OGH 8Ob28/94

OGH8Ob28/9426.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Edwin P*****, Inhaber eines technischen Büros, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. H***** GmbH, ***** wegen Feststellung einer Konkursforderung von 322.837,20 S, infolge Revisionsrekurses des Dr.Oskar Welzl, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 4.August 1994, GZ 4 R 2/94-11, womit infolge Rekurses des Klägers der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 24.November 1993, GZ 4 Cg 111/93-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, Dr.Oskar Welzl, Rechtsanwalt in Linz, die mit 4.871,04 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 811,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Konkurs über das Vermögen der Dipl.Ing. H***** GmbH wurde am 17. August 1993 ein Zwangsausgleich abgeschlossen.

Die Punkte 3 und 5 dieses Zwangsausgleiches haben folgenden Wortlaut:

"3. Die Konkursgläubiger erhalten auf ihre Forderung eine 20 %-ige Quote, zahlbar innerhalb eines Jahres vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlages. Das ganze Zwangsausgleichserfordernis wird zugunsten des Masseverwalters und späteren Gläubigersachwalters durch eine Bankgarantie eines österreichischen Kreditinstitutes sichergestellt. Die Gemeinschuldnerin unterwirft sich bis zur Erfüllung des Zwangsausgleiches der Überwachung durch den derzeitigen Masseverwalter als Gläubigersachwalter. Er hat für die Quotenausschüttung Sorge zu tragen und gegebenenfalls die Bankgarantie in Anspruch zu nehmen und für die Quotenausschüttung zu verwenden. ....

5. Der Nachlaß und die sonstigen Begünstigungen, die der Ausgleich gewährt, werden für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber welchen die Schuldnerin mit der Erfüllung des Ausgleiches in Verzug gerät. Ein solcher Verzug ist erst anzunehmen, wenn die Schuldnerin eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierwöchigen Nachfrist an sie gerichteten schriftlichen Mahnung nicht bezahlt hat."

Mit Beschluß vom 23.August 1993 bestätigte das Konkursgericht den Zwangsausgleich und hob mit Beschluß vom 14.September 1993 den Konkurs gemäß § 157 Abs 2 KO auf. Dieser Beschluß wurde am 15. September 1993 an der Gerichtstafel angeschlagen.

Das klageabweisende Urteil im vorliegenden Prüfungsprozeß wurde dem Kläger am 23.September 1993 zugestellt. Die am 20.Oktober 1993 zur Post gegebene Berufung des Klägers wurde vom Erstgericht an den darin weiterhin als beklagte Partei genannten (ehemaligen) Masseverwalter zugestellt. Dieser beantragte hierauf die Feststellung, daß die Zustellung der Berufung des Klägers an den ehemaligen Masseverwalter im Konkursverfahren S 93/92 des Landesgerichtes Linz, Dr.Oskar Welzl, Rechtsanwalt in Linz, unwirksam sei.

Das Erstgericht erkannte daraufhin die an den (ehemaligen) Masseverwalter erfolgte Zustellung der vom Kläger erhobenen Berufung für nichtig und hob sie auf; weiters verpflichtete es den Kläger, dem weiterhin als beklagte Partei bezeichneten Masseverwalter die mit 1.451 S bestimmten Kosten des Antrages zu ersetzen. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Gemeinschuldner mit Rechtskraft der Aufhebung des Konkurses wieder voll verfügungsfähig und unbeschränkt prozeßfähig geworden sei; mit diesem Zeitpunkt sei er ipso iure anstelle des Masseverwalters in den anhängigen Prozeß eingetreten.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung des Antrages des Masseverwalters ab; es nannte als beklagte Partei die ehemalige Gemeinschuldnerin, vertreten durch den Gläubigersachwalter (und ehemaligen Masseverwalter) und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung vertrat es die Rechtsauffassung, daß der Gemeinschuldner im vorliegenden Fall mit Konkursaufhebung ausnahmsweise nicht unbeschränkt prozeßfähig geworden sei, weil nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches der ehemalige Masseverwalter als nunmehriger Sachwalter der Gläubiger für die Quotenausschüttung Sorge zu tragen habe und gegebenenfalls die in seinen Händen befindliche Bankgarantie in Anspruch nehmen müsse. Die Berufung sei daher zu Recht an den ehemaligen Masseverwalter und nunmehrigen Sachwalter der Gläubiger zugestellt worden.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Dr.Oskar Welzl mit dem Antrag, ihn im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Ferner beantragt der Revisionsrekurswerber die Berichtigung der Parteibezeichnung dahin, daß als beklagte Partei die ehemalige Gemeinschuldnerin bezeichnet werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig und auch berechtigt.

Gemäß § 157 Abs 3 KO tritt der Gemeinschuldner mit Aufhebung des Konkurses, soweit der Ausgleich nichts anderes bestimmt, wieder in das Recht, über sein Vermögen frei zu verfügen. Schon daraus ergibt sich, daß dieser Ausnahmstatbestand vor allem dann zum Tragen kommt, wenn der Schuldner dem Sachwalter gemäß § 157e Abs 1 KO Ermächtigungen zur Verwertung und Verwaltung seines Vermögens erteilt hat. Nur in diesem Fall kommt dem Sachwalter als Ermächtigungstreuhänder des Schuldners im Prozeß über das übergebene Vermögen gemäß § 157f Abs 1 KO (entsprechend der inhaltsgleichen Bestimmung des § 63 Abs 1 AO) Parteistellung zu (siehe auch EB RV 3 BlgNR 15.GP, 43 zu der § 63 Abs 1 AO entsprechenden Bestimmung des Gesetzesantrages [dort § 55f Abs 1 AO]; zu den §§ 157a bis 157g KO wird hingegen in den EB aaO, 58 auf die im wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmungen der AO verwiesen). Zutreffend hat daher Konecny (Zur Prozeßführung durch den Ausgleichsschuldner, JBl 1986, 353 ff [366 f]) eine Prozeßführungsbefugnis des Sachwalters als Ermächtigungstreuhänder des Schuldners nur für den Fall der Übergabe von Schuldnervermögen bejaht. Mit der Bankgarantie wurde dem Sachwalter jedoch nicht Vermögen des Schuldners übergeben, sondern vom Ausgleichsgaranten die Verfügungsmacht über die Garantiesumme eingeräumt, so daß es an den Voraussetzungen für die erweiterte Rechtskraftwirkung nach § 157f Abs 1 KO (entsprechend § 63 Abs 1 AO) als Grundlage für die Prozeßstandschaft des Sachwalters fehlt (siehe Konecny aaO 367 f; vgl ÖBA 1991/287 sowie SZ 56/31, weiters Buchegger, Die Ausgleichserfüllung 204 f; Schumacher, Der Liquidationsausgleich in der Praxis, JBl 1990, 5 ff [14 f]; Kuhn-Uhlenbruck10 § 192d KO Rz 6 b).

Dem Revisionsrekurs des zur Abwehr seiner unberechtigten Einbeziehung als Partei bzw Parteienvertreter in den Prozeß legitimierten Rechtsmittelwerbers (siehe EvBl 1963/429; EvBl 1970/231; 4 Ob 565/72) war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes in der Hauptsache wieder herzustellen.

Weiters war die Bezeichnung der beklagten Partei auf die ehemalige Gemeinschuldnerin Dipl.Ing.H***** GmbH zu berichtigen.

Wegen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses in der Hauptsache ist auf die damit wieder aktuell gewordene Bekämpfung der Kostenentscheidung durch den Kläger Bedacht zu nehmen (JBl 1978, 433; 1 Ob 25/92 ua). Mit seinem Kostenrekurs bekämpft der Kläger den Zuspruch von Kosten an den ehemaligen Masseverwalter für den Schriftsatz, mit dem dieser bekanntgab, daß sein Amt durch die rechtskräftige Aufhebung des Konkurses erloschen und er daher nicht mehr zur Empfangnahme der Berufung legitimiert sei. Da § 51 Abs 1 ZPO auch für den Fall der amtswegigen Wahrnehmung der Nichtigkeit Kostenersatz vorsieht, kann der Umstand, daß die Aufhebung des Konkurses vom Prozeßgericht auch von Amts wegen wahrzunehmen ist, nicht dazu führen, einen Kostenersatzanspruch gegen den Kläger zu verneinen, wenn ihm ein Verschulden an dem nichtigen Verfahrensschritt anzulasten ist. Die Kenntnis des Klägers vom Inhalt des Zwangsausgleiches und dessen Bestätigung ergibt sich aus der diesbezüglichen Außerstreitstellung in der Tagsatzung vom 6.September 1993. Auch wenn der Kläger nicht durch Zustellung des Beschlusses von der Aufhebung des Konkurses verständigt wurde, mußte er nach der Bestätigung des Zwangsausgleiches mit der Aufhebung des Konkurses nach § 157 KO und der Wiedererlangung der Prozeßfähigkeit durch den Gemeinschuldner rechnen und hätte daher vor Fortführung des Prozesses gegen den Masseverwalter zu erheben gehabt, ob und wann die Aufhebung des Konkurses verfügt und durch Anschlag an der Gerichtstafel - mit der Wirkung der Zustellung (§ 174 Abs 2 KO) - kundgemacht wurde. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem durch die Einbeziehung des ehemaligen Masseverwalters verursachten Verfahrensaufwand um unabhängig vom Ausgang in der Hauptsache zuzuerkennende Kosten eines selbständigen Zwischenstreites im Sinne des § 52 Abs 1 ZPO handelt. Auch dem Kostenrekurs des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 41 und 52 Abs 1 ZPO.

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