OGH 6Ob638/94

OGH6Ob638/9427.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Ulfried T*****, vertreten durch Dr.Karl Maier, Rechtsanwalt in Knittelfeld, wider die beklagte Partei Wolfgang W*****, D*****, vertreten durch Dr.Peter Pullez, Rechtsanwalt in Wien, wegen 300.000 S samt Nebenforderungen, infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den zum Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 28.Juni 1994, GZ 5 Cg 94/94-7, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 23. August 1994, AZ 2 R 155/94 (ON 11), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 13.725 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten an Umsatzsteuer 2.287,50 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger stützt sein gegen den in Bayern wohnhaften Beklagten erhobenes Ersatzbegehren auf Zahlung eines Betrages von 300.000 S auf die Behauptung, sein Turnierpferd beim Beklagten eingestellt zu haben, damit dieser das Pferd trainiere und es auch im Zuge der Teilnahme an Turnieren Kaufinteressenten vorführe; der Beklagte habe das Pferd zu einem an einem steiermärkischen Ort angesetzten Turnier gebracht, dort aber die Obsorge für eine sichere Einstellung in einer Turnierbox vernachlässigt, so daß das Pferd in den Nachtstunden ausbrechen und auf eine Bahntrasse gelangen habe können, wo es von einem Zug erfaßt und getötet worden sei.

Zur örtlichen und inländischen Zuständigkeit beruft sich der Kläger auf den Gerichtsstand nach § 92a JN und den darin zum Ausdruck kommenden inländischen Anknüpfungspunkt.

Der Beklagte wendete die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen steiermärkischen Gerichtes sowie den Mangel der inländischen Zuständigkeit ein.

Das Prozeßgericht erster Instanz hat nach abgesonderter Verhandlung den erhobenen Prozeßeinreden stattgegeben und die Klage zurückgewiesen.

Das Rekursgericht hat in Abänderung dieser Entscheidung - der Sache nach - die Prozeßeinreden verworfen.

Dazu hat es ausgesprochen, daß eine Revisionsrekursvoraussetzung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO mangels gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung vorliege.

Der Beklagte ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen qualifiziert unrichtiger Lösung der Verfahrensrechtsfrage nach den Voraussetzungen des Gerichtsstandes im Sinne des § 92a JN mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Klagszurückweisung abzielenden Abänderungsantrag an.

Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Kläger führt die Tötung seines Turnierpferdes auf die von ihm behauptete Vernachlässigung der Verwahrungspflichten des Beklagten aus dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag über die Betreuung des Pferdes zurück; die schadensursächliche Vertragsverletzung habe der Beklagte nach dem Klagsstandpunkt am inländischen Turnieraustragungsort im Sprengel des angerufenen Gerichtes gesetzt.

Der Beklagte ließ in tatsächlicher Hinsicht die Klagsbehauptungen unbestritten, daß er das Pferd des Klägers vertraglich zur Betreuung und Bereitung bei sich eingestellt hatte, im Rahmen der vertraglich vorgesehenen Teilnahme des Pferdes an Turnieren das Pferd des Klägers an einen im Sprengel des angerufenen Gerichtes gelegenen Turnierort gebracht und dort in einer Turnierbox eingestellt hat, aus welchem das Pferd nächtlicherweile entweichen habe können und in der Folge von einem Zug erfaßt und getötet worden sei. Der Beklagte stellt auch seine vertragliche Verwahrungspflicht nicht in Abrede, er bestreitet nur die Verletzung dieser seiner Pflichten und behauptet gewissenhafte Pflichterfüllung. (Die im Revisionsrekurs ausgeführten Behauptungen über vertragliche Haftungsausschlüsse sind für das abgesonderte Verfahren über die Prozeßeinrede im derzeitigen Verfahrensstadium als Neuerungen unbeachtlich.)

Das Begehren auf Ersatz des Wertes eines Pferdes, das nach dem Klagsstandpunkt nur zufolge Vernachlässigung vertraglich übernommener Verwahrungspflichten des Beklagten entlaufen habe können, kann der Geschädigte gemäß § 92a JN auch bei dem Gericht geltend machen, in dessen Sprengel die angeblich unfallsursächliche Verletzung der Verwahrungspflicht erfolgte, mit anderen Worten die gehörige Verwahrung zu erfolgen hatte.

Dem Gerichtsstand der Schadenszufügung nach § 92a JN unterliegt auch die Verfolgung von Ersatzansprüchen wegen Sachschäden aus Vertragsverletzung (SZ 63/105 unter Ablehnung gegenteiliger Lehrmeinungen im Hinblick auf den in dieser Hinsicht eindeutigen und nach der in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage klargestellten Regelungsabsicht nicht einschränkend auszulegenden Wortlaut des § 92a JN).

Daß der mit einer gesetzlichen Regelung angestrebte und auch typischerweise zu erreichende Erfolg in einem der Regelung unterliegenden Einzelfall nicht zu verwirklichen wäre, rechtfertigte für sich noch keinesfalls eine Ausnahme von der Regelanwendung. Für die Unterworfenheit des Rechtsstreites unter den Wahlgerichtsstand nach § 92a JN ist es daher unerheblich, ob für die Haftungsfrage (nach dem erst zu erstattenden Enwendungsvorbringen) in erster Linie vertragliche Haftungsbeschränkungen und erst in weiterer Hinsicht das am Verwahrungsort gesetzte Verhalten streitentscheidend ist.

Mit dem Begehren auf Ersatz des Wertes eines mangels vertraglich geschuldeter Verwahrungspflichten entlaufenen und in der Folge verunglückten Tieres wird kein "reiner Vermögensschaden", sondern ein Sachschade im Sinne des § 92a JN geltend gemacht.

Die Setzung eines schadensstiftenden Verhaltens im Inland in einer den Gerichtsstand nach § 92a JN begründeten Weise bedeutet auch eine hinlänglich starke Inlandsbeziehung für die inländische Zuständigkeit.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO, wobei über die Kosten des Zwischenstreites, wie aus § 261 Abs 6 ZPO zu schließen ist, unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreites (nach den Grundsätzen der §§ 41 ff ZPO) zu entscheiden ist.

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