OGH 9ObA142/94

OGH9ObA142/9414.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Walter Zeiler und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt P*****, Omnibusfahrer, ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei ***** Verkehrsbetriebe AG, ***** vertreten durch Dr.Lisbeth Lass und Dr.Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert S 200.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.April 1994, GZ 5 Ra 59/94-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.Dezember 1993, GZ 43 Cga 242/93-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

9.900 (darin S 1.650 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Vereinbarung einer (kurzfristigen) Weiterbeschäftigung gegenüber dem Verzicht auf die Einrede der kollektivvertraglichen Unkündbarkeit für den Fall der neuerlichen Kündigung für den Kläger im Sinne des § 3 Abs 1 ArbVG günstiger war, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß sie mit ihren Ausführungen, der Feststellungklage fehle das rechtliche Interesse, weil der Kläger bereits eine Klage auf Anfechtung der Kündigung gemäß § 105 ArbVG eingebracht habe, die diesbezüglichen Voraussetzungen verkennt. Eine Kündigungsanfechtung ist nicht auf die Feststellung gerichtet, daß das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Voraussetzung der Anfechtung gemäß § 105 ArbVG ist vielmehr, daß eine nach zivilrechtlichen Grundsätzen rechtswirksame Kündigung vorliegt. Diese rechtswirksame Kündigung kann im Wege der Anfechtung rechtsgestaltend für unwirksam erklärt werden. Ist die Kündigung des Arbeitgebers nach zivilrechtlichen Grundsätzen aber ohnehin rechtsunwirksam, kommt eine Anfechtung gemäß § 105 ArbVG von vorneherein nicht in Betracht (vgl Floretta-Strasser, ArbVG2 § 105 Anm 2). Die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung ist mit Feststellungklage geltend zu machen; die darüber ergehende Entscheidung ist deklarativ, da sie nur feststellt, wie die Rechtslage ist (vgl Fasching ZPR2 Rz 1072). Anfechtungsklage und Feststellungklage haben somit ein völlig verschiedenes Rechtsschutzziel, so daß entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht davon ausgegangen werden kann, die Anfechtungsklage biete bereits alles, was mit den Feststellungsbegehren angestrebt werde.

Es geht auch nicht darum, ob der Kläger auf bereits entstandene Ansprüche wirksam hätte verzichten können, sondern darum, ob die am 22.3.1993 vergleichsweise geschlossene Vereinbarung im Sinne der zwingenden Wirkung des § 3 Abs 1 ArbVG für den Kläger günstiger war als die in § 11 DBO normierte Unkündbarkeit des Arbeitsverhältnisses. Zur Frage des zwingend anzustellenden Günstigkeitsvergleichs hat aber die stets qualifiziert vertretene beklagte Partei in erster Instanz nichts vorgebracht. Ihre Einwendungen beschränkten sich dazu im wesentlichen auf die Behauptung, daß der Kläger auf die Einrede der Unkündbarkeit verzichtet habe, um eine spätere Kündigung zu ermöglichen. Die diesbezüglichen Ausführungen im Rechtsmittelverfahren verstoßen ebenso gegen das Neuerungsverbot wie die in der Revision aufgestellten Behauptungen, die Berufung auf § 3 ArbVG sei sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben, oder der Einwand, der Kläger sei für den Betrieb ungeeignet (§ 63 Abs 1 ASGG iVm §§ 482 Abs 1 und § 504 Abs 2 ZPO; Kuderna ASGG § 63 Erl 2).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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