsvorschlägen, 329; Dirnbacher, Das Mietrechtsgesetz i.d.F. des 3. WÄG 124); eine Interessenabwägung habe dagegen nicht stattzufinden (MietSlg 37.460). Auf die abgesonderte Benutzbarkeit des aufgekündigten Teils komme es hingegen nicht an (MietSlg 29.417; Würth-Zingher aaO Rz 2 zu § 31 MRG; Würth in Rummel 2, Rz 4 zu § 31 MRG). Durch diese im Gesetz vorgesehene inhaltliche Beschränkung der Zulässigkeit einer Teilkündigung durch den Vermieter soll erkennbar den Interessen des Mieters an der weiteren Benützung des von ihm gemieteten Bestandobjekts angemessen Rechnung getragen werden, sodaß der Vermieter bei Aufrechterhaltung des Vertrags in diese nicht in unbilliger Weise eingreifen kann. Diese inhaltlich an der objektiven Interessenlage des Mieters ausgerichteten Wertungen müssen aber bei spiegelbildlicher Anwendung auf die Teilkündigung durch den Mieter dazu führen, daß dann auch die Interessen des Vermieters an der Verwertung seines Bestandobjekts gegen Entgelt - als Pendant der Inbestandnahme - angemessen Berücksichtigung zu finden haben. Auch der Vermieter soll durch eine Teilkündigung durch den Mieter in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht unangemessen schlechter gestellt werden. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich somit bei der Frage nach dem Regelungsinhalt der abgesonderten Benutzbarkeit nicht nur um die (rein faktische) Frage nach der räumlichen Lage des aufgekündigten Nebenraums (oder der Nebenfläche), sondern es ist auch danach zu fragen, ob schützenswerte Interessen des Vermieters durch die Aufkündigung eines Nebenraums (oder der Nebenfläche) meßbar beeinträchtigt werden.
Zwar hat nach § 31 Abs 6 zweiter Satz MRG die für die Abtrennung erforderlichen Kosten zur abgesonderten Benutzbarmachung aufgekündigter Nebenräume oder Nebenflächen mangels anderweitiger Vereinbarung jedenfalls der aufkündigende Mieter zu tragen, weshalb dadurch allein im allgemeinen eine Beeinträchtigung relevanter Vermieterinteressen nicht entstehen kann. Das Gesetz sieht auch - anders als bei der Teilkündigung durch den Vermieter (§ 31 Abs 4 MRG) - nach seinem Wortlaut keine aliquote Verminderung eines einheitlichen Mietzinses (für die aufgekündigten Nebenräume oder Nebenflächen) vor. Eine Verringerung des Mietzinses kommt danach vielmehr nur in Frage, wenn der aufgekündigte und somit wegfallende Teil des Bestandobjekts in Ansehung des Mietzinses einen gesonderten Ansatz hatte (Würth-Zingher aaO Rz 7 zu § 31 MRG; Würth in Rummel 2, Rz 8 zu § 31 MRG). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Mietvertrag ein gesonderter Ansatz nur für top.Nr. 7 und 7a einerseits sowie top.Nr. 0 und 2 andererseits, ohne daß feststünde, welchem Ansatz das Magazin zuzurechnen ist. Auch die Aufkündigung selbst nennt diesen nicht. Dies begründet aber keinen Feststellungsmangel: Wäre im unbestrittenermaßen einheitlichen Mietvertrag für das Magazin ein gesonderter Mietzinsansatz vorgesehen, sodaß die Vermieterin schon deshalb der Gefahr einer Mietzinsreduktion ausgesetzt sein würde, wären allein schon dadurch deren wirtschaftlichen Interessen durch die Teilkündigung ausreichend beeinträchtigt, weil bei objektiver Betrachtungsweise vom Vermieterstandpunkt aus der aufgekündigte Nebenraum (Teil des Bestandobjekts) für sich allein wirtschaftlich verwertbar, somit vermietbar sein muß und gerade dies nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht feststellbar ist.
Bestünde dagegen für das aufgekündigte Magazin kein gesonderter Ansatz, wäre die Vermieterin nicht bloß mit den allgemeinen Nachteilen einer Leerstehung des Mietobjekts (laufende Betreuung, Schädlingsbekämpfung, Instandhaltung udgl.) konfrontiert, sondern sie mußte wohl auch damit rechnen, daß sich der auf das Mietobjekt entfallende Anteil an den Betriebskosten - der nicht unbeträchtlich sein kann - infolge der nun verringerten Nutzfläche (§§ 17 und 21 MRG) angesichts des zwingenden Charakters der gesetzlichen Bestimmungen über Umfang, Inhalt und Einhebung der Betriebskosten verringern würde und die Vermieterin die auf das allein nicht vermietbare Magazin infolge dessen Leerstehung entfallenden Betriebskosten selbst tragen müßte.
Überdies wäre er in einem solchen Fall im Verfahren darüber, ob er diese Betriebskostenanteile auf die übrigen Mieter überwälzen darf oder selbst zu tragen hat, durch seine Beweispflicht dafür, der teilaufgekündigte Raum sei nicht zu vermieten, in eine schlechtere prozessuale Rolle gedrängt. Die Beeinträchtigung der Vermieterinteressen spricht somit in jedem Fall gegen die Zulässigkeit der Teilkündigung des Magazins durch den Mieter.
Ob der Mieter bei wirksamer Teilkündigung in analoger Anwendung des § 31 Abs 4 MRG eine Herabsetzung des Mietzinses erwirken könnte, was Würth (in Rummel 2, Rz 8 zu § 31 MRG) in den Raum stellt, muß deshalb nicht mehr untersucht werden.
Der Revision ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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