Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat dem Kläger binnen vierzehn Tagen die einschließlich 338,24 S Umsatzsteuer mit 2.029,44 S bestimmten halben Kosten der Revision zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der Beklagten vom 21.12.1992 wurde die Invaliditätspension des Klägers mit Ablauf des Monates Jänner 1993 um den auf den (seit 7.10.1991 bezogenen) Hilflosenzuschuß entfallenden Betrag mit der Begründung herabgesetzt, daß die Voraussetzungen für diesen Zuschuß nicht mehr vorlägen.
Das auf Weitergewährung des Hilflosenzuschusses gerichtete Klagebegehren stützte sich darauf, daß sich der Zustand des Klägers seit der seinerzeitigen Gewährung dieses Zuschusses sogar verschlechert habe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
In der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 19.10.1993 beantragte der Vertreter des Klägers "ab 1.7.1993 das Pflegegeld in der Stufe 1 zu berücksichtigen".
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger den Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß auch über den 31.1.1993 hinaus und ab 1.7.1993 das Pflegegeld in der Stufe 1 im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab.
Nach den wesentlichen Feststellungen kann sich der am 1.9.1926 geborene Kläger seit der Entziehung des Hilflosenzuschusses allein an- und auskleiden, waschen, essen, die Toilette aufsuchen, einfache Speisen zubereiten und vorgekochte Speisen aufwärmen, Geschirr abwaschen, die persönliche Wäsche waschen sowie den Wohnraum belüften und oberflächlich säubern. Zur gründlichen körperlichen Säuberung in der Badewanne, zum Großwäschewaschen, Großreinemachen, Aufbereiten des Brennmaterials, zur Wartung der Zentralheizung sowie zu sämtlichen Einkäufen bedarf er fremder Hilfe.
Für die gründliche Körperreinigung in der Badewanne veranschlagte das Erstgericht einen monatlichen Zeitaufwand von vier Stunden, für die übrigen Verrichtungen einen solchen von je zehn Stunden, insgesamt daher von 44 Stunden. Deshalb gebühre ab 1.7.1993 nicht einmal Pflegegeld in Höhe der Stufe 1.
Die Berufung des Klägers richtete sich nur gegen die Abweisung des auf Pflegegeld in der Höhe der Stufe 1 gerichteten Klagebegehrens. Sie machte lediglich geltend, daß nach § 1 Abs 4 Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz (idF EinstV) für die gründliche Körperreinigung in der Badewanne täglich 2 mal 35 (richtig 25) Minuten, monatlich daher 25 Stunden anzunehmen wären. Deshalb bestehe insgesamt ein Pflegebedarf von mehr als 50 Stunden monatlich.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.
Es nahm nur für die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten sowie für die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial je einen auf einen Monat bezogenen Zeitwert von 10 Stunden an. Da der Kläger zur Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände sowie zur Pflege der Wäsche nur teilweise fremde Hilfe benötige, sei für diese Hilfsverrichtungen nur ein Zeitwert von (zusammen) 10 Stunden monatlich zu berücksichtigen. Mangels medizinischer Notwendigkeit eines täglichen Wannenbades genügten zwei Wannenbäder pro Woche in der Dauer von jeweils 50 Minuten. Dies ergebe einen monatlichen Betreuungsaufwand von rund 7 Stunden. Da der gesamte Pflegebedarf durchschnittlich nur 37 Stunden monatlich betrage, habe der Kläger keinen Anspruch auf Pflegegeld.
In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung (der Sache) geltend. Er beantragt, das Berufungsurteil durch Zuerkennung des Pflegegeldes in Höhe der Stufe 1 ab 1.7.1993 abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs 3 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.
Nach § 1 Abs 1 EinstV sind unter Betreuung alle in relativ kurzer Folge notwendigen Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffen und ohne die der pflegebedürftige Mensch der Verwahrlosung ausgesetzt wäre. Zu diesen Verrichtungen zählen nach Abs 2 leg cit ua solche der Körperpflege, wozu auch ein Vollbad in der Badewanne gehört. Der Revisionswerber verkennt, daß der im § 1 Abs 4 EinstV festgelegte zeitliche Mindestwert von 2 x 25 Minuten nur für die tägliche Körperpflege gilt. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Wannenvollbad - abgesehen von medizinischer Notwendigkeit, für die hier kein Anhaltspunkt besteht - nicht zur täglichen Körperpflege zählt und daß der in dieser Hinsicht pflegebedürftige Kläger auch dann nicht der Verwahrlosung ausgesetzt wäre, wenn er pro Woche nur zwei solche Bäder nehmen könne, ist richtig. Sie entspricht der Rsp des erkennenden Senates zum Hilflosenzuschuß (zB SSV-NF 2/12), gegen die in der Revision nichts vorgebracht wird. Der zeitliche Betreuungsaufwand für ein Wannenvollbad kann in Anlehnung an den im § 1 Abs 4 EinstV für eine tägliche Körperpflege festgelegten zeitlichen Mindestwert von etwa 25 Minuten angenommen werden. Geht man davon aus, daß der Kläger auch dann nicht der Verwahrlosung ausgesetzt wäre, wenn er wöchentlich nur zwei Wannenvollbäder nehmen kann, dann ergibt sich ein diesbezüglicher zeitlicher Betreuungsaufwand von etwa 3,5 bis 4 Stunden monatlich. In dieser Größenordnung wurde er auch vom Erstgericht zutreffend eingeschätzt. (Daß das Berufungsgericht für ein Wannenbad 50 Minuten veranschlagte, könnte darauf zurückzuführen sein, daß § 1 Abs 4 EinstV für die tägliche Köperpflege 2 x 25 Minuten festlegt. Damit werden jedoch offensichtlich zwei derartige Pflegeverrichtungen pro Tag in der Dauer von jeweils 25 Minuten berücksichtigt.)
Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß für die beim Kläger nötigen Hilfsverrichtungen insgesamt nur ein Zeitaufwand von 40 Stunden pro Monat anzunehmen ist, wurde in der Berufung nicht bekämpft und wird in der Revision ausdrücklich als richtig bezeichnet. Berücksichtigt man neben diesem zeitlichen Hilfsaufwand den zeitlichen Betreuungsaufwand bei Wannenvollbädern von etwa 4 Stunden pro Monat, ergibt sich ein ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf (Pflegebedarf) seit 1.7.1993 von nur etwa 44 Stunden monatlich.
Unter diesen Umständen gebührt dem Kläger aber kein Pflegegeld, für dessen begehrte Stufe 1 nach § 4 Abs 2 BPGG ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich erforderlich wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b und Abs 2 ASGG.
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