OGH 1Ob563/94

OGH1Ob563/9430.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sylvia P*****, und der mj. Ines P*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beiden Kinder, beide vertreten durch Dr. Friedrich Zaubzer, Rechtsanwalt in Badgastein als Verfahrenshelfer, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 9. März 1994, GZ 22 a R 31, 32/94-15, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Gastein vom 20. Jänner 1994, GZ P 120/83-10 und 11, abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte den beiden 1977 und 1980 geborenen, ehelichen Kindern, deren Vater sich seit 21. Dezember 1993 aufgrund einer Anordnung eines deutschen Strafgerichtes in Untersuchungshaft einer deutschen Justizvollzugsanstalt befindet, antragsgemäß für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996 gemäß §§ 3, 4 Z 3 UVG monatliche Unterhalts-Vorschüsse, weil dem Unterhaltsschuldner aufgrund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren seit 21.Dezember 1993 voraussichtlich für mehrere Jahre die Freiheit entzogen sei und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen könne.

Die zweite Instanz wies die Anträge der Kinder der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab, weil nur inländische Haft des Unterhaltspflichtigen anspruchsbegründend sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beiden Kinder ist iS des § 14 Abs 1 AußStrG zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob auch Untersuchungshaft des Unterhaltspflichtigen im Ausland anspruchsbegründend ist, noch nicht Stellung genommen hat. Meritorisch ist das Rechtsmittel nicht berechtigt.

Gemäß § 4 Z 3 UVG idF der UVG-Novelle 1980 BGBl 1980/278 sind Vorschüsse auch zu gewähren, wenn der Unterhalts-Schuldner aufgrund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren länger als einen Monat im Inland die Freiheit entzogen wird und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen kann. Nach § 4 Z 3 UVG idF vor der UVG-Novelle 1980 waren einem Kind Vorschüsse zu gewähren, wenn der Unterhaltsschuldner infolge Vollzuges einer ausschließlich wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 198 StGB) verhängten Freiheitsstrafe daran gehindert wurde, die für die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erforderlichen Mittel zu erwerben. Nach den Gesetzesmaterialien zur UVG-Novelle 1980 (EBzRV 276 BlgNR 15. GP, 9 f), sei die Einbeziehung der Kinder Strafgefangener in den Leistungskatalog des UVG nicht nur rechts- und sozialpolitisch geboten, sondern auch rechtssystematisch und rechtsdogmatisch vertretbar gewesen. Die Kinder der Strafgefangenen seien ebenfalls unschuldige Opfer der begangenen Straftaten, die Fürsorge und Beachtung verdienten. Den Staat treffe daher, schon nach dem Gesichtspunkt der - ihn letzten Endes ja obliegenden - Pflicht zur Unterhaltssicherung, auch die Pflicht, entweder für eine entsprechende Entlohnung der im Strafvollzug arbeitenden Strafgefangenen oder dafür zu sorgen, daß sie auf andere Weise ihrer Unterhaltspflicht - iS des „Anspannungsgrundsatzes“ wären sie grundsätzlich und im allgemeinen an sich zur Arbeitsleistung, zur Erzielung eines Einkommens und auf Grund dessen zur Leistung eines Unterhalts imstande - genügen können ... Die angestellten Überlegungen machten es freilich notwenig, die Regelung auf die Kinder solcher Strafgefangener zu beschränken, die sich auf Grund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren im Inland in einer Einrichtung des Strafvollzugswesens befinden. Die Haft eines Unterhaltsschuldners auf Grund einer Anordnung in einem Verwaltungsstrafverfahren oder im Ausland und die in diesem Zusammenhang erbrachten Arbeitsleistungen vermögen keine Leistungen aus Bundesmitteln zu begründen. Im übrigen scheine jedoch eine weitergehende Unterscheidung, etwa danach, welche Arbeit der Unterhaltsschuldner in der Haft leiste, nicht gerechtfertigt. Auch der unverkennbare Wille des Gesetzgebers war sohin darauf gerichtet, den Haftrichtsatzvorschuß nach § 4 Z 3 UVG nur bei Freiheitsentzug im Inland zu gewähren.

Im Rechtsmittel wird offensichtlich die Anm 19 zu § 4 UVG in Strauß-Brosch, Unterhaltsvorschußgesetz und seine praktische Anwendung, „Keine Vorschußgewährung bei Verwaltungsstrafhaft und strafgerichtlichen Verfahren im Ausland (jedoch bei Untersuchungshaft RV 5)“ mißverstanden, die nur sagen will, daß bei Untersuchungshaft - im Inland - § 4 Abs 3 UVG anwendbar ist. Wenn auch Untersuchungshaft iS des § 4 Z 3 UVG Haft ist (EBzRV 276 BlgNR 15. GP, 10; EFSlg 63.681; Knoll, UVG Rz 23 zu § 4), bleibt angesichts des klaren und eindeutigen Gesetzeswortlautes mit seiner Beschränkung auf Haft im Inland für eine Auslegung zugunsten der Kinder, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte, kein Raum.

Dem Rechtsmittel kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte