OGH 3Ob36/94

OGH3Ob36/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martha K*****, vertreten durch Dr.Peter Schütz, Rechtsanwalt in Schwechat, wider die beklagten Parteien 1. G*****, vertreten durch Dr.Helmut Neudorfer ua, Rechtsanwälte in Wien, 2. W*****, vertreten durch Dr.Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, 3. R*****, vertreten durch Dr.Josef W.Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat,4. H*****, vertreten durch Dr.Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, und 5. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 28.Jänner 1994, GZ 46 R 746/93, 152/94-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 9.März 1993, GZ 1 C 1108/92-21, in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 25.März 1993, ON 22, und vom 6. Juli 1993, ON 36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks. Ein daran angrenzendes Grundstück ist Gegenstand eines von den beklagten Parteien geführten Zwangsversteigerungsverfahrens.

Die Klägerin begehrte den Ausspruch, daß die Zwangsversteigerung bezüglich eines ihr Grundstück überragenden Gebäudeteiles bzw der darunter liegenden Grundfläche unzulässig sei. Sie brachte dazu vor, daß der Verpflichtete des Zwangsversteigerungsverfahrens einen Zubau zu seinem Haus teilweise auf ihrem Grundstück gebaut habe. Sie habe die Zustimmung hiezu nur unter der Voraussetzung erteilt, daß der Zubau nach Aufforderung jederzeit wieder entfernt werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Klägerin das erstgerichtliche Urteil zur Gänze und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt und die Revision jedenfalls unzulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist unzulässig.

Die in der Revision vertretene Meinung, daß bei einer Exszindierungsklage für den Wert des Streit- und Entscheidungsgegenstandes immer der Wert der betriebenen Forderung maßgebend sei, findet weder in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch im Schrifttum irgendeine Stütze. Im Schrifttum ist es ganz herrschende Meinung, daß es nur auf den Wert der exszindierten Sache ankommt (Gitschthaler in ÖJZ 1988, 41 ff; Heller/Berger/Stix I 475; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 168; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 378; Schrutka in JBl 1916, 421 f; Strigl, Entscheidungsbesprechung in AnwBl 1988, 476; vgl auch Fasching, Kommentar I 355 f). Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof auch in der in diesem Teil nicht veröffentlichten Entscheidung 3 Ob 71-75/84 vertreten. Die Meinung der Klägerin steht überdies mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Widerspruch, wonach das Berufungsgericht, von einer hier nicht vorliegenden, in der Entscheidung AnwBl 1988, 476 behandelten Ausnahme abgesehen, in sein Urteil über eine Exszindierungsklage den Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes (nunmehr Entscheidungsgegenstandes) aufnehmen muß (RPflSlgE 1982/82; SZ 38/91; SZ 15/55). Ein solcher Ausspruch wäre aber überflüssig, wenn für den Wert des Streit- oder Entscheidungsgegenstandes immer die Höhe der betriebenen Forderung maßgebend wäre.

Entgegen den Revisionsausführungen ist auch dem Judikat 242 nichts anderes zu entnehmen. Dort wurde im ersten Rechtssatz ausgesprochen, daß in Streitigkeiten nach den §§ 35 und 37 EO, die anläßlich der Betreibung einer Geldforderung anhängig gemacht werden, der Wert des Streitgegenstandes nach § 57 JN zu bemessen ist. Nach dieser Bestimmung kann aber auch der Wert des Pfandgegenstandes für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgebend sein. Der zweite Rechtssatz des Judikates, wonach der Betrag der betriebenen Forderung für die Bewertung des Streitgegenstandes ohne Rücksicht auf eine etwaige abweichende Angabe des Klägers in der Klage maßgebend ist, bezieht sich offensichtlich auf den Fall, daß nach § 57 JN der Betrag der betriebenen Forderung für die Bewertung des Streitgegenstandes heranzuziehen ist. Anders wurde das Judikat auch niemals verstanden. Dies gilt insbesonders auch für die von Gitschthaler (aaO 42) mißverstandene Entscheidung SZ 11/18. Dort heißt es nämlich, dem § 57 JN entsprechend, daß bei Exszindierungsklagen "zunächst" die Höhe der betriebenen Forderung für den Wert des Streitgegenstandes maßgebend sei. Da keine der betriebenen und nicht zusammenzurechnenden Forderungen den Betrag von S 1.000, nach dem sich damals die Zulässigkeit der Revision richtete, überstieg, bestand für den Obersten Gerichtshof kein Anlaß, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im Sinn des Judikates 242 und des darin bezogenen § 57 JN der Wert der exszindierten Gegenstände maßgebend ist, wenn dieser unter dem Betrag der betriebenen Forderungen liegt. Es ist daher auch aus der angeführten Entscheidung für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. In der Entscheidung JBl 1958, 22 sprach der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf das Judikat 242 schießlich aus, daß sich die Streitwertbemessung bei Exszindierungsklagen nach dem jeweils geringeren Betrag, sei es der betriebenen Forderung, sei es des Werts des in Anspruch genommenen Pfandgegestands, bestimmt.

In den Fällen, in denen bei der Exszindierungsklage nach dem Gesagten der Wert der den Gegenstand der Klage bildenden Sache für den Wert des Entscheidungsgegenstandes maßgebend sein kann, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO gegeben. Da ein solcher Fall hier vorliegt, hat das Berufungsgericht zu Recht in sein Urteil den Ausspruch darüber aufgenommen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt. Ein solcher Ausspruch ist für den Obersten Gerichtshof bindend, sofern nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (SZ 63/170 unter ausdrücklicher Ablehnung der auch in der Revision bezogenen Meinung von Steininger in RZ 1989, 236 ff, 258 ff; ÖBl 1987, 63; SZ 59/198 ua; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit siehe SZ 64/1). Die Verletzung zwingender Bewertungsvorschriften ist hier nicht hervorgekommen und wird in der Revision auch nicht dargetan. Die Ansicht der Klägerin, es müsse immer die gesamte vom Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers erfaßte Sache berücksichtigt werden, überzeugt nicht, wenn es sich um eine teilbare Sache handelt, weil dann kein Grund besteht, nicht nur die von der Klage betroffenen Teile der Sache für die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes heranzuziehen. Ein Grundstück kann aber gemäß § 74 GBG und nach den Bestimmungen des LiegTeilG geteilt werden. Bezieht sich das in der Exszindierungsklage behauptete Recht nur auf einen Teil eines Grundstücks, ist daher auch nur dieser Grundstücksteil für den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes maßgebend, wobei das Berufungsgericht allerdings gegebenenfalls einen Wertverlust zu berücksichtigen hat, der durch die Abschreibung des Trennstücks bei dem dem Exszindierungskläger verbleibenden Restgrundstück eintritt. Dem Argument der Klägerin, schon wegen der Möglichkeit eines solchen Wertverlustes müsse immer der Wert des gesamten Grundstücks für die Ermittlung des Wertes des Entscheidungsgegenstandes herangezogen werden, vermag sich der Oberste Gerichtshof deshalb nicht anzuschießen.

Das Berufungsgericht hat also dadurch, daß es für die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes nur den den Gegenstand der Klage bildenden Grundstücksteil herangezogen hat, zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt, weshalb der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gebunden ist und davon auszugehen hat, daß dieser S 50.000 nicht übersteigt. Die Revision ist dann aber gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. In diesem Fall kommt es aber nicht darauf an, ob die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des vorangehenden Abs 1 abhängt; auf die hiezu in der Revision enthaltenen Ausführungen ist daher nicht weiter einzugehen.

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