OGH 7Ob529/94

OGH7Ob529/9413.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Ablehnungssache des Rene S*****, geboren am 22. April 1974, ***** gegen den Präsidenten, den Vizepräsidenten und sämtliche Richter des Landesgerichtes F***** in der beim Bezirksgericht B***** anhängigen Pflegschaftssache des Rene S***** und des mj. Dieter S*****, geboren am 20. April 1977, GZ P 307/90, infolge des von Rene S***** erhobenen Rekurses gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 21. Juni 1993, GZ 3 Nc 105/93-5, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs des Rene S***** wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er lautet:

"Dem von Maria Anna H***** namens des Rene S***** gestellten Ablehnungsantrag gegen den Präsidenten, den Vizepräsidenten und sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch (außer Dr. L*****) wird stattgegeben.

Gemäß § 30 JN wird die Pflegschaftssache (auch) des Rene S*****, P 307/90 des Bezirksgerichtes B*****, dem Landesgericht I***** als Rechtsmittelgericht und als zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen sämtliche Richter des Bezirksgerichtes B***** zuständigen Gerichtshof zugewiesen."

Text

Begründung

In der anläßlich der Ehescheidung der Maria Anna S***** (nunmehr H*****) und des Karl S***** getroffenen Vereinbarung verpflichtete sich Karl S*****, für seine beiden aus dieser Ehe stammenden, in der Obsorge der Mutter verbleibenden Söhne Rene und Dieter monatliche Unterhaltsbeiträge von S 1.500,-- (für den am 22. April 1974 geborene Rene) und S 3.500,-- (für den am 30. April 1977 geborenen Dieter) zu zahlen. Der Vergleich wurde vom Bezirksgericht B***** als zuständigem Pflegschaftsgericht genehmigt.

Am 25. Jänner 1993 stellte Karl S***** den Antrag, ihn ab 1. Juli 1992 von der Unterhaltsleistung gegenüber Rene infolge dessen Selbsterhaltungsfähigkeit zu entheben und den Unterhaltsbeitrag für Dieter ab 1. August 1992 auf S 3.000,-- monatlich herabzusetzen, weil sich die finanzielle Lage des Antragstellers verschlechtert habe.

Am 26. Februar 1993 brachte Maria Anna H***** als gesetzliche Vertreterin des Rene S***** den Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach §§ 3, 4 Z 1 UVG ein. Mit am 2. März 1993 eingebrachtem Schreiben trat sie namens der Kinder Rene und Dieter den Anträgen des Karl S***** entgegen und begehrte die Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie die Erhöhung des Unterhaltsbeitrages für Dieter ab 1. Juli 1992 auf S 4.500,--, wobei diese Erhöhung sofort mittels einstweiliger Verfügung anzuordnen sei. Weiters stellte sie einen Fristsetzungsantrag für den Fall, daß ihr nicht binnen 14 Tagen eine solche Verfügung zugestellt sein sollte.

Das Bezirksgericht B***** forderte daraufhin Maria Anna H***** auf, den Dienstgeber des Rene binnen 14 Tagen bekanntzugeben; Karl S***** forderte es zur Äußerung zum Antrag der Maria Anna H***** binnen 14 Tagen unter Hinweis auf § 185 Abs 3 AußStrG auf.

Maria Anna H***** reagierte mit einer am 5. April 1993 überreichten Eingabe, mit der sie u.a. die Erlassung der einstweiligen Verfügung urgierte. Eine weitere Eingabe folgte am 6. April 1993.

Karl S***** nahm mit seiner am 15. April 1993 eingelangten Eingabe zu den Behauptungen der Maria Anna H***** Stellung und hielt seine Anträge aufrecht.

Mit Beschluß vom 18. März 1993 wies das Landesgericht F***** den am 26. Februar 1993 gestellten Fristsetzungsantrag der Maria Anna H***** ab.

Mit Beschluß vom 15. April 1993 wies das Bezirksgericht B***** den Antrag der Maria Anna H*****ab, die Unterhaltsbeiträge für Dieter auf S 4.500,-- mittels einstweiliger Verfügung zu erhöhen. Maria Anna H***** lehnte daraufhin namens ihrer Söhne Rene und Dieter mit am 27. April 1993 überreichter Eingabe alle Richter einschließlich des Vorstehers des Bezirksgerichtes B*****, alle in der Abteilung 7 des Bezirksgerichtes B***** tätigen Rechtspfleger sowie den Präsidenten, den Vizepräsidenten und alle Richter des Landesgerichtes F***** mit Ausnahme des Richters Dr. L*****, der seine Selbstablehnung erklären werde, und weiters den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck Dr. K***** als befangen ab.

Anläßlich der Vorlage des Aktes zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen den Vorsteher und alle Richter des Bezirksgerichtes B***** erklärte sich der beim Landesgericht F***** tätige Richter Dr. L***** für befangen und verwies auf den Akt 1Nc 67/92 des Landesgerichtes Feldkirch sowie auf den gegen den Beschluß vom 15. April 1993 eingebrachten Rekurs der Maria Anna H*****. Alle Richter des Landesgerichtes F***** sowie dessen Präsident und dessen Vizepräsident erklärten, nicht befangen zu sein.

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab der Ablehnung aller Richter des Landesgerichtes F***** einschließlich dessen Präsidenten und Vizepräsidenten nicht Folge.

Mit Beschluß vom 6. Oktober 1993, 7 Ob 574/93, gab der Oberste Gerichtshof dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Maria Anna H***** insofern Folge, als der Rekurs namens des mj. Dieter S***** erhoben wurde. Hinsichtlich des Rene S*****, der ebenfalls im Schriftsatz angeführt wurde, litt das Ablehnungsverfahren an der Nichtigkeit des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO, weil Rene S***** am 22. April 1993 volljährig wurde und daher die gesetzliche Vertretungsmacht der Mutter, die auch in seinem Namen des Ablehnungsantrag gestellt hatte, bereits bei Einbringung des Ablehnungsantrages erloschen war. Der Oberste Gerichtshof trug daher dem Oberlandesgericht Innsbruck mit Verfügung vom 6. Oktober 1993 auf, alle Aktenstücke des Ablehnungsverfahrens, insbesondere den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 21. Juni 1993 über den Ablehnungsantrag hinsichtlich der Richter des Landesgerichtes F*****, an Rene S***** persönlich zuzustellen und ihn zu befragen, ob er die Vertretungshandlungen seiner Mutter genehmigt.

Rene S***** gab innerhalb der 14tägigen Frist ab Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck einen als Rekurs gegen diesen Beschluß bezeichneten Schriftsatz zur Post, in dem er auf sein Naheverhältnis zu seiner Mutter und zu deren Freund, Dr. L*****, hinwies. Rene S***** führte aus, dadurch beschwert zu sein, daß dem Ablehnungsantrag seiner Mutter und früheren gesetzlichen Vertreterin nicht stattgegeben worden sei. Er beantragte, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Stattgebung des Ablehnungsantrages abzuändern, hilfsweise ihn aufzuheben und die Ablehnungssache an das Oberlandesgericht Innsbruck zurückzuverweisen.

Dieser Schriftsatz ist inhaltlich als Genehmigung der bisherigen Prozeßhandlungen seiner Mutter, soweit sie auch in seinem Namen vorgenommen wurden und das Ablehnungsverfahren betrafen, aufzufassen. Es ist damit klargestellt, daß Rene S***** die Vorgangsweise seiner Mutter billigte, so daß die Nichtigkeit des Rene S***** betreffenden Ablehnungsverfahren nunmehr gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO, letzter Halbsatz, und § 6 Abs 2 ZPO geheilt ist.

Rechtliche Beurteilung

Da über den Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters, der noch vor dem

19. Geburtstag des Rene S***** bei Gericht einlangte, bisher nicht rechtskräftig entschieden ist und auch noch über den Ablehnungsantrag gegen die Richter und Rechtspfleger des Bezirksgerichtes B***** zu entscheiden sein wird, ist davon auszugehen, daß der dem Bezirksgericht B***** übergeordnete Gerichtshof in dieser Pflegschaftssache auch noch Entscheidungen zu treffen haben wird, die sich auf Rene S***** beziehen. Es kann ihm daher das Rechtsschutzinteresse an seinem Rekurs nicht abgesprochen werden. Der Rekurs ist daher zulässig.

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Zur Begründung wird auf die sämtlichen Parteien und abgelehnten Richter bekannten Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in 7 Ob 574/93 (betreffend mj. Dieter S*****) verwiesen.

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