OGH 6Ob647/94

OGH6Ob647/9424.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hilde S*****, 2. Ing.Josef H*****, 3. Heidrun M*****, 4. Anna W*****, 5. Elfi S*****, 6. Anna B***** und 7. Ulrike S***** und vertreten durch Dr.Christoph Koller, Rechtsanwalt in Seekirchen a.W., wider die beklagte Partei Walter E*****, vertreten durch Dr.Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung einer Wohnung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das zum Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16. März 1994, GZ 14 C 784/93-11, ergangene Berufungsurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.Juli 1994, AZ 21 R 245/94(ON 16), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 5.479,49 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 913,25 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Wohnungseigentümergemeinschaft eines in der Innenstadt von Salzburg stehenden Hauses, die die ebenerdig gelegene, aus zwei Räumen und einem Verbindungsraum bestehende ehemalige Hausbesorgerwohnung mit einer Nutzfläche von ungefähr 30 m2 im Jahre 1961 an eine Lebensmittel-Handelsgesellschaft "zur Verwendung für Magazins- und Lagerzwecke" in Bestand gegeben hatte, vermietete nach dem Freiwerden dieses Mietobjektes die ehemalige Hausbesorgerdienstwohnung für die Zeit ab 1.August 1976 einem ihrer Wohnungseigentümer ausdrücklich "ausschließlich für Büro-, Lager- oder Geschäftszwecke". Der Mieter nutzte die ehemalige Hausbesorgerwohnung als Übernahmsraum, später als Lagerraum. Aufgrund einer Anzeige eines Wohnungseigentümers leitete die Baubehörde ein Verfahren ein und stellte im Zuge einer Begehung des Hauses die baurechtlich widmungswidrige Verwendung der Hausbesorgerwohnung als Geschäftsräume fest. Im Zuge der am 26.März 1992 stattgefundenen baupolizeilichen Überprüfung und Feuerbeschau trug die Baubehörde dem Mieter auf, bis 1.September 1992 die widmungswidrige Verwendung als Büro- und Lagerraum einzustellen; diese Frist verlängerte die Baubehörde in der Folge bis 30.Oktober 1992. Der Mieter räumte im November 1992 den Mietgegenstand von seinem Lagergut und benützt seither die "ausschließlich für Büro-, Lager- oder Geschäftszwecke" gemietete ehemalige Hausbesorgerwohnung als Manipulations- und Büroraum und als Kollektions- und Musterraum.

Sieben der Wohnungseigentümer begehrten vom Mieter der ehemaligen Hausbesorgerwohnung deren sofortige Räumung. Nach dem Prozeßstandpunkt der Kläger sei durch die baubehördliche Untersagung einer weiteren Benützung des ausschließlich zu Büro-, Lager- oder Geschäftszwecken in Bestand gegebenen ehemaligen Hausbesorgerwohnung zu anderen als Wohnzwecken das Bestandverhältnis im Sinne des § 1112 ABGB von selbst aufgelöst worden. Der Beklagte benütze seither die ehemalige Hausbesorgerwohnung ohne Rechtstitel; zur Verfolgung des darauf zu gründenden Räumungsanspruches seien die Kläger jedenfalls schon kraft ihres Anteilsrechtes befugt. Vorsichtshalber erklärten sie aber in der Klage ausdrücklich die "Auflösung des Bestandverhältnisses".

Der Beklagte bestritt vor allem die von den Klägern geltend gemachte selbsttätige Auflösung des Mietverhältnisses. Er leugnete die Berechtigung der Kläger zur Anspruchsverfolgung und behauptete eine der mietvertraglichen und der baurechtlichen Widmung angepaßte Nutzung; im übrigen machte er geltend, daß eine allenfalls - von ihm aber bestrittene - widmungswidrige Raumnutzung nur einen Kündigungsgrund darzustellen vermöchte, nicht aber eine automatisch wirkende Vertragsbeendigung herbeiführte.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Dazu sprach es aus, daß eine Revisionszulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorläge.

Beide Vorinstanzen verneinten eine Vertragsauflösung im Sinne des § 1112 ABGB: Zum einen läge gar keine formell in Rechtskraft erwachsene baubehördliche Entscheidung vor, mit welcher die nunmehrige Verwendung der ehemaligen Hausbesorgerwohnung durch den Beklagten untersagt würde, zum anderen könnte nach dem Wortlaut der Regelungen des Art II Sbg Landesgesetz vom 20.März 1991, LGBl Nr.34 idF des § 46 Abs 3 SbgROG 1992, LGBl Nr.98 die Erfolglosigkeit eines Umwidmungsantrages, zu dem die Vermieter mietvertraglich gegenüber dem Beklagten verpflichtet wären, nicht mit solcher Sicherheit angenommen werden, daß auch ohne den Versuch einer behördlichen Umwidmung von einer Endgültigkeit des baubehördlichen Verbotes einer mietvertraglich vorgesehenen Nutzungsart ausgegangen werden dürfte.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Klägern erhobene Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Vermieter haben die damals als Hausbesorgerdienstwohnung gewidmete Raumeinheit, welche sie in den Jahren 1961 bis 1976 zu Lagerzwecken an eine Handelsgesellschaft vermietet hatten, einem Kaufmann, der gleichzeitig als Wohnungseigentümer Liegenschaftsmiteigentümer war und ist, ausschließlich für Büro-, Lager- oder Geschäftszwecke in Bestand gegeben. Damit war die miteigentümerrechtliche Widmung der vermieteten Räumlichkeiten als Hausbesorgerdienstwohnung zumindest schlüssig aufgehoben, nicht aber auch eine sich aus den baurechtlichen Regelungen etwa ergebende Beschränkung der Raumnutzungsart. Eine Außerachtlassung derartiger baurechtlicher Nutzungsbeschränkungen bei Abschluß des Mietvertrages hätten alle Miteigentümer zu vertreten, im Falle der Vermietung an einen Miteigentümer daher sowohl Vermieter als auch Mieter.

Solange die Änderung einer etwa bestehenden die mietvertraglich vorgesehene Nutzungsart beschränkenden oder ausschließenden baupolizeilichen Rechtsgrundlage möglich ist, trifft die Miteigentümer als Vermieter die mietvertragliche Pflicht, eine solche Änderung zu betreiben, soweit ihnen das zugemutet werden könnte. Nur bei Aussichtslosigkeit bestünde eine solche mietvertragliche Verpflichtung nicht oder erlösche sie. Ist eine solche Verpflichtung - beispielsweise zur Stellung und zielstrebigen Betreibung eines Antrages im baubehördlichen Verfahren - aufrecht, ist ein etwa bestehendes baupolizeiliches Hindernis gegen die mietvertraglich vorgesehene Nutzung nicht als endgültig zu werten (vgl E.d.OGH 13.4.1994, 3 Ob 37/94, verst Senat, JBl 1994,618 = WoBl 1994, 114 = ecolex 1994, 460).

Diese von den Klägern darzulegende und zu beweisende Endgültigkeit hat das Berufungsgericht zu Recht nicht angenommen.

Die Kläger haben nicht berücksichtigt, daß die ihrer Ansicht nach anwendbaren Regelungen im Sinne des Art II § 3 Abs 1 des SbgLG vom 20. März 1991, LGBl Nr.34, nur befristete Sonderbestimmungen darstellten (§ 46 Abs 4 SbgROG 1992, LGBl Nr.98). Sie haben aber andererseits außer acht gelassen, daß nach der Lage des Hauses im Schutzgebiet nach § 2 Sbg Altstadterhaltungsgesetz 1980, LGBl Nr.50, die Regelungen nach dessen § 6 zur Anwendung zu kommen hätten. Dazu, daß unter Anwendung dieser Bestimmung (vgl Art II § 1 Abs 2 Sbg LGBl 1991 Nr.34) nach dem konkreten Zustand des Hauses die Verwendung des Mietgegenstandes innerhalb eines der mietvertraglich festgelegten Verwendungszwecke auszuschließen wäre, haben die Kläger kein zureichendes Tatsachenvorbringen erstattet.

Es bedarf daher weder einer Untersuchung, welche Folgerungen daraus zu ziehen wären, daß das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch an die Unbrauchbarkeit oder Unbenützbarkeit der Bestandsache zum bestimmungsgemäßen Gebrauch in den §§ 1104 und 1105 die für den Fall des Unterganges der Bestandsache nach § 1112 ABGB angeordnete Rechtsfolge der Auflösung des Bestandverhältnisses nicht ausdrücklich vorschreibt. Es erübrigen sich auch Erörterungen zur Klagebefugnis sowie zur wirksamen Ausübung eines Gestaltungsrechtes, wie es die Kläger in der Klage "vorsichtshalber" für sich in Anspruch nahmen.

Die Vorinstanzen haben das Räumungsbegehren zu Recht abgewiesen. Der Revision war ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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