OGH 13Os65/94

OGH13Os65/9411.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Daniel H***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21.Dezember 1993, GZ 10 Vr 2515/93-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Daniel H***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I.) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II.) und des Diebstahls nach § 127 StGB (III.) schuldig erkannt.

Ihm wurde angelastet, Ulrike S***** am 14.August 1993 außer dem Fall des § 201 Abs 1 (ergänze: StGB), indem er sie so fest an den Haaren erfaßte, daß er ihr dabei Haare ausriß, sie am Arm erfaßte und ins Schlafzimmer zerrte, auf ein Bett warf und den Geschlechtsverkehr vollzog, nachdem er ihr Leggins und Unterhose heruntergerissen hatte, mit Gewalt zur Durchführung des Beischlafes genötigt (I.), sie am selben Tag durch die Äußerung: "Wenn ich dich noch einmal irgendwo treffe, bringe ich dich um" um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, zumindest mit einer Verletzung am Körper bedroht (II.) sowie am 8. August 1993 der Edith L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz eine Kunststoffgeldbörse mit 215 S Bargeld sowie eine goldene Halskette mit einem Anhänger und ein Paar dazu passende Ohrstecker (Wert insgesamt 1.050 S) weggenommen zu haben (III.).

Seine gegen den Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Die (gemeinsam mit der Tatsachenrüge, Z 5 a, ausgeführte) Mängelrüge (Z 5) versucht unter besonderer Hervorhebung eines vom Schöffengericht als mißverständlich protokolliert erachteten Teiles der Aussage des Vergewaltigungsopfers vor der Polizei (S 47) einen formalen Begründungsmangel nachzuweisen. Sie behauptet, das Tatopfer selbst habe vor dem Unternehmen des Geschlechtsverkehrs versucht, mit der Hand das nicht erigierte Glied des Angeklagten zu versteifen und schließt darauf auf dessen Zustimmung zum Geschlechtsverkehr.

Diese von der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Graz am 15.August 1993 protokollierte Aussage der Zeugin lautet: "H***** stand vor mir, ich lag im Bett, und versuchte mit einer Hand, sein Glied durch Massieren desselben steif zu bekommen" (S 47).

In allen ihren gerichtlichen Aussagen hatte die Zeugin dazu erklärt, der Angeklagte habe selbst Hand an sich gelegt, sie habe sein Glied niemals berührt und vor der Polizei auch nie gesagt, daß sie dieses massiert habe (S 78, 196, 199; 209, 210). Daraus konnten die Tatrichter ohne Verletzung der Denkgesetze auf eine (auch schon vor der Polizei) widerspruchsfreie Aussage der Zeugin und den Umstand schließen, daß der Angeklagte selbst versucht hatte, sein Glied zu versteifen (US 8, 9). Hinzu tritt, daß die festgestellte Gewaltanwendung und anschließende Duldung des Beischlafes auch auf das Ausreißen von Haaren, dem Zerreißen der Hosen und einer Verletzung der Zeugin formal mängelfrei gegründet wurde (US 7).

Auch mit dem Umstand, daß das Opfer der Vergewaltigung und der gefährlichen Drohung dem Angeklagten anläßlich des Besuches, bei dem die Vergewaltigung erfolgte, einen Zettel mit seiner Adresse und dem Hinweis "dreimal läuten" übergab, versucht die Rüge darzutun, die Zeugin wäre mit der Durchführung des Geschlechtsverkehrs einverstanden gewesen. Dieser Umstand betrifft jedoch keine entscheidungswesentliche Tatsache, weil er weder für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung ist. Abgesehen davon war das Schöffengericht schon deswegen nicht gehalten, sich damit auseinanderzusetzen, weil dieser Zettel dem Angeklagten nach der als völlig glaubwürdig erachteten Aussage der Zeugin bereits übergeben wurde, als vom Geschlechtsverkehr noch keine Rede war und sie vom Angeklagten noch nichts zu befürchten hatte (S 210).

Im übrigen versucht die Mängelrüge durch willkürliche Aneinanderreihung von Zitaten von aus dem Zusammenhang gelösten Aussagen der Verfahrensbeteiligten neuerlich, der Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen, und solcherart in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise in Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter zu bekämpfen und muß schon deshalb scheitern.

Die Ausführungen zum Schuldspruch wegen Diebstahls wenden sich im Kern ebenso gegen die Erwägungen des Schöffengerichts zur Überzeugungskraft der dazu aufgenommenen Beweise. Dieses hat die Täterschaft des Angeklagten im wesentlichen mit seiner Anwesenheit am Tatort und dem dadurch geschaffenen Gelegenheitsverhältnis begründet und konnte sich dabei auf die Aussagen der Zeugin Edith L***** stützen, die die von der Beschwerde ins Spiel gebrachte Annahme, auch andere Personen könnten als Täter in Frage kommen, ausgeschlossen hatte (S 192-194).

Die dieselben Umstände wie die Mängelrüge relevierende Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag aber damit keine aus den Akten hervorgehenden Umstände aufzuzeigen, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen vermögen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) wiederholt zum Urteilsfaktum I. zusammengefaßt das Vorbringen der Mängel- und Tatsachenrüge, behauptet zum Faktum II. (wie bereits ein Teil der Mängel- und Tatsachenrüge), daß sich der Angeklagte nur in einem Dialektausdruck vergriffen habe und bestreitet zum Faktum III. überhaupt dessen Täterschaft. Die prozeßordnungsgemäße Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes erfordert jedoch das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt und den Vergleich mit dem darauf angewendeten Strafgesetz, woraus der Nachweis abgeleitet werden muß, dem Erstgericht sei diesbezüglich ein Rechtsirrtum unterlaufen. Indem die Beschwerde vom gesamten Urteilsinhalt, also dem vom Erstgericht in Urteilsspruch und Gründen festgestellten Sachverhalt, zu allen drei dem Angeklagten zur Last gelegten Delikte abgeht (US 2, 3; 5-7; 11 und 12), entbehrt sie aber einer gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs 1 und 2 iVm 285 a Z 2 StPO) bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Über die zugleich erhobene Berufung hat mithin das zuständige Oberlandesgericht Graz zu entscheiden (§ 285 i StPO).

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