Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 34.809,60 (darin S 5.801,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Zwischenstreites über die Zuständigkeit zu ersetzen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrt S 285.000,- s.A. als aushaftende Restkosten für die Errichtung des Einfamilienhauses der Beklagten.
Die Beklagte wendete sachliche Unzuständigkeit des Gerichtes mit der Begründung ein, in Punkt XVI. des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages sei ein Schiedsgericht nach den Bestimmungen der §§ 577 ff ZPO mit Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges vereinbart worden. Das angerufene Gericht sei daher unzuständig.
Die klagende Partei machte geltend, daß die getroffene Schiedsgerichtsvereinbarung gemäß § 14 KSchG unwirksam sei.
Das Erstgericht sprach seine sachliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:
Der Zweck des § 14 KSchG liege darin, den Verbraucher vor Vereinbarungen zu schützen, durch die ihm ein schwer erreichbares Gericht vorgeschrieben und wodurch er in der Verteidigung seines Rechtes behindert werde. Es sei aber nicht Sinn des Konsumentenschutzgesetzes, den Unternehmer vor der Unzuständigkeitseinrede des Verbrauchers zu schützen. § 14 KSchG schaffe keine positive Zuständigkeitsordnung für Verbrauchergeschäfte, sondern enthalte lediglich Prorogationsverbote, die sich nur auf die örtliche Zuständigkeit beziehen würden. So könnten im Rahmen des § 104 Abs 3 JN auch Vereinbarungen über die sachliche Zuständigkeit getroffen werden. Es könne daher für Streitigkeiten, auf die § 14 KSchG anzuwenden sei, ein Schiedsvertrag abgeschlossen werden, wobei im Hinblick auf das Prorogationsverbot die diesbezüglich vereinbarten Schiedsgerichte bloß an einem Ort tagen müßten, der nach § 14 Abs 1 KSchG erlaubt sei (Fasching, Lehrbuch2, Rz 2176). Weder aus der gegenteiligen Ansicht Jelineks in Krejci, Handbuch zum KSchG, 900 f und 925 noch aus den Ausführungen von Csoklich in ÖJZ 1986, 444 ff sei für den Standpunkt der klagenden Partei etwas zu gewinnen, weil eben das nur auf den Verbraucher abgestellte Konsumentenschutzgesetz es zulasse, daß der Verbraucher grundsätzlich ihn benachteiligende Vertragsbestimmungen gegen sich gelten lassen dürfe, daß selbst dann, wenn die Schiedsgerichtsvereinbarung den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes widerspreche, es der Beklagten als Verbraucherin freistehe, von dieser Vereinbarung abzugehen, nicht aber der klagenden Partei als Unternehmerin.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur entscheidungswesentlichen Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit den Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Zuständigkeit des Landesgerichtes Wiener Neustadt zur Führung dieses Verfahrens ausgesprochen werde.
Die beklagte Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
§ 14 KSchG sieht unter anderem eine Einschränkung der Prorogationsmöglichkeit nach § 104 Abs 1 JN vor, wobei Verstöße dagegen mit verschiedenen Sanktionen versehen sind, je nach dem, ob es sich um Klagen gegen den Verbraucher (§ 14 Abs 1 KSchG) oder um Klagen des Verbrauchers gegen den Unternehmer (§ 14 Abs 3 KSchG) handelt:
Im ersten - hier gegegebenen - Fall wird nur die Vereinbarung der Zuständigkeit von Gerichten zugelassen, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung des Verbrauchers liegen, wogegen im zweiten Fall eine Vereinbarung, durch die ein nach dem Gesetz gegebener Gerichtsstand ausgeschlossen wird, nur dem Verbraucher gegenüber unwirksam ist, sodaß der Unternehmer an die Vereinbarung gebunden bleibt.
§ 14 KSchG befaßt sich nur mit der örtlichen Zuständigkeit und spricht nicht ausdrücklich von die sachliche Zuständigkeit betreffenden Vereinbarungen. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß nach § 104 Abs 2 JN die sachliche Zuständigkeit eines Gerichtshofes für eine in die sachliche Zuständigkeit eines Bezirksgerichtes fallende Streitigkeit nicht wirksam vereinbart werden kann, wohl aber - von einer hier nicht interessierenden Ausnahme abgesehen - die Zuständigkeit eines Bezirksgerichtes für eine an sich in die sachliche Zuständigkeit eines Gerichtshofes fallende Streitigkeit. Daraus folgt, daß die nach § 14 Abs 1 KSchG zulässige Änderung der sachlichen Zuständigkeit niemals die Zuständigkeit eines vom Verbraucher entfernter gelegenen Gerichtes als es bei Anwendung der gesetzlichen Zuständigkeitsnormen der Fall wäre, bewirken kann, weil der Sitz eines Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel einer der in § 14 Abs 1 KSchG genannten Orte liegt, nicht weiter von diesen entfernt sein kann als der nach dem Gesetz zuständige Gerichtshof.
Aus der Unterlassung der ausdrücklichen Erwähnung der sachlichen Zuständigkeit und der von der staatlichen Gerichtsbarkeit durch die Schranke der sachlichen Zuständigkeit getrennten Schiedsgerichtsbarkeit (Fasching, Lehrbuch2, Rz 2184; SZ 49/40 ua) in § 14 KSchG könnte daher zu Gunsten der Zulässigkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung nur geschlossen werden, daß der Gesetzgeber die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes nicht anders behandelt wissen wollte als eine die sachliche Zuständigkeit eines staatlichen Gerichtes betreffende Zuständigkeitsvereinbarung. Da selbst bei Richtigkeit dieser Prämisse im gegebenen Fall eine nach § 14 KSchG zulässige Schiedsgerichtsvereinbarung aus nachstehenden Gründen nicht vorliegt, muß die Richtigkeit der genannten Prämisse hier nicht weiter untersucht werden:
§ 104 Abs 1 JN fordert für die Wirkung der Zuständigkeitsvereinbarung, daß sich die Parteien einem oder mehreren Gerichten erster Instanz namentlich angeführter Orte durch ausdrückliche Vereinbarung unterwerfen. § 14 Abs 1 KSchG, der auf § 104 Abs 1 JN Bezug nimmt, bindet die Wirksamkeit der Zuständigkeitsvereinbarung daran, daß das vereinbarte Gericht so gewählt wird, daß sich Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der Beschäftigung des Verbrauchers in seinem Sprengel befinden. Es soll sich also um ein Gericht handeln, das in diesem örtlichen Bereich tagt. Im Falle der Vereinbarung eines Schiedsgerichtes, das als solches keinen Sprengel hat, das heißt keinen bestimmten örtlichen Zuständigkeitsbereich, vor allem aber auch keinen gesetzlich vorgegebenen Ort, an dem es tatsächlich zu tagen hat, müßte dieses daher, wollte man eine solche Vereinbarung überhaupt für zulässig erachten - zwingend an einem mit der Bestimmung des § 14 Abs 1 KSchG nicht in Widerspruch stehenden Ort tagen. Dies ist nur gewährleistet, wenn schon in der Schiedsvereinbarung den Schiedsrichtern zwingend ein solcher Tagungsort vorgegeben ist. Da im hier zu beurteilenden Fall in der Schiedsklausel derartiges nicht enthalten ist, widerspricht die Vereinbarung des Schiedsgerichtes der Bestimmung des § 14 Abs 1 KSchG.
Zutreffend ging daher der klagende Unternehmer von der Unwirksamkeit der Schiedsgerichtsklausel in dem mit der Beklagten abgeschlossenen Werkvertrag aus und brachte folgerichtig - er hatte ja die Klage bei einem zuständigen Gericht einzubringen - die Klage beim Landesgericht Wiener Neustadt ein. Wenn auch der Verbraucher auf die Wirkung der zu seinen Gunsten bestehenden Schutznormen verzichten kann, demnach auch die Heilung einer im Einzelfall im Hinblick auf § 14 Abs 1 KSchG gegebenen Unzuständigkeit durch Beobachtung des § 104 Abs 3 JN beschriebenen Verhaltens bewirken kann, so kann er doch nicht darauf bestehen, daß der Gegner einen solchen Verzicht nachträglich mit dem Erfolg zu akzeptieren habe, daß die Zuständigkeit des zunächst rite in Anspruch genommenen Gerichtes auf ein solches übergeht, das nur durch Heilung einer an sich gegebenen Unzuständigkeit kompetent werden könnte.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 52 Abs 1 Satz 1ZPO (MGA JN-ZPO14 § 52 ZPO/E 3).
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