OGH 4Ob11/94

OGH4Ob11/9410.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** K***** A*****, ***** Bundesrupblik Deutschland, vertreten durch Dr.Wilfried Haidacher, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei ***** P*****-GmbH, ***** vertreten durch Dr.Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen DM 43.959,92 sA und Unterlassung (Streitwert S 150.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 21.Oktober 1991, GZ 13 R 37/93-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2. April 1993, GZ 13 Cg 82/92-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.704,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.950,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Es trifft nicht zu, daß das Berufungsgericht den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt übernommen, dennoch aber die Entscheidungsgrundlagen als bedenklich bezeichnet hat. Das Berufungsgericht hat lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob die der Beklagten am 20.12.1990 vorgelegten Muster den im vorliegenden Verfahren vom Kläger vorgelegten Mustern entsprechen, zwar einen Einfluß auf die Beweiswürdigung haben könnte, daß die Einholung eines solchen Gutachtens aber aus rechtlichen Gründen entbehrlich ist, weil es auf diese Frage nicht ankomme, die der Kläger (andere) entscheidungswesentliche Tatsachen nicht vorgetragen hat. Darin liegt aber keine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO. Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage der Übereinstimmung der Muster ist aus rechtlichen Gründen nicht erheblich, so daß ein Verfahrensmangel nicht vorliegt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (ÖBl 1987, 157; 4 Ob 102/88; 4 Ob 127/92; 4 Ob 88/93) ist das Nachahmen fremder Erzeugnisse, die keinen Sonderrechtsschutz genießen - auf einen solchen stützt der Kläger seinen Sicherungsantrag nicht -, und das darin liegende Ausnützen fremder Leistungen und Kenntnisse grundsätzlich erlaubt, weil niemand Ausschließlichkeitsrechte beanspruchen kann, wenn sie ihn nicht vom Gesetz eingeräumt wurden (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 79; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 205 f; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 557 f Rz 439 f zu § 1 d UWG). Wettbewerbsrechtlich verboten ist eine solche Nachahmung nur dann, wenn sie unter Begleitumständen geschieht, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt. Bei der - hier in Betracht kommenden - vermeidbaren Herkunftstäuschung wird für die Begründung der Sittenwidrigkeit - neben einer bewußten Nachahmung - stets gefordert, daß der nachgemachte Gegenstand wettbewerbliche Eigenart und, damit zusammenhängend, zumindest in der Regel eine gewisse Verkehrsbekanntheit besitzt; wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß der Nachahmungsgegenstand Gestaltungen und Merkmale aufweist, die den Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen oder Einrichtungen anderer Herkunft ermöglichen (ÖBl 1987, 156; ÖBl 1989, 39; ÖBl 1992, 19 ua). Wie auch beim Sonderrechtsschutz (vgl zum UrhG etwa MR 1992, 197; MR 1993, 228), ist es daher hier Sache des Klägers, jene Umstände zu behaupten und zu beweisen, die die wettbewerbliche Eigenart und die Verkehrsbekanntheit seines Produktes begründen (vgl zu dieser Bescheinigungslast des Klägers bei Modeartikeln schon ÖBl 1958, 9). Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß der Kläger im vorliegenden Fall dieser Behauptungs- und Beweislast nicht nachgekommen ist. Mit der Vorlage der Muster allein konnte der Kläger die wettbewerbliche Eigenart - abgesehen davon, daß die Vorlage von Augenscheinsgegenständen das erforderliche Prozeßvorbringen nicht ersetzen kann - schon deshalb nicht bescheinigen, weil sich aus diesen Mustern nicht ergibt, worin sich die vom Kläger vorgelegten Hemden von solchen anderer Erzeuger unterscheiden. Nur mit solchen Unterschieden aber hätte die wettbewerbliche Eigenart dieser Modeartikel begründet werden können. Für die Verkehrsbekanntheit ist es außerdem erforderlich, daß der nachgeahmte Gegenstand bereits in den Verkehr gebracht wurde, weil nur dadurch Herkunftsvorstellungen ausgelöst werden können (ÖBl 1983, 134; ÖBl 1985, 24; ÖBl 1987, 156 ua). Auch dazu hat der Kläger kein Tatsachenvorbringen erstattet. Zudem handelt es sich hier um Massenartikel, an deren Verkehrsbekanntheit ein strengerer Maßstab anzulegen ist, weil das Publikum bei ihnen meist nicht auf ihre betriebliche Herkunft achtet (ÖBl 1981, 154; ÖBl 1986, 43; ÖBl 1988, 10; zuletzt etwa 4 Ob 8/94). Somit hätte der Kläger hier auch wesentliche Unterschiede zu gleichartigen oder ähnlichen Produkten anderer Erzeuger darlegen müssen. Die Frage, ob die Beklagte Muster des Klägers bewußt nachgeahmt hat, konnte daher ungeprüft bleiben. Darauf, ob die vom Kläger vorgelegten Muster auf seiner eigenen Leistung beruhen, kommt es allderdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht an, weil bei Verstößen gegen § 1 UWG jeder Mitbewerber Unterlassungsansprüche hat.

Richtig ist auch, daß der Kläger in der Rechtsrüge seiner Berufung keine Ausführungen zu dem auf das Zurverfügungstellen (anderer !) Muster gestützte Zahlungsbegehren erstattet hat. Der nach ständiger Rechtsprechung geltende Grundsatz, daß die rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden kann, wenn der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht (gesetzmäßig) ausgeführt wurde, gilt (partiell) auch dann, wenn das Ersturteil nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde; die Entscheidung über den auf diese Musterrechnungen gestützten Zahlungsanspruch kann der Kläger daher auch mit Revision nicht mehr bekämpfen (MR 1987, 221; MR 1989, 52).

Entgegen dem gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht bindenden Auspruch des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision zulässig sei, hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Die Revision war daher zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.

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