OGH 1Ob1702/94

OGH1Ob1702/9410.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Gabriele K*****, und 2. Dr. Ronald N*****, beide vertreten durch Dr. Peter Scheichelbauer und Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Peter L*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 21. September 1994, GZ 41 R 722/94-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. April 1994, GZ 44 C 19/93h-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteigt.

Text

Begründung

Das Erstgericht verhielt den Beklagten in Stattgebung des auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehrens zur Übergabe einer näher bezeichneten Wohnung, weil die vormalige Hausverwalterin ein Weitergaberecht mit den Vormieterinnen nicht habe wirksam vereinbaren können und der Beklagte, mit dem kein Mietvertrag abgeschlossen worden sei, jedenfalls titelloser Benützer der Wohnung sei. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und ließ - ohne Bewertungsausspruch - die ordentliche Revision nicht zu. In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz im wesentlichen davon aus, daß eine Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den Klägern und den „Vormieterinnen“ nicht einmal behauptet worden sei. Der „Weitergabevertrag“ sei für die Ableitung eines Benützungsrechts des Beklagten ausreichend.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage nach der Zulässigkeit der nun von den Klägern erhobenen außerordentlichen Revision kann auf Grund des berufungsgerichtlichen Ausspruchs noch nicht beurteilt werden.

Besteht - wie hier - der Entscheidungsgegenstand nicht in einem Geldbetrag, dann hat das Berufungsgericht auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 50.000 S übersteigt oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO). Nur dann, wenn dieser Wert nach seinem Ausspruch 50.000 S übersteigt, hat es überdies auszusprechen, ob die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO); andernfalls hat es auszusprechen, daß die Revision nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist (§ 500 Abs 2 Z 2 ZPO). Der Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision ersetzt nicht den über die Bewertung nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO, weil letzterer überhaupt nur zu erfolgen hat, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 50.000 S übersteigt, das Berufungsgericht der unrichtigen Auffassung gewesen sein könnte, es komme auf den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht an, und das Revisionsgericht bei der Prüfung der Revisionszulässigkeit an Aussprüche des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3, § 502 Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, wohl aber an einen Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO (MietSlg 42.520 mwN ua). Die gleichen Erwägungen haben zu gelten, wenn die zweite Instanz ohne erforderlichen Bewertungsausspruch die ordentliche Revision als unzulässig erachtet.

Nach § 502 Abs 3 Z 2 ZPO gilt die Revisionsbeschränkung des § 502 Abs 2 ZPO für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten nicht, wenn dabei ua über eine Räumung entschieden wird. Klagen auf Räumung von Wohn-und Geschäftsräumlichkeiten, die auf behauptete titellose Benützung gestützt sind, gehören aber nicht zu den Streitigkeiten, die ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstands unter die Zuständigkeitsvorschriften des § 49 Abs 2 Z 5 JN fallen (MietSlg 42.520, 38.788 ua; Kodek in Rechberger, Rz 2 b) zu § 502 ZPO; Fasching, Lehrbuch2 Rz 249). Daß die Kläger den Streitwert mit 7.200 S bewerteten, ist derzeit ohne Bedeutung, weil die zweite Instanz daran nicht gebunden ist (Kodek aaO Rz 3 zu § 500 ZPO).

Da somit nicht beurteilt werden kann, ob die außerordentliche Revision nicht in Wahrheit absolut unzulässig ist, muß dem Berufungsgericht die Ergänzung seines Urteils durch einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands aufgetragen werden (vgl MietSlg 39/53; RZ 1984/87 ua). Sollte die Berufungsinstanz aussprechen, daß dieser Wert 50.000 S nicht übersteigt, dann wird sie im Wege der Berichtigung ihren Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision zu beseitigen und durch einen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO zu ersetzen haben.

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