OGH 2Ob25/94

OGH2Ob25/9428.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Alfred Thewanger, Dr.Helmut Lenz und Dr.Günther Grassner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. Ernst R*****, und 2. ***** Versicherung Aktiengesellschaft, ***** beide vertreten durch Dr.Heinz Oppitz und Dr.Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 120.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13.Oktober 1993, GZ 6 R 63/93-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 28.Dezember 1992, GZ 6 Cg 3/92h-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Am 5.7.1991 fuhr der Erstbeklagte mit seinem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW Ford Orion auf der W***** Bundesstraße von W***** in Richtung B*****. Bei Straßenkilometer 5,2 kam es um ca. 21,20 Uhr zu einem Zusammenstoß mit einem Hirsch; das Tier, das einen Abschußwert von S 120.000,-- hatte, wurde dabei getötet. Vor der Unfallstelle - in Annäherungsrichtung des Erstbeklagten gesehen - ist zweimal das Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" aufgestellt.

Die klagende Partei begehrt den Ersatz von S 120.000,-- mit der Begründung, Jagdberechtigte des Jagdgebietes ***** W***** zu sein. Der Erstbeklagte sei mit weitaus überhöhter Geschwindigkeit und ohne die für den Verkehr erforderliche Aufmerksamkeit gefahren, weshalb er mit dem auf der Fahrbahn befindlichen Hirsch aus dem Wildbestand der Klägerin kollidiert sei. Der Erstbeklagte hätte den Unfall bei Einhaltung einer angepaßten Geschwindigkeit bzw. entsprechender Aufmerksamkeit vermeiden können. Die Klägerin habe den Abschuß des Hirsches bereits um 120.000,-- S vergeben und sei ihr ein Schaden in dieser Höhe entstanden. Überdies habe der Hirsch einen Trophäenwert in dieser Höhe gehabt.

Die Beklagten wendeten ein, den Erstbeklagten treffe kein Verschulden; er habe weder eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten noch verspätet reagiert. Vielmehr sei der Unfall auf ein unabwendbares Ereignis zurückzuführen, da der Hirsch plötzlich von links auf die Fahrbahn gesprungen und seitlich gegen den PKW des Erstbeklagten gelaufen sei. Die Beklagten bestritten auch die Aktivlegitimation der Klägerin; es werde Sache der Klägerin sein, nachzuweisen, daß sie tatsächlich Jagdberechtigte des von ihr bezeichneten Jagdgebietes sei bzw. welchen Umfang dieses Jagdgebiet habe. Die Klägerin werde auch nachzuweisen haben, daß der Hirsch in ihrem Eigentum stand und/oder zu ihrem Jagdrevier gehörte. Der Höhe nach wurde der Sachschaden mit 120.000,-- S außer Streit gestellt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Erstbeklagte näherte sich der späteren Unfallsstelle auf einem geraden Straßenstück mit einer Geschwindigkeit von annähernd 100 km/h. Er hatte das Licht - "wahrscheinlich Fernlicht" - eingeschaltet, da es schon etwas dämmrig war. Die Asphaltstraße ist im Unfallsbereich 6,6 m breit. Links von der Fahrbahn fällt das Gelände etwas ab. Nach einer etwa 12 m breiten freien Fläche beginnt der Wald. Ca. 35 bis 38 m bzw. 1,3 bis 1,4 Sekunden vor dem Zusammenstoß bemerkte der Erstbeklagte, daß sich ein größeres Tier von links auf seine Fahrlinie zubewegte. Nach Ablauf einer Reaktionssekunde bremste er, wobei die Bremsen 0,2 Sekunden später angesprochen haben und 0,1 bis 0,2 Sekunden vor der Kollision wirksam wurden. Durch die Bremsung wurde die Geschwindigkeit des PKW bis zum Kollisionszeitpunkt um 5 bis 8 km/h vermindert. Der Anstoß des die Fahrbahn quer von links nach rechts mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 km/h querenden Hirschen erfolgte im Bereich des linken vorderen Kotflügels des Fahrzeuges. Der Tierkörper wurde dadurch halb über das Dach des PKW abgewälzt und einige Meter über den rechten Straßenrand hinausgeschleudert. Die Reaktion des Erstbeklagten setzte ein, als der Hirsch noch links außerhalb der Fahrbahn war. Eine Kollision bei gleicher Reaktion wäre nur dann zu vermeiden gewesen, wenn der Erstbeklagte nicht schneller als 58 bis 61 km/h gefahren wäre.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dem Erstbeklagten sei weder eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h noch eine verspätete Reaktion vorzuwerfen. Das Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" diene nur dem Schutz des Straßenverkehrs, ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einem allfälligen Verstoß gegen dieses Gefahrenzeichen und dem eingetretenen Schaden sei daher abzulehnen. Selbst wenn ein Risikozusammenhang zwischen der Gesetzesvorschrift des § 50 Z 13b StVO und dem Vermögensschaden der Klägerin gegeben wäre, wäre der Erstbeklagte jedenfalls nicht verpflichtet gewesen, nur mit rund 60 km/h zu fahren. Es sei übertrieben und lebensfremd, eine derart niedrige Geschwindigkeit nur wegen des angezeigten Wildwechsels zu verlangen. Auch bei einer Geschwindigkeit von nur 80 km/h wäre der Hirsch jedenfalls verletzt worden und der Klägerin zumindest zu einem waidgerechten Abschluß nicht mehr zur Verfügung gestanden. Ein ersatzfähiger Schaden der Klägerin liege daher nicht vor.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, der Halter eines Kraftfahrzeuges habe dem Jagdberechtigten dann Schadenersatz zu leisten, wenn ihn am Unfall, der den Tod des Wildes verursachte, ein Verschulden trifft oder er nach dem EKHG hafte. Im vorliegenden Fall treffe den Erstbeklagten weder ein Verschulden noch hafte er als Halter. Das Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" habe den Erstbeklagten verpflichtet, seine Geschwindigkeit an die angekündigte Gefahr anzupassen, es habe aber nicht unter allen Umständen eine Verpflichtung zur Verminderung der Geschwindigkeit bestanden. Bei der Frage, ob eine Verminderung der Geschwindigkeit geboten sei, komme es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Im Falle eines tatsächlichen Wildwechsels sei insbesondere das Fernlicht abzublenden und zeitweilig die Hupe zu betätigen. Aber lediglich aufgrund des Gefahrenzeichens "Achtung Wildwechsel", ohne Hinweis auf einen konkreten Wildwechsel, sei der Erstbeklagte nicht verpflichtet gewesen, mit Abblendlicht zu fahren und die Hupe zu betätigen. Auch mit der Geschwindigkeit von 100 km/h habe der Erstbeklagte nicht gegen § 20 Abs.2 StVO verstoßen, sodaß ihm ein Verschulden nicht angelastet werden könne.

Das Berufungsgericht erachtete aber auch den Entlastungsbeweis nach § 9 Abs.2 EKHG als erbracht. Die vom Erstbeklagten eingehaltene Geschwindigkeit von 100 km/h stehe der Annahme eines unabwendbaren Ereignisses nicht entgegen. Auch bei Anwendung eines strengen Maßstabes könne bei guten Fahrbahn- und Sichtverhältnissen, bloß aus der Tatsache, daß die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei Dämmerung eingehalten wurde, noch nicht abgeleitet werden, daß der Entlastungsbeweis nicht erbracht wurde. Daran vermöge auch das zweimal aufgestellte Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" nichts zu ändern. Der Erstbeklagte hätte den Zusammenstoß nur dann verhindern können, wenn er eine Geschwindigkeit von 58 bis 61 km/h eingehalten hätte, zu einer derartigen Reduktion der Geschwindigkeit sei er aber nicht verpflichtet gewesen. Eine solche Geschwindigkeit unter den gegebenen Umständen vom Erstbeklagten zu verlangen, hieße, die an seine Sorgfaltspflicht gestellten Anforderungen zu überspannen. Zu bedenken sei auch, daß die Schutznorm des § 49 StVO nicht zugunsten des Wildes bzw. des Jagdberechtigten geschaffen wurde. Das Wild, aus dessen Tötung dem Jagdberechtigten ein Recht in Form eines Anspruches auf Schadenersatz erwachse, habe selbst die maßgebliche Schadensursache gebildet, ohne daß der Jagdberechtigte seinerseits aus dem Titel des Jagd- und Wildschadens dem Erstbeklagten zumindest durch eine Haftungsquote nach § 1304 ABGB für einen Teil seiner Nachteile aus der Beschädigung des PKWs geradezustehen habe. Der Jagdberechtigte sei nämlich nicht etwa nach § 1320 ABGB zu besonderen Maßnahmen, um den Wildwechsel zu unterbinden, verpflichtet, Entschädigungen nach den Landesjagdgesetzen gebührten nur für typische Jagd- und Wildschäden, wie etwa Flurschäden als Folge der Jagdausübung. Eine Kombination dieser Argumente führe zum Ergebnis, daß der Jagdberechtigte dann vom Halter keinen Schadenersatz verlangen könne, wenn primäre Schadensursache das plötzlich auftretende Wild war und die von vornherein eingehaltene Geschwindigkeit nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem Wildschaden stehe. Der Gesetzgeber nehme seinerseits eine gewisse Gefährdung des Straßenverkehrs durch den Wildwechsel in Kauf, eine Überlegung, die mit dem Ergebnis, daß der Jagdberechtigte letztlich vollen Schadenersatz zu erhalten hätte, wenn dem PKW-Halter der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs.2 EKHG nicht gelinge, nicht in Einklang gebracht werden könne.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.

Die klagende Partei vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, der Erstbeklagte habe ihr schuldhaft einen Schaden zugefügt. Im Hinblick auf das zweimal vor der Unfallsstelle aufgestellte Gefahrenzeichen "Wildwechsel" wäre er gemäß § 49 StVO verpflichtet gewesen, seine Geschwindigkeit erheblich zu reduzieren und den durch das Gefahrenzeichen angekündigten Umständen anzupassen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen diene das Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" nicht nur dazu, den Fahrzeuglenker vor der Gefahr einer Kollision mit einem die Straße querenden Wild zu warnen, sondern auch dem Schutz des Wildes bzw. des Aneignungsrechtes des Jagdberechtigten; der von den Vorinstanzen verneinte Rechtswidrigkeitszusammenhang sei somit gegeben. Der Beweis, daß sich der Unfall ohne schuldhaftes Verhalten des Erstbeklagten in der gleichen Weise und mit den gleichen Auswirkungen ereignet hätte, sei nicht erbracht worden. Vielmehr wäre es bei Einhaltung einer angemessenen Geschwindigkeit von ca. 60 km/h zu keiner Kollision zwischen dem PKW und dem Hirsch gekommen und daher kein Schaden im Vermögen der Klägerin eingetreten.

Überdies hätte der Erstbeklagte aufgrund der von ihm eingehaltenen zulässigen Höchstgeschwindigkeit dem Verkehrsgeschehen erhöhte Aufmerksamkeit widmen und entsprechend reagieren müssen, sodaß ihm lediglich eine verkürzte Reaktionszeit von 0,6 Sekunden zugebilligt werden könne. In der Zeitspanne von 0,4 Sekunden hätte der Hirsch eine Wegstrecke von 6,1 m zurückgelegt und dadurch die gesamte Straße überquert, ohne daß es zu einer Kollision gekommen wäre.

Jedenfalls aber hafte der Erstbeklagte als Halter des PKW gemäß § 5 Abs.1 EKHG für den eingetretenen Schaden, wobei es im Rahmen des Haftungshöchstbetrages des § 16 EKHG auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nicht ankomme. Der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs.2 EKHG sei aber vom Erstbeklagten nicht erbracht worden, weil er einerseits verzögert reagiert habe und anderseits auch zu schnell gefahren sei. Dazu komme, daß ein besonders sorgfältiger Kraftfahrer auch Warnzeichen abgegeben hätte. Der Erstbeklagte habe den Hirsch bemerkt, als dieser noch links außerhalb der Fahrbahn war; sofortiges Hupen hätte den Hirsch davon abhalten können, auf die Fahrbahn und gegen den PKW des Erstbeklagten zu laufen. Dem Erstbeklagten wäre es möglich und nach dem Maßstab des besonders sorgfältigen Kraftfahrers auch zumutbar gewesen, nicht nur zu bremsen, sondern auch zugleich zu hupen.

Diese Ausführungen sind jedenfalls teilweise zutreffend.

Gemäß § 5 Abs.1 EKHG ist der Kraftfahrzeughalter verpflichtet, im Falle einer Beschädigung einer Sache durch einen Unfall beim Betrieb des Kraftfahrzeuges Ersatz zu leisten. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit noch auf einem Versagen der Verrichtung des Kraftfahrzeuges beruhte. Als unabwendbar gilt ein Ereignis insbesondere dann, wenn es auf das Verhalten des Geschädigten, eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten oder eines Tieres zurückzuführen ist und der Halter und die mit seinem Willen beim Betrieb tätigen Personen jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben (§ 9 EKHG). Nicht nur ein Mensch, sondern ein Tier kann sich in einer Art und Weise verhalten, daß ein Unfall nicht mehr verhindert werden kann; hat jedoch der Halter jede gebotene Sorgfalt nicht eingehalten, so haftet er dem Eigentümer des getöteten oder verletzten Tieres (Apathy, KommzEKHG, Rz 13 und 14 zu § 9). Die Haftungsbefreiung nach § 9 Abs.2 EKHG setzt voraus, daß die äußerste, nach den Umständen des Falles mögliche und zumutbare Sorgfalt eingehalten worden ist. Der ideale Verkehrsteilnehmer, der als Maßstab für die Beurteilung der möglichen und zumutbaren Sorgfalt heranzuziehen ist, zeichnet sich durch besonders überlegene Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht aus; er beachtet nicht nur die Gesetzesbestimmungen, sondern vermeidet es von vornherein, in eine Situation zu kommen, aus der eine Gefahr entstehen kann (Apathy, aaO, Rz 16 zu § 9 mwN). Im vorliegenden Fall ist nun zu bedenken, daß vor der späteren Unfallstelle zweimal das Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" (§ 50 Z 13b StVO) aufgestellt war. Dieses Gefahrenzeichen dient, wie in der Revision zutreffend ausgeführt wird, nicht nur dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, sondern auch dem Schutz des Jagdberechtigten. So wie die Gefahrenzeichen "Fußgängerübergang", "Radfahrerüberfahrt" und "Kinder" dem Schutz der Fußgänger, Radfahrer und Kinder dienen, sollen durch die Gefahrenzeichen "Achtung Tiere" und "Achtung Wildwechsel" (auch) der Eigentümer der Tiere und der Jagdberechtigte geschützt werden. Gemäß § 49 Abs.1 StVO kündigen die Gefahrenzeichen an, daß sich in der Fahrtrichtung auf der Fahrbahn Gefahrenstellen befinden. Die Lenker von Fahrzeugen haben sich in geeigneter Weise, erforderlichenfalls durch Verminderung der Geschwindigkeit, der angekündigten Gefahr entsprechend zu verhalten. Das Vorhandensein eines Gefahrenzeichens verpflichte den Kraftfahrer zu einer erhöhten Reaktionsbereitschaft; im übrigen hat sich sein Verhalten nach den Besonderheiten der angekündigten Gefahr zu richten. Ein Gefahrenzeichen verpflichtet zur Anpassung an die angekündigte Gefahr, nicht jedoch unter allen Umständen zur Verminderung der Geschwindigkeit; diesbezüglich kommt es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an (ZVR 1987/22 mwN). Beim Gefahrenzeichen "Wildwechsel" ist jedoch eine solche Geschwindigkeit zu wählen bzw. auf eine solche herabzusetzen, die es dem Lenker ermöglicht, sein Fahrzeug zu beherrschen und der Unfallgefahr, also plötzlich auftretendem Wild, zu begegnen (8 Ob 177/74). Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Erstbeklagte im Hinblick auf das zweimal aufgestellte Gefahrenzeichen "Achtung Wildwechsel" und auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß Dämmerung herrschte und daher eine besondere Gefahr des Wildwechsels bestand, keinesfalls die Geschwindigkeit von 100 km/h beibehalten hätte dürfen, vielmehr wäre er verpflichtet gewesen, seine Geschwindigkeit erheblich herabzusetzen (vgl. Kunschert in Geigel, Haftpflichtprozeß21, 726).

Dazu kommt, daß dem Erstbeklagten auch nicht eine Reaktionszeit von einer Sekunde zugebilligt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung kann einem zu besonderer Aufmerksamkeit verpflichteten Kraftfahrer nur eine Reaktionszeit von 0,6 bis 0,8 Sekunden zugebilligt werden (ZVR 1990/159). Bezogen auf den Maßstab eines besonders sorgfältigen Fahrers ist daher dem Erstbeklagten vorzuhalten, daß er seine Geschwindigkeit nicht erheblich reduziert und auch nicht innerhalb der kürzestmöglichen Zeit reagiert hat. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht ist daher davon auszugehen, daß dem Erstbeklagten der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs.2 EKHG nicht gelungen ist.

Es muß zwar auch bei Ansprüchen, die sich aus dem EKHG ableiten, ein Kausalzusammenhang zwischen dem diesem Gesetz widersprechenden Verhalten und den eingetretenen Unfallsfolgen bestehen. Die Nichtbeachtung der Sorgfaltspflicht durch den Erstbeklagten müßte außer Betracht bleiben, wenn sich der Unfall mit Sicherheit auch dann ereignet hätte und es zum selben Schaden gekommen wäre, wenn er die erforderliche Sorgfalt angewendet htäte (ZVR 1981/146). Den Nachweis, daß sich der Unfall in der gleichen Form und dem gleichen Schadenseintritt ereignet hätte, wenn der Erstbeklagte seine Geschwindigkeit erheblich herabgesetzt und nach 0,6 bis 0,8 Sekunden reagiert hätte, hat der Erstbeklagte aber nicht erbracht, sodaß ihn als Halter für die durch den Unfall beim Betrieb des Kraftfahrzeuges beschädigte Sache trifft. Bei Verletzung des einem dinglichen Recht zumindest nahestehenden Jagdrechtes kann auch der Jagdberechtigte Ersatz des ihm zugefügten Nachteils begehren (Koziol, Haftpflichtrecht II2, 36 f). Auf die Frage, ob nicht dem Erstbeklagten ein Verschulden anzulasten ist, braucht nicht eingegangen zu werden, da der von der klagenden Partei geltend gemachte Schaden sich im Rahmen der Höchstbeträge des § 16 EKHG hält. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist daher die Haftung des Erstbeklagten und gemäß § 22 KHVG auch jene der zweitbeklagten Partei grundsätzlich zu bejahen.

Dessenungeachtet ist die Rechtssache aber noch nicht spruchreif, weil die beklagten Parteien die aktive Klagslegitimation bestritten und keine Feststellungen über das Jagdrecht der Klägerin getroffen wurden. An sich umfaßt das Jagdrecht auch das Recht, jagdbare Tiere sich anzueignen (Spielbüchler in Rummel2, Rz 2 zu § 383), sodaß im Falle, daß der getötete Hirsch vom Jagdrecht der Klägerin umfaßt war, deren Schadenersatzanspruch zu bejahen ist. Da aber über das Jagdrecht der Klägerin trotz Bestreitung durch die beklagte Partei keine Feststellungen getroffen wurden, leidet das Verfahren an einem Mangel, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache hindert, sodaß gemäß § 510 Abs.1 ZPO das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Streitsache zum Zwecke der neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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