OGH 5Ob557/94

OGH5Ob557/948.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Ernst Grubeck, Rechtsanwalt in Schärding, gegen die beklagte Partei Bruno H*****, vertreten durch Dr.Josef Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 216.000,-- s.A. (Streitwert im Revisionsverfahren S 159.000,-- s.A.), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 18.April 1994, GZ 1 R 78/94-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 26.Jänner 1994, GZ 9 Cg 142/93-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Gastwirt und betreibt die ganzjährig geöffnete Gastwirtschaft B*****-Alm, die sich auf 1810 m Seehöhe im Gemeindegebiet von N***** befindet.

Die Klägerin, die im fraglichen Zeitpunkt ein Auslieferungslager in N***** unterhielt, schloß mit dem Beklagten am 15.1.1988 einen von ihr formulierten Bierbezugsvertrag, der folgende wesentliche Bestimmungen enthält:

"......

Sie erhalten von uns zur Errichtung ihres gastgewerblichen Betriebes

einen einmaligen, nicht rückzahlbaren und zinsenlosen Zuschuß in Höhe

von S 200.000,-- und 20 % MWSt S 40.000,--, insgesamt S 240.000,--.

......

Sie werden mit diesem Betrag (S 200.000,--) auf einem Konto separato belastet und erhalten jährlich, beginnend mit 1.1.1988, eine Gutschrift in Höhe von S 13.500,-- (14 Raten a S 13.500,--, 15. bzw letzte Rate S 11.000,--), sodaß sie uns nach Ablauf von 15 Jahren, das ist am 31.12.2002 nichts mehr schulden.

Sie verpflichten sich für dieses Entgegenkommen, in Ihrem gastgewerblichen Betrieb ausschließlich und ununterbrochen Bier unserer Brauerei zu beziehen und zu verkaufen und jeden Bezug und Verkauf eines anderen Bieres - auch Importbieres/Weizenbieres - bei Schadenersatzpflicht zu unterlassen. Dieselbe Verpflichtung übernehmen Sie auch ausschließlich und ununterbrochen für alle von uns erzeugten oder vertriebenen alkoholfreien Getränke, dh daß Sie ohne unsere Zustimmung keine Konkurrenzgetränke führen bzw verkaufen dürfen. Die gegenständliche Bier- und alkoholfreie Getränkebezugsverpflichtung gilt für die Dauer dieser Verpflichtung bzw (bis) die Gesamtmenge von 2.000 hl Bier und alkoholfreier Getränke erreicht ist. ........

Bei Nichteinhaltung der Bezugsverpflichtung für Bier und alkoholfreie Getränke sind wir berechtigt, den zu diesem Tag nicht rückverrechneten und daher offenen Betrag sofort fällig zu stellen bzw zur Verfügung gestelltes Leihinventar umgehend zurückzufordern."

In der Folge buchte die klagende Partei von der Belastung des Beklagten jährlich S 13.500,-- ab. Bis einschließlich Ende des Jahres 1993 wurden daher insgesamt S 67.500,-- abgebucht und es betrug der Kontostand sohin S 132.500,--.

Der Beklagte bezog folgende Mengen an Getränken:

1988: 22,64 hl Bier und 12,49 hl Limonade

1989: 22,7 hl Bier und 12,93 hl Limonade

1990: 22,8 hl Bier und 14,38 hl Limonade

1991: 22,5 hl Bier und 10,34 hl Limonade

1992: 23 hl Bier und 18,94 hl Limonade

1993: 4,7 hl Bier und 2,68 hl Limonade.

Die Lieferungen der klagenden Partei, die erst ab einer Bestellmenge von 50 bis 60 Kisten durchgeführt wurden, erfolgten vom Depot in N***** aus. Seit März 1993 unterhält die klagende Partei dieses Depot nicht mehr und führt auch keine Getränkelieferungen in das S*****tal mehr durch. Am Freitag nachmittag und am Samstag wurden von der Klägerin keine Lieferungen durchgeführt.

Daß der Beklagte im Sommer 1991 30 bis 40 Kisten G*****-Limonaden und einige Kisten S***** Mineralwasser (beide stammen nicht von der klagenden Partei) auf seiner Alm gehabt und verkauft hätte, kann nicht festgestellt werden, wie auch nicht festgestellt werden kann, daß er damals 100 Kisten F***** Bier gekauft hätte. Im Jahr 1992 bezog der Beklagte allerdings drei- oder viermal F***** Bier. Im Sommer 1992 stellte Karl T***** (ein Fahrer der klagenden Partei) fest, daß der Beklagte 16 bis 20 Kisten (fremdes) Bier auf der Alm gelagert hatte. Zwei- oder dreimal stellte er das Vorhandensein einer etwas kleineren Menge von 5 bis 15 Kisten (fremdes) Bier beim Beklagten fest.

Ende des Jahres 1992 wandte sich der Beklagte an Direktor B***** der Klägerin, wobei über eine Aufhebung des Bierbezugsvertrages gesprochen wurde. Für diesen Fall hätte die Klägerin die Bezahlung eines Betrages von S 150.000,-- zuzüglich USt verlangt. Eine diesbezügliche Erklärung unterfertigte jedoch der Beklagte nicht.

Am Montag, dem 28.12.1992 orderte der Beklagte im Depot der Klägerin eine Getränkelieferung, die er vor Silvester benötigt hätte, erhielt jedoch die Antwort, daß vor Silvester nicht mehr hätte geliefert werden könne. Hierauf bestellte der Beklagte bei der F***** Brauerei in deren Depot in N***** Bier und sonstige Getränke im Umfang von 50 bzw 20 Kisten. Am 18.1.1993 bestellte der Beklagte bei der Klägerin neuerlich Getränke, die nunmehr ausgeliefert wurden. Die letzte Getränkelieferung der Klägerin an den Beklagten erfolgte am 31.1.1993, wobei er bei dieser Gelegenheit informiert wurde, daß er ab März nicht mehr beliefert werden könne. Am 15.2.1993 wollte die Kellnerin des Beklagten Anneliese L***** wiederum Getränkelieferungen im Depot der Klägerin bestellen. Sie erhielt die Auskunft, daß das S*****tal nicht mehr beliefert werde, worauf der Beklagte im N***** Depot der F***** Brauerei wiederum Bier und andere Getränke bestellte. Die F***** Brauerei wäre wohl interessiert gewesen, ab 1993 den Beklagten mit Bier zu beliefern. Nach dem 15.2.1993 bestellte der Beklagte allerdings bei ihr keine Getränke mehr und bezieht seither ***** Bier von einem im S*****tal gelegenen Sparmarkt.

Seitens der Klägerin bestand der Wunsch gegenüber dem Beklagten, daß dieser am Montag bestellen solle, was der Beklagte auch häufig tat. Die Lieferungen erfolgten sodann am Mittwoch. Fallweise bestellte der Beklagte erst gegen Wochenende hin. Er wurde bis zum 28.12.1992 jeweils rechtzeitig von der beklagten Partei auch noch beliefert.

Mit Schreiben vom 8.3.1993 begehrte die Klägerin vom Beklagten wegen Nichterfüllung der vertraglichen Vereinbarung den Betrag von S 150.000,-- zuzüglich USt (insgesamt somit S 180.000,--) bis spätestens 17.3.1993.

Mit der am 18.5.1993 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 216.000,-- samt 11 % Zinsen seit 1.1.1993, weil dieser seine Vertragspflichten verletzt und Getränke anderer Lieferanten vertrieben habe. Aufgrund des Getränkebezugsvertrages vom 15.1.1988 sei daher die Klägerin berechtigt, den nicht rückverrechneten und offenen Betrag fällig zu stellen. Dem Vertragsverhältnis sei eine Abnahmemenge von insgesamt 2.000 hl Bier bzw alkoholfreie Getränke zugrundegelegt worden, sodaß sich gemessen an den bisher abgenommenen Getränkemengen ein nicht rückverrechneter Betrag von S 180.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer ergebe.

Der Beklagte beantragte die kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens. Er sei stets bestrebt gewesen, die von ihm benötigten Getränke ausschließlich von der Klägerin zu beziehen, doch sei die Belieferung durch die Klägerin immer schlechter und schleppernder geworden. Zu einem Getränkebezug bei der Brauerei F***** sei es erzwungener Maßen nur deshalb gekommen, weil die Klägerin bestellte Ware nicht geliefert habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Klägerin bereits auf die unzureichende Getränkelieferung und die Möglichkeit einer Lösung des Bierbezugsvertrages angesprochen worden, doch sei es zu einer Vertragsaufhebung nicht gekommen. Die letzte Bestellung des Beklagten sei am 12.3.1993 erfolgt, doch habe die Klägerin nicht mehr geliefert.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin S 159.000,-- samt 11 % Zinsen seit 18.3.1993 zu zahlen und wies das Mehrbegehren ab. Der abweisliche Teil dieser Entscheidung ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß der Beklagte zwar durch seine Bestellungen bei der Brauerei F***** am 18.12.1992 und 15.2.1993 keine Vertragsverletzung begangen habe, eine solche jedoch dadurch anzunehmen sei, daß er im Jahr 1992 mehrfach Fremdgetränke vertrieben habe. Damals habe keine Notwendigkeit bestanden, sich wegen eines Lieferverzuges bzw einer Lieferverweigerung der Klägerin anderweitig mit Getränken einzudecken. Wegen dieser Vertragsverletzungen sei die Klägerin nach den Bestimmungen des Bierbezugsvertrages berechtigt, den nicht rückverrechneten und daher offenen Betrag fällig zu stellen und zurück zu verlangen. Die Rückverrechnung sei allerdings nicht so vorzunehmen, daß der Beklagte nur jenen Betrag behalten dürfe, der dem Anteil der bezogenen Getränkemengen an der insgesamt abzunehmenden Getränkemenge entspreche. Eine solche Berechnung sei zwar ansonsten bei Bierbezugsverträgen üblich, doch hätten die Streitteile im gegenständlichen Fall anderes vereinbart. Berechtigt sei daher das Klagebegehren nur hinsichtlich eines Betrages von S 132.500,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hielt den vom Beklagten auch jetzt im Revisionsverfahren vorgebrachten Argumenten (Verschweigung bzw Verfristung des Kündigungsrechtes der Klägerin, Kürzung der Klagsforderung um die am 1.1.1993 abzubuchende Jahresrate von S 13.500,-- sowie Abweisung des die Umsatzsteuer repräsentierenden Teilbegehrens, weil es seit der Vertragsaufhebung an einem Leistungsaustausch fehle) folgendes entgegen:

Bei dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag handle es sich um einen Bierbezugsvertrag, der im Sinne ständiger Lehre und Rechtsprechung ein Dauerschuldverhältnis darstelle. Für ein solches Dauerschuldverhältnis sei dann, wenn es ins Abwicklungsstadium getreten ist, ein Vertragsrücktritt nicht mehr möglich (Reischauer in Rummel2, Rz 13 vor § 918 ABGB). Jedenfalls gälten für Bezugsverträge analog die Regeln über Dauerschuldverhältnisse im allgemeinen, insbesondere auch jene für eine Aufkündigung (Auslösung) des Vertrages vor der vereinbarten Frist aus wichtigem Grund (vgl Pimmer in Schwimann, Rz 25 zu § 918 ABGB mwN; Reischauer aaO, Rz 18 zu § 918 ABGB; Aicher in Rummel2, Rz 50 zu § 1053 ABGB je mwN; Bydlinski in Klang2, VI, 200; WBl 1989, 160).

Einen solchen wichtigen Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung habe die Klägerin wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten insgesamt - auch im Jahr 1992 - geltend gemacht. Das Erstgericht sei daher zutreffend von der Berechtigung der vorzeitigen Vertragsauflösung wegen des Verhaltens des Beklagten im Jahr 1992 ausgegangen. Wenn nun der Beklagte die im Arbeitsrecht geltenden Grundsätze angewendet haben möchte, wonach eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich sei, wenn der Arbeitgeber den Auflösungsgrund nicht unverzüglich geltend macht, übersehe er, daß ein Verzicht des Arbeitsgebers auf das Entlassungsrecht bzw das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund zumindest implizite behauptet werden müsse (vgl 9 Ob A 282/92 mwN). Eben diese Überlegungen hätten auch für den Fall zu gelten, daß - wie hier - wegen des Verstreichens einer zu langen Zeitspanne zwischen dem Setzen des Auflösungsgrundes und der Erklärung der Auflösung eine Verwirkung des Auflösungsrechtes zur Diskussion stehe. Ein diesbezügliches Vorbringen habe der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht erstattet. Die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, die die zeitlichen Gegebenheiten und auch die Gründe für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses zwischen den Streitteilen abdecken, könnten nunmehr mangels entsprechenden Vorbringens des Beklagten im Verfahren erster Instanz nicht mehr in der Weise in Anspruch genommen werden, daß damit eine Unwürdigung des Sachverhalts im Sinne einer Verfristung des Kündigungsrechtes der Klägerin zu erreichen wäre (E 13 bis 15 zu § 266 ZPO, MGA14).

Das Rückforderungsbegehren der Klägerin sei somit aufgrund des Bierbezugsvertrages ungeachtet der Nichtbelieferung des Beklagten im Jahr 1993 gerechtfertigt und vertraglich gedeckt.

Was die Höhe des Rückforderungsanspruches betreffe, komme es nach dem Vertrag der Streitteile darauf an, welche Beträge im Zeitpunkt der Vertragsauflösung dem Beklagten gutgeschrieben waren. Daß die Gutschrift insgesamt höher gewesen wäre, als sie vom Erstgericht ohnehin berücksichtigt wurde, behaupte der Beklagte selbst nicht. Im übrigen nehme der Bierbezugsvertrag ausdrücklich auf eine jährliche Gutschrift beginnend mit Jahresanfang Bezug, weshalb es aufgrund der Vertragsbestimmungen allein darauf ankäme, daß jeweils ein ganzes Jahr verstrichen sein müsse, damit eine Gutschrift erfolgen könne. Anderes lasse sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn des Vertrages entnehmen.

Schließlich habe das Erstgericht den Beklagten zu Recht mit der 20 %igen Umsatzsteuer aus dem Rückersatzbetrag belastet. Das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten stelle sich als unzulässige Neuerung im Sinne des § 482 ZPO dar. Im übrigen sei der Beklagte darauf zu verweisen, daß es sich - ausgehend vom festgestellten Betrag - um einen verlorenen Zuschuß und nicht um ein Darlehen handle, wobei dieser Zuschuß an die Verpflichtung zum Bier - und sonstigen Getränkebezug geknüpft worden sei. Damit liege ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch vor. Da der gesamte Zuschuß der Umsatzsteuer unterworfen wurde, sei selbstverständlich auch die Rückverrechnung des Zuschusses als Rückabwicklung eines Leistungsaustausches der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Ob eine Schadenersatzleistung der Umsatzsteuer unterliegt, sei (ebenfalls) davon abhängig, ob zwischen Schädiger und Geschädigten ein Leistungsaustausch erfolgt. Bei Schadenersatzleistungen, die deshalb bezahlt werden, weil man einen Schaden verursacht oder für einen Schaden einzustehen hat, liege kein Leistungsaustausch vor. Stelle allerdings die Ersatzleistung des Schädigers eine Gegenleistung für eine besondere Leistung des Geschädigten dar (Schadensbeseitigung im Auftrag und im Interesse des Geschädigten), so liege ein Leistungsaustausch und damit unechter Schadenersatz vor (vgl Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts4, I, 289 mwN).

Beim echten Schadenersatz fehle ein Leistungsaustausch. Wer solchen Schadenersatz gewähre, leiste nicht deshalb, weil er vom Schadenersatzempfänger eine Lieferung oder sonstige Leistung empfangen hat oder empfangen will, sondern aus anderen Gründen, sei es, weil er selbst den entstandenen Schaden verursacht hat oder weil er sonst hiezu verpflichtet ist, beispielsweise aufgrund eines Versicherungsvertrages oder einer besonderen gesetzlichen Vorschrift (Kranich-Sigl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch5, Anm 7 zu § 1 UStG; ecolex 1993, 521 mwN).

Ausgehend von diesen Überlegungen handle es sich im gegenständlichen Fall um eine von der Klägerin begehrte Rückabwicklung des vom Beklagten gebrochenen Bierbezugsvertrages, letztlich also im weitersten Sinn um eine Schadenersatzleistung des Beklagten an die Klägerin aus dem aufgelösten Vertrag. Dabei dürfe aber nicht übersehen werden, daß dieser Schadenersatz -, Entschädigungs- oder Rückforderungsanspruch das Äquivalent für den nicht mehr zustandegekommenen Leistungsaustausch zwischen den Streitteilen darstelle, nämlich seitens des Beklagten die Inanspruchnahme des Zuschusses, seitens der Klägerin die Berechtigung, den Beklagten ausschließlich mit ihren Getränken zu beliefern. Der gegenständliche Fall könne jedenfalls nicht - wie vom Beklagten begehrt - den Regeln eines Kreditverhältnisses im eigentlichen Sinn unterstellt werden. Basis der Beurteilung habe der abgeschlossene Bierbezugsvertrag zu sein.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß sich das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung ohnehin an höchstgerichtlicher Rechtsprechung habe orientieren können.

In der nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revision macht der Beklagte geltend, daß die Qualifikation der von der Klägerin an ihn erbrachten Leistung als "verlorener Zuschuß" an sich zur Abweisung des Klagebegehrens führen müßte, weil es - anders als beim Darlehen - an einem Verpflichtungsgrund des Beklagten zur Rückzahlung fehle. Vor allem aber habe das Berufungsgericht verkannt, daß die Klägerin aufgrund der im Sommer 1992 festgestellten Vertragsverletzung den damals noch offenen (noch nicht rückverrechneten) Betrag sofort hätte fällig stellen müssen und ihr Zuwarten mit der Vertragsauflösung bis zum Frühjahr 1993 als konkludenter Verzicht auf die Rückforderung zu werten sei. Das ergebe sich primär aus der getroffenen Vereinbarung, sekundär aus den bei der Auflösung von Dauerschuldverhältnissen zu beachtenden Grundsätzen. Der vom Berufungsgericht gegen den Beklagten erhobene Vorwurf, die Verfristung der Rückforderung bzw Aufkündigung nicht eingewendet zu haben, sei unberechtigt, weil sich die Klägerin selbst nie auf den letztlich festgestellten Auflösungsgrund, ja nicht einmal auf die (außerordentliche) Kündigung des streitgegenständlichen Bierbezugsvertrages berufen habe. Tatsächlich strebe die Klägerin die Beendigung des Vertragsverhältnisses nur deshalb an, weil sie - nach Auflösung ihres Depots in N***** - ihre Bierlieferungsverpflichtung nicht mehr erfüllen könne. Selbst wenn jedoch eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten bestünde, sei der geschuldete Betrag um S 13.500,-- für das Anfang 1993 begonnene sechste Vertragsjahr sowie um die Umsatzsteuer zu reduzieren, da die Rückzahlung keinen Leistungsaustausch mehr betreffe. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Klägerin wurde die Revisionsbeantwortung freigestellt. Sie hat von dieser Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Streitfalls hat bei der vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten und daher gemäß § 510 Abs 3 ZPO nicht weiter erörterungsbedürftigen Tatsache anzusetzen, daß durch den Abschluß des streitgegenständlichen Getränkebezugsvertrages ein Dauerschuldverhältnis begründet wurde, das von den Vertragsparteien in analoger Anwendung des § 1118 ABGB aus wichtigen Gründen vorzeitig gelöst werden konnte (EvBl 1960/126; JBl 1983, 321;

SZ 56/144; WBl 1989, 160 ua; Aicher in Rummel2, Rz 50 zu § 1053

ABGB). Der Umstand, daß sich die Klägerin ein solches Auflösungsrecht

für den Fall der Nichteinhaltung der Bezugsverpflichtung durch den

Beklagten ausdrücklich vorbehalten hat, ändert daran nichts, weil die

entsprechende Vertragsbestimmung insoweit nur als Ausformung der

gesetzlichen (außerordentlichen) Kündigungsmöglichkeit zu verstehen

ist. Die an sich bestehende Möglichkeit zur privatautonomen

Gestaltung des Rücktrittsrechtes (vgl Reischauer in Rummel2, Rz 13a vor §§ 918 ff ABGB) besagt in diesem Zusammenhang nur, daß keine allzu strengen Maßstäbe an das Vorliegen eines Auflösungsgrundes anzulegen sind, wenn sich die Klägerin mit der vertraglich festgelegten Rückerstattung des im Auflösungszeitpunkt offenen (noch nicht rückverrechneten) Betrages begnügt.

Die Entscheidungsgründe der Vorinstanzen bauen darauf auf, daß der Beklagte tatsächlich einen Grund für die vorzeitige Auflösung des Getränkebezugsvertrages gesetzt hat, indem er "im Sommer 1992 drei - oder viermal Bier von der Brauerei F*****" gekauft hat. Die damit zusammenhängende Auflösungserklärung der Klägerin läßt sich mit 8.3.1993, spätestens mit der gegenständlichen Klagseinbringung datieren, weil die Klägerin seither die für die Nichterfüllung des Vertrages vereinbarten Leistungen begehrt und eine dem § 1118 ABGB entsprechende Auflösungserklärung auch konkludent erfolgen kann (WBl 1989, 160 ua; vgl auch Würth in Rummel2, Rz 6 zu § 1118 ABGB). In rechtlicher Hinsicht wurde daran die Schlußfolgerung geknüpft, daß der Beklagte der Klägerin den zugesprochenen Klagsbetrag vertraglich schulde, ihn aber auch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen oder schlicht aufgrund der Rückabwicklung (also bereicherungsrechtlich) zu ersetzen habe. Vorderhand genügt es, auf den vertraglichen Anspruch und den damit übereinstimmenden Anspruch auf Rückabwicklung der rechtsgrundlos gewordenen Vorausleistung der Klägerin einzugehen, weil die schadenersatzrechtlichen Aspekte noch nicht ausreichend erörtert wurden.

Das jetzt in der Revision vorgebrachte Argument des Beklagten, ein vertraglicher Anspruch der Klägerin könne nicht bestehen, weil sie ihm kein (zurückzuzahlendes) Darlehen sondern - wie es das Berufungsgericht ausdrückte - einen "verlorenen Zuschuß" gewährte, läßt sich nicht gegen den teilweisen Zuspruch des Klagsbetrages verwenden. Angesichts der vertraglichen Regelung, wonach die Klägerin den noch nicht rückverrechneten (Teil-)Betrag zurückverlangen kann, wenn der Beklagte seine Abnahmeverpflichtung nicht erfüllt (und damit der Klägerin die Möglichkeit zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages eröffnet), ist es geradezu unverständlich. Außerdem hat das Berufungsgericht (gleich dem Erstgericht) völlig überzeugend dargelegt, daß der dem Beklagten gewährte Zuschuß und die von ihm zu erfüllende Verpflichtung zum Bezug von 2000 hl Bier bzw alkoholfreier Getränke in einem Austauschverhältnis standen. Schon aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen wäre daher der Klägerin ein Rückforderungsanspruch zuzubilligen, sollte das Vertragsverhältnis wirksam beendet worden sein, ehe es vollständig abgewickelt war. Wie dieser Rückforderungsanspruch zu bemessen ist, ergibt sich wiederum aus der für den Fall der Vertragsauflösung getroffenen Sonderregelung, die vorsieht, das nicht etwa eine Relation zum effektiven Getränkebezug, sondern zur Dauer des Vertragsverhältnisses bzw zum Ausmaß der Gutschriften herzustellen ist, die dem Beklagten bis zum Vertragsende erteilt wurden oder zu erteilen waren.

Einziger Ansatzpunkt für den Revisionswerber, den aus der Rückabwicklung des streitgegenständlichen Getränkebezugsvertrages gewonnenen Rechtsgrund für die teilweise Stattgebung des Klagebegehrens in Frage zu stellen, ist daher die Bestreitung einer wirksamen Auflösungserklärung der Klägerin. Das dabei aufgeworfene Verfristungsproblem bedarf tatsächlich einer weiteren Erörterung.

Schon das Berufungsgericht hat erkannt, daß wichtige Gründe, die zur vorzeitigen Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses berechtigen, unverzüglich geltend zu machen sind (7 Ob 555/76; 1 Ob 587/79; 8 Ob 585/88). Das ergibt sich schon daraus, daß die vorzeitige Auflösung von Dauerschuldverhältnissen mit der Unzumutbarkeit ihrer Fortführung verknüpft wird (JBl 1983, 321; WBl 1989, 160 ua) und an eben dieser Unzumutbarkeit zu zweifeln ist, wenn das Vertragsverhältnis in Kenntnis des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertragspartners fortgesetzt wird. Auf eine davon abweichende vertragliche Regelung kann sich die Klägerin nicht berufen, weil sich das für den Fall der Nichteinhaltung der Bezugsverpflichtung ausbedungene Recht zur "sofortigen Fälligstellung der noch nicht rückverrechneten Beträge" nach Wortlaut und Geschäftszweck der Vereinbarung als bloße Ausformung der bei Dauerschuldverhältnissen schon kraft Gesetzes bestehenden außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit darstellt. Der Umstand, daß die Klägerin zwischen der Feststellung einer Verletzung der Abnahmeverpflichtung durch den Beklagten und der Aufkündigung des Getränkebezugsvertrages ungefähr ein halbes Jahr verstreichen ließ, stellt daher die Rechtzeitigkeit bzw Rechtmäßigkeit ihrer Auflösungserklärung in Frage. Die Annahme, es sei dennoch von einer wirksamen Vertragsauflösung auszugehen, für die der Beklagte einen ausreichenden Grund gesetzt hat, bedarf noch einer zusätzlichen Begründung.

Der dazu geäußerten Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, auf die (offensichtlich auch seiner Meinung nach vorliegende) Verfristung des Kündigungsrechtes sei nicht Bedacht zu nehmen, weil der Beklagte keine diesbezügliche Einwendung erhoben habe, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat ihren Rückforderungsanspruch lediglich darauf gestützt, daß der Beklagte seine Verpflichtung, ausschließlich Getränke der Klägerin zu beziehen und zu verkaufen, nicht eingehalten habe, sodaß der Beklagte mangels Konkretisierung des Kündigungsgrundes zum Problem der Verfristung gar nicht Stellung nehmen konnte. Als er dann in seiner Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes ausführte, eine im Frühjahr 1993 ausgesprochene Kündigung könne nicht auf Vorfälle gestützt werden, die sich im Sommer 1992 ereigneten, geschah dies im Rahmen zulässiger rechtlicher Argumentation zu den getroffenen Feststellungen, ohne das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO zu verletzen (6 Ob 46/59 ua; darunter SZ 37/151 und JBl 1988, 730). Eine Erörterung des Verfristungsproblems (aus der Sicht des Beklagten, aber auch der Klägerin) erscheint daher unumgänglich. Da sich erst im Zuge des Verfahrens herausstellte, als einziger Grund für die von der Klägerin am 8.3.1994 bzw durch die Einbringung der gegenständlichen Klage erklärte Vertragsauflösung komme die mehrmalige Vertragsverletzung des Beklagten im Sommer 1992 in Frage, hätte den Parteien Gelegenheit gegeben werden müssen, zu dieser erst im Urteil als entscheidungsrelevant herausgestellten Tatsache Stellung zu nehmen. Es bedarf der Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und der Ergänzung des Verfahrens, um diesen schon dem Erstgericht unterlaufenen, durch die unzutreffende Anwendung des Neuerungsverbotes auch noch im Berufungsverfahren fortwirkenden Verstoß gegen § 182 Abs 1 ZPO zu beheben.

Sollte es bei einem Rückforderungsanspruch der Klägerin aus dem Titel der Beendigung des streitgegenständlichen Dauerschuldverhältnisses bleiben, wird auch noch auf das Argument des Beklagten einzugehen sein, der Zuspruch sei um die ihm am 1.1.1993 gutzubuchende sechste jährliche Tilgungsrate von S 13.500,-- zu kürzen. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich das Vertragsverhältnis noch aufrecht. Da die Klägerin zugesagt hatte, dem Beklagten als Gegenleistung für die Verpflichtung zur langjährigen Getränkeabnahme beginnend ab 1.1.1988 jährlich S 13.500,-- gutzuschreiben, könnte der Vertrag so verstanden werden, daß im Zeitpunkt der Vertragsauflösung am 8.3.1994 bzw 27.5.1993 (dem Tag der Klagszustellung) nur noch ein Rückerstattungsanspruch von S 119.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer "offen" war. Dies bedarf ebenfalls noch einer Erörterung der Parteienabsicht gemäß § 182 Abs 1 ZPO. Auf die Summe der effektiv erteilten Gutschriften - die möglicherweise hinter der vertraglichen Verpflichtung der Klägerin zurückgeblieben sind - kommt es nicht an, weil es mit der Pflicht zur Rückstellung rechtsgrundlos gewordener beiderseitiger Leistungen nicht zu vereinbaren wäre, wenn die Klägerin aus der eigenen Vertragsverletzung Gewinn zieht (§ 921 ABGB). Ob sich aus dem Titel des Schadenersatzes ein darüber hinausgehender Anspruch ergeben könnte (wie die Klägerin jetzt in ihrer Revisionsbeantwortung geltend macht) ist hier nicht zu erörtern, weil die Klägerin keine Angaben über Art und Höhe eines allfälligen Schadens gemacht hat.

Nicht zielführend ist hingegen das Argument des Beklagten, die Klägerin könne keinesfalls Anspruch auf Rückersatz der anteiligen Umsatzsteuer erheben. Es trifft zwar zu, daß mit der Beendigung des Dauerschuldverhältnisses der bis dahin andauernde umsatzsteuerpflichtige Leistungsaustausch zwischen den Streitteilen (Darlehen bzw "verlorener Zuschuß" als Entgelt für die Bierbezugsverpflichtung des Beklagten) wegfiel (vgl Achatz, Umsatzsteuer und Schadenersatz, 62 ff und 102 f), doch spricht gerade dieser Umstand für die Rückersatzpflicht des Beklagten. Da ihm die Klägerin das Entgelt für die Übernahme der streitgegenständlichen Getränkebezugsverpflichtung inklusive Umsatzsteuer vorauszahlte, dieser Leistungsaustausch nach den Klagsbehauptungen jedoch vor gänzlicher Abwicklung des auf 15 Jahre ausgelegten Vertragsverhältnisses endete, hat die Rückstellung der rechtsgrundlos gewordenen Vorausleistung - falls es dem Grunde nach zu einer neuerlichen Klagsstattgebung kommen sollte - inklusive Umsatzsteuer (die ja gar nicht mehr anfallen könnte) zu erfolgen.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte