OGH 9ObA171/94

OGH9ObA171/9412.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions‑ und Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Franz Murmann als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Friedrich M*, Angestellter, * und 2.) Rudolf Z*, Angestellter, *beide vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt *, vertreten durch Dr.Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen zu 1.) S 233.453,60 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 236.000,‑‑) und zu 2.) S 178.923,20 brutto sA und Feststellung (Streitwert S 234.000,‑‑), infolge Revision der beklagten Partei und Rekurses der klagenden Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 6.Mai 1994, GZ 34 Ra 29/94‑17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichtes Wien vom 9.November 1993, GZ 8 Cga 186, 187/93‑10, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:E36953

 

Spruch:

Dem Rekurs der Kläger wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Revision der beklagten Partei zum Teil Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die in ihrem Punkt 2 als Teilurteil bestätigt werden, werden auch in den Punkten 1 (zur Gänze), 3, 4, 6 und 8 aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird im Umfang der gesamten Aufhebung an das Prozeßgericht erster Instanz zur Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisions‑ und Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Beide Kläger sind bei der beklagten Partei als Angestelle beschäftigt. Der Erstkläger war seit 1.2.1978 Organisationsreferent im Bereich der Lebensversicherung der Landesdirektion Niederösterreich. Der Zweitkläger übt diese Funktion (in der Sparte "Leben") seit 1.6.1980 aus. Ihre Arbeitsverhältnisse unterliegen dem Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmungen, Innendienst (KVI). Im Zuge einer Umstellung der Verkaufsstruktur ab 1.7.1992 bot ihnen die beklagte Partei an, einen neuen Dienstvertrag abzuschließen, der dem Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmungen, Außendienst (KVA) unterliegen sollte. Beide Kläger lehnten die angebotene Änderung ab. Mit Schreiben vom 25.6.1992 ordnete die beklagte Partei die Versetzung der Kläger mit Wirkung vom 1.7.1992 an. Der Erstkläger kam in den Innendienst der Betreuungsorganisation Personenversicherung und der Zweitkläger vorerst in den Innendienst der Verkaufsabteilung Makler. Mit Schreiben vom 28.6.1993 wurde der Zweitkläger neuerlich versetzt; auch er kam in den Bereich Personenversicherung. Der Betriebsrat hatte diesen Versetzungen gemäß § 101 ArbVG nicht zugestimmt; eine ersatzweise Zustimmung durch das Gericht wurde von der beklagten Partei bisher nicht begehrt.

Mit den vorliegenden, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehren die Kläger

1.) Zahlung von S 233.453,60 brutto sA (Erstkläger) und S 178.923,20 brutto sA (Zweitkläger) an bisher entgangenem Entgelt und die

Feststellungen:

2.) daß sie nicht verpflichtet seien, die aufgrund der Versetzungen angeordneten Dienste im Innendienst der Betreuungsorganisation Personenversicherung zu leisten,

und daß die beklagte Partei verpflichtet sei, ihnen auch in Zukunft in bisheriger Höhe

3.) eine Anteilsprovision, wertgebunden an die Prämiensteigerungen im Lebensversicherungsbereich der beklagten Partei, zu zahlen,

4.) eine Anteilsprovision für den Verkauf von Kombi‑Produkten bestehend aus Lebensversicherung und Bausparen, wertgebunden an die Prämiensteigerung der jeweiligen verkauften Produkte, zu zahlen,

5.) die Remuneration für die Erfüllung der internen Zielvorgaben im jeweils aktuellen Ausmaß bei Erreichen des Ziels zu zahlen,

6.) einen Zuschuß zur rabattierten KFZ‑Haftpflicht‑ und Kaskoprämie in der jeweils firmenintern festgelegten Höhe zu gewähren,

7.) Diäten zu zahlen, und

8.) den Autoparkplatz der Außendienstmitarbeiter in der Landesdirektion Niederösterreich kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Sie brachten dazu vor, daß sie die angebotene Änderung des Dienstvertrages abgelehnt hätten, weil die kollektivvertragliche Absicherung nach dem KVI mit jener des KVA nicht vergleichbar sei. Sowohl die Kläger als auch der Betriebsrat hätten gegen die vertragsändernde und verschlechternde Versetzung protestiert. Der neue Arbeitsplatz sei völlig unadäquat und erfordere nur einfachste Büroarbeiten. Die beklagte Partei zahle die aufgezählten Entgelte nicht mehr aus und verweigere die genannten Begünstigungen, die sie an ihrem früheren Arbeitsplatz gehabt hätten. Die Versetzung sei nicht rechtswirksam geworden. Die Kläger hätten zwar ihren Dienst am neuen Arbeitsplatz unter Protest angetreten, doch seien sie berechtigt, ihre Ansprüche im bisherigen Ausmaß geltend zu machen.

Für die akquisitorische Unterstützung der unterstellten Mitarbeiter hätten sie seit 1.2.1978 (Erstkläger) bzw seit 26.6.1980 (Zweitkläger) eine Anteilsprovision nach den Firmenrichtlinien erhalten. Diese Provisionen hätten im Jahresschnitt zumindest S 7.000,‑- brutto pro Monat (Erstkläger) bzw S 6.000,‑- brutto pro Monat (Zweitkläger) betragen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätten sie diese Anteilsprovisionen auch in Hinkunft verdient. Die beklagte Partei sei daher nicht nur verpflichtet, die bisher aufgelaufenen Beträge zu zahlen, sondern diese Provisionen auch in Zukunft zu gewähren.

Im Rahmen ihrer Dienstverpflichtung seien die Außendienstmitarbeiter der beklagten Partei auch verhalten, sogenannte Kombi‑ oder Tandemprodukte der beklagten Partei und der A* Bausparkasse * (ABV) ‑ seit 1.1.1993 des R*verbandes - zu verkaufen. Von der ABV hätten sie dafür pro Quartal rund S 6.000,‑- brutto erhalten. Die beklagte Partei habe auch für diesen Entgeltentfall aufzukommen, weil sie die Kläger einseitig und rechtswidrig daran gehindert habe, die ihnen zustehenden Anteilsprovisionen von der ABV‑Versicherung bzw des R*verbandes zu verdienen. Darauf, daß es sich dabei formell um Leistungen Dritter handle, komme es nicht an.

An Diäten und Taggeldern hätten die Kläger im Schnitt S 3.500.‑- pro Monat bis S 4.000,‑- pro Monat (Erstkläger) bzw S 3.000,‑- pro Monat (Zweitkläger) erhalten. Diesen Diäten sei Entgeltfunktion zugekommen (§ 12 AngG). Die Kläger seien nicht gewillt, deren Entgang für die Zukunft hinzunehmen, da es sich dabei nicht um Aufwandsentschädigungen gehandelt habe.

Bisher hätten die Kläger im Rahmen von sogenannten "Auslobungen" Remunerationen für Zielerfüllungen erhalten, die im letzten Jahr rund S 12.000,‑- brutto (Erstkläger) bzw rund S 5.000,‑- (Zweitkläger) betragen hätten. Auch diese Remunerationen seien durch die rechtswidrige Versetzung weggefallen. Bei gleichbleibendem Gang der Geschäfte wären die Remunerationen weiter angefallen. Die beklagte Partei sei daher verpflichtet, derartige Remunerationen auch in Hinkunft zu gewähren.

Die beklagte Partei habe den Klägern bis 1.7.1992 einen Zuschuß zu den rabattierten Haftpflicht‑ und Kaskoprämien in Höhe von S 4.726,80 (Erstkläger) bzw S 4.161,60 (Zweitkläger) pro Halbjahr für die Kraftfahrzeuge gezahlt. Dieser Zuschuß sei in jeweiliger Höhe für die Außendienstarbeiter firmenintern festgelegt. Der Anspruch der Kläger auf den Zuschuß sei auch nach der Versetzung weiterhin gegeben.

Aufgrund der Versetzung seien die Kläger nicht mehr befugt, den Parkplatz für Außendienstmitarbeiter zu benützen. Damit sei ihnen ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis einseitig entzogen worden, so daß das Vorgehen der beklagten Partei rechtswidrig sei.

Darüber hinaus sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt, daß die Kläger zu den ihnen nunmehr zugewiesenen Arbeiten nicht verpflichtet seien. Die neuen Tätigkeiten seien in ihrer Qualifikation mit der Arbeit eines Organisationsreferenten nicht vergleichbar. Die Kläger seien auf einfachste Bürotätigkeiten verwiesen worden und hätten völlig untergeordnete Tätigkeiten zu verrichten. Dazu seien sie aber dienstvertraglich nicht verpflichtet, zumal ihr ursprüngliches Aufgabengebiet nicht weggefallen sei. Die beklagte Partei ziehe aber dafür nur mehr Dienstnehmer heran, die einen sogenannten "Außendienstvertrag" unterfertigt hätten.

Die beklagte Partei beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Die Aufgabe der Kläger als Organisationsreferenten habe darin bestanden, die Außendienstmitarbeiter beim Akquirieren in der Sparte Lebensversicherung theoretisch und praktisch zu unterstützen. Da sie besondere Fachkenntnisse im Bereich der Lebensversicherung besitzen, hätten sich die Außendienstmitarbeiter an sie mit Fragen gewendet oder sie bei den Fach‑ und Betreuungsgesprächen mit Kunden beigezogen; dies insbesondere deshalb, weil sie eine sofortige Berechnung von Lebensversicherungsverträgen hätten durchführen können. Dafür hätten die Kläger auch pro abgeschlossen Vertrag eine Anteilsprovision erhalten. Im Zuge der Umstellung der Verkaufsstruktur ab 1.7.1992 sei die Position eines Organisationsreferenten weggefallen; die Kläger hätten nicht mehr in dieser Stellung belassen werden können. Es sei ihnen daher schon im März 1992 die dem KVA unterliegende Tätigkeit eines Außendienstfachbetreuers angeboten worden. Diese Position hätte auch organisatorisch eine erhebliche Höherstellung bewirkt. Einerseits wäre mit dieser Neufunktion, die allerdings einer aktiven Bereitschaft und großer Motivation bedurft hätte, auch eine Betreuung und Beratung von Außendienstmitarbeitern in den Bereichen Unfall‑ und Krankenversicherung verbunden gewesen, und andererseits hätte sie auch die Führung und Anleitung dieser Mitarbeiter umfaßt. Bei Annahme des Angebots hätten die Kläger weiterhin das erhöhte Innendienstgehalt und den über dem Hebesatz gelegenen gleichen Superprovisionssatz erhalten und es wären ihnen die günstigeren Fristen des § 17 KVI im Krankheitsfall gewährt geblieben. Dieses Angebot, das mit einer umfassenden Schulung verbunden gewesen wäre, hätten die Kläger abgelehnt.

Ihr nunmehriger Aufgabenbereich sei mit ihrer bisherigen Tätigkeit durchaus vergleichbar. Der Erstkläger sei im Bereich der Versicherungssparte Leben wie bisher mit der Führung der Außendienstfachmitarbeiter betraut. Er habe weiterhin Lebensversicherungsverträge zu berechnen und in der Beantwortung von Anfragen sein diesbezügliches Wissen an die Außendienstmitarbeiter weiterzugeben. Der Zweitkläger sei in die den Versicherungssparten Leben und Sachversicherung entsprechende Verkaufsorganisation für Makler eingegliedert und habe für die Geschäftsausweitung im Maklerbereich Sorge zu tragen. Auch er habe eine umfangreiche Beratungstätigkeit zu entfalten. Da die nunmehrige Tätigkeit der Kläger eine reine Innendiensttätigkeit sei, sei ein Begleiten der Außendienstmitarbeiter nicht mehr erforderlich. Ihre Position habe sich nicht verschlechert, sondern eher verbessert; ihnen stünden im Zuge der bevorstehenden Umstrukturierung des Innendienstes die gleichen Karrieremöglichkeiten offen wie den anderen Innendienstmitarbeitern. Eine verschlechternde Versetzung liege demnach nicht vor. Die Kläger seien verpflichtet, die geforderten Dienstleistungen zu erbringen.

Gemäß § 6 Abs 2 KVI seien Zulagen worunter auch die Anteilsprovisionen oder die mit der Haltung von Kraftfahrzeugen verbundenen Leistungen fielen, von der Verwendung an einem bestimmten Arbeitsplatz abhängig und könnten bei Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz jederzeit eingestellt werden. Den Klägern sei dennoch trotz des Wegfalls der Stelle eines Organisationsreferenten die Weiterzahlung einer aus dem Jahresdurchschnitt errechneten monatlichen Pauschalvergütung von S 6.000,‑- (Erstkläger) bzw S 5.600,‑- (Zweitkläger) angeboten worden. Die Kläger hätten aber jegliche Vergleichsangebote abgelehnt.

Im Dienstvertrag mit den Klägern sei kein Verkauf von ABV‑Produkten vorgesehen gewesen. Die Kläger hätten von der A* Bausparkasse * lediglich im Einzelfall in Form einer Auslobung Remunerationen dafür erhalten, daß sie die Außendienstmitarbeiter zum Verkauf von ABV‑Produkten neben denen der beklagten Partei animierten. ABV‑Produkte würden nicht mehr verkauft; Leistungen der beklagten Partei für diesen Verkauf hätten die Kläger nie erhalten. Ein Ersatz für aufgrund freiwilliger Tätigkeit der Kläger von dritter Seite geleistete Remunerationen im Einzelfall komme für die beklagte Partei nicht in Frage. Diesbezüglich ermangle es der passiven Klagelegitimation.

Die Diäten seien lediglich Aufwandsersatz für notwendige Dienstreisen gewesen und kein Entgelt. Ihre Abrechnung sei mittels Reiserechnung erfolgt und sie seien nicht versteuert worden.

Bei den von den Klägern genannten Auslobungen handle es sich um einmalige besondere Prämierung von Mitarbeitern, zu denen die beklagte Partei nicht dauernd verpflichtet sei. Bei entsprechender Leistung könnten die Kläger auch in ihrem neuen Tätigkeitsbereich mit Prämierungen für besondere Leistung und Karrieresprüngen rechnen. Diäten für besondere Leistungen im Zusammenhang mit den Kraftfahrzeugen seien mit der früheren Tätigkeit der Kläger verbunden gewesen; damit sei lediglich der tatsächliche Aufwand abgegolten worden. Dieser Aufwand sei nunmehr mit der Funktion weggefallen.

Die durch die Kraftfahrzeuge bewirkte dienstliche Mobilität der Kläger sei nicht mehr erforderlich. Für die Außendienstmitarbeiter stünden nur zehn Gemeinschafts(kurz)parkplätze zur Verfügung, die für die im Außendienst tätigen Mitarbeiter dringend erforderlich seien. Der dienstliche Bedarf der Kläger an solchen Parkplätzen sei durch ihren Funktionswechsel weggefallen.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte fest:

Die Kläger haben sämtliche im Spruch angeführten Leistungen in der dortigen Höhe bezogen. Aufgrund ihrer Versetzung erhalten sie diese Leistungen (Punkte 3‑8) nicht mehr.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß eine verschlechternde Versetzung der Kläger im Sinne des § 101 ArbVG erfolgt sei. Mangels Zustimmung des Betriebsrats sei diese Versetzung unwirksam. Da die Versetzung keine Rechtswirkungen äußern könne, seien die Kläger so zu stellen, wie sie zuvor gestanden seien. Ihnen stünden daher sämtliche Ansprüche zu, die sie vordem gehabt hätten. Hinsichtlich der Provisionen aus dem Verkauf von Kombi‑Produkten handle es sich zwar formell um Leistungen Dritter. Die Kläger seien aber dienstlich verpflichtet gewesen, diese Kombi‑ oder Tandemprodukte zu vertreiben. Es habe eine vertragliche Vereinbarung zwischen der beklagten Partei und dem Dritten bestanden. Dessen Leistungen seien daher aufgrund dieser Vereinbarung dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Gemäß § 12 AngG gebühre dem Angestellten eine angemessene Entschädigung, wenn ihn der Arbeitgeber vertragswidrig daran hindere, Provisionen oder Taggelder (Diäten) zu verdienen. Auch wenn es sich bei diesen Leistungen um wenigstens teilweisen Aufwandersatz handle, sei die beklagte Partei verpflichtet, diese Leistungen weiter zu gewähren, weil sie die Kläger durch die Versetzung der Möglichkeit beraubt habe, Diäten anfallen zu lassen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Punkt 1 soweit dem Erstkläger ein Betrag von S 157.453,60 brutto und dem Zweitkläger ein Betrag von S 125.923,20 brutto zuerkannt wurde und in den Punkten 2, 3, 4, 6 und 8 als Teilurteil. Im übrigen sowie in den Punkten 5 und 6 hob es das erstgerichtliche Urteil auf; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich der Feststellungsbegehren jeweils den Betrag von S 50.000,‑- übersteige und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts hinsichtlich der Unwirksamkeit der Versetzung der Kläger, da diese zu einer Verschlechterung der Entgeltbedingungen geführt habe. Es sei daher bedeutungslos, ob auch eine Verschlechterung der sonstigen Arbeitsbedingungen eingetreten oder ob die Neuverwendung als gleichwertig anzusehen sei.

In der Berufung werde nicht behauptet, daß keine Kombi‑Produkte mehr angeboten würden. Die beklagte Partei kooperiere ab 1.1.993 mit dem R*verband und biete eine Kombination von Lebensversicherung und Bausparen an. Entspreche aber das Anbieten von Kombi‑Produkten der Marktstrategie der beklagten Partei, liege der Mitverkauf der Bausparverträge im Interesse der beklagten Partei. Zufolge der Kooperation mit der Bausparkasse könne die beklagte Partei nicht damit argumentieren, der Bausparanteil des Produkts stamme nicht von ihr. Die daraus erfließenden Provisionen seien Arbeitsentgelt im weiteren Sinn.

Da der Prämienzuschuß und der Parkplatz den Klägern auch im Rahmen der privaten Nutzung ihrer Kraftfahrzeuge zugutegekommen sei, hätten diese Leistungen Entgeltcharakter. Das Verfahren sei aber hinsichtlich der Remunerationen (Punkt 5) und der Diäten (Punkt 7) noch nicht spruchreif. Es stehe nicht fest, daß zumindest die Wahrscheinlichkeit bestehe, daß die Kläger die firmeninternen Zielvorgaben auch künftig erfüllen könnten, wären sie nicht durch die Versetzung von der Teilnahme an der Auslobung augeschlossen. Diese Frage bedürfe noch einer Erörterung mit den Parteien. Bei den Diäten sei noch zu prüfen, ob diese im Einzelfall den reinen Spesenersatz überstiegen hätten. Nur Diäten, die über den reinen Spesenersatz hinausgingen, komme Entgeltcharakter zu. Diese Unterscheidung sei auch für den Leistungszuspruch von Bedeutung.

Gegen diese Entscheidung richten sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei und der Rekurs der Kläger. Die Kläger beantragen, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß in der Sache selbst im Sinne der noch offenen Klagebegehren erkannt werde. Die beklagte Partei beantragt, das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern, daß die Klagebegehren abgewiesen werden. Beide Teile stellen hilfsweise Aufhebungsanträge.

Beide Teile begehren in ihrer Revisionsbeantwortung bzw Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

 

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt keine, der Revision hingegen teilweise Berechtigung zu.

Zur Revision der beklagten Partei:

Die Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz unter Außerachtlassung der arbeitsvertraglichen und betriebverfassungsrechtlichen Schranken ist gesetzwidrig und unwirksam. Für die arbeitsvertragliche Beurteilung der Versetzung ist dabei nicht entscheidend, ob die Versetzung iSd § 101 ArbVG verschlechternd ist, sondern ob sie durch den Inhalt des Arbeitsvertrages gedeckt ist (Arb 10.472). Aus der bloßen Tatsache einer längeren Verwendung des Arbeitnehmers an einem bestimmten Arbeitsplatz kann nämlich noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß sich der Aufgabenkreis des Arbeitnehmers nunmehr allein auf diese Arbeiten beschränkt hätte (vgl Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 I 128; Arb 8451; infas 1992 A 146 ua). Gerade bei unkündbaren (definitiven) Arbeitsverhältnissen darf das Weisungsrecht des Arbeitgebers bezüglich der Verwendung des Arbeitnehmers nicht zu eng begrenzt werden, da auch der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw der Definitivstellung redlicherweise nicht damit rechnen durfte, daß er bei einer Änderung der Umstände ein arbeitsloses Einkommen beziehen werde (Arb 8451; DRdA 1993/43 [Mosler] mwH ua). Gemäß § 6 Abs 1 KVI ist die Direktion berechtigt, den Angestellten andere Arbeiten zuzuweisen. Die Arbeitnehmer haben im Rahmen des § 6 Abs 3 KVI allerdings einen Anspruch darauf, in der gleichen Verwendungsgruppe und zu den gleichen Gehaltsbedingungen verwendet zu werden (DRdA 1993/56 [Trost] mwH).

Mit ihren Behauptungen, es liege gar keine verschlechternde Versetzung vor, weil sich die Position der Kläger ohnehin verbessert habe, diese hätten denselben Aufgabenbereich wie früher und seien weiterhin mit der Führung von Außendienstmitarbeiter betraut, bezieht sich die Revisionswerberin auf die arbeitsvertragliche Zulässigkeit der Versetzung. Dazu haben die Vorinstanzen zu Recht keine Feststellungen getroffen. Die beklagte Partei räumt selbst ein, daß ihre an die Kläger gerichteten Angebote mit dem Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit verbunden gewesen wären; einem solchen Wechsel wollten die Kläger aber nicht zustimmen, da ihre Absicherung nach dem KVI mit jener des KVA (Verlust des Kündigungsschutzes) nicht vergleichbar sei. Die Frage, ob die Versetzung der Kläger durch den Arbeitsvertrag und den darauf einwirkenden Kollektivvertrag gedeckt ist, kann jedoch im vorliegenden Fall auf sich beruhen.

Für die betriebsverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Versetzung macht es nämlich keinen Unterschied, ob die Versetzung direktorial oder vertragsändernd erfolgte (vgl Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 § 6 Erl 1; Arb 10.472 ua). Ist die dauernde Einreihung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz mit einer Verschlechterung der Entgelt‑ oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden, bedarf sie gemäß § 101 ArbVG zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats. Die Weisung des Arbeitgebers oder die Vertragsänderung, welche die Änderung des Arbeitsplatzes bewirken soll, wird durch die Zustimmung des Betriebsrats rechtlich erst erlaubt. Fehlt sie, liegt ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vor und der Arbeitnehmer kann sich gegen die unzulässige Versetzung, unabhängig davon, ob diese durch noch so wichtige Gründe gerechtfertigt ist, zur Wehr setzen (vgl Schrammel zu ZAS 1977/15, 108; Martinek aaO 144 f; Arb 9034, 9409, 9838, 10.472; DRdA 1993/56 = infas 1993 A 80 mwH; infas 1994 A 26 uva). Er hat einen Anspruch darauf, die Weiterzahlung des "bisherigen Entgelts" zu fordern und kann die Feststellung begehren, daß er zur Arbeit in der neuen Stellung nicht verpflichtet ist (vgl B.Schwarz in Cerny/Haas‑Laßnigg/B.Schwarz, ArbVG 3, § 101 Erl 2, 161; Arb 7739, 8480 ua). Eine dauernde Versetzung ist bereits dann verschlechternd, wenn nur eines der beiden Kriterien des § 101 ArbVG (Entgelt‑ oder sonstige Arbeitsbedingungen) vorliegt, wenn also der Arbeitnehmer nach der Versetzung weniger verdient als vorher (vgl Floretta/Strasser, ArbVG2 § 101 Anm 16; B.Schwarz aaO 163 f mwH; Arb 9430, 9798 ua). Dies ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Fall.

Durch die Überstellung in den reinen Innendienst haben die Kläger ihre Anteilsprovisionen für die akquisitorische Unterstützung der unterstellten Mitarbeiter und aus dem Verkauf von Kombi‑ oder Tandemprodukten zur Gänze verloren. Diese Provisionen waren mit ihrem alten Arbeitsplatz verbunden und werden seit der Versetzung nicht mehr gewährt. Da der Verkauf der Kombi‑Produkte auf der Kooperation mit einer Bausparkasse beruht und Teil der Marktstrategie der beklagten Partei ist (Lebensversicherung und Bausparvertrag), hat die beklagte Partei im Rahmen der synallagmatischen Beziehung selbst eine Verpflichtung gegenüber den Klägern übernommen und den Nutzen aus deren Tätigkeit gezogen. Der Wert der dadurch eingeräumten zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit ist daher ebenfalls als arbeitsrechtliches Entgelt anzusehen; davon, daß die beklagte Partei diese zusätzliche Verdienstmöglichkeit außerhalb ihrer Sphäre lediglich geduldet hätte, kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein (vgl Krejci in Rummel2 ABGB, § 1152 Rz 12 mwH; Schwarz/Löschnigg, ArbR4 246; Arb 9464, 10.891 ua). Die Frage der Lohnsteuer ‑ bzw Sozialversicherungspflicht kann zwar ein Indiz für die Qualifikation von Leistungen Dritter als arbeitsrechtliches Entgelt sein, sie ist wegen der Verschiedenheit der Voraussetzungen dafür aber kein ausschlaggebendes Kriterium (vgl infas 1994/3, 4 ff). Wie die beklagte Partei selbst einräumt, ist den Klägern eine Mitwirkung am Verkauf dieser Kombi‑Produkte nicht mehr möglich. Darauf, daß die Kläger allenfalls Bausparkassenprodukte allein verkaufen könnten, kommt es nicht an.

Mit ihren Ausführungen zu § 101 ArbVG verkennt die Revisionswerberin den Sinn und Zweck des betriebsverfassungsrechtlichen Versetzungsschutzes. Dieser soll den Arbeitgeber lediglich an einem willkürlichen Vorgehen hindern. Sachlich gerechtfertigte Versetzungen können durch diese Bestimmung keineswegs verhindert werden. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung, kann sie durch Urteil des Gerichts ersetzt werden. Das Gericht hat diesfalls eine Interessenabwägung zwischen der Verschlechterung der Entgelt‑ oder sonstigen Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers und der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers an der Versetzung vorzunehmen (vgl Schwarz aaO 168). Da die beklagte Partei bisher nicht einmal den Versuch unternahm, dieses betriebsverfassungsrechtliche Verfahren anzustrengen, kann sie sich nicht darauf berufen, das Konzept des § 101 ArbVG sei unsachlich und verfassungswidrig. Ihre Hinweise sind jedenfalls nicht geeignet, Bedenken gegen die Verfassungskonformität aufzuzeigen.

Soweit die Revision gegen die Feststellung der (betriebsverfassungsrechtlichen) Unwirksamkeit der Versetzungen gerichtet ist, kommt ihr daher keine Berechtigung zu. Die Kläger begehren aber auch die Feststellung, daß ihnen der Höhe nach bestimmte Entgelte auch in Zukunft zustehen sollen. Ihr Anspruch auf Weiterzahlung des "bisherigen Entgelts" kann aber nicht allein darauf begründet werden, daß die Kläger zuletzt Provisionen in bestimmter Höhe bezogen hätten, die nunmehr weggefallen seien. Bei Provisionen ist für die Bemessung der Höhe des Schadenersatzes im Fall einer rechtsunwirksamen Versetzung vielmehr jene Provision heranzuziehen, die aufgrund der fiktiven Leistungsmöglichkeit während der Versetzung hätte erzielt werden können (vgl Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 § 12 Erl 7 mwH). Die Schwierigkeit bei der fiktiven Provisionsermittlung liegt ua darin, daß Provisionen zwar von der Leistung des Arbeitnehmers, aber auch von der Markt‑ und Geschäftslage abhängig sind; sie sind somit erfolgsgebunden. Dieser Erfolg besteht in Geschäftsvermittlungen bzw Geschäftsabschlüssen (9 ObA 603/93 mwH). Dazu brachten die Kläger vor, daß sie die Anteilsprovisionen und die Provisionen aus dem Verkauf von Kombi‑Produkten nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge auch in Zukunft verdient hätten. Die Höhe des festzustellenden Ersatzes für den Entgang dieser Provisionen hängt daher von einer Prognose ab, wieviel die Kläger nach ihrer Versetzung ins Verdienen hätten bringen können. Dieser wesentliche Umstand ist den bisherigen Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Erstgericht wird das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.

Der Revsionswerberin ist weiter beizupflichten, daß die Feststellungen der Vorinstanzen nicht ausreichen, um beurteilen zu können, inwieweit die Zuschüsse zur rabbattierten KFZ‑Haftpflicht‑ und Kaskoprämie sowie die Einräumung eines Parkplatzes (Kurzparkplatzes ?) nur einem Aufwandsersatz für die vormalige Außendiensttätigkeit der Kläger darstellen. Die beklagte Partei brachte dazu vor, daß diese Leistungen allein zum Zwecke der dienstlichen Mobilität der Kläger in ihrer früheren Außendiensttätigkeit erforderlich gewesen seien. Für die Außendienstmitarbeiter stünden insgesamt nur 10 Gemeinschafts(kurz)parkplätze zur Verfügung, die für diese Mitarbeiter dringend erforderlich seien. Dazu und zum Aufwandscharakter der Zuschüsse hat aber das Erstgericht keinerlei Feststellungen getroffen. Insofern wird das Verfahren ebenfalls noch zu ergänzen sein.

Zum Rekurs der Kläger:

Während sich die Prognose über die fiktive Leistungsmöglichkeit der Kläger bei gleichbleibenden Voraussetzungen immerhin noch an einem über längere Zeit ermittelten Provisionsdurchschnitt orientieren kann (SozM III E 485 ff), handelt es sich bei den sogenannten Remunerationen für Zielerfüllung um fallweise Auslobungergebnisse für bestimmte längere Zeiträume. Diese Remunerationen sind davon abhängig, daß auch in Hinkunft derartige Vorgaben erfolgen und eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Erfüllung der firmeninternen Zielvorgaben besteht. Zur Erfolgsabhängigkeit, die schon für die Anteilsprovisionen charakteristisch ist, tritt hinsichtlich der Remunerationen für Zielerfüllung noch ein erheblicheres aleatorisches Element. Es kommt dabei nicht nur auf die Leistungen der Arbeitnehmer, sondern auch auf die Unternehmensstrategie und wiederum auf die Markt‑ und Geschäftslage an (9 ObA 603/93). Das Erstgericht stellte auch dazu lediglich fest, daß die Kläger diese Leistungen nicht mehr erhalten. Es fehlen aber Feststellungen, daß die beklagte Partei weiterhin solche Auslobungen durchführt und die Kläger die Remunerationen auch in Zukunft in gleichbleibender Höhe erhalten hätten.

Es fehlt auch jegliche Feststellung, inwieweit den gewährten Diäten die von den Klägern behauptete und von der beklagten Partei bestrittene Entgeltfunktion zugekommen ist. Beim Entgang von Taggeldern (Diäten) zufolge einer rechtsunwirksamen Versetzung muß vorerst eine rechnerische Trennung des echten Entgelts und der eigentlichen Spesenvergütung vorgenommen werden. Das Entgelt ist sodann mit jenem Betrag zu bemessen, der nach Abzug dessen, was die Kläger zufolge Unterbleibens der Reisetätigkeit nicht aufwenden mußten, verbleibt (vgl Martinek aaO, § 12 Erl 7 mwH). Das Verfahren erweist sich sohin auch in diesem Punkt ergänzungsbedürftig.

Die Kostenentscheidung ist in § 52 Abs 1 und 2 iVm § 392 Abs 2 ZPO begründet.

 

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