OGH 1Ob603/94

OGH1Ob603/9411.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj.Christian K*****,***** und mj.Martin K*****, *****vertreten durch Dr.Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in Ybbs, wider die beklagte Partei Margareta F*****, vertreten durch Dr.Klaus P.Hofmann und Dr.Ulrike Koller, Rechtsanwälte in Melk, wegen je S 35.000,-- sA infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 4.Mai 1994, GZ R 274/94-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Ybbs vom 20.Jänner 1994, GZ C 877/92 -26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beiden minderjährigen Kinder begehrten die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzengeldes von je S 35.000,-- sA und brachten hiezu vor, sie hätten von dieser auf einem Bauernmarkt Mehlspeisen gekauft und seien infolge deren Genusses an einer schweren Salmonellenvergiftung erkrankt.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht wies die beiden Begehren ab und sprach aus, daß eine Revision jedenfalls unzulässig sei.

Die Kläger erhoben dessenungeachtet gegen dieses Urteil gemeinsam eine "außerordentliche" Revision und führten zur Begründung deren Zulässigkeit unter anderem aus, maßgeblich sei der gesamte Gegenstand der berufungsgerichtlichen Entscheidung, der an Geld S 50.000,-- übersteige.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel der Kläger ist nicht zulässig.

Die Revision ist - abgesehen von den in § 502 Abs 3 ZPO angeführten Streitigkeiten, zu welchen dieser Rechtsstreit zweifellos nicht zählt - gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt. Gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie - unter anderem - von mehreren Personen erhoben werden, die Streitgenossen gemäß § 11 Z 1 ZPO sind. Diese Zusammenrechnung ist auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgeblich (§ 55 Abs 5 JN).

Ob demnach die von den beiden Klägern (in gleicher Höhe) geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen sind, womit erst der für die Zulässigkeit der Revision maßgebliche Schwellenwert des § 502 Abs 2 ZPO überschritten würde, hängt davon ab, ob die beiden Kläger als materielle oder bloß als formelle Streitgenossen (§ 11 Z 1 bzw Z 2 ZPO) anzusehen sind. Materielle Streitgenossen (§ 11 Z 1 ZPO) wären sie nur dann, wenn sie in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind, formelle Streitgenossen dagegen (§ 11 Z 2 ZPO), wenn gleichartige, auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Grund beruhenden Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Da die Kläger untereinander nicht in Rechtsgemeinschaft stehen und auch nicht (bloß) solidarisch berechtigt sind, käme materielle Streitgenossenschaft daher nur dann in Betracht, wenn sie aus demselben tatsächlichen Grund berechtigt wären, wenn sie demnach ihre Ansprüche aus einem für sie insgesamt als einheitlich zu beurteilenden Sachverhalt, somit aus demselben tatsächlichen Grund, also einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt ableiteten (GesRZ 1991, 101 ua; Fasching, LB2 Rz 371).

Das trifft aber bei mehreren aus demselben Schadensereignis geschädigten Personen nicht zu (ZVR 1986/20 ua), sodaß deren Ansprüche bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zusammenzurechnen sind (ZVR 1987/27 ua), müssen doch die Anspruchsvoraussetzungen bei jedem der Geschädigten gesondert geprüft werden. Im vorliegenden Fall hat jeder der beiden Kläger bei der Beklagten für sich ein näher bezeichnetes Gebäck gekauft und gegessen, sodaß von demselben tatsächlichen Grund, also einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt keine Rede sei kann. Es liegt vielmehr ein gleichartiger tatsächlicher Grund vor, an den aber nur die formelle Streitgenossenschaft geknüpft sein kann, bei der die geltend gemachten Ansprüche, soweit es um die Zulässigkeit der gemeinsam ausgeführten Revision geht, daher nicht zusammengerechnet werden dürfen.

Mit Rücksicht auf die Höhe der beiden eingeklagten Ansprüche (je S 35.000,--) ist deshalb die Revision der Kläger gemäß § 502 Abs 2 ZPO iVm § 55 Abs 1 und 5 JN als unzulässig zurückzuweisen.

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