OGH 7Ob618/93

OGH7Ob618/9325.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Franz S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Fa. W***** GesmbH, ***** wider die beklagte Partei Dipl.Vw.Fritz S*****, vertreten durch Dr.Karl Endl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 408.001,18 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13.September 1993, GZ 2 R 245/92-67, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30.September 1992, GZ 10 Cg 175/90-57, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die nunmehrige Gemeinschuldnerin W***** GesmbH führte auf Grund eines ihr am 22.12.1983 vom Beklagten erteilten Auftrages nach eigener Planung umfangreiche Installationsarbeiten an einem in Bau befindlichen Wohnhaus durch. Am 30.1.1990 legte sie über die von ihr erbrachten Leistungen eine Schlußrechnung über S 4,171.197,90. Am 12.2.1990 wurde über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet.

Mit der am 15.5.1990 eingebrachten Klage begehrte der Masseverwalter den nach Abschlagszahlungen noch aushaftenden restlichen Werklohn von S 1,368.368,90, den er im Zuge des Verfahrens auf Grund einer weiteren Zahlung seitens des Beklagten, der einvernehmlich auf S 3,839.033,34 korrigierten Schlußrechnung und unter Berücksichtigung eines 5 %-igen Haftrücklasses sowie eines 3 %-igen Materialnachlasses auf S 408.001,18 sA einschränkte.

Der Beklagte wendete zunächst ein, daß mit den bisher geleisteten Zahlungen die erbrachten Leistungen der Gemeinschuldnerin angemessen abgegolten seien. Einem allenfalls noch offenen Restbetrag sei entgegenzuhalten, daß die Gemeinschuldnerin die Bestand- und Montagepläne nicht übergeben habe, obwohl sie sich im Werkvertrag dazu verpflichtet habe. Die Kosten der nachträglichen Anfertigung dieser Pläne seien mit mindestens S 100.000,- zu veranschlagen. Außerdem sei ein Skonto von insgesamt S 112.113,16 abzuziehen (im Schriftsatz ON 42: von S 115.170,99).

In seinem am 13.8.1991 eingebrachten Schriftsatz brachte der Beklagte vor, daß die Gemeinschuldnerin schwere Mängel bei der Planung und Installation der Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlage zu vertreten habe. Die Anlage sei überdimensioniert und in Teilbereichen überflüssig. Hiedurch seien unnötige Investitionskosten von S 295.405,- und ein Mehrverbrauch an Gas und Strom von S 30.000,- (an anderer Stelle: von S 90.000,-; im Schriftsatz ON 43: S 98.000,- und weitere S 20.000,- weil die Pufferspeicher nicht abgeklemmt worden seien) entstanden. Diese Beträge würden aufrechnungsweise gegen die Schlußrechnung geltend gemacht.

In seinem am 12.2.1992 eingebrachten Schriftsatz führte der Beklagte aus, er habe folgende, von der Gemeinschuldnerin infolge Planungs- und Ausführungsfehlern zu vertretende Schäden erlitten: 1.) Frustrierte Investitionskosten für überdimensionierte und nicht funktionstüchtige Teile der Anlage, deren Einbau der Beklagte bei entsprechender Aufklärung niemals in Auftrag gegeben hätte; 2.) Mängelfolgeschäden auf Grund der unsachgemäßen Montage; 3.) Betriebskosten, die auf Grund der unzureichenden Abstimmung der Anlagenkomponenten bzw. der unrichtigen Installation der Heizungsanlage bei weitem höher als bei einer üblichen Anlage seien. Nach detaillierten Ausführungen zu diesen drei Punkten faßte der Beklagte zusammen, daß er diese Ansprüche in der Gesamthöhe von S 842.294,60 gegen die verbleibende Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin, die er nach Abzug der Akontozahlungen, des Haftrücklasses, des Materialnachlasses und des Skontos mit S 288.462,23 errechnete, aufrechnungsweise geltend mache. Schließlich werde der Werkvertrag auch wegen Irrtums angefochten, weil der Beklagte von der Gemeinschuldnerin mangels Aufklärung über die Wirtschaftlichkeit verschiedener Investitionen in Irrtum geführt worden sei.

Der Kläger bestritt alle diese Behauptungen und wies unter anderem darauf hin, daß das Gebäude erst etwa zu einem Drittel fertiggestellt sei, sodaß es müßig sei, von einer Überdimensionierung zu sprechen. Der Bau sei 1988 eingestellt worden. In der Schlußrechnung seien die bis zum 20.12.1990 erbrachten Leistungen abgerechnet worden. Im übrigen würden die Einbauten dem Wunsch des Beklagten und dem damaligen Stand der Technik entsprechen. Die aufgezeigten angeblichen Mängel resultierten aus der ebenfalls noch unfertigen Anlage. Die nicht fertiggestellten Teile der Anlage seien aber ohnehin nicht verrechnet worden.

Das Erstgericht entschied, 1.) daß die Forderung der klagenden Partei mit S 400.599,92 zu Recht und mit S 7.401,56 nicht zu Recht bestehe,

2.) daß die Gegenforderung des Beklagten mit S 105.400,- zu Recht und darüber hinaus bis zu einem Betrag von S 400.599,62 nicht zu Recht bestehe, sodaß 3.) der Beklagte schuldig sei, S 295.199,62 sA zu zahlen und 4.) das Mehrbegehren von S 112.801,56 sA abgewiesen werde.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die nunmehrige Gemeinschuldnerin erstellte das Projekt für die Heizung- und Warmwasseraufbereitungsanlage auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Baupläne für das Bauvorhaben des Beklagten, der die Bauleitung einem Architekten übertragen hatte. Die Gemeinschuldnerin war darüber informiert, daß der Bau nicht sogleich fertiggestellt werde. Die Hauptvorgabe war, daß jede Art von Wärme, insbesondere auch die Abwärme, ausgenützt werden sollte. Es sollte sowohl ein Gaskessel mit einem Anschluß an das öffentliche Gasnetz als auch ein Feststoffbrennkessel für Notfälle und fallweises Heizen vorgesehen werden. Hinsichtlich der Dimensionierung der Anlagen fanden zahlreiche Besprechungen zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Architekten des Beklagten statt. Die Gemeinschuldnerin erläuterte dem Architekten die technische Notwendigkeit bestimmter Anlageteile und empfahl deren Einbau. Die Anlage wurde von der Gemeinschuldnerin im Jahr 1982 nach dem damaligen höchsten Stand der Technik geplant. In dem von ihr erstellten Leistungsverzeichnis wurden die zur erbringenden Leistungen nach Art und Umfang festgelegt. Hinsichtlich der bei Auftragserteilung noch nicht feststehenden baulichen Gegebenheiten wurden der Gemeinschuldnerin in der Folge entsprechende Aufträge auf Grund von ihr erstellter Nachtragsofferte erteilt. Derzeit ist der Bau insoweit unvollendet, als das Schwimmbad lediglich im Rohbau vorhanden und ein Geschoß überhaupt noch nicht sowie ein weiteres Geschoß nur zu einem geringen Teil bewohnbar ist.

Die von der Gemeinschuldnerin errichtete Gaskesselanlage hat eine Heizleistung von 120 kW. Für einen Vollausbau des Objektes wäre unter Berücksichtigung des Energiegewinnes durch die Wärmerückgewinnung eine Heizleistung von 65 kW erforderlich. Durch diese zu große Kesselleistung ergab sich ein Mehr an Investitionskosten von S 26.900,- netto. Der Kesselwirkungsgrad ist für das Baujahr des Kessels zufriedenstellend. Ein von der Gemeinschuldnerin in das Abgasrohr des Gaskessels eingebauter Kupferspiralwärmetauscher zur Wärmerückgewinnung entsprach damals dem Stand der Technik. Weil eine Überwachung der Abgastemperatur fehlt, ist dieser Kupferspiralwärmetauscher derzeit nicht verwendbar. Eine Nachrüstung würde Kosten von S 2.000,- netto erfordern. Von der Gemeinschuldnerin wurde mit Rücksicht auf den geplanten Endzustand des Bauwerks unter Berücksichtigung diverser Wärmerückgewinnungsmöglichkeiten eine Pufferspeicheranlage eingebaut. Die Speicher dienen zur Gewinnung von Wärmeenergie aus Abluft, Rauchgas, Schwimmbadentfeuchtung und eventuellen Alternativenergien. Beim derzeitigen Ausbauzustand, bei dem noch keine Abluft zur Verfügung steht, ist die Verwendung dieser Speicher überflüssig und energievergeudend. Die Energieverschwendung wäre durch den Einbau von Umgehungsleitungen vermeidbar gewesen, den die Gemeinschuldnerin nicht vorgenommen hat. Durch das Fehlen dieser Umgehungsleitungen ergaben sich Abstrahlungsverluste, die mit S 4.000,- zu bewerten sind. Der Brennstoffkessel ist mit einer Leistung von 31 kW im Hinblick auf den Endausbauzustand des Objektes richtig bemessen. Eine thermische Ablaufsicherung wurde von der Gemeinschuldnerin eingebaut. Das Sicherheitsventil und die Expansionsanlage wurden richtig angeschlossen. Der Anschluß des vorhandenen Kesselthermostates ist von einem Elektrounternehmen vorzunehmen. Die vorhandenen Rohrführungen sind für den geplanten Endausbauzustand notwendig. Die Verwendung mehrerer Heizgruppen ist für das Objekt des Beklagten sinnvoll. Eine Überdimensionierung der Rohrführungen liegt nicht vor. Die von der Gemeinschuldnerin eingebauten Heizkörperventile sind für die Einrohrheizung geeignet. Es können Einregulierungsarbeiten und Wassermengeneinstellungen vorgenommen werden. Diese Einregulierungsarbeiten sind jedoch nur sinnvoll, wenn die Anlage komplett fertiggestellt ist. Dies ist jedoch auf Grund des erst unvollendeten Bauzustandes noch nicht der Fall. Der Außenfühler der Heizungsanlage wurde von der Gemeinschuldnerin eingebaut. Es erfolgte auch der elektrische Anschluß des Außentemperaturfühlers. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde von dritter Seite eine elektrische Brücke im Schaltkasten angebracht, wodurch der Außenfühler nicht funktionierte. Dadurch ergab sich durch drei Jahre ein Gasmehrverbrauch im Wert von S 29.100,-. Nicht festgestellt werden kann, daß an von der Gemeinschuldnerin eingebauten Umwälzpumpen eingetretene Schäden auf Arbeiten der Gemeinschuldnerin zurückzuführen sind. Nicht festgestellt werden kann ferner, daß die von der Gemeinschuldnerin vorgenommene Situierung der Entleerungshähne aus technischer Sicht unrichtig gewesen wäre. Die Enthärtungsanlage wurde auf Empfehlung der Gemeinschuldnerin eingebaut. Bei den im Stadtgebiet von Salzburg herrschenden Rohwasserverhältnissen ist der Einbau einer solchen Anlage nicht notwendig. Die Kosten dieser Enthärtungsanlage betrugen S 53.100,- netto. Die von der Gemeinschuldnerin errichtete Warmwasseraufbereitungsanlage versorgt jede der vorgesehenen einzelnen Wohneinheiten über einen zentralen Warmwasserbereiter und überdies über eigene Warmwasserbereiter. Eine derartige zentrale und dezentrale Warmwasseraufbereitungsanlage ist bei Objekten wie dem hier vorliegenden üblich. Weiters ist eine Luft-Wasser-Wärmepumpe zur Erzeugung des Brauchwassers in zentraler Form eingebaut. Die Verwendung einer solchen Pumpe war zum damaligen Zeitpunkt üblich und entsprach dem Stand der Technik. Beim derzeitigen Ausbauzustand des Objektes ist es nicht notwendig, die gesamten, warmwassererzeugenden Aggregate in Betrieb zu halten. Weil dies dennoch geschah, traten Mehrkosten für Heizenergie in Betrag von rund S 3.000,- auf. Die von der Gemeinschuldnerin eingebauten Warmwasser-Verbrauchszähler sind zwar für den derzeitigen Ausbauzustand unnötig, für den geplanten Endausbau jedoch erforderlich. Hinsichtlich des für die Bauprovisorien beim Kanalanschluß verwendeten und von der Gemeinschuldnerin nach Abschluß der Arbeiten zurückgenommenen Materials wurde ein Abzug von 20 % vom Preis dieser Materialien vereinbart. In der Schlußrechnung der Gemeinschuldnerin scheinen die für das Kanalprovisorium verwendeten Materialien mit einem Betrag von insgesamt S 12.640,- netto aus.

Der Beklagte leistete Zahlungen von bisher insgesamt S 2,802.829, vor und von S 385.282,19 nach Klagseinbringung. Im Werkauftrag vom 22.12.1983 ist ein Zahlungsziel von 30 Tagen nach erfolgter Rechnungsprüfung und ein Skontoabzug von 3 % bei Zahlung innerhalb von 8 Tagen und von 2 % bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen vereinbart.

Die Bestands- bzw Montagepläne wurden erst während Anhängigkeit dieses Verfahrens von der klagenden Partei erstellt und mit Schriftsatz vom 21.11.1990 vorgelegt. Diese Pläne entsprechen den Anforderungen. Der Mangel bei einem Flanschanschluß in der Waschküche des Erdgeschoßes wurde ebenfalls während Anhängigkeit dieses Verfahrens behoben.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß von der außer Streit stehenden Schlußrechnungssumme von S 3,839,033,34 die Zahlungen von S 2,802.829,- und von S 385.829,-, der Haftrücklaß von S 191.951,66 und der Materialnachlaß von S 55.337,27 sowie die vereinbarten 20 % des für das Bauprovisorium verwendeten Materials von S 12.640,- netto, sohin einschließlich 20 % USt S 3.033,60, abzuziehen seien, sodaß sich die berechtigte Klagsforderung mit S 400.599,62 errechne. Diesem Betrag stünden folgende berechtigte

Gegenforderungen gegenüber: Zusätzliche Investitionskosten durch

Überdimensionierung des Gaskessels: S 26.900,-; Nachrüstung des Kupferspiralwärmetauschers mit einer Anlage zur Überwachung der Abgastemperatur: S 2.000,-; Kosten der unnützen Enthärtungsanlage: S 53.100,-, das sind S 82.000,-. Hiezu kämen 20 % Umsatzsteuer von diesem Betrag, das sind S 16.400,-; Abstrahlungsverluste, weil bei der Pufferspeicheranlage die Umgehungsleitung fehle: S 4.000,-; Mehrverbrauch an Heizenergie durch den Betrieb aller Warmwasser erzeugenden Aggregate trotz des noch nicht erreichten

Endausbauzustandes des Objektes: S 3.000,-. Hieraus resultiere eine Summe an berechtigten Gegenforderungen von S 105.400,-.

Abgesehen von diesen Positionen habe die Anlage den Vorstellungen des Auftraggebers und den damaligen Stand der Technik entsprochen. Es liege keine weitere Überdimensionierung vor. Die Irrtumsanfechtung sei verfristet.

Diese Entscheidung bekämpfte der Beklagte ausdrücklich (nur) insoweit mit Berufung, als seine bis zur Höhe der als zu Recht bestehend erbannten Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend erkannt wurden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß Punkt 2. zu lauten habe:

a) die Gegenforderung des Beklagten bestehe mit dem Betrag von S 105.400,- zu Recht;

b) die Einwendung einer Gegenforderung darüber hinaus bis zum Betrag von S 400.599,62 werde abgewiesen.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es vertrat die Ansicht, daß Schadenersatzansprüche gegen den Gemeinschuldner, auch wenn sie mangels vorheriger Kenntnis des Schadens erst nach Konkurseröffnung geltend gemacht werden könnten, in der Regel Konkursforderungen seien, wenn sie schon vor der Konkurseröffnung entstanden seien. Insoweit unterlägen auch Schadenersatzansprüche als Gegenforderungen der Prozeßsperre des § 6 Abs 1 KO; sie seien im Konkurs anzumelden. Für den Fall der Unvermeidlichkeit einer prozessualen Austragung weise § 110 KO dem Gläubiger die Klägerrolle und § 111 KO dem Konkursgericht die Zuständigkeit zu. Diese zwingenden Vorschriften könnten nicht durch die Einwendung einer Konkursforderung als Gegenforderung umgangen werden. Aus § 20 KO ergebe sich, daß eine Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen aus der Nicht- oder Schlechterfüllung synallagmatischer Verträge rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht möglich sei. Die Aufrechenbarkeit müsse nämlich bereits bei Konkurseröffnung vorliegen. Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede sein, wie sich aus der Chronologie der Geltendmachung der strittigen Gegenforderungen während des Prozesses ergebe. Der Beklagte habe nie behauptet, geschweige denn bewiesen, daß seine lang nach Konkurseröffnung erstmals geltend gemachten Schadenersatzansprüche der eingeklagten Forderung schon bei oder vor Konkurseröffnung aufrechenbar gegenübergestanden seien. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger verweise den Beklagten in die Rolle eines Konkursgläubigers. Es sei ihm daher verwehrt, durch die Erhebung der Gegenforderung - im Gegensatz zur Forderungsanmeldung im Konkurs - alles anstatt die Quote zu erhalten. Entsprechend der in EvBl 1977/153 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei die gemäß § 20 KO unzulässige Einwendung der Aufrechnung nicht aus prozessualen Gründen zurückzuweisen, sondern mit Urteil abzuweisen. Insoweit die Gegenforderung im Umfang von S 105.400,- als zu Recht bestehend erkannt und beim Klagszuspruch berücksichtigt worden sei, könne das Gericht zweiter Instanz in die bereits eingetretene Rechtskraft nicht eingreifen. Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Frage der Aufrechenbarkeit derartiger Schadenersatzansprüche gemäß § 20 KO noch nicht behandelt habe und die Rechtsprechung hinsichtlich der formellen Erledigung unzulässiger Einwendungen nicht einheitlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig und im Ergebnis berechtigt.

In der Revision wird die Rechtsansicht vertreten, daß die Forderungen des Beklagten deshalb aufrechenbar seien, weil der Masseverwalter konkludent in den zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossenen und mangels Übergabe der Planungsunterlagen noch nicht vollständig erfüllten Werkvertrag dadurch eingetreten sei, daß der Masseverwalter erst im Zuge dieses Verfahrens die Bestandpläne ausgearbeitet und diese sowie die Montagepläne an den Beklagten übergeben habe. Zudem habe der Masseverwalter die Klage nicht auf bereicherungsrechtliche Ansprüche gestützt. Durch den Vertragseintritt sei die Verpflichtung des Gemeinschuldners zur Masseschuld geworden, sodaß der Beklagte trotz des anhängigen Konkurses berechtigt gewesen sei, seine Gegenforderungen aufrechnungsweise geltend zu machen. Aber auch im Fall eines Vertragsrücktrittes müsse sich der Masseverwalter Ansprüche aus grundloser Bereicherung der Masse als Masseforderung entgegenhalten lassen. Das Berufungsgericht hätte sich daher nicht nur mit der Rechtsrüge, sondern mit allen geltend gemachten Berufungsgründen auseinandersetzen müssen.

Es ist zwar nicht ersichtlich, welchen - im Sinn des Beklagten positiven - Einfluß der Umstand, daß der Vertrag (auch) seitens der Gemeinschuldnerin allenfalls noch nicht vollständig erfüllt war, auf die Frage der Aufrechenbarkeit der eingewendeten Gegenforderungen haben sollte.

Da aber die Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt wurde und sich letztlich gegen die Verneinung der Aufrechnungsmöglichkeit richtet, hat das Revisionsgericht die rechtliche Beurteilung der Vorinstanz auf Grund seiner allseitigen Prüfungspflicht ohne Beschränkung auf die vom Revisionswerber verwendete Argumentation nach allen Richtungen hin einer Prüfung zu unterziehen (EvBl 1985/154 mwN). Die Rechtsansicht der zweiten Instanz erweist sich hiebei aus folgenden Erwägungen als unrichtig:

Infolge der Rechtskraft des Ausspruches über das Zurechtbestehen der Forderung der klagenden Partei sind ausschließlich die eingewendeten Gegenforderungen Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Auf Fragen der Preisminderung oder mangelnden Fälligkeit der Werklohnforderung infolge von Gewährleistungsansprüchen ist nicht einzugehen. Zu prüfen ist lediglich die Erklärung des Beklagten, die der Konkursmasse gegen ihn zustehende und inzwischen rechtskräftig als zu Recht bestehend erkannte Forderung aus dem Werkvertrag zur Tilgung seiner Konkursforderungen, nämlich seiner aus Schlechterfüllung und Verletzung der Warnpflicht resultierenden Schadenersatzforderungen (Deckungskapital für Mängelbehebungskosten, Mängelfolgeschäden, frustrierte Aufwendungen) im Aufrechnungsweg zu verwenden.

Wie im Konkurs und Ausgleich wegen des Erfordernisses der Gleichbehandlung der Gläubiger Forderungen zu behandeln sind, denen aufrechenbare Gegenforderungen entgegenstehen, wird in den §§ 19 und 20 KO geregelt. Ein Konkursgläubiger, der bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gleichzeitig Schuldner der Konkursmasse ist, unterliegt insoweit nicht der Anmeldepflicht, als sich die beiden Forderungen aufrechenbar gegenüberstehen (§ 19 KO). Hiebei wird der zur Masse gehörende Anspruch Passivforderung, der des Konkursgläubigers Aktivforderung genannt. Besitzt ein Gemein(Ausgleichs)schuldner schon bei Eröffnung des Verfahrens eine Gegenforderung an den Gläubiger (Passivforderung), so hat dieser eine Deckung ähnlich einem Absonderungsberechtigten. Zwar ist es Sinn der konkursmäßigen Verstrickung, die Konkursmasse allen Gläubigern zu ihrer gleichmäßigen Befriedigung zu erhalten. Es wäre jedoch unbillig, einerseits vom Inhaber einer Aktivforderung die Vollzahlung seiner Schuld zu verlangen und andererseits seine Forderungen im Konkurs (Ausgleich) auf die Quote herabzusetzen. Die volle Deckung der Forderung des Konkurs(Ausgleichs)gläubigers durch eine im Konkurs (Ausgleich) erlaubte Aufrechnung stellt keine Verletzung der Gleichbehandlungsvorschriften und damit keine Sonderbegünstigung dar (JBl 1987, 582). Indem § 19 Abs 1 KO dem Konkurgläubiger das Recht gewährt, seine Verbindlichkeit durch Aufrechnung zu tilgen, sichert ihm die eigene Schuld volle Deckung für seinen Anspruch. Die Kompensationsbefugnis gleicht daher insoweit einen Absonderungsrecht, ohne aber dessen Bestimmungen zu unterliegen (JBl 1986, 321; Roth,

Die Aufrechnung im Konkurs, Beiträge zum Zivilprozeßrecht II, 167, je mit weiteren Nachweisen; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 470 ff).

Für die Aufrechnung gelten im allgemeinen die Erfordernisse der §§ 1438 ff ABGB. § 1439 Abs 2 ABGB verweist jedoch auf die Konkursordnung, die im Hinblick auf die konkursrechtlichen Besonderheiten einige Modifikationen vornimmt: § 19 Abs 2 KO erleichtert die Aufrechnung dadurch, daß von den Erfordernissen der Gleichartigkeit, der beiderseitigen Fälligkeit und der Unbedingtheit in gewisser Richtung abgesehen wird; § 20 KO schränkt sie hingegen dadurch ein, daß die Gegenforderung, die erst nach Verfahrenseröffnung entstanden oder in Kenntnis (verschuldeter Unkenntnis) der Zahlungsunfähigkeit des Konkurs(Ausgleichs)schuldners in den letzten sechs Monaten vor Verfahrenseröffnung erworben wurde, von der Aufrechnung ausgeschlossen ist, sofern der Gläubiger nicht zur Übernahme der Forderung verpflichtet war (Bartsch/Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes4 71; Roth aaO 168). Diese Einschränkung soll verhindern, daß sich einzelne Gläubiger durch den Erwerb von Passivforderungen gegen den bereits zahlungsunfähigen Gemeinschuldner eine bevorzugte Stellung verschaffen.

Grundsätzlich ist maßgebend, ob bei Beginn der Konkurswirkungen (§ 2 KO) die bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen der Aufrechenbarkeit vorhanden waren. Dann ist der Inhaber der Aktivforderung Konkursgläubiger mit allen Konsequenzen dieser Stellung, hat aber die Wahl, ob er den ihm zustehenden Konkursteilnahmeanspruch ausüben und die Passivforderung erfüllen oder ob er zu dem ihm beliebigen Zeitpunkt sein Aufrechnungsrecht durchsetzen will (Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 478).

Die Aufrechnung kann nur gegenüber dem Masseverwalter stattfinden. Für die Aufrechnungserklärung besteht keine Formvorschrift (Bartsch/Pollak, Konkursordnung3, I, 113). Der Konkurgläubiger kann die Aufrechnung während des Verfahrens ohne zeitliche Beschränkung durch gerichtliche oder außergerichtliche Erklärung gegenüber dem Masseverwalter vornehmen (Roth aaO, 167).

Es bleibt daher im vorliegenden Fall nur zu prüfen, ob sowohl die Werklohnforderung des Gemeinschuldners gegen den Beklagten als auch die in diesem Verfahren eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten gegen die Gemeinschuldnerin bereits vor Konkurseröffnung entstanden waren (RdW 1987/3). Dies ist bei der Werklohnforderung unabhängig davon der Fall, ob der Werkauftrag im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits vollständig erfüllt war oder nicht, weil der Anspruch des Unternehmers auf Werklohn - zum Unterschied zu dessen Fälligkeit - bereits mit Abschluß des Werkvertrages, der hier lange Zeit vor Konkurseröffnung lag, entsteht (JBl 1986, 321; JBl 1987, 582).

Der Schadenersatzanspruch des - sei es durch Verletzung einer Vertragspflicht oder durch Delikt - Geschädigten entsteht, sobald der betreffende Schaden eingetreten ist (Koziol, Haftpflichtrecht2 I, 10, 313). Das Vorbringen des Beklagten, mit dem er seine Gegenforderungen begründete, läßt darauf schließen, daß er durch die der Gemeinschuldnerin vorgeworfenen Fehler bei nahezu allen Positionen bereits vor Konkurseröffnung geschädigt war. Lediglich bei den Mängelfolgeschäden, die durch den behaupteten Energiemehrverbrauch hervorgerufen worden sein sollen, ist nicht ganz klar, ob oder inwieweit dieser auch für einen bereits nach Konkurseröffnung liegenden Zeitraum geltend gemacht wurde. Soweit insofern nicht ohnehin bereits unbekämpft abgesprochen wurde, wäre das Verfahren allenfalls noch ergänzungsbedürftig. Auf die Frage der Fälligkeit (vgl zum Problem Koziol aaO, 312 ff) kommt es hier - wie bereits ausgeführt - nicht an. Die Frage der Aufrechenbarkeit eines Ersatzanspruches auf Grund eines Schadens, der durch den Rücktritt des Masseverwalters vom Vertrag eingetreten ist (4 Ob 541/88), stellt sich hier nicht. Nach dem derzeitigen Akteninhalt hat der Beklagte zumindest den weitaus überwiegenden Teil seiner Gegenforderungen entgegen der Ansicht der zweiten Instanz in einer gemäß den §§ 19 und 20 KO durchaus zulässigen Weise der Klagsforderung entgegengehalten.

Das Gericht zweiter Instanz wird sich daher mit diesen Gegenforderungen, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, auseinanderzusetzen und sich insbesondere mit der Beweis- und Mängelrüge der Berufung des Beklagten sowie mit der behaupteten Aktenwidrigkeit des Ersturteiles zu befassen haben. Aus diesem Grund war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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