OGH 3Ob546/94

OGH3Ob546/9428.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Paul S*****,***** *****vertreten durch Dr.Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in Vorchdorf, wider die beklagten Parteien 1.) Margot G*****,***** *****2.) Mag.Roswitha H*****,***** und 3.) Dr.Dietlinde B*****, *****

1. und 3. vertreten durch Dr.Monika Urban-Redtenbacher, Rechtsanwältin in Wien, 2. vertreten durch Dr.Rudolf Griss und Dr.Gunther Griss, Rechtsanwälte in Graz, wegen Ungültigkeit eines Testaments, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.November 1993, GZ 15 R 29/93-52, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 6. November 1992, GZ 4 Cg 201/92-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger hat auf Grund eines am 15.3.1987 errichteten eigenhändigen Testaments, die Beklagten haben auf Grund eines am 9.11.1987 errichteten notariellen Testaments Erbserklärungen zum Nachlaß der am 12.1.1989 verstorbenen Erblasserin abgegeben.

Der Kläger begehrte mit seiner Erbrechtsklage die Feststellung der Ungültigkeit des am 9.11.1987 errichteten Testaments im wesentlichen mit der Behauptung, daß die Erblasserin zur Zeit der Errichtung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei.

Die Beklagten bestritten die Testierunfähigkeit der Erblasserin.

Das Erstgericht wies nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens das Klagebegehren ab. Es gründete seine Entscheidung unter anderem auf die Aussage eines Sachverständigen, dessen Gutachten vor der Errichtung des zweiten Testaments zur Bestellung eines Sachwalters für die Erblasserin führte, eines Arztes, der zur Errichtung des zweiten Testaments beigezogen wurde, und des dieses Testament errichtenden Notars sowie auf das Gutachten eines im erstgerichtlichen Verfahren bestellten Sachverständigen.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es vernahm seinerseits den Notar, der das Testament errichtet hatte, und den vom Erstgericht bestellten Sachverständigen und traf auf Grund dieser Beweiswiederholung Tatsachenfeststellungen, die zum Teil von jenen des Erstgerichtes abweichen. In rechtlicher Hinsicht bejahte es die Testierfähigkeit der Erblasserin zur Zeit der Errichtung des zweiten Testamentes.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Form der Beweiswiederholung abgewichen ist, und sie ist auch berechtigt.

Hält das Berufungsgericht zur Feststellung einer schon vom Erstgericht festgestellten rechtlich erheblichen Tatsache eine Beweiswiederholung für notwendig, so hat es alle hiezu vom Erstgericht aufgenommenen Beweise selbt aufzunehmen und darf sich nicht mit der Wiederholung einzelner Beweisaufnahmen begnügen (SZ 23/112; RZ 1959, 107; EvBl 1974/72; zuletzt 8 Ob 214/79 und 8 Ob 97/82; Fasching, ZPR2 Rz 1808). Da das Berufungsgericht dies unterlassen hat, ist sein Verfahren mangelhaft geblieben (vgl MGAZPO14 § 503/52). Der Kläger hat diesen Verfahrensmangel in der Revision geltend gemacht. Daß dies unrichtig unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit geschah, schadet gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO nicht.

Der Kläger hat allerdings nur das Unterbleiben der neuerlichen Vernehmung des im Sachwalterschaftsverfahren beigezogenen Sachverständigen und des bei der Testamentserrichtung anwesenden Arztes als Mangel des Berufungsverfahrens gerügt. Da Verfahrensmängel nur wahrgenommen werden dürfen, wenn sie ausdrücklich geltend gemacht wurden (Fasching aaO Rz 1765), wird das Berufungsgericht im fortzusetzenden Verfahren auch nur die Aufnahme der angeführten Beweise zu wiederholen haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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