OGH 3Ob171/94

OGH3Ob171/942.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Reinfried M*****, vertreten durch Dr.Elisabeth Simma, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei Eva M*****, vertreten durch Dr.Helmut Destaller ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 16.Mai 1994, GZ 4 R 78/94-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16.Juli 1993, GZ 11 C 17/92y-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.605,-- (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagten wurden gegen den Kläger aufgrund eines Vergleiches, den sie mit ihm aus Anlaß der Scheidung der Ehe schloß, zur Hereinbringung eines (in der Exekution entgegen § 63 Z 2 EO nicht bestimmt bezeichneten) Unterhaltsrückstands für die Zeit von Oktober 1989 bis Oktober 1992 und der ab November 1992 am Ersten eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von S 3.036,79 die Gehaltsexekution bewilligt. Der Kläger erhob gegen den von der Beklagten betriebenen Anspruch Einwendungen, die er, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, darauf stützte, daß die Beklagte seit mindestens drei Jahren in Lebensgemeinschaft lebe.

Nach Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht sprach das Berufungsgericht infolge Berufung des Klägers aus, daß die Pflicht des Klägers zur Erbringung von Unterhaltsleistungen, die in dem den Exekutionstitel bildenden Vergleich festgelegt wurde, mit Wirkung vom 1.10.1989 ruht und daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es stellte nach Beweiswiederholung und Beweisergänzung die Entwicklung und den Inhalt der im Jahr 1988 beginnenden Beziehung der Beklagten zu einem anderen Mann fest und führte zur rechtlichen Beurteilung der Sache aus, daß nach ständiger Rechtsprechung von einer Lebensgemeinschaft in der Regel nur dann gesprochen werden könne, wenn zwischen Personen verschiedenen Geschlechts eine Sexual-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht, wobei das eine oder andere der drei Elemente auch fehlen könne. In dem zu entscheidenden Fall sei sowohl der Tatbestand einer Sexualgemeinschaft also auch der einer Wohnungsgemeinschaft erfüllt. Auch eine Wirtschaftsgemeinschaft sei zumindest zum Teil gegeben, weil die Partner Freud und Leid miteinander teilten sowie einander Beistand und Dienste leisteten. Somit sei unter Bedachtnahme die Umstände auf des Einzelfalls zu sagen, daß der Kontakt der Beklagten zu dem anderen Mann trotz einer losen Wirtschaftsgemeinschaft aufgrund der Wohnungs- und Geschlechtsgemeinschaft noch als Lebensgemeinschaft im Sinn der dargestellten Rechtsprechung zu werten ist. Durch das Eingehen einer Lebensgemeinschaft der geschiedenen Ehefrau trete das Ruhen ihres Unterhaltsanspruchs gegenüber dem geschiedenen Ehemann unabhängig davon ein, ob sie aus dieser Lebensgemeinschaft ihren Unterhalt ganz oder teilweise beziehe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist unzulässig.

Hat das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes richtig wiedergegeben, so kann die Anwendung dieser Rechtsprechung auf einen konkreten Sachverhalt, der in seiner Bedeutung über den Anlaßfall nicht hinausgeht, mit Revision nicht bekämpft werden (RZ 1994/45 ua). Dies trifft hier zu, zumal das Berufungsgericht selbst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EF 57.268 ua) betont, daß für die Beurteilung der Frage, ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt, die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Der Lösung dieser Frage kommt daher keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu, weil sie von den besonderen Umständen des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts abhängt und nicht anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für andere Fälle Bedeutung haben könnte. Ein grober Fehler bei der Lösung der angeführten Frage, der unter den dargestellten Umständen allein die Zulässigkeit der Revision begründen könnte (vgl EvBl 1993/59 ua), ist dem Berufungsgericht nicht anzulasten.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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