OGH 5Ob138/94

OGH5Ob138/9413.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Walter S*****, Drucker,*****und 2.) Gudrun S*****, Verkäuferin, ebendort, beide vertreten durch Dr.Norbert Novohracky, Rechtsanwalt in Altmünster, wider die beklagten Parteien 1.) Günther H*****, Kraftfahrer, *****und 2.) Silvia G*****, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 133.200 s. A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1. Feber 1994, GZ 4 R 113/93-13, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 8.Feber 1993, GZ 1 Cg 151/92m-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Der klagestattgebende Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes wird in klageabweisendem Sinn abgeändert, sodaß insgesamt das klageabweisende Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien binnen vierzehn Tagen die mit S 11.600,02 (darin enthalten S 1.933,34 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Ehegatten und waren je zur Hälfte Eigentümer eines Mindestanteiles im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an einer Wohnung samt Arealgarage untrennbar verbunden war (im folgenden kurz "Eigentumswohnung" genannt).

Nachdem die Beklagten am 19.4.1991 die Eigentumswohnung besichtigt und die Zweitbeklagte telefonisch erklärt hatte, sie wollten die Wohnung nehmen, schlossen die Streitteile am 23.4.1991 eine nach einem Vertragsmusterbuch formulierte, als Kaufvertrag bezeichnete Vereinbarung, wonach die Beklagten von den Klägern diese Eigentumswohnung um S 912.000 kaufen und wonach "der Käufer" bei Kündigung dieses Vertrages 10 % des Kaufpreises als vereinbartes Pönale zu zahlen habe.

Ferner schlossen die Kläger als Verkäufer und die Beklagten als Käufer am selben Tag eine als Vertrag bezeichnete Vereinbarung, wonach Mitte Mai ("bis Auszug bzw Einzug der Wohnung") S 220.000 bar zu bezahlen seien.

Die Kläger begehrten von den Beklagten die Zahlung von S 113.200 (entspreche 10 % des Gesamtkaufpreises) als Pönale, weil die Beklagten am 29.4.1991 aus finanziellen Gründen ihren Rücktritt vom Vertrag erklärt hätten.

Die Beklagten wendeten unter anderem ein, einem gültigen Vertragsabschluß stehe rechtliche Unmöglichkeit entgegen, weil sie nicht verheiratet gewesen seien und auch eine Eheschließung nicht beabsichtigt hätten. Zumindest wegen beiderseitigen Irrtums über die Möglichkeit des Erwerbes einer Eigentumswohnung durch zwei unverheiratete Personen sei der Vertrag nicht zustande gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt folgende, für die Entscheidung über die Revision wesentliche Tatsachen fest:

Darüber, daß die Beklagten nicht verheiratet waren, wurde nichts gesprochen. Diesen Umstand kannten alle Teile bei der Vertragsunterzeichnung, doch wurde ihm keine Bedeutung beigemessen, weil keinem der Streitteile bekannt war, daß dem gemeinsamen Erwerb einer Eigentumswohnung durch nicht verheiratete Personen rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Alle Beteiligten gingen davon aus, daß die Beklagten die Wohnung gemeinsam erwerben. Darüber, ob einer der Beklagten die Wohnung allenfalls alleine kaufen würde, wurde nichts gesprochen. Die Beklagten wollten die Wohnung nur gemeinsam kaufen.

Als der Erstkläger sich an einem der darauffolgenden Tage wegen der Errichtung des notariellen Kaufvertrages an einen Notar wandte, machte ihn dieser darauf aufmerksam, daß die Beklagten die Wohnung nicht kaufen könnten, da sie nicht Ehegatten seien. Der Erstkläger ließ den Beklagten daraufhin telefonisch ausrichten, daß sie sich "etwas Neues ausmachen müßten". Am 29.4.1991 fanden die Kläger allerdings einen Zettel an ihrer Wohnungstür hängen, auf welchem geschrieben stand, daß die Beklagten die Wohnung nicht kaufen würden. Die Beklagten machten in der Folge den Klägern klar, daß sie die Wohnung aus finanziellen Gründen nicht erwerben könnten. Die Zweitbeklagte erklärte, sie wäre bereit, den Klägern Telefonkosten und Inseratkosten zu ersetzen. Damit waren die Kläger nicht einverstanden. Sie bestanden auf der Bezahlung des vereinbarten Pönales, zumal ihnen ein höherer Schaden entstanden sei.

Rechtlich begründete das Erstgericht sein klagsabweisendes Urteil damit, die Verkäufer seien nicht in der Lage, den unverheirateten Beklagten das Eigentum am vertragsgegenständlichen Mindestanteil zu verschaffen. Es liege daher eine ursprüngliche rechtliche Unmöglichkeit der von den Klägern geschuldeten Verpflichtung vor. Dies habe die Ungültigkeit des geschlossenen Vertrages zur Folge. Der Umstand, daß die Beklagten unabhängig von der rechtlichen Unmöglichkeit aus finanziellen Gründen am Vertrag nicht hätten festhalten wollen, bringe für die Kläger nichts, weil der Schaden bereits durch die rechtliche Unmöglichkeit des abgeschlossenen Vertrages verursacht worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil bezüglich des Klagebegehrens von S 22.000 s.A. und änderte es bezüglich S

91.200 s.A. in klagestattgebendem Sinn ab.

Rechtlich führte das Berufungsgericht zum abändernden Teil seines Urteiles, der allein noch Verfahrensgegenstand vor dem Revisionsgericht ist, im wesentlichen folgendes aus:

Nach § 8 Abs 1 WEG dürfe der mit dem Wohnungseigentum verbundene Mindestanteil, solange das Wohnungseigentum bestehe, außer zur Begründung des gemeinsamen Wohnungseigentums von Ehegatten, nicht geteilt werden. Der schon aus dem WEG 1948 stammende Grundsatz der "Unteilbarkeit" des Mindestanteiles in § 8 beinhalte lediglich den Ausschluß der Möglichkeit ungeteilter sachenrechtlicher Zuordnung derselben Eigentumswohnung an mehrere Personen, sodaß - im Außenverhältnis mit dinglicher Wirkung - nur eine Person als berechtigt aufscheinen könne. In § 9 WEG 1975 sei die Möglichkeit der gemeinsamen Begründung von Wohnungseigentum durch Ehegatten vorgesehen. Das Erfordernis der Verehelichung müsse jedoch erst im Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechtes im Grundbuch erfüllt sein; für den davorliegenden Zeitraum der Anwartschaft bestehe dieses Erfordernis nicht. Keine Vorschrift des WEG verbiete, daß Brautleute (oder Lebensgefährten) Wohnungseigentumsbewerber eines gemeinsamen Wohnungseigentumsobjektes seien. Wenn es demnach als rechtlich zulässig anzusehen sei, daß Brautleute oder Lebensgefährten gegenüber dem Wohnbauträger als Wohnungswerber hinsichtlich derselben Wohnung auftreten, so müsse auch eine Vereinbarung über den Kauf einer bestehenden Eigentumswohnung als zulässig und gültig angesehen werden. Die nachträgliche rechtliche Unmöglichkeit dadurch, daß die Käufer nicht heiraten und dadurch den Eintritt der objektiven Rechtsbedingung für die Erlangung des Wohnungseigentums vereitelten, könne diesen Vertrag deshalb nicht von Anbeginn ungültig machen. Geradezu unmöglich im Sinne des § 878 ABGB sei nämlich nur das rechtlich Unmögliche und das faktisch Absurde. Die Unmöglichkeit einer Leistung sei nur dann anzunehmen, wenn der Erfüllung ein dauerndes Hindernis entgegensteht. Die Erfüllung sei vereitelt, wenn dem Schuldner die Bewirkung der versprochenen Leistung (objektiv oder auch nur subjektiv) physisch oder rechtlich dauernd (endgültig) unmöglich geworden sei. Im vorliegenden Fall wäre die Leistung des Vereinbarten durch die Kläger keinesfalls unmöglich; lediglich der sachenrechtlichen Annahme durch Verbücherung des Eigentumsrechtes der Beklagten stünde der Umstand entgegen, daß diese nicht verheiratet waren. Das bedeute aber nicht, daß die Erfüllung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgeschlossen gewesen wäre oder von vernünftigen Geschäftspartnern als ausgeschlossen habe angesehen werden müssen.

Entgegen der erstrichterlichen Rechtsansicht liege somit rechtliche Unmöglichkeit nicht vor.

Dem Einwand der Beklagten, der Vertrag sei wegen beiderseitigem Irrtums überhaupt nicht zustandegekommen, sei entgegenzuhalten, daß die Worte in § 871 ABGB "so entsteht für ihn keine Verbindlichkeit" heute allgemein im Sinne von bloßer Anfechtbarkeit verstanden würden. Sollte das Vorbringen der Beklagten überhaupt als ausreichende Einrede mit eindeutigem Aufhebungsbegehren im Prozeß verstanden werden können, stehe der Beachtlichkeit dieses Einwandes entgegen, daß sie bereits davor durch Ausübung ihres in Punkt 7. des Vertrages vom 23.4.1991 vereinbarten Rücktrittsrechtes den Vertrag zum Wegfall gebracht hätten. Im übrigen handelte es sich bloß um einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen sei.

Gegen den klagestattgebenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, diesen Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles in klageabweisendem Sinn abzuändern.

Die Kläger beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie bei der meritorischen Erledigung der Revision dargestellt werden wird - bezüglich des Vorliegens einer anfänglichen rechtlichen Unmöglichkeit der Leistung die Rechtslage verkannte.

b) Zur Sachentscheidung:

Gemäß § 878 ABGB kann nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages sein, was geradezu unmöglich ist. Die herrschende Meinung versteht unter dem Begriff des "geradezu Unmöglichen", der sich nur auf das schon im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unmögliche (= anfängliche oder ursprüngliche Unmöglichkeit) bezieht, sowohl das faktisch Absurde als auch das rechtlich Unmögliche (Koziol-Welser, Grundriß9 I 139 f unter Hinweis auf Rabel in FS zur Jahrhundertfeier des ABGB II 821 ff, worin [839] ebenso wie in dem genannten Grundriß [139] als Beispiel rechtlicher Unmöglichkeit die Verpflichtung zur Begründung von Stockwerkseigentum in einem in Österreich gelegenen Haus angeführt wird; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 878, allerdings beschränkt auf Fälle anfänglicher rechtlicher Unmöglichkeit, die dem tatsächlich absurden Leistungsversprechen vergleichbar sind, dessen Erfüllung also der Rechtsordnung evidentermaßen unbekannt ist; Ehrenzweig II/1, 158 f, mit den Fallbeispielen der Begründung von Stockwerkseigentum, eine verheiratete Person zu heiraten sowie generell allen Fällen, in denen die Leistung bloß infolge Rechtsirrtums für möglich gehalten werden konnte; letzteres billigend Gschnitzer in Klang2 IV/1, 164).

Gerade derart rechtlich Unmögliches war Hauptinhalt des Vertrages der Streitteile über den Verkauf der Eigentumswohnung der Kläger an die Beklagten: Die Vorschrift des § 8 Abs 1 WEG schließt es aus, daß zwei Personen, die nicht Ehegatten sind, gemeinsam einen dem Mindestanteil (§ 3 Abs 1 WEG) entsprechenden Miteigentumsanteil je zur Hälfte und das damit verbundene dingliche Recht, das Wohnungseigentum im Sinne des § 1 Abs 1 WEG erwerben. Der von den Vertragspartnern angestrebte Eigentumsübergang kann nach der österreichischen Rechtsordnung nicht bewirkt werden. Der Vertragsgegenstand ist daher rechtlich dem von der Lehre als Fallbeispiel rechtlicher Unmöglichkeit genannten Begründung von Stockwerkseigentum gleichzusetzen. Daraus folgt gemäß § 878 Abs 1 ABGB die Ungültigkeit des Vertrages wegen anfänglicher rechtlicher Unmöglichkeit. Da nach den Feststellungen weder die Verkäufer noch die Käufer diese Unmöglichkeit kannten oder kennen mußten, besteht auch kein Raum für den Ersatz von Vertrauensschaden gemäß § 878 letzter Satz ABGB.

Es ist zwar richtig, wie das Berufungsgericht ausführte, daß es keine Vorschrift verbietet, daß Brautleute (oder Lebensgefährten) Wohnungseigentumsbewerber eines gemeinsamen Wohnungseigentumsobjektes sein können (JBl 1982, 140 mwN; 5 Ob 18/94), weil das Erfordernis der Verehelichung erst im Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechtes gegeben sein muß. Diese Fälle unterscheiden sich jedoch von dem hier zu beurteilenden in einem wesentlichen Punkt:

Dort streben Personen, die noch nicht die Voraussetzungen für die Einverleibung des von ihnen beabsichtigten Wohnungseigentums im Grundbuch erfüllen, Wohnungseigentum an und treffen in Kenntnis des Umstandes, daß es noch weiterer Rechtshandlungen als Voraussetzung zur Verbücherung des Wohnungseigentums bedarf, obligatorische Vereinbarungen als erste Stufe zum Erwerb des Wohnungseigentums. In dem hier zu beurteilenden Fall hingegen sollte durch einen einzigen Vertrag der Eigentumsübergang an dem den Verkäufern gehörenden Wohnungseigentumsobjekt auf die Käufer bewirkt werden, obwohl dies rechtlich nicht möglich war, wobei die Vertragsparteien aber von der rechtlichen Möglichkeit ausgegangen waren und daher das Verpflichtungsgeschäft nicht bloß den gewollten ersten Schritt einer Reihe weiterer zur Erlangung des Wohnungseigentums notwendiger Schritte darstellen sollte.

Die Ungültigkeit des Kaufvertrages hat auch die Ungültigkeit der zur Sicherung seiner Erfüllung getroffenen Vereinbarung über die Leistung eines sogenannten Pönales für den Fall der "Kündigung" zur Folge (vgl RdW 1989, 268).

Aus diesen Gründen war daher der klagestattgebende Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes in klageabweisendem Sinn abzuändern, sodaß nunmehr das die Klage zur Gänze abweisende Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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