OGH 13Os74/94

OGH13Os74/948.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ing.Harald I***** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6.April 1993, GZ 5 EVr 397/93-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6.April 1993, GZ 5 EVr 397/93-8, verletzt § 147 Abs 1 Z 1 (1.Fall) StGB.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6.April 1993, GZ 5 E Vr 397/93-8, wurde Ing.Harald I***** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Aus der nachträglich hergestellten Ausfertigung des zunächst gemäß § 488 Z 7 iVm § 458 Abs 3 erstem Satz StPO nur in gekürzter Form ausgefertigten Urteiles geht hervor, daß der Einzelrichter bei Annahme der Qualifikation des Betruges nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB - in Übereinstimmung mit der Aktenlage (AS 11 f, 60 bis 62, 68 f) - davon ausging, daß Ing.I***** die Kreditgelder bereits betrügerisch herausgelockt hatte, ehe er falsche Bilanzen (auf die er sich vorerst nur mündlich berufen hatte) der Bank vorlegte (US 5 zweiter Absatz; die Datierung mit Ende Februar 1991 statt 1992 im Hauptverhandlungsprotokoll S 60 und dieser folgend in US 4 beruht auf einem offenkundigen Schreibfehler) in der Absicht, seine Malversationen letztendlich abzudecken".

Die Unterstellung der Betrugstat (auch) unter die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 (1.Fall) StGB steht, wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Diese Qualifikation setzt nämlich die Begehung des Betruges durch Benützung einer falschen oder verfälschten Urkunde, eines anderen solchen Beweismittels oder eines unrichtigen Meßgerätes zur Täuschung, also den Einsatz eines solchen Täuschungsmittels schon bei der für den Betrug tatbildlichen Irreführungshandlung voraus. Unter dem "Benützen" eines Falsifikates im Sinne des § 147 Abs 1 Z 1 StGB ist ebenso wie unter "Gebrauchen" nach § 223 StGB (Mayerhofer-Rieder, StGB3 § 147 ENr 6a Kienapfel, BT II3 § 147 RN 31-33) zu verstehen, daß es dem Beweisadressaten zugänglich gemacht wird (Leukauf-Steininger, Komm3 § 223 RN 34). Falls es sich bereits in dessen unmittelbarem Machtbereich befindet, genügt hiezu auch, daß sich der Täter auf die Urkunde beruft (Kienapfel im WK § 223 RZ 208 bis 210). Da es sohin auf die Zugänglichkeit für den Beweisadressaten ankommt, ist der Gebrauch nicht bereits dann gegeben, wenn sich der Täter auf eine in seinem unmittelbaren Machtbereich befindliche Urkunde beruft.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus, daß die nicht nur inhaltlich unrichtigen, sondern vom Verurteilten mit dem Anschein ihrer Unterfertigung und Abstempelung durch den Steuerberater H***** ausgestatteten (sohin gefälschten) Bilanzen zwar nicht als Täuschungsmittel zur Herauslockung des Kredites benützt, sondern nur nachträglich (erst nach Vollendung des Betruges) durch ihre Vorlage zur Verschleierung der Betrugstat gegenüber den Verantwortlichen der Bank, sohin im Rechtsverkehr zum Beweis von Tatsachen, gebraucht wurden. Diese nachträgliche - die Qualifikation des Urkundenbetruges nicht verwirklichende - Verwendung ist allerdings nicht (als sogenannte "Nachtat") straflos, sondern - da sie sich gegen das Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Urkunden, sohin gegen ein anderes Rechtsgut als das vorangegangene Vermögensdelikt, richtet - dem Tatbestand des § 223 Abs 2 StGB zu unterstellen (vgl JBl 1987, 536 = EvBl 1987/164; EvBl 1979/106; Mayerhofer-Rieder3 § 147 StGB ENr 8; siehe auch - jeweils zu § 223 StGB - Leukauf-Steininger Komm3 RN 52 sowie Kienapfel im WK RZ 274).

Wie dargelegt, wurde daher dem Verurteilten die Qualifikation des Betruges nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB zu Unrecht angelastet. Mit der Feststellung dieser Gesetzesverletzung konnte es indes sein Bewenden haben. Der Oberste Gerichtshof sah sich zu einer Maßnahme nach dem letzten Satz des § 292 StPO nicht veranlaßt: denn bei rechtsrichtiger Beurteilung wäre das dem Angeklagten im Strafantrag angelastete Gesamtverhalten nicht nur weiterhin - im Hinblick auf die fortbestehende Qualifikation nach § 147 (Abs 2) StGB - als schwerer Betrug zu beurteilen, sondern überdies dem in Realkonkurrenz hiezu verwirklichten Vergehenstatbestand der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB zu unterstellen gewesen. Eine (nach § 292 letztem Satz StPO zu behebende) Benachteiligung des Verurteilten ist insgesamt sohin nicht eingetreten, zumal der Einzelrichter die (von ihm irrig angenommene) zweifache Qualifikation der Betrugstat ohnehin nicht als erschwerend gewertet hat, die Begehung zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art aber jedenfalls als besonderer Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Z 1 StGB zu berücksichtigen gewesen wäre.

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

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