OGH 15Os63/94

OGH15Os63/945.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz T***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. November 1993, GZ 6 b Vr 12635/92-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (im Grundtatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG laut Punkt A und wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG laut Punkt B des Urteilssatzes) unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die Tat in Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge bei weitem überstieg und in der darauf beruhenden Beurteilung (auch) als Verbrechen nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG sowie demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Soweit sich die Nichtigkeitsbeschwerde (auch) gegen den Grundtatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG richtet, wird sie zurückgewiesen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz T***** (A.1.-5.) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und (B.) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider

(zu A.) in der Zeit von Anfang 1992 bis Juli 1992 Suchtgift[e] in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, wobei er die Tat in Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge "das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge bei weitem überstieg" (richtig: ..., dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der in Abs 1 angeführten Menge ausmacht), indem er an vier (im Urteilsspruch namentlich genannte) abgesondert Verfolgte jeweils ca 20 Gramm und an diverse Unbekannte eine nicht feststellbare Menge Heroin verkaufte;

(zu B.) von ca Ende Oktober 1990 bis Anfang Oktober 1992 (zu ergänzen: außer den Fällen der §§ 12 und 14 a) Suchtgift, nämlich Heroin und Kokain, wiederholt erworben und besessen.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte zwar - der Sache nach nur wegen des Schuldspruchs nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG - mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; der Rechtsmittelantrag geht jedoch dahin, "das angefochtene Urteil aufzuheben", bezieht sich somit uneingeschränkt auch auf den Schuldspruch wegen des Grundtatbestandes nach § 12 Abs 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG.

Zum Grundtatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und zum Vergehenstatbestand finden sich in der Beschwerdeschrift aber keine Ausführungen, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit eine deutliche und bestimmte Bezeichnung jener Tatumstände vermissen läßt, die einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, weshalb sie in diesem Umfang gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen war.

Im Ergebnis berechtigt ist hingegen die gegen die Unterstellung des unter Punkt A. des Urteilssatzes umschriebenen Sachverhaltes auch unter die Qualifikation des § 12 Abs 3 Z 3 SGG gerichteten Subsumtionsrüge (Z 10), weil das Urteil im Ausspruch über die Inverkehrsetzung einer "übergroßen" Heroinmenge im Sinne des § 12 Abs 3 Z 3 SGG mit Feststellungsmängeln behaftet ist.

Dazu konstatierte das Schöffengericht (vgl US 5 f), daß der Angeklagte zur Finanzierung seines Suchtgiftbedarfes von Anfang 1992 bis Juli 1992 wiederholt in kleinen Mengen insgesamt jeweils 20 Gramm von dem durch ihn erworbenen Heroin "in aufgestrecktem" Zustand an vier namentlich bekannte Abnehmer und darüber hinaus nicht mehr feststellbare Mengen an weitere, nicht ausgeforschte Suchtgiftkonsumenten verkaufte, wobei die insgesamt in Verkehr gesetzte Heroinmenge das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge (bei weitem) überstieg. Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen (US 9 f) ging das Erstgericht - im Sinne der Judikatur (vgl EvBl 1987/87) - bei Heroin von 1,5 Gramm Reinsubstanz für die "große Menge" des § 12 Abs 1 SGG und demnach von zumindest 37,5 Gramm (Reinsubstanz) für die "Übermenge" des § 12 Abs 3 Z 3 SGG aus und sah den Verbrechenstatbestand objektiv dadurch erfüllt, daß der Angeklagte durch die inkriminierten Verkäufe eine "die Grenzmenge (ersichtlich gemeint: die übergroße Menge) weit übersteigende Menge von Heroin in Verkehr gesetzt hat".

Diese Urteilsfeststellungen sagen aber über die tatsächliche Qualität des vom Beschwerdeführer verkauften Suchtgiftes, von dem nach den Urteilsfestellungen 80 g "aufgestreckt" waren (US 5), nichts Verläßliches aus und lassen demnach fallbezogen eine tragfähige Grundlage für die konstatierte Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG vermissen. Bei der gegebenen Fallgestaltung wären aber Feststellungen über den Reinheitsgrad des tatverfangenen Heroins umso erforderlicher gewesen, als es sich bei der in Rede stehenden Gesamtmenge von mindestens 80 Gramm Heroin keineswegs um ein derart großes Quantum handelt, bei dem schon nach der forensischen Erfahrung die "Übermenge" geradezu auf der Hand liegt.

Nur am Rande sei angemerkt, daß auch der bisherigen Aktenlage keine eindeutigen Anhaltspunkte über die Qualität des (nicht sichergestellten) Heroins zu entnehmen sind.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der vom Angeklagten gegen die Unterstellung der Tat auch unter die Qualifikation des § 12 Abs 3 Z 3 SGG gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und das angefochtene Urteil in diesem Umfang (einschließlich des Strafausspruchs) zu kassieren (§ 285 e StPO).

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft waren mit ihren Berufungen hierauf zu verweisen.

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