OGH 6Ob1543/94

OGH6Ob1543/9414.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth G*****, ***** vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Anton W*****, ***** vertreten durch Dr. Hannes Hammerschmidt, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen Feststellung und Leistung (Gesamtstreitwert 100.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Jänner 1994, GZ 3 R 127/93-16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

a) Der Grundsatz, daß angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche erkannt worden sind, nicht auch noch in dritter Instanz geltend gemacht werden können, bleibt in Fällen unanwendbar, in welchen das Berufungsgericht wegen unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften Mängel des Verfahrens erster Instanz mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verneinte; in solchen Fällen liegt ein Mangel des Berufungsverfahrens vor, der gemäß § 503 Z 2 ZPO bekämpft werden kann (EFSlg 52.239 ua).

Der Erstrichter unterließ die Vernehmung des in Punkt 3. der Klage für vier im einzelnen dargestellte, nach Auffassung der Klägerin einen Schenkungswiderruf nach § 948 ABGB rechtfertigenden Vorfälle beantragten Zeugen Rechtsanwalt Dr. Hans R***** mit der Begründung, daß er lediglich über Information der Klägerin die diverse Korrespondenz verfaßt habe, weshalb von seiner Einvernahme "nichts zu erwarten gewesen sei". Die zweite Instanz replizierte auf die entsprechende Mängelrüge der Klägerin, daß diese (AS 64) auf die Vernehmung des Zeugen verzichtet habe. Tatsächlich hatte die Klägerin die Vernehmung dieses Zeugen, zusammen mit einem weiteren Zeugen, zum Beweis ihres Eventualbegehrens beantragt (ON 9 AS 62), dann jedoch auf die Einvernahme des Zeugen Dr. Hans R***** zu diesem Beweisthema verzichtet (ON 9 AS 63). Das Berufungsgericht hat nun zwar übersehen, daß dieser Zeuge bereits in der Klage (ON 1 AS 3) auch zum Beweis des klägerischen Vorbringens zu den einzelnen Vorfällen beantragt worden war. Dazu hat aber die Klägerin in der Tagsatzung vom 14. September 1992 (ON 8 AS 55) bekannt gegeben, daß der Zeuge Dr. Hans R***** nicht zum Beweis für die Vorfälle wie in der Klage geschildert geführt werde und damit auf seine Einvernahme verzichtet (§ 345 ZPO), weil für weiteres Vorbringen seine Vernehmung nicht beantragt war. Es liegt im Ergebnis weder eine Aktenwidrigkeit noch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor.

b) Ein den Widerruf der Schenkung rechtfertigender grober Undank iS des § 948 zweiter Satz ABGB setzte eine strafbare Handlung (ua Verletzung an Ehre oder am Vermögen) voraus, welche schwer genug sein muß, um nach den herrschenden Anschauungen in den Kreisen, denen beide Teile angehören, die Entziehung des Geschenks zu rechtfertigen. Für die Zurechenbarkeit ist das - hier von den Tatsacheninstanzen verneinte - und vom Geschenkgeber zu beweisende (Schubert in Rummel**2, Rz 1 zu § 948 ABGB) Bewußtsein des Geschenknehmers erforderlich, dem Geschenkgeber eine Kränkung zuzufügen (EFSlg 59.983; SZ 48/68 ua; Schubert aaO). Dabei ist weiters eine Gesamtbeurteilung der Umstände erforderlich; insbesondere bei Beleidigungen kommt alles auf die Umstände des Einzelfalls an (6 Ob 540/83; EvBl 1974/39 ua; Schubert aaO; vgl. auch Binder in Schwimann, Rz 13 zu § 948 ABGB). Wegen dieser Einzelfallbezogenheit liegt hier bei Beurteilung der vom Beklagten gesetzten Verhaltensweisen keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO vor.

c) Die erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung, der Übergabsvertrag verstoße wegen des Fehlens jeglicher Gegenleistung gegen die guten Sitten, muß am Neuerungsverbot des Revisionsverfahrens (§ 504 ZPO) scheitern.

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