OGH 6Ob596/94(6Ob597/94)

OGH6Ob596/94(6Ob597/94)22.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei M***** AG, ***** vertreten durch Dr.H.Peter Draxler, Rechtsanwalt in Wien, wider die Gegnerin der gefährdeten Partei Z***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Johannes Hock sen. und jun., Rechtsanwälte in Wien, wegen einstweiliger Verfügung (Streitwert S 500.000,-), infolge der Revisionsrekurse der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Leoben 1.) vom 18.Jänner 1994, GZ R 13/94-16 und 2.) vom 5.Mai 1994, GZ R 341/94-27, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Neumarkt

1.) vom 20.Dezember 1993, GZ C 652/93 s-13, aufgehoben und 2.) vom 10. Februar 1994, GZ C 652/93 s-19, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß vom 18.1.1994 wird zurückgewiesen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

2.) Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluß vom 5.5.1994 wird nicht Folge gegeben.

Beide Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriftsätze selbst zu tragen, die gefährdete Partei jedoch nur vorläufig.

Text

Begründung

Mit einstweiliger Verfügung vom 17.9.1993 wurde der Gegnerin der gefährdeten Partei aufgetragen, sämtliche Codes zur Lösung der ab 16.9.1993 angedrohten Datumssperren sowie sonstiger Blockaden einer bestimmten Produktionsanlage sofort bekanntzugeben. Die einstweilige Verfügung wurde "bis zur Einbringung einer den Hauptanspruch klärenden Klage, längstens aber bis 31.12.1993" erlassen und ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schriftsatz vom 17.12.1993 begehrte die gefährdete Partei die Verlängerung der Wirksamkeit dieser einstweiligen Verfügung bis 30.6.1994, weil es bisher nicht möglich gewesen sei, den mit der einstweiligen Verfügung beabsichtigten Zweck, nämlich die Bekanntgabe der Codes zu erreichen, weil Rekursen der Antragsgegnerin gegen die bewilligten Exekutionen aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluß vom 20.12.1993 ab. Das Rekursgericht hob mit Beschluß vom 18.1.1994 diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung durch Überprüfung, ob die Rechtfertigungsklage rechtzeitig bis 31.12.1993 erhoben worden sei, auf.

Im zweiten Rechtsgang verlängerte das Erstgericht mit seinem Beschluß vom 10.2.1994 die Wirksamkeitsdauer der einstweiligen Verfügung bis zum 30.6.1994.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei keine Folge. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Verlängerung einer einstweiligen Verfügung sei zulässig; die gefährdete Partei habe im Verlängerungsantrag nur zu behaupten und zu bescheinigen, daß sie innerhalb der ihr gesetzten Frist den durch die einstweilige Verfügung beabsichtigten Zweck nicht habe erreichen können. Ein weiteres Erfordernis für die Bewilligung der Verlängerung sei allerdings der Nachweis der rechtzeitigen Klageeinbringung, soferne die einstweilige Verfügung vor Einleitung des Rechtsstreites bewilligt und ein Auftrag im Sinne des § 391 Abs 2 erster Satz EO erteilt worden sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Dem Gesetz sei entgegen der Ansicht der Gegnerin der gefährdeten Partei nur zu entnehmen, daß die Klage rechtzeitig eingebracht werden, nicht auch, daß der Nachweis der Einbringung - der im vorliegenden Fall erst nach dem Endzeitpunkt der einstweiligen Verfügung durch Vorlage einer Gleichschrift der rechtzeitig beim internationalen Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft erbracht wurde - innerhalb der verfügten Frist erfolgen müsse, soferne dies in der einstweiligen Verfügung nicht ausdrücklich angeordnet sei.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei, weil die schon längere Zeit zurückliegende Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Verlängerung der Wirksamkeitsdauer von einstweiligen Verfügungen, insbesondere zum Nachweis der Klagseinbringung, wenig umfangreich und einem Wandel unterworfen gewesen sei.

1.) Zum Revisionsrekurs gegen den Aufhebungsbeschluß vom 18.1.1994

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 527 Abs 2 ZPO, der nach §§ 402 und 78 EO auch im Exekutionsverfahren über einstweilige Verfügungen anzuwenden ist, ist gegen einen Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem ein Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und diesem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, ein Rekurs nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat. Da ein solcher Ausspruch über die Zulässigkeit hier nicht vorliegt, ist der Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes unanfechtbar. Der dennoch erhobene Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen, weil sie in ihrem Schriftsatz auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen hat und ihr Schriftsatz daher auch im Falle eines Obsiegens im Rechtfertigungsprozeß nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Zum Rekurs gegen den Beschluß vom 5.5.1994

Dem Revisionsrekurs kommt keine Berechtigung zu.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Frist, für welche die einstweilige Verfügung bewilligt worden ist, auf Antrag verlängert werden kann, wenn der angestrebte Zweck innerhalb des ursprünglich festgesetzten Zeitraumes nicht erreicht werden konnte. Der Verlängerungsantrag muß noch innerhalb der Laufzeit der ersten einstweiligen Verfügung gestellt werden. Eine Fristverlängerung ist auch nicht möglich, wenn die Rechtfertigungsklage verspätet oder bei einem unzuständigen Gericht eingebracht worden ist und von diesem zurückgewiesen wurde (SZ 51/13; EvBl 1965/10 ua).

Wenn eine einstweiligen Verfügung wie hier vor Einleitung des Prozesses bewilligt wird, ist gemäß § 391 Abs 2 erster Satz EO im Beschluß eine angemessene Frist für die Einbringung der Klage zu bestimmen. Nach vergeblichem Ablauf der Frist ist die getroffene Verfügung auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben. Daraus folgt zunächst, daß die einstweilige Verfügung keineswegs durch den fruchtlosen Ablauf der Rechtfertigungsfrist von selbst erlischt, sondern daß es hiezu einer auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmenden ausdrücklichen Beschlußfassung über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung bedarf, die allerdings bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend zu erfolgen hat. Die einstweilige Verfügung ist selbst dann aufzuheben - und kann daher nicht mehr verlängert werden -, wenn die gefährdete Partei erst nach Ablauf der Rechtfertigungsfrist, obwohl vor dem Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung oder vor der amtswegigen Erlassung des Aufhebungsbeschlusses die zur Rechtfertigung dienende Klage eingebracht hat. § 391 Abs 2 EO verfolgt somit den Zweck, die gefährdete Partei durch Androhung der Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu zwingen, die zur Geltendmachung des behaupteten Anspruches notwendige Klage in möglichst kurzer Zeit anzubringen, damit die durch die einstweilige Verfügung geschaffene Lage unverzüglich einer Klärung zugeführt wird. Aus dem klaren Wortlaut des § 391 Abs 2 EO kann aber nur abgeleitet werden, daß die rechtzeitige Einbringung der Rechtfertigungsklage zur Abwendung der Aufhebung der einstweiligen Verfügung erforderlich ist, nicht aber, daß - sofern der Beschluß, mit dem die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, nicht eine ausdrückliche Fristbestimmung auch für den Nachweis der Klagseinbringungen enthält - auch der Nachweis nur innerhalb der für die Einbringung der Klage gesetzten Frist erfolgen kann. Eine solche Gleichsetzung zwischen der Einbringung der Klage und dem Nachweis der Klagseinbringung ist weder durch den klaren Gesetzeswortlaut noch durch die Materialien gedeckt. Der erkennende Senat hat diese Rechtsansicht (vgl hiezu auch Hodik in ÖJZ 1984, 14) bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 680, 681/79 vertreten und sich dort eingehend mit den - zum Teil nur scheinbar - abweichenden Meinungen (SZ 24/240; Heller-Berger-Stix 2849) auseinandergesetzt.

Im vorliegenden Fall wurde in der einstweiligen Verfügung nur eine Frist zur Einbringung der Klage, nicht auch für den Nachweis der Klagseinbringung gesetzt. Zum Zeitpunkt des Antrages auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung war die Frist für die Klagseinbringung noch nicht abgelaufen. Die Rechtfertigungsklage wurde rechtzeitig vor Ablauf der Frist beim internationalen Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft erhoben, wenn auch der urkundliche Nachweis hierüber dem Erstgericht erst nach Fristablauf vorgelegt wurde. Dieses hat, der Rechtsansicht des Rekursgerichtes im Aufhebungsbeschluß folgend, dem Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung, zu Recht stattgegeben, weil die weitere Voraussetzung, nämlich die Behauptung und Bescheinigung, daß innerhalb der gesetzten Frist der durch die einstweilige Verfügung angestrebte Zweck nicht erreicht werden konnte, vorlag.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf § 393 Abs 1 EO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte