Spruch:
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (in den Akten auch kurz als H*****-Werke Handel bezeichnet) wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 5.6.1984 von Amts wegen der Anschlußkonkurs eröffnet. Die H***** GesmbH & Co (ebenfalls eine Kommanditgesellschaft, im Konkursverfahren kurz als H*****-Werke Betrieb oder Fabrik bezeichnet), befindet sich seit 14.5.1984 ebenfalls im Anschlußkonkurs. Die Gemeinschuldnerin und die H*****-Werke Fabrik waren wirtschaftlich eng miteinander verflochten. Ihre Buchhaltungen wurden gemeinsam in Wels geführt. Ihre Komplementärinnen, die sich selbst nicht im Konkurs befinden, haben jeweils Dr.Rudolf H***** als Geschäftsführer. In beiden Konkursverfahren wurde Dr.Maximilian Ganzert, Rechtsanwalt in Wels, zum Masseverwalter bestellt. Zufolge der engen wirtschaftlichen Verflechtung sah er sich außerstande, den Massen das vorhandene Vermögen zuzuordnen. Er erachtete dazu die Erstellung je eines Status der beiden Gemeinschuldnerinnen für notwendig und ersuchte, dafür den bereits im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer tätig gewesenen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater beiziehen zu dürfen, was vom Konkursgericht genehmigt wurde. In der Folge wurde das Vermögen der beiden Gemeinschuldnerinnen gemeinsam verwaltet und die Betriebe wurden einheitlich fortgeführt. Im Herbst 1984 wurden die Betriebe eingestellt und das restliche Umlaufvermögen und die Fahrnisse verwertet. Der hiefür notwendige Personal- und Sachaufwand wurde auf Grund eines sogenannten Umsatzschlüssels derart verrechnet, daß der insgesamt erzielte Umsatz aus Besteckverkäufen der Jahre 1984 und 1985 in Höhe von rund 12,000.000 S einem vom Masseverwalter mit 6,800.000 S angenommenen Wert des Vorratsvermögens des H*****-Werke Vertrieb gegenübergestellt wurde. Dem H*****-Werke Vertrieb wurden in der Folge 55,97 % auf Fortführungskosten zugerechnet.
Mit Schriftsatz vom 3.5.1994 hat der Masseverwalter dem Konkursgericht Rechnung gelegt. Gegen diese Rechnungslegung des Masseverwalters haben eine Konkursgläubigerin und die (selbst nicht im Konkurs befindliche) Komplementärin der Gemeinschuldnerin H*****-Werke ***** Gesellschaft mbH vertreten durch den Geschäftsführer Dr.Rudolf H***** Bemängelungen nach § 122 Abs 1 KO erhoben. In einer gemäß § 121 Abs 3 KO angeordneten Tagsatzung über die Rechnung wurden diese Bemängelungen erörtert und der Masseverwalter wurde aufgefordert, hiezu binnen 14 Tagen schriftlich Stellung zu nehmen. Die Beschlußfassung über die Genehmigung bzw. Nichtgenehmigung der Rechnungslegung sollte laut Ankündigung schriftlich ergehen. Der Masseverwalter hat sodann fristgerecht seine Stellungnahme erstattet, woraufhin die vorgenannte Konkursgläubigerin und der Geschäftsführer der Komplementärin Gegenäußerungen erstatteten. Mit Beschluß vom 7.10.1994, ON 126 genehmigte das Erstgericht die Rechnungslegung des Masseverwalters.
Den gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekursen der obgenannten Konkursgläubigerin und der Komplementärgesellschaft gab das Rekursgericht Folge. Es hob den genannten Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens und eine neuerliche Beschlußfassung "nach Rechtskraft" dieser Entscheidung auf. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem 50.000 S übersteigenden Wert und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:
Die von den Rekurswerberinnen bekämpften Umstände nämlich die gemeinsame Abwicklung der Verfahren des H*****-Werke Vertrieb mit jenem der H*****-Werke Fabrik infolge Vermengung der Massen die fehlerhafte Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel von 55,97 % zu 44,03 %, die Nichtberücksichtigung des Verkaufserlöses eines Superädifikates und die Einbeziehung einer Rechnungsposition von S 3,856.510,49 sowie die Frage von Forderungen an zwei Unternehmen beträfen zum Teil solche, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen. Über allfällige Schadenersatzforderungen gegen den Masseverwalter sei aber schon im Rechnungslegungsverfahren zu entscheiden. Diese von der Konkursgläubigerin und der Komplementärin der Gemeinschuldnerin geltend gemachten Ersatzansprüche gegen den Masseverwalter seien vom Erstgericht mangelhaft geprüft worden, indem eine Verhandlung über die Gegenäußerung unterblieben sei.
Im übrigen wies das Rekursgericht auf die Prüfung der Voraussetzungen zur Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs 2 KO hin. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig, um eine Äußerung zur Praktikabilität der Rechtsprechung (EvBl 1992/87) sowie zu Bedenken zufolge Art 6 MRK zu ermöglichen.
Gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß richten sich die Revisionsrekurse des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft (ON 133) sowie des Masseverwalters (ON 134) mit den Anträgen, in der Sache zu entscheiden, und zwar den Masseverwalter zur Zahlung eines Schadenersatzbetrages von 11,800.000 S zu verpflichten bzw seine Rechnungslegung zu genehmigen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Es ist dem Rekursgericht zuzustimmen, daß die sich aus der Rechtsprechung zur Schadenersatzhaftung bei ungerechtfertigter einstweiliger Verfügung (JBl 1993, 733) ergebenden Erwägungen eine nochmalige Überprüfung der Rechtsprechung zur Geltendmachung von Ansprüchen des gemeinsamen Befriedigungsfonds der Gläubiger gegen den Masseverwalter im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO (EvBl 1992/87, 375 = RdW 1992, 317 = Arb 10.978 = ecolex 1992, 256) rechtfertigen.
In beiden Rekursen wird gegen die Rechnungslegung unterschiedlich zur Stellung genommen: einerseits hätte die Ersatzforderung gegen den Masseverwalter aus pflichtwidriger Amtsführung festgestellt, andererseits eine solche verneint werden müssen.
Soweit das Rekursgericht die erstgerichtlichen Feststellungen zur Beurteilung eines allfälligen Ersatzanspruches gegen den Masseverwalter als unzureichend und auf Grund eines mangelhaften Verfahrens gewonnen ansieht, kann dem der Oberste Gerichtshof als Rechtsinstanz nicht entgegentreten. Die vom Rekursgericht dargelegten Einwände führen aber nicht zu einem Abgehen von der zuvor angeführten Rechtsprechung.
Die bei Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht, 172, angeführte Wendung, in zwei Fällen könne aber ein Ersatzanspruch der Konkursmasse zu einer Verurteilung des Masseverwalters "und zwar unter Ausschluß des Rechtsweges" führen, bedeutet keineswegs, daß damit dem Masseverwalter grundlegende Verfahrensgarantien im Sinne des Art 6 MRK verwehrt würden. Dies ergibt sich schon aus dem weiters folgenden Zusatz, daß dies "ohne klagsweise Verfolgung, aber doch außerhalb des Rechnungslegungsverfahrens" geschehe, und überdies wird damit eine Formulierung des § 122 Abs 2 KO aufgegriffen. Die Amtswegigkeit im Konkursverfahren (vgl § 173 Abs 5 KO) hat keine Beeinträchtigung von Verfahrensrechten zur Folge (vgl WBl 1988, 29; SZ 59/3 = JBl 1986, 190 = EvBl 1987/28, 119), vielmehr wird dadurch die Richtigkeitsgewähr der Entscheidung infolge Entfalles der formellen Behauptungslast erhöht (vgl zu § 87 Abs 1 ASGG: SZ 60/231 = SSV-NF 1/48; SSV-NF 4/40 ua). Durch die Amtswegigkeit erfolgt ein Interessenausgleich zwischen der Wahrung der gemeinschaftlichen Gläubigerinteressen und dem Gebot der Verfahrensökonomie sowie dem Interesse des Masseverwalters, nicht wegen behaupteter pflichtwidriger Amtsführung in ein Verfahren gezogen zu werden, in dem vielfach nur schon im Konkursverfahren erhobene Bedenken und Bemängelungen wiederholt würden.
Die Höhe der Schadenersatzforderungen, die gegen den Masseverwalter behauptet werden, veranlassen den erkennenden Senat zu keiner Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung. Abgesehen von der Bestimmung des § 7 a Abs 2 JN und der Rechtsmittelzulässigkeit (§§ 501 ff ZPO) ist für höhere Beträge kein anderes Verfahren vorgesehen als für solche geringeren Ausmaßes. Die Verfahrensgarantien des Art 6 MRK sind durch ein außerstreitiges Verfahren gewährleistet, das eine Tagsatzung gemäß § 121 Abs 3 iVm § 173 KO vorsieht und einem streitigen Verfahren auch nicht unterlegen ist, sodaß eine verfassungskonforme Auslegung (vgl JBl 1993, 733) keine Änderung des ohnehin schon bestehenden Standards an Sorgfaltspflichten zur Prüfung der Rechnungslegung erfordert.
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