OGH 9ObA227/94

OGH9ObA227/9430.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Franz Murmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fa A***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Gert Paulsen, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Roberto B*****, vertreten durch Dr.Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 1,058.256,77 S und Feststellung (Gesamtstreitwert 1,158.256,77 S, Streitwert im Revisionsverfahren 100.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.Juni 1994, GZ 8 Ra 8, 52/94-26, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.November 1993, GZ 31 Cga 200/92-18, teilweise als nichtig behoben, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.086,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.014,40 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt die Zahlung eines Betrages von 1,058.256,77 S sA sowie die Feststellung, daß der Beklagte ihr für sämtliche Schäden hafte, die der klagenden Partei durch seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.1.1981 bis 30.8.1987 entstanden seien und in Zukunft entstehen werden. Der Beklagte habe als Angestellter der klagenden Partei im genannten Zeitraum die klagende Partei durch umfangreiche Malversationen geschädigt, insbesondere dadurch, daß er Scheindienstverhältnisse geführt und die klagende Partei damit zur Leistung von Direktzahlungen an ihn veranlaßt habe. Die diesbezüglichen Beträge habe sich der Beklagte zum Schaden der klagenden Partei zugeeignet. Dadurch sei der klagenden Partei ein Schaden in der Höhe des Zahlungsbegehrens entstanden. Der Beklagte sei deswegen auch strafrechtlich verurteilt worden. Nach dem derzeitigen Stand der bei den Gerichten und Finanzämtern anhängigen Verfahren könne jedoch das Gesamtausmaß des Schadens noch nicht abschließend beurteilt werden, so daß auch die Voraussetzungen für die Erhebung eines Feststellungsbegehrens vorliegen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es treffe wohl zu, daß er Scheindienstverhältnisse geführt habe, doch sei dies mit Zustimmung der klagenden Partei erfolgt, die die daraus resultierenden Löhne zur Abgeltung von Überstunden anderer Dienstnehmer verwendet und dadurch erhebliche Lohnkosten eingespart habe. Dem Geschäftsführer der klagenden Partei, der selbst Scheindienstverhältnisse begründet habe, sei jedes Mittel zur Gewinnmaximierung recht gewesen. Der klagenden Partei sei durch die Vorgangsweise des Beklagten kein Schaden entstanden; diese müsse sich aus der Nichtauszahlung von Überstunden resultierende Ersparnisse als Vorteil anrechnen lassen. Der geltend gemachten Ersatzbetrag sei schon deshalb überhöht, weil die klagende Partei für die Scheindienstverhältnisse nicht mit Lohnnebenkosten belastet werde. Forderungen aus Handlungen, die nicht Gegenstand der straftechtlichen Verurteilung seien, seien verjährt. Die klagende Partei sei auch zur Geltendmachung der erhobenen Begehren nicht legitimiert, weil sie ihren Teilbetrieb in Klagenfurt nach den Bestimmungen des § 6 a GmbhG und des Strukturverbesserungsgesetzes in ein neu gegründetes Unternehmen eingebracht habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Beklagten die Entscheidung über das Zahlungsbegehren auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; der Rekurs gegen diesen Beschluß wurde nicht zugelassen. Mit Teilurteil änderte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes über das Feststellungbegehren dahin ab, daß es dieses abwies. Dieses sei zufolge seiner allgemeinen Fassung schon abstrakt nicht geeignet, ein für die Zulässigkeit der Feststellungsklage hinreichendes rechtliches Interesse zu begründen. Ohne Konkretisierung durch rechtserzeugende Tatsachen könnten durch eine Entscheidung in diesem Sinne weder spätere Beweisschwierigkeiten vermieden noch eine Klarstellung der Frage der Haftung des Beklagten nach Grund und Umfang erfolgen. Das Begehren gehe nach seiner Fassung so weit, daß auch fahrlässige Handlungen des Beklagten umfaßt wären. In diesem Fall wäre aber in jedem Einzelfall die Frage der Schadenersatzpflicht unter Anwendung der Bestimmungen des DHG zu prüfen. Für durch Malversationen vorsätzlich zugefügte Schäden gelte jedoch die 30-jährige Verjährungszeit, sodaß in absehbarer Zeit die Verjährung nicht drohe.

Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Er verweist darauf, daß das Begehren schon deshalb abzuweisen gewesen wäre, weil die klagende Partei zur Geltendmachung von Forderungen gegen den Beklagten nicht legitimiert sei, wobei er auf die zur Entscheidung über den Antrag auf Richtigstellung der Parteienbezeichnung getroffenen Feststellungen verweist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Antrag auf Änderung der Parteienbezeichnung der klagenden Partei wurde vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen; der Beschluß mit dem die vom Erstgericht vorgenommene Berichtigung der Parteienbezeichnung der klagenden Partei vom Berufungsgericht als nichtig behoben wurde, blieb unangefochten. Die Frage der Parteienbezeichnung ist daher im Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich das von der klagenden Partei erhobene Begehren auf Feststellung, daß der Beklagte ihr für sämtliche Schäden hafte, die ihr durch seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.1.1981 bis 30.8.1987 entstanden.

Die Sacheinlage von Unternehmen ist zivilrechtlich Einzelrechtsnachfolge. Hinsichtlich einzelner Arten von Sacheinlagen sind die sachenrechtlichen Übertragungsakte einzeln zu setzen (Reich-Rohrwig, Das österr. GmbH-Recht 35). Sind Forderungen Gegenstand einer Sacheinlage, bedarf die Übertragung der Abtretung. Hier hat der Kläger zur Begründung seiner Einwendung der mangelnden Legitimation der klagenden Partei die Behauptung aufgestellt, diese habe ihren Zweigbetrieb Klagenfurt in eine andere Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht. Damit hat der Beklagte aber den Übergang der klagsgegenständlichen Forderung nicht behauptet. Allein die Übertragung eines Zweigbetriebes impliciert nicht die Zession der Forderung, die allein auf das Recht der klagenden Partei zur Erhebung des Begehrens von Einfluß wäre. Die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung hat der Beklagte jedoch nicht behauptet. Aus seinem Vorbringen läßt sich sohin das von ihm begehrte Ergebnis, die klagende Partei sei zur Geltendmachung der erhobenen Forderung nicht legitimiert, nicht ableiten.

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Voraussetzungen, unter denen ein Feststellungsbegehren erhoben werden kann, fehlen, ist zutreffend. Auszugehen ist davon, daß gemäß § 226 ZPO die Klage ein bestimmtes Begehren zu enthalten hat. Auch in Feststellungsklagen muß das festzustellende Rechts oder Rechtsverhältnis inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden. Die Notwendigkeit der Bestimmtheit des Klagebegehrens ergibt sich hier zwar nicht, wie beim Leistungsurteil, aus der Erwägung, daß es zur Zwangsvollstreckung geeignet sein muß, wohl aber aus dem Zweck der Feststellungsklage und ihrer Rechtskraftwirkung. Prozeßökonomischer Zweck der Feststellungsklage ist es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht, sei es um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, sei es um eine brauchbare Grundlage für weitere Entscheidungen zu schaffen. Ist ein Begehren unbestimmt, kann das erfließende Urteil die Aufgabe der Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht erfüllen. Darüberhinaus ist aber zu berücksichtigen, daß auch Feststellungsurteilen Rechtskraftwirkung zukommt. Taucht zwischen den Parteien in einem weiteren Rechtsstreit die Frage des Bestandes oder Nichtbestandes des durch Feststellungsurteil rechtskräftig festgestellten Rechtes neuerlich auf, so ist das Gericht an das ergangene Feststellungsurteil gebunden. Daraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit, in der Klage das Rechtsverhältnis genau zu individualisieren (JBl 1979, 602 mwN).

Das von der klagenden Partei erhobene Begehren wird diesen Voraussetzungen in keiner Weise gerecht. Die klagende Partei hält der Begründung des Berufungsgerichtes entgegen, daß eine gesetzliche Haftungsbeschränkung von Amts wegen zu beachten und dem Begehren in einem entsprechend eingeschränkten Umfang stattzugeben gewesen wäre. Es geht jedoch hier nicht nur um die Frage einer Haftungsbeschränkung für allenfalls in Frage kommende fahrlässige Handlungen. Die Fassung des Begehrens geht vielmehr über den zu seiner Begründung dargestellten Sachverhalt weit hinaus und entbehrt jeder Konkretisierung. Die klagende Partei brachte dazu vor, der Beklagte habe Scheindienstverhältnisse begründet und die klagende Partei dadurch geschädigt. Dies rechtfertigt nicht ein Begehren auf Feststellung, daß der Beklagte für alle von ihm in einem bestimmten Zeitraum gesetzten Handlungen hafte. Ein Feststellungsbegehren, das derart unbestimmt ist, kann die Aufgabe der Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht erfüllen. So hat der Oberste Gerichtshof etwa in einem Fall, in dem die Dienstnehmerin einer Bank ihr Institut durch unrechtmäßige Kreditvergaben schädigte, gefordert, daß ein Begehren, mit dem die Feststellung der Haftung der Angestellten für künftige Kreditausfälle geltend gemacht wurde, genau, etwa durch die Angabe der Kreditnehmer, bezeichnet sein müsse (BankArch 1990, 224); da die klagende Dienstgeberin dies unterlassen hatte, wurde die Abweisung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht vom Obersten Gerichtshof gebilligt. In gleicher Weise wären hier die Fälle, in denen durch die Malversationen des Beklagten künftig noch Schäden eintreten können, für deren Ersatz die klagende Partei den Beklagten in Anspruch zu nehmen beabsichtigt, genau zu bezeichnen gewesen. Der Umstand, daß der Beklagte die klagende Partei in bestimmten Fällen durch untreue Vorgangsweise schädigte, gibt keinen Anspruch auf Feststellung, daß er für andere, noch nicht bekannte schädigende Handlungen zu haften habe.

Die Rechtsprechung hat wohl auch das rechtliche Interesse an der künftigen Ersatzpflicht zur Verhinderung der Verjährung des Schadenersatzanspruches bejaht (8 Ob 11/85; 1 Ob 562/92 ua). Auch hiefür ist es erforderlich, daß das Recht dessen Feststellung begehrt wird, genau umschrieben wird, damit das Urteil diesem Zweck zu dienen geeigent ist. Dem entspricht das hier erhobene Begehren nicht. Überdies betrafen die Entscheidungen, in denen das Feststellungsinteresse mit der Begründung bejaht wurde, daß dadurch dem Einritt der Verjährung vorgebeugt würde, soweit überblickbar, Fälle, in denen der geltend gemachte Anspruch der kurzen Verjährungszeit unterlag. Die dort angewendeten Grundsätze können jedoch auf den hier zu entscheidenden Fall, in dem sich aus dem zur Begründung des Anspruches vorgetragenen Sachverhalt ergibt, daß die klagende Partei ihren Anspruch aus einem vorsätzlichen Handeln des Beklagten ableitet, nicht übertragen werden. Voraussetzungen für die Feststellungsklage ist nämlich gemäß § 228 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtes oder Rechtsverhältnisses bzw der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde. Handelt es sich um einen Anspruch, der der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegt, ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn feststeht, daß nach Ablauf der dreijährigen Frist weitere Schäden auftreten können. Beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre, so fehlt vorerst das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung zur Verhinderung des Eintrittes der Verjährung. Dem Geschädigten steht hier ein ausreichend langer Zeitraum zur Geltendmachung seiner Ansprüche zur Verfügung. Auch der Einwand der klagenden Partei, seit dem Beginn der Tätigkeit des Beklagten in ihrem Unternehmen seien bereits 13 Jahre verstrichen, so daß nur mehr 17 Jahre zur Geltendmachung von Ansprüchen zur Verfügung stünden, schlägt nicht durch. Vorerst fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagte bereits vor 1987 schädigende Handlungen zum Nachteil der klagenden Partei gesetzt hat; auch die klagende Partei hat keinerlei konkretes Vorbringen in dieser Richtung erstattet. Im übrigen reicht auch ein Zeitraum von 17 Jahren zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen hin, zumal nach dem Vorbringen der klagenden Partei nicht erschlossen werden kann, daß künftig noch Schäden auftreten werden; nach ihrem Vorbringen handelt es sich im wesentlichen um Schäden, die bereits eingetreten, aber noch nicht bekanntgeworden sind. Dafür, daß zur Feststellung des Schadensumfanges eine 17 Jahre übersteigende Zeitspanne notwendig ist, fehlt jeder Hinweis. Ob in näherem Abstand zum Ende der Verjährungsfrist bei Nachweis eines nach deren Ablauf noch möglichen Schadenseintrittes ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung für künftige Schäden gegeben sein könnte, ist derzeit noch nicht zu beurteilen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte