OGH 4Ob105/94

OGH4Ob105/9418.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****gesellschaftmbH, *****, vertreten durch Dr.Gerhard Seirer, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Friedrich S*****, vertreten durch Dr.Philipp Gruber und Dr.Bruno Pedevilla, Rechtsanwälte in Lienz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 25. August 1994, GZ 2 R 206/94-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Juni 1994, 9 Cg 130/94e-4, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten seines Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte war gemeinsam mit Dr.Klaus P***** Gesellschafter der Klägerin. Mit Notariatsakt vom 11.3.1994 trat er seinen Geschäftsanteil an Dr.Klaus P*****ab. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Herausgabe und der Vertrieb von "Medieninhalten", insbesondere der Druckschrift "Anpfiff". Die erste Ausgabe dieser Fußballzeitschrift wurde vom Beklagten gemeinsam mit Dr.Klaus P*****gestaltet. Im Impressum ist der Beklagte als für Anzeigenkontakte, Layout und Graphik Verantwortlicher genannt.

Der Beklagte plant, eine eigene Fußballzeitschrift herauszugeben. Zur Vorbereitung übermittelte er Fußballvereinen und sonstigen Interessenten eine Projektbeschreibung und "Vereinsfragebögen". In einem Begleitbrief schrieb der Beklagte (ua) wie folgt:

"In der Anlage erhalten Sie die erste Ausgabe der Fußballzeitschrift 'Anpfiff', in ähnlicher Aufmachung wird vor Beginn der Fußballsaison 1994/95 die Zeitschrift FUSSBALL-NEWS erscheinen...."

Die beigelegten Exemplare des "Anpfiff" hatte der Beklagte als Belegexemplare erhalten.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Verlagsinhalte der Klägerin zu verwenden, insbesondere durch Versenden der Fußballzeitschrift "Anpfiff".

Die Zeitschrift "Anpfiff" sei ein Werk iS § 1 UrhG. Der Beklagte greife in die Verwertungs- und Verbreitungsrechte der Klägerin ein. Die Klägerin stütze ihren Anspruch aber auch auf §§ 1, 2 UWG. Der Beklagte mache irreführende Angaben; er betreibe unzulässige anlehnende Werbung, indem er versuche, den guten Ruf der Klägerin auszunützen.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Der Beklagte sei zumindest Miturheber. Er habe die erste Ausgabe des "Anpfiff" gestaltet und von der Klägerin dafür ein ermäßigtes Honorar bezahlt erhalten. Seinem Informationsschreiben habe er die Druckschrift "Anpfiff" beigelegt, um seine graphische Arbeit zu dokumentieren. Er habe in seinem Schreiben keinen Zweifel offen gelassen, daß er eine neue Zeitschrift plane.

Das Erstgericht verbot dem Beklagten, die Fußballzeitschrift "Anpfiff" zu versenden.

Das Mehrbegehren wies es ab.

Der Beklagte habe die Zeitschrift für die Klägerin gestaltet; damit habe er der Klägerin das Werknutzungsrecht eingeräumt. Soweit das Werknutzungsrecht reiche, habe sich auch der Urheber der Nutzung des Werkes zu enthalten. Mit der Versendung des "Anpfiff" zur Vorbereitung seiner eigenen Geschäftstätigkeit habe der Beklagte urheberrechtswidrig gehandelt.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es dem Beklagten verbot, im Zuge eigener Werbeaktivitäten die von der Klägerin herausgegebene Fußballzeitschrift "Anpfiff" mitzuversenden. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Klägerin habe ihren Anspruch ausdrücklich auch auf § 1 UWG gestützt. Dem Beklagten sei unzulässige anlehnende Werbung vorzuwerfen. Sein Schreiben lasse keinen Zweifel daran, daß er die Herausgabe einer Zeitschrift beabsichtige, die mit jener der Klägerin weitgehend identisch sei. Unabhängig davon, ob die Nachahmung für sich allein schon sittenwidrig sei, sei es jedenfalls wettbewerbswidrig, ein fremdes Produkt unmittelbar als Werbemittel zu verwenden. Das Verhalten des Beklagten sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil er die erste Ausgabe des "Anpfiff" gestaltet habe. Er habe in seinem Begleitschreiben nicht darauf hingewiesen, daß er die Zeitschrift nur zur Demonstration seiner Leistungen als Graphiker beigelegt habe. Die Angabe im Impressum reiche nicht aus, weil das Impressum von den meisten Lesern übergangen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Sittenwidrige anlehnende Werbung liegt vor, wenn ein Unternehmer den guten Ruf eines Mitbewerbers, welchen dieser meist mit großem Aufwand an Zeit, Mühe und Kosten erworben hat, dadurch für seine Zwecke ausbeutet, daß er versucht, die Güte seines eigenen Angebotes ausschließlich durch Gleichsetzung mit den Eigenschaften fremder Produkte zu beweisen (ÖBl 1992, 16 - Rohrverschraubungen mwN). Der Beklagte hält dem entgegen, daß er mit der Versendung des "Anpfiff" kein fremdes Produkt für seine Werbung verwendet habe. Er sei alleiniger graphischer Gestalter und Mitgestalter des Inhalts der ersten Ausgabe des "Anpfiff" gewesen und daher berechtigt gewesen, die ihm aus diesem Grund überlassenen Belegexemplare zu versenden. Aus der Projektbeschreibung sei klar ersichtlich, daß der Beklagte die Zeitschrift "Fußball-News" herauszugeben beabsichtige. Ein besonderer Hinweis auf seine Rolle bei der Gestaltung des "Anpfiff" und den Zweck der Versendung habe sich daher erübrigt.

Der Beklagte hat die erste Ausgabe der Zeitschrift "Anpfiff" im Auftrag der Klägerin gestaltet und seine Tätigkeit, wie er selbst vorgebracht hat, auch honoriert erhalten. Daraus folgt, daß die Gestaltung des "Anpfiff", was ihre weitere Verwendung betrifft, nicht mehr als Arbeitsergebnis des Beklagten zu betrachten ist. Fremd ist ein Arbeitsergebnis in bezug auf seine weitere Verwendung durch den Nachahmenden nämlich auch dann, wenn es dieser aufgrund eines Auftrags- oder sonstigen Vertragsverhältnisses für einen anderen geschaffen und auf die vereinbarte Art und Weise abgegolten erhalten hat (4 Ob 159/93 - Elektrodenproduktionsautomaten mwN; ecolex 1994, 481 - Zeitrelais). Ist das Arbeitsergebnis ein Werk iS des Urheberrechtsgesetzes, so kommt es darauf an, ob, wem und in welchem Umfang der Urheber das Recht übertragen hat, das Werk zu verwerten (§ 24 UrhG). Wird ein Werk im Auftrag eines anderen geschaffen, so wird diesem damit jedenfalls schlüssig das Recht eingeräumt, das Werk zu dem Zweck zu verwenden, zu dem es in Auftrag gegeben wurde. Welche Befugnisse dem Auftraggeber übertragen werden, ist, ebenso wie bei der ausdrücklichen Einräumung eines Werknutzungsrechts (ÖBl 1982, 52 - Hiob; ÖBl 1993, 184 - Kostümentwürfe = MR 1993, 187 - Salzburger Marionetten mit Anm von Walter), im Zweifel nach dem praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung zu bestimmen. Ist der Auftrag für den Auftraggeber nur sinnvoll, wenn er allein berechtigt ist, das Arbeitsergebnis zu verwenden, dann schließt der zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zustande gekommene Vertrag die Einräumung eines Werknutzungsrechtes mit ein.

Dem Beklagten ist daher auch dann nicht geholfen, wenn er mit der graphischen Gestaltung des "Anpfiff" ein Werk iS des Urheberrechtsgesetzes geschaffen hat. Auch in diesem Fall ist allein die Klägerin berechtigt, das Werk des Beklagten zu verwenden, wäre die von ihr in Auftrag gegebene graphische Gestaltung doch wertlos, könnte ein Mitbewerber ein gleich gestaltetes Fußballmagazin herausgeben; auch in diesem Fall ist das Arbeitsergebnis des Beklagten daher, was seine weitere Verwendung betrifft, für diesen ein "fremdes" Arbeitsergebnis.

Mit der Versendung der ersten Ausgabe des "Anpfiff" zur Vorbereitung seiner eigenen Tätigkeit als Herausgeber eines Fußballmagazins hat der Beklagte demnach versucht, die Güte der von ihm geplanten Zeitschrift ausschließlich durch Gleichsetzung mit den Eigenschaften eines fremden Produktes zu beweisen. Er hat dadurch den guten Ruf der Klägerin ausgebeutet, den sich diese durch einen Aufwand an Mühe und Kosten erworben hat. Daß er die erste Ausgabe des "Anpfiff" graphisch (jedenfalls mit)gestaltet hat, vermag sein Verhalten nicht zu rechtfertigen (s ÖBl 1992, 16 - Rohrverschraubungen). Der Beklagte hat ein fremdes Produkt als Werbemittel für die von ihm geplante Zeitschrift eingesetzt. Dies hat das Rekursgericht zu Recht als unzulässige anlehnende Werbung beurteilt.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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