Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie unter Einbeziehung der unangefochten gebliebenen Teile wie folgt zu lauten haben:
"Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin den für die Wohnung Nr. 6 im Haus ***** zulässigen Hauptmietzins durch die Vorschreibung von monatlich S 2.634,-- in den Monaten April 1990 bis einschließlich Februar 1992 um je S 1.216,90 überschritten hat.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen S 30.787,57 (darin enthalten S 2.798,87 Umsatzsteuer) samt 4 % Zinsen seit 25.2.1992 zurückzuzahlen.
Die Antragsgegnerin ist weiters schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit S 300,-- bestimmten Barauslagen zu ersetzen."
Text
Begründung
Die Parteien dieses Verfahrens haben am 19.2.1990 einen Hauptmietvertrag über die im Hause der Antragsgegnerin ***** gelegene Wohnung Nr. 6 abgeschlossen. Der Beginn des Mietverhältnisses wurde mit 1.4.1990 festgelegt; die Mietzinsvereinbarung sieht vor, daß die Antragstellerin als Mieterin einen auf Grundlage des Verbraucherpreisindex 1986 wertgesicherten monatlichen Hauptmietzins von S 50,-- pro m2 Nutzfläche zu zahlen hat, insgesamt also S 2.634,-- monatlich für die 52,68 m2 große Wohnung. Daß die Wohnung der Ausstattungskategorie A angehört, ist kein Streitpunkt.
Am 25.2.1992 begehrt die Antragstellerin bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien die Überprüfung des von Anfang April 1990 bis Ende Februar 1992 eingehobenen Hauptmietzinses. Gegenstand dieses später gerichtsanhängig gewordenen Verfahrens war vor allem die Frage, ob die Antragsgegnerin wegen einer Standardanhebung den nach § 16 Abs 1 Z 5 MRG angemessenen Hauptmietzins verlangen durfte. Mittlerweile steht jedoch fest, daß es zur Erfüllung dieses Ausnahmetatbestandes an der Einhaltung der Wiedervermietungsfrist des letzten Halbsatzes der genannten Gesetzesbestimmung fehlt. Strittig ist nur noch, ob bei der Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses der am 1.12.1991 eingetretene Indexsprung von S 26,90 auf S 29,60 ab dem Zinstermin 1.1.1992 zu berücksichtigen war. Die Antragstellerin steht auf dem Standpunkt, dazu hätte es einer ausdrücklichen (umstrittig jedoch nie erfolgten) Geltendmachung der Wertsicherung durch die Antragsgegnerin bedurft.
Das Erstgericht berücksichtigte ohne nähere Begründung diesen Indexsprung. Es stellte fest, daß der zulässige (dem § 16 Abs 2 Z 1 MRG entsprechende) monatliche Hauptmietzins von April 1990 bis Dezember 1991 um monatlich S 1.216,90, im Jänner und Februar 1992 hingegen um monatlich S 1.074,70 überschritten worden sei, ohne allerdings auch einen Rückzahlungstitel für die Überschreitungsbeträge zu schaffen, weil es an Verfahrensergebnissen über die tatsächlich geleisteten Mietzinszahlungen der Antragstellerin fehle.
Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht schuf zwar einen Rückzahlungstitel für die festgestellten Überschreitungsbeträge, schloß sich allerdings dem Argument des Erstgerichtes an, daß auf die Erhöhung des Kategoriemietzinses auf Grund der in § 16 Abs 4 MRG normierten Wertsicherung von Amts wegen Bedacht zu nehmen sei. Dementsprechend wurde die Antragsgegnerin schuldig erkannt, der Antragstellerin S 30.474,73 (inklusive USt) samt 4 % Zinsen seit 25.2.1992 zurückzuzahlen. Bei der erstmaligen Überprüfung des Hauptmietzinses werde nämlich fingiert, daß der Vermieter zum erstmöglichen Zinstermin (hier am 1.1.1992) rechtzeitig von der Möglichkeit einer Erhöhung des Kategoriemietzinses Gebrauch gemacht hätte (vgl MietSlg 37.571 zu § 44 Abs 3 MRG; MietSlg 41.275 zu § 19 Abs 1 MRG). Die Notwendigkeit der Geltendmachung der Wertsicherung bzw Indexsteigerung in Analogie zu § 16 Abs 6 Satz 2 MRG gelte nur für zukünftige Mietzinsvorschreibungen (MietSlg 40.606 zu § 46 MRG).
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß sich die Lösung der entscheidungswesentlichen Rechtsfragen im Rahmen der höchstgerichtlichen Judikatur halte.
Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, daß keines der angeführten Judikate eine Aussage zum verfahrensgegenständlichen Rechtsproblem enthalte. Sie bezögen sich durchwegs auf Sachverhalte, bei denen es - anders als hier - nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung ankomme. Maßgeblich sei der im Zeitpunkt der Hauptmietzinsvereinbarung geltende Höchstsatz von S 26,90 je m2 Wohnnutzfläche; der inzwischen eingetretene Indexsprung habe nicht ex lege zu einer Erhöhung des von der Antragstellerin zu zahlenden Hauptmietzinses geführt, sondern wäre nur bei einem entsprechenden Erhöhungsbegehren der Antragsgegnerin zu berücksichtigen gewesen. Die Fiktion eines Erhöhungsbegehrens, wie sie den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrundeliege, sei abzulehnen, weil sie sich nicht aus dem Gesetz (§ 16 Abs 4 und 6 aF MRG) ergebe. Unzureichende Vereinbarungen sowie die Außerachtlassung von Möglichkeiten der Mietzinserhöhung fielen in das "Unternehmerrisiko" des Vermieters. Schließlich sei zu bedenken, daß die vereinbarte Wertsicherung im Jänner und Februar 1992 noch gar nicht gegriffen hätte, weil sie - auf der Basis der Indexzahl für April 1990 - die Überschreitung eines (gerichtsbekanntermaßen noch nicht erreichten) Schwellenwertes von 10 % voraussetze. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen festzustellen, daß der gesetzliche Hauptmietzins auch im Jänner und Februar 1992 um monatlich S 1.216,90 überschritten worden sei, und den Rückzahlungstitel um S 313,04 zu erhöhen.
Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung des Rechtsmittels freigestellt; sie hat sich jedoch am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Der Rechtsmittelwerberin ist beizupflichten, daß die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, auf eine Erhöhung der Kategoriemietzinse gemäß § 16 Abs 4 aF MRG sei im Zuge einer Miezinsüberprüfung von Amts wegen Bedacht zu nehmen, falls die Parteien eine Wertsicherung des Hauptmietzinses vereinbart haben, in den angeführten Judikaturbelegen keine Deckung findet. Diese Entscheidungen geben für eine Lösung des verfahrensgegenständlichen Rechtsproblems vor allem deshalb nichts her, weil für die Beurteilung der Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses gemäß § 16 MRG stets der Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung maßgeblich ist (SZ 56/110; EWr I/16/32 ua), wogegen für die Beurteilung eines Herabsetzungsbegehrens nach § 44 Abs 2 und 3 MRG (MietSlg 37.571), für die Bemessung des Hauptmietzinses bei Eintritt in einen Wohnungsmietvertrag nach § 46 Abs 2 MRG (MietSlg 40.606) und für die Erhöhung des Hauptmietzinses nach §§ 18 ff MRG (MietSlg 41.275/16) andere Beurteilungsmaßstäbe gelten. Im erstgenannten Fall war zu berücksichtigen, daß die Ermäßigung einer rechtsgestaltenden Erklärung des Mieters bedarf, im zweiten, daß der Vermieter so gestellt werden soll, als hätte er mit dem Eintrittsberechtigten einen neuen Mietvertrag abgeschlossen, und im dritten Fall war auf die fiktiven Berechnungsgrundlagen des § 18 Abs 1 Z 6 aF MRG abzustellen, die sich auf den jeweils geltenden Kategoriemietzins beziehen.
Hier begehrt die Antragstellerin gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 aF MRG die Überprüfung der Zulässigkeit des am 19.2.1990 mit der Antragsgegnerin vereinbarten Hauptmietzinses. Eine solche Überprüfung hat sich, wie bereits erwähnt, an den im Zeitpunkt der Vereinbarung geltenden Mietzinsobergrenzen zu orientieren, da § 16 aF MRG (vgl die Einleitungssätze der Absätze 1 und 2, aber auch die Festlegung auf die Urkategorie in Abs 3) eben daran die Zulässigkeit der Vereinbarung mißt. Die Anpassung der gesetzlichen Höchstsätze an die inflationäre Entwicklung, die § 16 Abs 4 aF MRG vorsieht, hat für sich allein keinen Einfluß auf die Höhe des vereinbarten Hauptmietzinses. Wird also eine entsprechende Anpassung nicht ausdrücklich vereinbart, bleibt es beim vertraglich fixierten Hauptmietzins auch dann, wenn sich auf Grund der Indexveränderungen die gesetzlichen Obergrenzen erhöhen (Rieder, MRG, 23; Palten, Das neue MRG, 206, Rz 115; Würth in Korinek - Krejci, HBzMRG, 362). Auswirkungen auf die Höhe des Hauptmietzinses hat § 16 Abs 4 MRG (sieht man von Neuvermietungen und den bereits besprochenen Fällen indirekter Einflußnahme ab) nur bei Wertsicherungsvereinbarungen.
Folgerichtig hat das Rekursgericht als Ansatzpunkt seiner Überlegungen die Wertsicherungsklausel des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages gewählt. § 16 Abs 6 aF MRG stellt jedoch klar, daß der Vermieter von einer Wertsicherung immer nur dann und soweit Gebrauch machen kann, als er dem Mieter den erhöhten Hauptmietzins (unter Wahrung weiterer Kautelen, die hier nicht zu erörtern sind) bekannt gibt bzw unter Berufung auf den Indexsprung vorschreibt (vgl Würth,
Die Überschreitung des 10%igen Schwellenwertes des § 16 Abs 4 MRG und seine Folgen, ImmZ 1984, 104; derselbe in einer Anmerkung zu WoBl 1991, 62/50). Versäumt er diese Bekanntgabe, verliert er den Anspruch auf die mittlerweile fällig gewordenen Wertsicherungsbeträge, da ihre rückwirkende Geltendmachung nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs 6 MRG nicht in Betracht kommt (SZ 59/48 mwN; WoBl 1989, 94/44; WoBl 1991, 62/50; EWr I/16/32 ua).
Daß sich dessen auch das Rekursgericht bewußt gewesen ist, zeigt sein Lösungsvorschlag, dem Antragsgegner die Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung anläßlich des Indexsprunges am 1.12.1991 zu unterstellen, weil ja für ihn vor der Feststellung, den gesetzlich zulässigen Hauptmietzins überschritten zu haben, kein Anlaß für ein Erhöhungsbegehren bestand. Auf die Möglichkeit oder Zumutbarkeit, die Wertsicherung nach Maßgabe des § 16 Abs 6 aF MRG geltend zu machen, kommt es jedoch nicht an (vgl MietSlg 36.346; idS auch MietSlg 41.233 zur Geltendmachung der Hauptmietzinserhöhung nach § 12 Abs 3 aF MRG). Erst die Bekanntgabe, daß sich der Hauptmietzins auf Grund der vereinbarten Wertsicherung erhöht habe, in Verbindung mit einem entsprechenden Zahlungsbegehren löst die Pflicht des Mieters zur Zahlung des neuen Hauptmietzinses aus, weshalb es bis zur Erfüllung dieser (und anderer in § 16 Abs 6 aF MRG erwähnter) Voraussetzungen beim bisher zulässigen Hauptmietzins zu bleiben hat.
In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher wie im Spruch zu entscheiden, ohne auf die weiteren Argumente der Rechtsmittelwerberin eingehen zu müssen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 41 ZPO.
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