OGH 5Ob12/95

OGH5Ob12/9531.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1. Ingrid N*****, 2. Christel K*****, 3. Walter P*****, 4. Gertrude W*****, 5. Kurt K*****, 6. Ursula P*****, 7. Peter P*****, sämtliche Mieter im Haus ***** sämtliche vertreten durch Alfred Karlowitsch, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, 1020 Wien, Obere Donaustraße 97-99/7/4, dieser vertreten durch Dr.Roland Hubinger, Dr.Michael Ott, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Otto R***** GmbH, vertreten durch Alois Obermeier, Immobilienverwalter, 1200 Wien, Leithastraße 16, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20.September 1994, GZ 41 R 259/94-16, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4.Jänner 1994, GZ 6 Msch 16/93-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird insoweit abgeändert, als der Antrag auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes durch Vorschreibung von Betriebskosten für 1990 um einen im Reinigungsentgelt enthaltenen Betrag von S 7.200 abgewiesen wird.

Text

Begründung

Das gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufene Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegnerin als Eigentümerin des Hauses *****, gegenüber den antragstellenden Mietern das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung von Betriebskosten für das Jahr 1990 unter anderem um einen im Reinigungsentgelt enthaltenen Betrag von S 7.200 überschritten habe. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurde dieser Betrag unter der Teilposition "Wert der Dienstwohnung" vorgeschrieben, obwohl es im Haus keinen angestellten Hausbesorger gibt. In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht mangels Bestellung eines Hausbesorgers die Überwälzbarkeit der in den Reinigungskosten enthaltenen fiktiven Kosten für die Zurverfügungstellung einer Hausbesorgerdienstwohnung auf die Mieter.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs - im Hinblick auf die zitierte Judikatur, von der es nicht abgewichen sei - für nicht zulässig. Es führte zur im Revisionsrekursverfahren noch strittigen Frage folgendes aus:

Nach § 23 Abs 2 MRG könne der Vermieter bei Fehlen eines Hausbesorgers grundsätzlich jene Beträge als Betriebskosten anrechnen, die die Mieter auch im Fall der Verrichtung der Arbeiten durch einen vom Vermieter bestellten Hausbesorger zu entrichten hätten. Darunter fielen nicht nur die Beträge nach § 23 Abs 1 Z 1 und 2 MRG, sondern auch die fiktiven Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 7 zu § 23). Die Überwälzbarkeit dieser fiktiven Kosten auf die Mieter werde von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes damit begründet, daß § 23 Abs 2 MRG ohne Einschränkung auf § 23 Abs 1 MRG (somit auch auf Z 3 leg cit) verweise und die Grundwertungen oder Zwecke des MRG einen Grund für eine teleologische Reduktion zur Vermeidung sachlich nicht gerechtfertigter und willkürlicher Ergebnisse nicht erkennen ließen. Im Falle des § 23 Abs 2 MRG (Fehlen eines Hausbesorgers) seien die Mieter sogar insofern günstiger gestellt als im Falle des Vorhandenseins eines Hausbesorgers, als aus den von ihnen geleisteten Hauptmietzinsen nicht auch noch die Kosten der Erhaltung der Hausbesorgerdienstwohnung (§ 3 Abs 2 Z 1 MRG) bestritten werden müßten. Wären auch die fiktiven Kosten für die Zurverfügungstellung einer Hausbesorgerdienstwohnung auf die Mieter überwälzbar, würde deren vom Obersten Gerichtshof zur Begründung seiner Rechtsansicht hervorgehobene Begünstigung wegfallen (vgl MietSlg 38.398/23). Es habe daher bei dem Grundsatz zu bleiben, daß fiktive Kosten nur soweit verrechnet werden könnten, als die ihnen entsprechenden Leistungen tatsächlich erbracht würden (vgl Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 7 zu § 23). Sei eine Hausbesorgerdienstwohnung nicht vorhanden, könnten somit die ihr entsprechenden fiktiven Kosten auf die Mieter nicht überwälzt werden (Palten, Betriebskosten Rz 109/4 mwN).

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; es wird (erkennbar) ein Abänderungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsteller beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht - wie die Antragsgegnerin meint - wegen Uneinheitlichkeit von zweitinstanzlicher Rechtsprechung, sondern wegen des Fehlens oberstgerichtlicher Judikatur zur Verrechenbarkeit des bei Verzicht auf den Anspruch auf die Hausbesorgerdienstwohnung gebührenden Entgeltes in Höhe der für die Zwecke der Sozialversicherung festgesetzten Bewertungssätze (§ 13 Abs 6 HBG) als Betriebskosten im Falle des Fehlens eines Hausbesorgers (§ 23 Abs 2 MRG) zulässig. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, die auf die Mieter überwälzbaren fiktiven Hausbesorgerkosten orientierten sich nach § 23 Abs 2 MRG an den Beträgen gemäß Abs 1 dieser Regelung. Danach bestehe der Beitrag für Hausbesorgerarbeiten unter anderem aus den dem Hausbesorger gebührenden Entgelten und Ersätzen zusätzlich der Kosten der für die Reinigungsarbeiten erforderlichen Gerätschaften und Materialien. Der Hausbesorger habe nun einen im § 13 HBG normierten Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung. Stehe ihm im Zeitpunkt der Begründung des Dienstverhältnisses eine der ihm sonst zustehenden Dienstwohnung entsprechende Wohnung zur Verfügung, so könne er auf den Anspruch auf Dienstwohnung verzichten. Habe der Hausbesorger auf seinen Anspruch verzichtet, so gebühre ihm anstelle dieses Sachbezuges ein monatliches Entgelt in der Höhe der für die Zwecke der Sozialversicherung festgesetzten Bewertungssätze. Ausgehend von dem der Regelung des § 23 Abs 2 MRG zugrundeliegenden Gedanken, daß die Mieter für die Verrichtung der Hausbesorgerarbeiten einen nach festen Grundsätzen zu errechnenden Betrag zu bezahlen hätten, ungeachtet dessen, ob ein Hausbesorger beschäftigt werde oder die Hausbesorgerarbeiten auf andere Weise verrichtet würden, ergebe sich folgerichtig, daß der auf die Mieter überwälzbare Betrag so zu berechnen sei, als wäre ein Hausbesorger beschäftigt. Nachdem es nun im Falle der Beschäftigung einer Reinigungsfirma kaum sinnvoll erscheine, eine Hausbesorgerdienstwohnung freizuhalten, komme im Falle der Berechnung nach § 23 Abs 2 MRG nur der für den Fall des Verzichts festgesetzte Ersatzbetrag in Betracht. Da die Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung ausdrücklich als Sachbezug bezeichnet werde, sei der im Verzichtsfall zu leistende Ersatzbetrag Entgeltbestandteil und werde der zu leistende Ersatzbetrag gemäß § 13 Abs 6 HBG auch ausdrücklich als monatliches Entgelt bezeichnet. Auch dabei handle es sich um ein im Sinne des § 23 Abs 1 Z 1 MRG dem Hausbesorger gebührendes Entgelt, das als Betriebskostenbestandteil den Mietern gegenüber fiktiv verrechnet werden könne.

Mit diesen Ausführungen ist die Rechtsmittelwerberin im Recht:

Gemäß § 21 Abs 1 Z 8 MRG gelten die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für den in § 23 MRG bestimmten Beitrag für Hausbesorgerarbeiten als Betriebskosten. Werden Hausbesorgerarbeiten von einer vom Vermieter bestellten und entlohnten, nicht als Hausbesorger anzusehenden Person geleistet, so hat der Vermieter gemäß § 23 Abs 2 MRG Anspruch auf die Beträge nach Abs 1. Hiezu zählen gemäß § 23 Abs 1 Z 1 MRG die dem Hausbesorger gebührenden Entgelte und Ersätze zuzüglich der Kosten der für die Reinigungsarbeiten erforderlichen Gerätschaften und Materialien sowie der Kosten für das Ausmalen der Hausbesorgerwohnung.

Als Entgelt kommen in diesem Sinne alle im HBG als solche bezeichneten Beträge in Betracht (Palten, Betriebskosten im Mietrecht Rz 96), damit aber auch das monatliche Entgelt in der Höhe der für die Zwecke der Sozialversicherung festgesetzten Bewertungssätze, das gemäß § 13 Abs 6 HBG dem Hausbesorger, der auf den Anspruch auf Dienstwohnung gemäß Abs 5 verzichtet hat, anstelle dieses Sachbezuges gebührt.

In den Gesetzesmaterialien zu § 9 und § 13 Abs 6 HBG (1419 BlgNR 11. GP) wird zwar das Entgelt für den Verzicht auf den Sachbezug für nicht überwälzbar gehalten. Dem kommt aber spätestens seit der Aufhebung des § 9 HBG, der das Entgelt gemäß § 13 Abs 6 HBG nicht unter den Betriebskosten im Sinne des § 2 Abs 2 MG aufzählte, durch das BG BGBl 1985/55 keine Bedeutung zu (vgl Würth in Rummel2 § 23 MRG Rz 2). § 23 Abs 1 MRG differenziert zwischen den verschiedenen Entgelten des Hausbesorgers nicht (vgl WoBl 1993, 13/5).

In der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung MietSlg 38.398/23 = ImmZ 1987, 218 (vgl auch MietSlg 39.382 = ImmZ 1987, 220; Würth aaO Rz 6) hat der erkennende Senat ausgesprochen, daß der Vermieter nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs 2 MRG unter den in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen den Mietern jene Beträge unter Betriebskosten anrechnen dürfen solle, die sie auch im Falle einer Verrichtung der Hausbesorgerarbeiten durch einen vom Vermieter bestellten Hausbesorger nach § 23 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Z 8 MRG zu entrichten hätten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der den Vermieter im Fall des § 23 Abs 2 MRG tatsächlich treffende Aufwand höher oder niedriger sei als im Falle des § 23 Abs 1 MRG. Unter anderem wurde ausgeführt, daß die Mieter im Falle des § 23 Abs 2 MRG sogar insoferne günstiger daran seien als im Falle des § 23 Abs 1 MRG, als aus den von ihnen geleisteten Hauptmietzinsen nicht auch noch die Kosten der Erhaltung der Hausbesorgerdienstwohnung (§ 3 Abs 2 Z 1 MRG) bestritten werden müßten. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist daraus für dessen Rechtsmeinung aber nichts zu gewinnen; vielmehr deutet der zuletzt zitierte Satz darauf hin, daß bei Verrechnung nach § 23 Abs 2 MRG vom Fehlen einer Hausbesorgerdienstwohnung auszugehen ist.

Tatsächlich gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt dafür, beim Fehlen eines Hausbesorgers das Vorhandensein einer Dienstwohnung zu fingieren. Daher dürften zwar etwa fiktive Kosten für das Ausmalen einer solchen Wohnung nicht angesetzt werden (Palten aaO Rz 108), wohl aber Beträge gemäß § 13 Abs 6 HBG, die einem Hausbesorger ohne Dienstwohnung zu zahlen wären. Es handelt sich dabei gerade um Kosten, die dem Nichtvorhandensein einer Dienstwohnung entsprechen.

Was die von den Antragstellern befürchtete Bereicherung des Vermieters, der in die Lage versetzt wird, eine weitere Wohnung zu vermieten, zu Lasten der Mieter anlangt, ist noch zu bemerken, daß im Falle einer solchen zusätzlichen Vermietung nicht nur zugunsten der Mieter die Kosten der Erhaltung der Hausbesorgerdienstwohnung entfallen, sondern durch zusätzliche Einnahmen auch die verrechenbare Mietzinsreserve ansteigt und der Betriebskostenanteil des einzelnen Mieters sinkt.

Die Betriebskostenvorschreibung der Antragsgegnerin ist daher im noch strittigen Punkt nicht zu beanstanden, weshalb ihrem Revisionsrekurs wie aus dem Spruch ersichtlich Folge zu geben war.

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