Spruch:
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 22.November 1993, GZ 10 U 606/93-10, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 494 a Abs 2 letzter Satz und Abs 3 StPO.
Dieser Beschluß wird aufgehoben, und es wird die Entscheidung über den (Widerrufs-)Antrag des öffentlichen Anklägers vom 8.Juli 1993 gemäß §§ 494 a Abs 2, 495 Abs 1 StPO dem Landesgericht für Strafsachen Wien zu den AZ 9 c E Vr 247/92 und 9 c E Vr 15628/92 sowie dem Strafbezirksgericht Wien zum AZ 1 U 1106/91 vorbehalten.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem Abwesenheitsurteil (§ 459 StPO) des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 22.November 1993, GZ 10 U 606/93-10, wurde Josef O***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Tagen verurteilt. Gleichzeitig wurden gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO auf Antrag des öffentlichen Anklägers (S 1) und nach Anhörung des Bewährungshelfers (S 44) die vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 26.Februar 1992, AZ 9 c E Vr 247/92, und vom Strafbezirksgericht Wien mit Urteil vom 15.Jänner 1992, AZ 1 U 1106/91, jeweils gewährte bedingte Nachsicht einer Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer (restlichen) Geldstrafe von S 1.948,-- sowie ein vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 19. Februar 1993, AZ 9 c E Vr 15628/92, gemäß § 43 a Abs 3 StGB bedingt nachgesehener Teil einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig widerrufen (S 45; US 2). Die Strafen wurden noch nicht vollzogen (S 61).
Dieser Widerrufsbeschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 494 a Abs 3 StPO hat das Gericht vor der Entscheidung über den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO) ua den Angeklagten zu hören.
Infolge Durchführung der Hauptverhandlung und Fällung des Urteils in Abwesenheit des Beschuldigten (§ 459 StPO) ist dessen Anhörung unterblieben. Da die Ladung des Beschuldigten zur Hauptverhandlung keinen Hinweis auf den Widerrufsantrag des Anklägers enthielt und daher nicht auch als Ladung zur Äußerung zum Widerrufsantrag anzusehen ist (S 1 verso, 3 verso), durfte das Erstgericht eine Entscheidung nach § 494 a Abs 1 Z 4 StPO nicht treffen; es hätte vielmehr in analoger Anwendung des § 494 a Abs 2 letzter Satz StPO aussprechen müssen, daß die Entscheidung über den Widerruf dem Gericht vorbehalten bleibt, welchem sonst die Entscheidung zukäme (Foregger-Kodek StPO6 Erl IV zu § 494 a). Durch den Widerrufsbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 22.November 1993 wurde sohin das Gesetz - zum Nachteil des Verurteilten - in der Bestimmung des § 494 a Abs 2 letzter Satz und Abs 3 StPO verletzt.
In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher der bezeichnete Beschluß aufzuheben und insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)