OGH 2Ob568/94

OGH2Ob568/9425.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 11.6.1974 geborenen Ralph K*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Ralph K***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 7.Juni 1994, GZ 2 R 186/94-174, womit der Rekurs des Ralph K***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21.April 1994, GZ 14 P 2/75-170, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem außerordentlichen Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Der erstinstanzliche Beschluß wurde ua dem mittlerweile eigenberechtigten Ralph K***** durch postamtliche Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 3.5.1994 zugestellt. Seinen am 24.5.1994 zur Post gegebenen Rekurs, in welchem er ohne weiteres Vorbringen die Beschlußzustellung am 10.5.1994 behauptete, wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß als verspätet zurück, zumal der Vater des Rekurswerbers aus diesem Beschluß bereits Rechte erlangt habe. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Ralph K***** ist jedoch zulässig und berechtigt.

Gerade im außerstreitigen Verfahren sind an die Verpflichtung der Parteien zum Vorbringen und Beweis(Bescheinigungs-)anbot keine strengen Anforderungen zu legen, zumal die Gerichte in diesen Angelegenheiten gesetzlich verpflichtet sind, amtswegige Erhebungen zu pflegen oder zumindest entsprechende Belehrungen, etwa in einem Verbesserungsverfahren, zu erteilen. Nun hat der Rekurswerber selbst behauptet, daß die erstgerichtliche Entscheidung ihm erst am 10.5.1994 zugestellt wurde, sodaß sein Rechtsmittel danach fristgerecht wäre, ohne allerdings zu behaupten und zu belegen, warum er erst eine Woche nach der Hinterlegung die Sendung behob.

Gemäß § 17 Abs 1 ZustG ist das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle (§ 4) nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß § 17 Abs 3 vierter Satz ZustG gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder sein Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt sie gemäß § 7 ZustG jedenfalls als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zugekommen ist (JBl 1994, 481 uva).

Eine mehrtägige Abwesenheit von der Abgabestelle bewirkt, daß der Empfänger nicht in der Lage ist, auf die Sendung zum selben Zeitpunkt zu reagieren, zu dem ein Empfänger üblicherweise reagieren hätte können (SZ 57/34). Ob solche Umstände auf den Revisionsrekurswerber im fraglichen Zeitraum zwischen dem 3. und 10.5.1994 zutreffen, kann mangels entsprechender Behauptungen und Erhebungen sowie Feststellungen derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Immerhin hat eine telefonische Anfrage beim Postamt Kumberg die Richtigkeit der Behauptungen des Rekurswerbers ergeben, daß er den erstgerichtlichen Beschluß erst am 10.5.1994 behoben hat. Im fortgesetzten Verfahren wird zunächst im Sinne der obigen Darlegungen zu erheben und festzustellen sein, ob und wie lange der Revisionsrekurswerber von der Abgabestelle abwesend war oder welche Umstände sonst vorlagen, die dazu führen hätten können, daß er die Sendung erst am 10.5.1994 beim Postamt beheben konnte. Erst danach wird über die Wirksamkeit der Zustellung und damit über die Rechtzeitigkeit des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß abschließend entschieden werden können. Sollte danach das Rechtsmittel als rechtzeitig anzusehen sein, wird es sogleich in der Sache zu behandeln sein.

Diese Erwägungen führen zur spruchgemäßen Entscheidung.

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