OGH 5Ob104/93(5Ob105/93, 5Ob106/93, 5Ob107/93)

OGH5Ob104/93(5Ob105/93, 5Ob106/93, 5Ob107/93)30.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Mag.Josef P*****, und 2. Anita P*****, beide ***** beide vertreten durch Mag.Max Klöckl, Dr.Ingeborg Stadlbauer und Dr.Martin Pölzl, Funktionäre der Mietervereinigung Österreichs, Lokalorganisation Graz, 8020 Graz, Südtirolerplatz 13, wider den Antragsgegner Mag.Karl S*****, Steuerberater, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 13. September 1993, GZ 3 R 106-109/93-52, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 30.Dezember 1992, GZ 6 Msch 16/89-49, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im übrigen als unangefochten unberührt bleiben, werden hinsichtlich der im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsteller dahin abgeändert, daß sie - einschließlich des auch von ihnen unangefochten gebliebenen stattgebenden Teiles - wie folgt zu lauten hat:

"Der Antragsgegner hat gegenüber den Antragstellern im Jahre 1987 durch anteilsmäßige Vorschreibung der Gesamtkosten von S 17.015,16 (S 15.369,26 Kosten der Wartung einer Brandmeldeanlage; S 1.645,90 Kosten einer sonstigen Versicherung) das gesetzliche Zinsausmaß überschritten."

Die Revisionsrekursbeantwortung wird, soweit sie nicht vom im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsgegner erstattet wurde, zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist Miteigentümer des Hauses *****. Mit seinen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr.1 verbunden, deren Mieter die Antragsteller sind.

Im Verfahren vor den Vorinstanzen begehrten die Antragsteller - ebenso wie die Mieter anderer Eigentumswohnungen in diesem Haus gegenüber den betreffenden anderen Wohnungseigentümern - nach vorangegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle die Feststellung, daß ihnen gegenüber im Jahre 1987 durch Vorschreibung der Kosten der Wartung und Versicherung einer Brandmeldeanlage und anderer Positionen als Betriebskosten das gesetzliche Zinsausmaß überschritten worden sei.

Das Erstgericht hat

1.) ausgesprochen, der Antragsgegner hätte im Jahre 1987 durch die Vorschreibung der Kosten für die Wartung und Versicherung der Brandmeldeanlage in der Gesamthöhe von S 20.880,46 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß in unzulässiger Weise überschritten (gemeint:

den jeweiligen Mietern der einzelnen Eigentumswohnungen gegenüber jeweils um den anteilsmäßigen Betrag), und

2.) bis 4.) einige - vom Revisionsrekursverfahren nicht mehr betroffene - Antragsgegner zur Zurückzahlung zuviel erhaltener Betriebskostenbeträge verhalten.

Dem Sachbeschluß des Erstgerichtes liegen folgende, für das Revisionsrekursverfahren (betreffend anteilsmäßige Vorschreibung der Kosten der Wartung und Versicherung der im Haus befindlichen Brandmeldeanlage als Betriebskosten gegenüber den im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragstellern, den Mietern der Wohnung top Nr.1) bedeutsame Feststellungen zugrunde:

Der Aus- und Umbau des ehemaligen Stallgebäudes auf der gegenständlichen Liegenschaft zu Wohnungen wurde von der Baubehörde nur mit der Auflage einer selbsttätigen Brandmeldeanlage bewilligt. Die Wartungskosten dieser Anlage betrugen im Jahre 1987 S 15.369,26, die Versicherungsprämie hiefür jährlich S 3.865,30. Die Brandmeldeanlage wirkt sich in keiner Weise auf die Höhe der Feuerversicherungsprämie (für das Gebäude) aus.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:

Die Aufzählung der Betriebskosten in § 21 Abs 1 MRG sei taxativ. Die Kosten der Wartung einer Brandmeldeanlage seien darin nicht als Betriebskosten vorgesehen. Ebensowenig könne daher die Versicherung einer solchen Anlage auf die Mieter überwälzt werden, zumal es sich dabei nicht um eine Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 Abs 1 MRG handle.

Sämtlichen Mieter des Hauses gegenüber sei daher das gesetzliche Zinsausmaß durch Vorschreibung eines anteilsmäßigen Betrages von S 15.369,26 (Kosten der Wartung der Brandmeldeanlage), S 3.865,30 (Kosten der Versicherung der Brandmeldeanlage) und weiteren - im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittigen - S 1.645,90 (zuviel verrechnete sonstige Versicherungsprämie), daher zusammen um S 20.880,46) überschritten worden.

Die - nicht mehr einen Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildende - Rückzahlungsanordnung sei nur soweit erfolgt, als diesbezüglich eine Erörterung mit den Parteien habe erfolgen können.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - teilweise dahin ab, daß in dessen Punkt 1. der Betrag von S 20.880,46 durch den Betrag von S 1.645,90 ersetzt wurde, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Obgleich die auf die Mieter überwälzbaren Betriebskosten im Gesetz taxativ aufgezählt seien, müsse beachtet werden, daß ein Haus lediglich dann als angemessen versichert anzusehen sei, wenn die Versicherungssumme so bemessen sei, daß sie den tatsächlichen Wertverhältnissen entspreche, daß also Gewähr dafür gegeben sei, daß die Entschädigungsleistung im Schadensfall auch den effektiven Schaden decke. Die von der Baubehörde vorgeschriebene Brandmeldeanlage sei jedenfalls Bestandteil des Hauses, wobei nach einem Eintritt des Versicherungsfalles und Neuerrichtung des Hauses auch die Neuerrichtung der Brandmeldeanlage erforderlich wäre. Der tatsächliche Schaden könne aber nur ersetzt werden, wenn die Neuerrichtung des Objektes einschließlich der Brandmeldeanlage gewährleistet sei. Dies führe dazu, daß die für die Brandmeldeanlage erforderlichen Versicherungsprämien als Betriebskosten im Sinne des § 21 Abs 1 Z 4 MRG anzusehen seien und auf die Mieter überwälzt werden könnten.

In § 21 Abs 1 Z 4 MRG werde nicht ausgesagt, daß lediglich Versicherungsprämien überwälzt werden könnten. Ob das gegenständliche Objekt ohne die von der Behörde vorgeschriebene Brandmeldeanlage überhaupt gegen Brandschaden versichert worden wäre, könne dahingestellt bleiben. Der Versicherungsvertrag sei auf Grund der Gegebenheiten jedenfalls im Zusammenhang mit dieser Brandmeldeanlage abgeschlossen worden. Es liege auf der Hand, daß sich die Gefahr eines Schadenfalles, aber auch die Gefahr der Vergrößerung eines Schadens ohne derartige Brandmeldeanlage erhöhe. Nach den allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen habe der Versicherungsnehmer nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Bei Verletzung dieser Obliegenheit werde der Versicherer von der Leistung frei, es sei denn, daß die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Die mangelnde Wartung der von der Behörde vorgeschriebenen Brandmeldeanlage und eine damit verbundene Funktionsunfähigkeit berge die Gefahr in sich, daß der Versicherer im Schadensfall Leistungsfreiheit in Anspruch nehme. Da diese Wartungsarbeiten somit im engen Zusammenhang mit der Versicherung des Hauses gegen Brandschäden stünden, seien sie als Kosten der angemessenen Versicherung des Hauses gegen Brandschäden aufzufassen und könnten sie daher auf die Mieter als Betriebskosten überwälzt werden.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil "zu der hier zu lösenden Rechtsfrage" eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des im Kopf dieser Entscheidung genannten Erstantragstellers mit dem erkennbaren Antrag, ihn dahin abzuändern, daß bezüglich der Kosten der Wartung der Brandemeldeanlage und der Versicherung dieser Anlage der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Sämtliche im Verfahren vor den Vorinstanzen beteiligten Antragsgegner begehren, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Revisionsrekursbeantwortung soweit sie nicht vom im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsgegners erstattet wurde, ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Verfahrensrecht:

Der Mieter einer Eigentumswohnung steht nur mit dem betreffenden Wohnungseigentümer als seinem Vertragspartner in Rechtsbeziehung. Entscheidungen über die Zulässigkeit des Zinsausmaßes (hier: der Überwälzbarkeit bestimmter Kosten als Betriebskosten auf den Mieter) bleiben daher auf das Rechtsverhältnis anderer Mieter zu ihrem jeweils anderen Vermieter (einer Eigentumswohnung) ohne Einfluß, und zwar auch dann, wenn Gegenstand des Verfahrens die Zulässigkeit der Verrechnung bestimmter Kosten als Betriebskosten als solche ist. Die in § 37 Abs 3 Z 2 und 3 MRG vorgesehene Parteistellung der übrigen Hauptmieter einer Liegenschaft hängt davon ab, daß ihre Interessen durch das Ergebnis des Verfahrens unmittelbar berührt werden könnten. Dies darf allerdings nicht im wirtschaftlichen, sondern nur im rechtlichen Sinn verstanden werden, sodaß die Parteistellung der anderen Hauptmieter des Hauses nur dann gegeben ist, wenn die Entscheidung ihnen gegenüber eine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung entfalten kann (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 52). Eine solche rechtliche Bindungswirkung gegenüber dem Mieter einer anderen Eigentumswohnung, der einem anderen Vermieter gegenübersteht, kann aber im Falle des Streites eines Mieters mit seinem Vermieter der Eigentumswohnung schon begrifflich nicht eintreten, mag auch der Vermieter einer Eigentumswohnung einerseits den auf den Mieter überwälzten Betriebskostenbetrag von einer internen Verrechnung zwischen den Miteigentümern nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes ableiten.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache ist daher davon auszugehen, daß es sich bezüglich jeder einzelnen Eigentumswohnung um ein selbständiges Verfahren zwischen Mieter und Vermieter handelt, unabhängig von den Mietern anderer Eigentumswohnungen gegenüber deren Vermietern.

Demgemäß war die Revisionsrekursbeantwortung, soweit sie von den Vermietern der anderen Eigentumswohnungen erstattet wurde, zurückzuweisen.

Die im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsteller sind Mitmieter einer und derselben Wohnung. Sie stehen daher diesbezüglich in Rechtsgemeinschaft. Die Erhebung des Revisionsrekurses durch einen von ihnen wirkt daher auch für den nicht widersprechenden anderen.

b) Zur Sachentscheidung:

Wie die Vorinstanzen übereinstimmend zutreffend erkannten, ist die Aufzählung der Betriebskosten in § 21 MRG eine taxative. Gemäß § 21 Abs 1 Z 4 MRG gehören dazu auch die Kosten einer angemessenen Versicherung des Hauses gegen Brandschaden. Selbst der äußerste Wortsinn, von dem jede Auslegung auszugehen hat (Koziol-Welser I9 21 unter Hinweis auf Larenz Methodenlehre 324), läßt es nicht zu, als Kosten der Versicherung auch die Wartungskosten bestimmter vorgeschriebener und tatsächlich im Haus eingebauter Einrichtungen zu verstehen, mögen sie auch der frühzeitigen Meldung eines Brandes dienen. Die Tatsache, daß eine solche Brandmeldeanlage von der Baubehörde als Auflage vorgeschrieben wurde, vermag daran nichts zu ändern. Ebensowenig wären etwa die Kosten der Wartung allenfalls vorgeschriebener Brandschutztüren oder anderer von der Baubehörde vorgeschriebene Ausgestaltungen, die das Risiko eines Brandes herabsetzen, schon deswegen allein Kosten der Feuerversicherung. Dabei handelt es sich um Kosten der Erhaltung des Hauses schlechthin. Es mag schon sein, daß dann, wenn der Hauseigentümer behördlich vorgeschriebene, dem Brandschutz dienende Einrichtungen nicht entsprechend wartet, eine Obliegenheitsverletzung seinerseits vorliegt, welche den Versicherer unter Umständen Leistungsfreiheit gewähren könnte. Dies bedeutet aber noch nicht, daß der Eigentümer als Versicherungsnehmer die Kosten, die mit einer ihn treffenden Obliegenheit verbunden sind, auf die Mieter als Betriebskosten überwälzen darf. Die Kosten der Wartung der Brandmeldeanlage stellen daher keine Betriebskosten im Sinne des § 21 Abs 1 Z 4 MRG dar.

Anders verhält es sich allerdings - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - mit den Kosten der Versicherung der Brandmeldeanlage. Diese ist Bestandteil des versicherten Gebäudes wie jeder andere Gebäudeteil auch. Sind daher die Kosten der Versicherung des Gebäudes gegen Brandschaden auf die Mieter als Betriebskosten überwälzbar, dann gilt dies auch für den auf die Brandmeldeanlage entfallenden Teil des Gebäudes. Es ist kein Grund ersichtlich, diesen Gebäudeteil anders zu behandeln.

Dem Revisionsrekurs war daher nur insoweit Folge zu geben, als das Rekursgericht unzutreffend die Kosten der Wartung der Brandschutzanlage in der Höhe von S 15.369,26 als überwälzbare Betriebskosten wertete. Es war daher im Spruch der Entscheidung, der sich nur noch auf die Mitmieter der Wohnung top Nr.1 bezieht, klarzustellen, daß die anteilsmäßige Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes durch Vorschreibung von S 17.015,16 (S 15.369,26 Kosten der Wartung der Brandmeldeanlage und weitere unbestrittene S 1.645,90 an sonstigen Versicherungsprämien) erfolgte.

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