OGH 9ObA177/94(9ObA178/94)

OGH9ObA177/94(9ObA178/94)12.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Franz Murmann als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Rainer S*****, Hotelier, ***** vertreten durch Dr.Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Helmuth R*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Karl Bollmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 78.836,30 s.A. (20 Cga 55/92) und S 207.884,58 brutto abzüglich S

21.971 netto sowie Haftungsfreistellung (Streitwert S 900.000) [20 Cga 73/92]; Revisionsinteresse S 900.000, infolge Revision der widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Mai 1994, GZ 32 Ra 165/93-13, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4.Februar 1993, GZ 20 Cga 55/92-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das in den Punkten 1 bis 3 als unangefochten unberührt bleibende Ersturteil im übrigen hinsichtlich der Punkte 4 und 5 mit der Einschränkung wiederhergestellt wird, daß die Leistungsfrist zu Punkt 4 2 Monate beträgt.

Der Kläger und Widerbeklagte ist schuldig, dem Beklagten und Widerklagenden die mit S 36.694,53 (darin enthalten S 6.115,75 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 46.455,-

(darin enthalten S 3.742,50 USt und S 24.000,- Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte und Widerkläger (im folgenden als Beklagter bezeichnet) war vom 18.10.1990 bis 31.12.1991 beim Kläger und Widerbeklagten (im folgenden als Kläger bezeichnet) als Hotelmanager angestellt. Das Dienstverhältnis endete durch einvernehmliche Lösung. Im Zusammenhang mit der Ruder-WM im Jahr 1991 war die Errichtung eines Restaurants "Zum Paulaner" auf der Donauinsel geplant. Die S***** Bräu-AG gewährte dem Kläger einen Kredit, zu dessen Sicherstellung eine Bankgarantie notwendig war. Weil sie dem Kläger infolge Überziehung des Kreditrahmens nicht mehr gewährt wurde und, der Beklagte am Erfolg des Unternehmens wirtschaftlich interessiert war, erklärte sich dieser bereit, die Haftung zu übernehmen und seine Eigentumswohnung in Kitzbühel als Sicherheitsleistung zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde aber zunächst lediglich die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung im Grundbuch eingetragen. Die Rückzahlung des Kredites sollte durch Gutschrift von 12 % des Lieferumsatzes erfolgen. Als 1991 kein Gewinn erzielt wurde und der Kredit nicht zurückgezahlt werden konnte, wurde das Pfandrecht einverleibt. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten war vereinbart, daß der Kläger den Beklagten möglichst schnell aus der Haftung gegenüber der Bank entlassen sollte.

In der Widerklage begehrt der Beklagte den Kläger schuldig zu erkennen, alle Handlungen zu unternehmen, um den Beklagten aus der Haftung gegenüber der E***** Spar-Casse-Bank aus der Haftungsvereinbarung vom 27. und 28.5.1991, Kontonummer *****, Verrechnungskontonummer ***** zu befreien. In eventu sei der Kläger schuldig, sofort eine Erklärung der E***** Spar-Casse-Bank beizubringen, wonach der Beklagte gegenüber der genannten Bank aus allen Haftungen der genannten Haftungsvereinbarung entlassen sei.

Der Kläger bestritt eine Verpflichtung zur Haftungsbefreiung.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens, weil die vereinbarte Haftungsbefreiung nicht erfolgt sei und der Kläger nicht alles unternommen habe, diese Haftungsfreistellung zu erreichen.

Das Berufungsgericht wies dieses Klagebegehen und das Eventualbegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß ohne Zustimmung der E***** Spar-Casse-Bank eine Entlassung aus der Haftung nicht erfolgen könne. Die notwendige Mitwirkung eines Dritten schließe aber eine Exekution nach § 354 EO aus. Eine Exekutionsführung nach § 353 EO müsse daran scheitern, daß keine materiellrechtliche Verpflichtung des Klägers zur vorzeitigen Bezahlung der Schuld gegenüber dem Kreditgeber bestehe. Die Schaffung eines Exekutionstitels durch den der Verpflichtete mehr belastet würde als durch die zugrundeliegende materiellrechtliche Vereinbarung sei ebenso unzulässig wie die Schaffung eines nichtvollstreckbaren Exekutionstitels.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Haftungsfreistellungsbegehren in eventu dem Eventualbegehren stattgegeben werde.

Die klagende Partei stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Ein Begehren auf Befreiung von im einzelnen bestimmten Schulden, ob es nun auf einem Vertrag oder auf Artikel 7 Nummer 15 Abs 4 der 4. EVHGB beruht, entspricht den Bestimmtheitserfordernissen nach § 226 ZPO (Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß 143; SZ 19/203; HS 1370/90). Das Begehren ist nämlich ausreichend bestimmt, wenn sich bei Berücksichtigung des Ort- und Sprachgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs entnehmen läßt, zu welcher Leistung der Beklagte verpflichtet ist (GesRZ 1988, 229; ÖBl 1991, 105; 4 Ob 159/93). Der Zusatz im Klagebegehren, der Kläger sei schuldig alle Handlungen zu unternehmen, um den Beklagten aus der Haftung für die bestimmt bezeichnete Verbindlichkeit zu befreien, nimmt dem auf Befreiung von einer im einzelnen bezeichneten Verbindlichkeit gerichteten Leistungsbegehren nicht seine Bestimmtheit, weil es sich dabei nur um die dem Kläger überlassene und vom Beklagten nicht beeinflußbare Art und Weise handelt, wie er die Haftungsbefreiung, zu der er vertraglich verpflichtet ist, herbeiführen will (Ertl in Rummel ABGB2 Rz 3 zu § 1404; SZ 19/203; 5 Ob 239/71; 7 Ob 551/79).

Die Haftungsbefreiung ist daher Vertragserfüllung. Es handelt sich um eine rein intern zwischen dem Kläger und dem Beklagten wirkende (SZ 56/117) Belastungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB, deren Durchsetzbarkeit mit Klage auf Befreiung von der Haftung gegeben ist (SZ 19/203; HS 1370/90; 7 Ob 551/79, 1 Ob 581/80).

Ob diese interne Schuldübernahme auch vom Gläubiger als Dritten akzeptiert wird, hängt von seiner Zustimmung ab, hat aber auf die Wirksamkeit der intern wirkenden Schuldübernahme keinen Einfluß. Die Haftungsbefreiung ist auch ausschließlich vom Willen des Klägers abhängig und kann von einem Dritten nicht vorgenommen werden, weil nur dem Kläger die Wahl der Mittel zusteht, den Beklagten aus seiner Verbindlichkeit zu befreien, sodaß einer Exekutionsbewilligung nach § 354 EO kein Hindernis entgegensteht (EvBl 1962/378; JBl 1978, 157; JBl 1986, 257).

Ohne Bedeutung ist, daß das Berufungsgericht die Feststellung über den Fälligkeitszeitpunkt "bis Ende Oktober 1991" nicht übernommen hat, weil jedenfalls die "möglichst schnelle" Haftungsbefreiung vereinbart war, was der Erfüllung nach Möglichkeit und Tunlichkeit entspricht. Die in diesem Falle nach Billigkeit festzusetzende Erfüllungszeit (§ 904 ABGB) war zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz am 7.2.1993 abgelaufen, sodaß die Fälligkeit des Anspruches des Beklagten eingetreten war. Im Hinblick auf die zur Haftungsbefreiung erforderlichen Handlungen war gemäß § 409 Abs 2 ZPO von Amts wegen eine Leistungsfrist von zwei Monaten zu bestimmen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO iVm § 43 Abs 2 ZPO.

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