OGH 4Ob68/94

OGH4Ob68/9414.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Axel J*****, vertreten durch Dr.Werner Bartlmä, Rechtsanwalt in Klagenfurt als Verfahrenshelfer, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 300.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 28.März 1994, GZ 6 R 51/94-21, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. Jänner 1994, GZ 23 Cg 265/93g-11, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Vereinszweck des klagenden S*****verbandes ist es, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Dem Kläger gehören vor allem die Handelskammerorganisationen verschiedener Branchen als Mitglieder an.

Die Ehegattin des Beklagten betreibt in Klagenfurt das "Pelzhaus J*****". Über ihr Vermögen war 1993 ein Konkursverfahren anhängig. Im August 1993 wurde durch Plakate auf den Auslagenscheiben ein "Konkursabverkauf" angekündigt.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen,

a) einen Ausverkauf in öffentlichen Bekanntmachungen oder in für einen größeren Kreis von Personen bestimmten Mitteilungen anzubieten und/oder durchzuführen, so lange er sich nicht im Besitz der Bewilligung der nach dem Standort des Ausverkaufes zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde befindet;

b) mit dem Wort "Konkursabverkauf" zu werben, soferne es sich nicht um eine Veräußerung durch den Masseverwalter handelt.

Der Beklagte betreibe in K*****, K*****straße 1, dem Standort des Pelzhauses J*****, den Handel mit allen, im freien Verkehr gestatteten Waren. Im August 1993 habe er einen "Konkursabverkauf" angekündigt.

Die Ware habe aus dem über das Vermögen seiner Ehegattin eröffneten Konkursverfahren gestammt; der Verkauf durch den Beklagten sei jedoch weder ein Konkursabverkauf gewesen, noch habe der Beklagte eine Ausverkaufsbewilligung besessen. Der Masseverwalter habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen "Konkursabverkauf" durchgeführt; das Konkursverfahren sei mittlerweile abgeschlossen.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Masseverwalterin Rechtsanwältin Dr.Margot T***** habe im März 1993 die beanstandeten Plakate angebracht und zwei Tage hindurch Waren abverkauft. Danach habe sie das Geschäft geschlossen, die Plakate aber nicht abgenommen. Im April 1993 habe die Masseverwalterin dem Beklagten die Geschäftsschlüssel übergeben. Von diesem Zeitpunkt an sei die Gattin des Beklagten berechtigt gewesen, das Geschäft wieder zu eröffnen. Aus finanziellen Gründen sei das Geschäft bis einschließlich Juli 1993 geschlossen geblieben. Damals sei die Gattin des Beklagten schwer erkrankt. Auf ihr Ersuchen habe eine Nachbarin im Geschäft ausgeholfen. Die Plakate seien weder von der Ehegattin des Beklagten noch von der Aushilfe abgenommen worden, weil zu jenem Zeitpunkt das Konkursverfahren noch anhängig gewesen sei und die Masseverwalterin die Plakate trotz Aufforderung durch den Beklagten nicht entfernt habe. Der Beklagte sei nicht geschäftlich tätig geworden; er sei daher nicht passiv legitimiert.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Kläger habe nicht bescheinigt, daß Textil- oder Pelzhändler zu seinen Mitgliedern gehörten. Er sei daher nicht aktiv legitimiert; auch die Passivlegitimation des Beklagten sei nicht bescheinigt.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung erließ, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Kläger sei schon auf Grund seines Verbandszweckes, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen, aktiv legitimiert, ohne daß noch zu prüfen sei, ob ihm Mitglieder angehören, deren Interessen durch die beanstandete Handlung berührt werden können. Der Beklagte habe angegeben, im Geschäft seiner Ehegattin im Rahmen seiner ehelichen Beistandspflicht mitgewirkt und nach Wiedereröffnung des Geschäftes am 1.8.1993 seine Gattin wiederholt ersucht zu haben, die Plakate zu entfernen. Er habe ausgesagt, nach Erkrankung seiner Gattin am 7.8.1993 "andere Sorgen" gehabt zu haben.

Demnach habe der Beklagte am Wettbewerbsverstoß seiner Ehegattin insofern mitgewirkt, als er offenbar in Kenntnis der irreführenden Ankündigung eines Konkursabverkaufes nicht zumindest nach Einlieferung seiner Gattin in das Krankenhaus dafür Sorge getragen habe, daß die Ankündigung entfernt werde. Er sei daher, ungeachtet der Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit, als Mittäter für den Wettbewerbsverstoß verantwortlich. Ob er selbst am Standort K*****, K*****straße 1, über eine Gewerbeberechtigung verfügt habe, sei unerheblich. Daß die Ankündigung eines Konkursabverkaufes jedenfalls wettbewerbswidrig gewesen sei, sei schon durch die weiteren Angaben des Beklagten bescheinigt. Danach sei der Geschäftsbetrieb erst nach Abschluß des Zwangsausgleiches wieder aufgenommen worden. Die am 14.8.1993 zum Verkauf angebotenen Pelze gehörten somit jedenfalls nicht mehr zu Konkursmasse. Das Publikum, das bei einem "Konkursabverkauf" mit einem besonders preisgünstigen Angebot des Masseverwalters rechne, sei in dieser Erwartung getäuscht worden. Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil der Beklagte den Wettbewerbsverstoß bis zuletzt bestritten habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. In eventu stellt er einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Das Rekursgericht hat die Passivlegitimation des Beklagten mit der Begründung bejaht, daß dieser nach der Einlieferung seiner Ehegattin in das Krankenhaus die Plakate mit der Ankündigung"Konkursabverkauf" nicht entfernt hat. Schon deshalb sei er als Mittäter für den Wettbewerbsverstoß verantwortlich.

Die Unterlassungsklage ist grundsätzlich gegen den Störer zu richten, also gegen jene Person, von der die Beeinträchtigung ausgeht und auf deren maßgeblichem Willen sie beruht. Das gilt auch für den Anstifter, der den Handelnden zum Wettbewerbsverstoß verleitet, für den Gehilfen, der diesen Verstoß bewußt fördert, und für alle anderen an der Handlung beteiligten Personen (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 94; s auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 286; ÖBl 1980, 100; ÖBl 1983, 144; ÖBl 1984, 135; SZ 63/156 uva). Das wettbewerbswidrige Handeln kann auch in einem Unterlassen bestehen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 EinlUWG 236 Rz 326), allerdings nur dann, wenn den untätig Gebliebenen eine Rechtspflicht zum Handeln trifft (s Reischauer in Rummel, ABGB2 § 1294 Rz 2).

Das Rekursgericht hat seiner Entscheidung die Aussage des Beklagten zugrunde gelegt, daß er im Geschäft seiner Ehegattin im Rahmen seiner ehelichen Beistandspflicht mitgewirkt habe. Die (materielle) Beistandspflicht nach § 90 ABGB betrifft (ua) die Mitwirkung beim Erwerb des anderen (s Koziol-Welser9 II 199); sie begründet aber keine Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Ehegatte bei seiner Erwerbstätigkeit nicht gegen das Gesetz verstoße. Den Beklagten traf daher als Ehegatten der Gemeinschuldnerin und Geschäftsinhaberin keine Rechtspflicht gegenüber der Allgemeinheit, die beanstandete Ankündigung zu entfernen; dadurch, daß er die Plakate auf den Auslagenscheiben beließ, hat er demnach auch nicht wettbewersbwidrig gehandelt.

Der Kläger hat seinen Anspruch jedoch nicht darauf gestützt, daß der Beklagte die Ankündigung als Ehegatte der Gemeinschuldnerin und Geschäftsinhaberin entfernen hätte müssen, sonder hat behauptet, daß der Beklagte in K*****, K*****straße 1, den Handel mit allen, im freien Verkehr gestatteten Waren betrieben und mit der Ankündigung "Konkursabverkauf" geworben habe. Der Beklagte habe die angebotene Ware aus dem über das Vermögen seiner Ehegattin eröffneten Konkursverfahren übernommen.

Das Erstgericht hat dazu im Provisorialverfahren keine Feststellungen getroffen. Es hat nur festgehalten, daß keine Bescheinigungen vorlägen, wonach der Beklagte Inhaber des Pelzhauses J***** sei. Das ist aber nicht entscheidend. Auch wenn der Beklagte nicht Inhaber des Pelzhauses J***** war, hätte er die beanstandeten Plakate entfernen müssen, wenn er, wie vom Kläger behauptet, im Pelzhaus J***** auf Grund seiner Gewerbeberechtigung die ihm aus der Konkursmasse überlassenen Waren verkauft hat. Das Erstgericht hätte daher zu diesem Vorbringen Feststellungen treffen müssen; das Rekursgericht hätte die diesbezügliche Rüge des Klägers nicht unerledigt lassen dürfen.

Da der Feststellungsmangel bereits das Verfahren und die Entscheidung des Erstgerichtes betrifft, sind die Entscheidungen beider Vorinstanzen aufzuheben; die Rechtssache ist zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 402, 78 EO; § 52 Abs 1 ZPO.

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