Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 20.1.1984 sprach das Erstgericht aus, daß wegen Abganges eines Vermögens nach der am 23.11.1983 verstorbenen Erblasserin keine Verlassenschaftsabhandlung stattfinde (§ 72 Abs 1 AußStrG). Über Antrag der erblasserischen Tochter Maria R***** leitete das Erstgericht mit Beschluß vom 22.2.1993 die Verlassenschaftsabhandlung ein (ON 13). Dem dagegen erhobenen Rekurs der beiden erblasserischen Enkelinnen (Töchter eines vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin) wurde nicht Folge gegeben (ON 16).
Mit Beschluß vom 10.3.1994 sprach das Erstgericht abermals aus, daß wegen Abganges eines Vermögens eine weitere Abhandlung unterbleibt (§ 72 AußStrG). Dieser Beschluß wurde den anwaltlichen Vertretern der erblasserischen Tochter und der beiden erblasserischen Enkelinnen am
14. bzw 13.4.1994 zugestellt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht den am 29.4.1994 überreichten Rekurs des Rechtsmittelwerbers - eines weiteren Sohnes der Erblasserin, welcher unter Sachwalterschaft steht und im Landesnervenkrankenhaus G***** untergebracht ist -, als verspätet zurückgewiesen, weil sich der erstgerichtliche Beschluß ohne Nachteil für die eine der beiden erblasserischen Enkelinnen nicht mehr abändern lasse, sodaß auch eine Anwendung des § 11 Abs 2 AußStrG nicht in Betracht komme. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des erblasserischen Sohnes ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes schon deshalb zulässig, weil die angenommene Verspätung des Rekurses nicht vorliegt, weshalb das Rechtsmittel auch berechtigt ist:
Der Rechtsmittelwerber ist als ein vermutlicher und noch dazu pflegebefohlener Erbe entgegen den Bestimmungen der §§ 75 ff AußStrG weder von der Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung verständigt noch dem Verfahren beigezogen worden. Zwar ist die erblasserische Tochter - seine Schwester - die für ihn bestellte Sachwalterin; sie ist aber selbst nur als Erbanwärterin und Antragstellerin (im eigenen Namen) eingeschritten. Soweit sie gegenüber dem Gerichtskommissär am 14.10.1993 auch Erklärungen als Sachwalterin des Rechtsmittelwerbers abgegeben hat (ON 29), steht demnach die Frage einer Interessenkollission im Raum. Eine Kuratorbestellung ist jedenfalls unterblieben; desgleichen auch eine Zustellung des Einstellungsbeschlusses ON 34 an die für den erblasserischen Sohn bestellte Sachwalterin. Die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an den anwaltlichen Vertreter der erblasserischen Tochter erfolgte ausschließlich im Rahmen deren Parteistellung als Erbansprecherin und Antragstellerin. Sie konnte daher die erforderliche Zustellung an den gesetzlichen Vertreter des pflegebefohlenen erblasserischen Sohnes keineswegs ersetzen.
Voraussetzung für den Beginn der Rekursfrist des § 11 Abs 1 AußStrG ist aber die - rechtswirksame - Zustellung des Beschlusses. Allerdings braucht ein Rekursberechtigter, wenn ihm die anzufechtende Entscheidung nicht zugestellt wurde, deren Zustellung nicht zu verlangen, sondern er kann den Rekurs schon anbringen, ohne daß dieser als verspätet zurückgewiesen werden könnte (EFSlg 67.382 mwN).
In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der angefochtene Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Sachentscheidung aufzutragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)