OGH 10ObS196/94

OGH10ObS196/944.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Robert Letz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Pulkrab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maximilian S*****, Bankangestellter, *****, vertreten durch Dr. Hans Lehofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Feststellung der Berufsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Mai 1994, GZ 8 Rs 4/94-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 13. Oktober 1993, GZ 33 Cgs 132/92-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 22.6.1992 wurde der Antrag des Klägers vom 7.4.1992 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gemäß § 271 ASVG abgewiesen. Trotz des nach zwei Herzinfarkten bestehenden Zustandsbildes sei seine Arbeitsfähigkeit nicht so weit herabgesunken, daß die Ausübung einer Tätigkeit, die ihm bei Berücksichtigung der Ausbildung und der bisherigen Berufslaufbahn zugemutet werden könne, nicht mehr möglich wäre. Außerdem sei er am Stichtag 1.5.1992 in der Pensionsversicherung nach dem ASVG pflichtversichert gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren, ihm die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß "ab dem beantragten Zeitraum" (gemeint offenbar ab 1.5.1992) zu gewähren.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 28.7.1993 schränkte der Kläger - offenbar im Hinblick darauf, daß er noch in einem Dienstverhältnis stand - sein Klagebegehren auf die Feststellung der Berufsunfähigkeit ab 1.5.1992 ein.

Das Erstgericht erkannte mit Urteil das Begehren des Klägers auf Leistung der Berufsunfähigkeitspension ab 1.5.1992 dem Grunde nach als zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte zu einer vorläufigen Zahlung. Der am 16.8.1942 geborene Kläger könne wegen verschiedener krankheitsbedingter Beeinträchtigungen nur mehr leichte Arbeiten verrichten und mangels Fingerfertigkeit sowie der dabei nötigen Zwangshaltung keine Computerarbeiten und keine Maschinschreibarbeiten verrichten. Arbeiten in forciertem Tempo könne er nur bis zur Hälfte des Arbeitstags leisten, Arbeiten in gebückter, stehender oder sitzender Zwangshaltung müsse er auf ein Viertel und Hebearbeiten um ein Drittel der Tagesarbeit kürzen. Er verfüge über eine qualifizierte kaufmännische Ausbildung, habe einen einjährigen Fachkurs an der Handelsakademie sowie eine zweijährige Handelsschule besucht und seit 1.2.1960 bei einer Sparkasse gearbeitet, in den letzten 10 Jahren als Geschäftsstellenleiter-Stellvertreter mit Schwerpunkt Kreditbearbeitung in der Gruppe IV des Gehaltsschemas. Diesem Beruf könne er ebensowenig entsprechen wie etwa den Berufen eines Kreditsachbearbeiters, Bankkassiers oder Schalterbediensteten. Bei diesen Tätigkeiten seien Maschinen mit Tastaturen zu bedienen wie Rechenmaschinen, Schreibmaschinen und EDV-Geräten, dazu sei der Kläger wegen der Einschränkung seiner Fingerfertigkeit nicht mehr in der Lage.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Kläger sei nicht in der Lage, seinen erlernten Beruf oder Verweisungstätigkeiten auszuüben, weshalb er berufsunfähig und sein Pensionsbegehren gerechtfertigt sei. Die Einschränkung des Klagebegehrens auf Feststellung der Berufsunfähigkeit wird im Urteil des Erstgerichtes mit Stillschweigen übergangen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Ausspruch über das Zurechtbestehen eines Leistungsanspruchs auf Berufsunfähigkeitspension und über die vorläufige Zahlung ersatzlos aufhob und die im Urteil enthaltene Entscheidung über das Feststellungsbegehren dahin abänderte, daß es dieses Feststellungsbegehren abwies. Seit der Einschränkung des Klagebegehrens auf Feststellung der Berufsunfähigkeit hätte nur über dieses Begehren verhandelt und entschieden werden dürfen. Wenngleich der Bescheid der Beklagten über ein Pensionsleistungsbegehren abgesprochen habe, sei in einem solchen Begehren ein Feststellungsbegehren als Minus enthalten. Unter solchen Umständen könne die Klage gegen einen Leistungsbescheid auf Feststellung der Berufsunfähigkeit eingeschränkt werden, ohne das dadurch der Rechtsweg unzulässig werde. Berechtigt sei die Verfahrensmängelrüge der Beklagten insofern, als das Erstgericht über ein Leistungsbegehren entschieden habe, obwohl das Klagebegehren auf Feststellung der Berufsunfähigkeit eingeschränkt worden sei. Dadurch werde eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet, die in der Berufung geltend gemacht werde und zur ersatzlosen Behebung des diesbezüglichen erstgerichtlichen Ausspruches führen müsse. Mit der im stattgebenden Sinn erfolgten Entscheidung des Erstgerichts über das Pensionsleistungsbegehren sei implizit über das Begehren auf Feststellung der Berufsunfähigkeit und damit über die Vorfrage entschieden worden, ob Berufsunfähigkeit des Versicherten bestehe. Diese Frage habe das Erstgericht ebenfalls im bejahenden, also stattgebenden Sinn entschieden. Eine solche Entscheidung sei zufolge der ausdrücklichen Norm des § 273 a ASVG nur in der Zeit ab 1.4.1991 zulässig. Es handle sich um eine Feststellungsklage besonderer Art, die entgegen den allgemeinen Regeln für Feststellungsklagen über die Berufsunfähigkeit als Vorfrage des Bestehens einer Pensionsberechtigung zulässig gewesen sei. Diese Zulässigkeit sei bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung am 13.10.1993 nicht mehr gegeben gewesen, weil § 273 a ASVG ab 1.7.1993 wieder aufgehoben worden sei (51. ASVG-Novelle). Die bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung anzuwendenden allgemeinen Regeln über Feststellungsklagen ermöglichten jedoch keine stattgebende Erledigung, weil die Vorfrage eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig sei. Dazu komme, daß auch für die Zeit vor dem 1.7.1993 kein Feststellungsinteresse mehr bestehen könne, weil die in der Klagseinschränkung vom 28.7.1993 liegende Rückziehung des Leistungsantrages einen Pensionsbezug für die Zeit vor dem 1.7.1993 nicht mehr ermögliche. Dies habe die Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung und die Abweisung des Feststellungsbegehrens zur Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Zunächst steht der Kläger auf dem Standpunkt, ungeachtet der Einschränkung seines Klagebegehrens auf ein Feststellungsbegehren hätte ihm mit Leistungsurteil die Berufsunfähigkeitspension zuerkannt werden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach § 82 Abs 1 ASGG hat die Klage in Sozialrechtssachen ein unter Bedachtnahme auf die Art des erhobenen Anspruchs hinreichend bestimmtes Begehren zu enthalten. Abs. 2 dieser Bestimmung ergänzt, daß ein von einem Versicherten erhobenes Begehren auch dann hinreichend bestimmt ist, wenn es auf Leistungen bzw. die Feststellung von Versicherungszeiten "im gesetzlichen Ausmaß" gerichtet ist. Bei einem auf Leistung gerichteten Begehren ist die Angabe eines bestimmten Geldbetrages nicht erforderlich (Abs. 3). Ein Begehren "im gesetzlichen Ausmaß" ist nach Abs. 4 so zu verstehen, daß es auf das für den Versicherten Günstigste gerichtet ist. All diese, die Klagsführung in Sozialrechtssachen erleichternden Normen ändern aber nichts daran, daß auch das ASGG zwischen Leistungs- und Feststellungsklagen streng unterscheidet. So wird im § 65 Abs 2 ausdrücklich gesagt, daß auch Klagen auf Feststellung unter den Abs. 1 dieser Gesetzesstelle fallen, in der die Sozialrechtssachen aufgezählt sind. Als Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechts gilt demnach auch diejenige, daß eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits(Dienst)Unfalls oder einer Berufskrankheit ist (§ 367 Abs 1 ASVG). Ein auf einen Arbeits(Dienst)Unfall oder eine Berufskrankheit gestütztes Leistungsbegehren schließt nach § 82 Abs 5 ASGG das Eventualbegehren auf Feststellung ein, daß die geltend gemachte Gesundheitsstörung Folge eines Arbeits(Dienst)Unfalls oder einer Berufskrankheit ist, sofern darüber nicht schon abgesprochen worden ist. Die Umwandlung eines Leistungsbegehrens in ein Feststellungsbegehren ist an sich grundsätzlich eine Klagseinschränkung und demnach nicht als Klagsänderung anzusehen (§ 235 Abs 4 ZPO); dies gilt freilich nur dann, wenn das Feststellungsbegehren zeitlich und umfangmäßig nicht über den mit der Leistungsklage geltend gemachten Anspruch hinausgeht (SZ 46/81; RZ 1987/18; SSV-NF 3/50; 5/26). Hingegen liegt in der Umwandlung eines Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren stets eine Klagsänderung, die nur unter den Voraussetzungen des § 235 ZPO zulässig ist. Ohne eine solche Klagsänderung kann jedoch auf ein Feststellungsbegehren hin nicht zur Leistung verurteilt werden (ZBl 1925/107), selbst wenn etwa während des Feststellungsprozesses die Klagbarkeit der Leistung eintritt (ZBl 1921/101; dazu Fasching, Komm III 71). Die Erledigung eines Feststellungsbegehrens mit einem Leistungsurteil stellt einen Verstoß gegen § 405 ZPO dar, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist.

Der Kläger kann auch nicht die frühere Bestimmung des § 273 a ASVG für die Richtigkeit seiner Auffassung ins Treffen führen. Diese Bestimmung wurde durch das SRÄG 1991, BGBl. 157 geschaffen und hatte folgenden Wortlaut: "Insoweit in einem Verfahren auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nicht entschieden worden ist, weil der (die) Versicherte am Stichtag (§ 223 Abs 2) entweder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz oder in der Pensionsversicherung nach dem GSVG oder in der Pensionsversicherung nach dem BSVG pflichtversichert ist ..., ist er (sie) berechtigt, einen Antrag auf Feststellung der Berufsunfähigkeit zu stellen, über den der Versicherungsträger in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden hat". Eine ähnliche Bestimmung bestand für die Feststellung der Invalidität (§ 255 a ASVG). Der Senat hat dazu ausgesprochen, daß die Feststellung der Invalidität (Berufsunfähigkeit) gegenüber dem Begehren auf Zahlung der entsprechenden Pension ein Minus ist und daß es der späteren Geltendmachung des Feststellungsbegehrens nicht entgegensteht, daß der Sozialversicherungsträger mit dem angefochtenen Bescheid nur über den Pensionsleistungsantrag abgesprochen und der Kläger dagegen vorerst nur eine Leistungsklage erhoben hat (SSV-NF 7/14). Die Bestimmungen der §§ 255 a und 273 a ASVG wurden jedoch bereits durch das SRÄG 1993, BGBl 335, mit Wirkung vom 1.7.1993 wieder aufgehoben. Im Zuge der Pensionsreform sollte auch die der Pension schon immer innewohnende Ersatzfunktion für das weggefallene Erwerbseinkommen stärker zum Ausdruck gebracht werden. Dies sollte in der Weise geschehen, daß bestimmte Leistungsteile nur bei Nichtvorhandensein von Erwerbseinkommen gebühren. Damit erübrigten sich die bisherigen Vorschriften über die Versicherungspflicht am Stichtag bzw. über die Entziehung der Pension während einer bestimmten Zeit nach der Zuerkennung (932 BlgNR 18. GP 48). Der Gesetzgeber meinte, daß der Anspruch auf eine Leistung unabhängig von einem weiter erzielten Erwerbseinkommen bei Eintritt eines Versicherungsfalles (zB Invalidität) in voller Höhe nicht nur dem Versicherungprinzip widerspreche, sondern auch dem Sozialprinzip, weil dadurch nicht der Lebensstandard gesichert, sondern erhöht werde. Die bisherigen Bedingungen für den Anfall einer Pension, nämlich keine Erwerbstätigkeit am Stichtag bzw. in einer gewissen Zeit nach dem Stichtag, hätten dieses Problem nicht ausreichend lösen können. Daher solle zwischen der nach dem Versicherungsprinzip auf jeden Fall zustehenden Leistung aufgrund der eingezahlten Beiträge und der notwendigen Leistung zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit getrennt werden. Dies werde bei den Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit dadurch erreicht, daß der Zurechnungszuschlag nur dann in voller Höhe gebühre, wenn kein Erwerbseinkommen erzielt werde. Die Pension auf Grund des Steigerungsbetrages gebühre aber als Versicherungsleistung auf jeden Fall unabhängig von einem weiter erzielten Erwerbseinkommen; die komplizierte Stichtagsregelung entfalle (932 BlgNR 18. GP 35).

Bezweckten nun die Bestimmungen der §§ 255 a und 273 a ASVG nur die Schaffung der Möglichkeit, durch eine entsprechende Antragstellung vor Auflösung des Dienstverhältnisses eine Klärung der Frage der Anspruchsvoraussetzungen der Invalidität und Berufsunfähigkeit herbeizuführen (nochmals SSV-NF 7/14), dann wurden die Bestimmungen aber durch die Pensionsreform 1993, wonach der Nichtbestand einer Pflichtversicherung am Stichtag seit 1.7.1993 keine Anspruchsvoraussetzung für die Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen ist, überflüssig (SSV-NF 7/129) und deshalb mit 1.7.1993 aus dem Rechtsbestand gestrichen (Art I Z 85 und 103 des SRÄG 1993). Daß in dem neu eingefügten § 551 ASVG (Abs 1 Z 2) normiert ist, die § 255 a und 273 a würden mit 1.7.1993 in Kraft treten, ist ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, weil nur gemeint sein kann, daß das Außerkrafttreten dieser Bestimmungen mit 1.7.1993 wirksam wurde.

Daraus folgt aber, daß die Einschränkung des Klagebegehrens auf das Feststellungsbegehren im vorliegenden Rechtsstreit zu einer Zeit erfolgte (nämlich am 28.7.1993), zu der § 273 a ASVG gar nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte. Daher trifft die in der Revision vertretene Ansicht nicht zu, daß die Klagseinschränkung auf Grund des § 273 a ASVG nicht nur zulässig, sondern auch notwendig gewesen wäre. Zielführend wäre es vielmehr etwa gewesen, das Leistungsbegehren auf den Stichtag 1.7.1993 einzuschränken und so einerseits der geänderten Rechtslage, andererseits der noch immer bestehenden Versicherungspflicht nach dem ASVG Rechnung zu tragen. Kein Zweifel kann aber darin bestehen, daß das Erstgericht nach erfolgter Klagseinschränkung nicht mehr befugt war, die Pension in einem Leistungsurteil zuzuerkennen.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers bestand aber auch keine Möglichkeit, dem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Aus dem Grundsatz der sukzessiven Kompetenz (dazu Kuderna, ASGG 357 mwN) ergibt sich, daß die Sozialgerichte nur dann über ein Feststellungsbegehren entscheiden können, wenn die Bestimmungen über das Verfahren vor den Versicherungsträgern eine entsprechende (feststellende) Entscheidung in Leistungssachen vorsehen. Da bei der Entscheidung über ein Feststellungsbegehren nicht auf einen (in der Vergangenheit liegenden) Stichtag, sondern immer auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist, muß auch die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens in diesem Zeitpunkt geprüft werden; im gerichtlichen Verfahren daher zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Ob allenfalls im konkreten Fall das Feststellungsbegehren im Zeitpunkt der Einbringung der Klage zulässig gewesen wäre, ist nicht entscheidend. Gegen einen Nachteil des Klägers durch eine Gesetzesänderung während des anhängigen Verfahrens bietet § 86 ASGG ausreichend Schutz; diese Bestimmung ermöglicht in Sozialrechtssachen eine weitgehende Änderung der Klage. Wohl sieht § 65 Abs 2 ASGG grundsätzlich die Möglichkeit von Feststellungsklagen vor, doch ist die Zulässigkeit der Geltendmachung von Feststellungsbegehren in dem oben eingeschränkten Sinn zu verstehen. Dafür sprechen vorerst die Gesetzesmaterialien (zitiert bei Kuderna aaO 365 Anm 13 und bei Feitzinger/Tades ASGG 91 Anm 10 zu § 65), die ausdrücklich darauf hinweisen, daß solche Klagen (gemeint Feststellungsklagen) die Einrichtung eines vergleichbaren (vorgeschalteten) "Verwaltungsverfahrens" voraussetzen. Es wird nicht darauf abgestellt, ob ein solches "Verwaltungsverfahren" im Einzelfall abgeführt wurde oder zur Zeit der Führung dieses Verfahrens eine feststellende Entscheidung vorgesehen war, sondern es muß im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im "Verwaltungsverfahren" eine entsprechende Einrichtung vorgesehen sein. Nur damit kann eine Harmonisierung der beiden Verfahren erzielt werden. Die feststellende Entscheidung des Gerichtes ist regelmäßig die Grundlage für weitere Entscheidungen im Leistungsverfahren vor dem Versicherungsträger. Es könnte daher durchaus zu Problemen in diesem Verfahren führen, wenn eine feststellende Entscheidung des Gerichtes für einen Zeitpunkt getroffen wird, zu dem das Leistungsverfahren eine solche nicht mehr vorsah.

Für die Ansicht, daß ein Feststellungsbegehren bei Gericht nur gestellt werden kann, wenn eine entsprechende Entscheidung im Leistungsverfahren vorgesehen ist, spricht auch § 96 Z 7 ASGG. Mit dieser Bestimmung wurde § 367 ASVG dahin geändert, daß nunmehr auch die Feststellung, daß eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit ist, in den Katalog der Fälle aufgenommen wurde, über die jedenfalls ein Bescheid zu erlassen ist. Die Gesetzesmaterialien (zitiert bei Kuderna aaO 469 Anm 8 und bei Feitzinger/Tades aaO 126 Anm 5) führen dazu aus, daß diese Ergänzung zur Verwirklichung des mit § 65 Abs 2 letzter Satzund § 82 Abs 5 ASGG verfolgten Anliegens im Hinblick auf die - ein vorgeschaltetes "Verwaltungsverfahren" voraussetzende - sukzessive Gerichtskompetenz erforderlich gewesen sei. Den Ausführungen Faschings (in Tomandl, SV-System 7. ErgLfg 734 f), der die Zulässigkeit der Feststellungsklage in Sozialrechtssachen primär an § 228 ZPO mißt und dem § 65 Abs 2 ASGG nur die Bedeutung zumessen will, daß in diesem Fall das rechtliche Interesse nicht mehr zu prüfen sei, vermag der Senat aus den oben dargestellten Gründen nicht zu folgen. Bei Erhebung einer Feststellungsklage in Sozialrechtssachen ist in erster Linie zu prüfen, ob das für den Versicherungsträger maßgebliche Verfahren eine feststellende Entscheidung vorsieht (wie etwa in den §§ 247 a, 367, 255 a bzw 273 a je aF ASVG). Ist dies - wie hier - nicht der Fall, dann ist das Feststellungsbegehren aus diesem Grund abzuweisen, ohne daß es einer Prüfung der Voraussetzungen des § 228 ZPO bedürfte. Es kann daher auch auf sich beruhen, ob das vorliegende Feststellungsbegehren nicht schon deshalb unzulässig wäre, weil der Kläger mit einem Leistungsbegehren auf den Zuspruch künftiger Pensionsleistungen das strittige Rechtsverhältnis vollständig klären hätte können (SZ 58/175; SSV-NF 4/131).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenersatz an den unterlegenen Kläger nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

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