OGH 4Ob37/94

OGH4Ob37/9412.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "T***** GesellschaftmbH", ***** vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. H***** GesellschaftmbH, 2. Erich K*****, vertreten durch Dr.Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 800.000), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 8.November 1993, GZ 3 R 156/93-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Handelsgericht vom 9.Juli 1993, GZ 23 Cg 201/93b-4, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten ihres Rekurses endgültig selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin erzeugt Steuergeräte, insbesondere Zeit- und Überwachungsrelais. Sie verwendet seit etwa 20 Jahren zur Kennzeichnung ihres Unternehmens und ihrer Erzeugnisse einen bestimmten Farbton, und zwar blattgrün (die Farbe junger knospender Blätter), meist in Verbindung mit schwarz.

Dieses Firmensignet war schon 1984 56 % der beteiligten Verkehrskreise bekannt; 49 % der Befragten ordneten es der Klägerin zu. Nach einer Umfrage im Mai 1993 erkannten 57 % aller Befragten die grüne Farbe als Kennzeichen eines bestimmten Produktes; 68 % der unmittelbar beteiligten Verkehrskreise (jener Befragten, die ab und zu Zeit- bzw Überwachungsrelais kaufen) erkannten den grünen Farbton und 67 % aller Befragten (71 % der unmittelbar Beteiligten) die Farbkombination grün-schwarz als Kennzeichen von Zeit- und Überwachungsrelais. "Spontan" (ohne Nennung von Firmen) ist das grüne Farbmuster bei 44 %, die Farbkombination grün-schwarz bei 46 % aller Befragten als Kennzeichen der Klägerin bekannt, "gestützt" (bei Nennung von Firmen) ist die grüne Farbe 49 % aller Befragten, die Farbkombination grün-schwarz 51 % aller Befragten als Kennzeichen von Zeit- und Überwachungsrelais der Klägerin bekannt. Von jenen Befragten, die die Klägerin als Herstellerin von Zeit- und Überwachungsrelais kennen, wird die grüne Frabe von 82 %, die Farbkombination grün-schwarz von 85 % als Kennzeichen von Relais der Klägerin erkannt.

Die Erstbeklagte wurde 1992 gegründet und registriert. Ihr Hauptgesellschafter und Geschäftsführer ist der Zweitbeklagte; dieser war von 1986 bis 1990 als Außendienstmitarbeiter der Klägerin für Steiermark und Kärnten tätig. Danach, und zwar bis Ende 1992, arbeitete er mit der Klägerin auf dem Gebiet der frei programmierbaren Steuerungen zusammen. Auch andere ehemalige Mitarbeiter der Klägerin, wie Harald H*****, Jirsi V***** und Christian P*****, sind für die Erstbeklagte tätig. Als Mitarbeiter der Klägerin hatten sie (ua) Zugang zu deren technischen Unterlagen, zur Kundenkartei und zu den Verkaufsstatistiken.

Die Erstbeklagte bringt den Erzeugnissen der Klägerin gleichartige Zeit- und Überwachungsrelais auf den Markt und verwendet für deren Gehäuse ebenfalls blattgrün und blattgrün-schwarz.

Die Beklagten haben weiters die peripheren Schaltungen zumindest ihrer Typen TM 01 und TE 02 unmittelbar vom Typ DCR 3 X der Klägerin übernommen.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen,

a/ Zeit- und Überwachungsrelais in Gehäusen mit blattgrünem Farbton entsprechend dem dieser einstweiligen Verfügung angeschlossenen Farbmuster und/oder in Gehäusen mit blattgrün-schwarzer Farbkombination anzubieten und/oder zu vertreiben;

b/ Zeit- und Überwachungsrelais der Typen H***** TM 01 und TE 02 anzubieten und/oder zu vertreiben, sofern die peripheren Schaltungen dieser Typen in wesentlichen Teilen der peripheren Schaltung der Type DCR 3 X des "T*****"-Relais der Klägerin entsprechen, wie sie in Anlage A der Klagedauerbeilage ./L dargestellt ist, insbesondere wenn die Schaltbilder der Typen TM 01 und TE 02 den Anlagen C und E der Klagsdauerbeilage ./L entsprechen. Die Klägerin begehrt weiters, den Beklagten aufzutragen, sämtliche in den lit a und b beschriebenen Relais aus dem Handel zurückzunehmen, soweit einer der beklagten Parteien noch die Verfügung darüber zusteht.

Durch den Vertrieb gleichartiger Zeit- und Überwachungsrelais in mit den Erzeugnissen der Klägerin gleichfarbigen Gehäusen verletzten die Beklagten die Ausstattungsrechte der Klägerin am grünen Farbton und an der grün-schwarzen Farbkombination. Der Zweitbeklagte hafte als Geschäftsführer der Erstbeklagten, weil er nicht gegen deren Wettbewerbsverstöße eingeschritten sei. Durch die unmittelbare Übernahme der von der Klägerin entwickelten Schaltungen hätten sich die Beklagten erheblichen Zeit-, Kosten- und Arbeitsaufwand erspart. Dieses unmittelbare Aneignen eines fremden Arbeitsergebnisses, um dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, verstoße als schmarotzerische Ausbeutung gegen § 1 UWG.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Klägerin verwende auch andere Farben; sie sei nicht das einzige Unternehmen, das Zeit- und Überwachungsrelais mit Gehäusen in grüner Farbe versehe. Farben seien absolut schutzunfähig. Der von der Erstbeklagten verwendete Farbton sei dem der Klägerin nicht gleich, sondern nur ähnlich. Beim Kauf von technischen Artikeln spiele die Farbe nur bei einem geringen Teil der beteiligten Verkehrskreise eine Rolle. Die Erzeugnisse der Streitteile seien keine Massenwaren; der technisch versierte Käufer könne die Produkte der verschiedenen Unternehmen auseinanderhalten. Eine Verwechslung sei auch deshalb ausgeschlossen, weil auf den streitgegenständlichen Zeit- und Überwachungsrelais die Bezeichnung des jeweiligen Erzeugers angegeben sei. Darüber hinaus unterschieden sich die Relais auch in anderen Punkten. Die Erstbeklagte verwende auch andere Farben; für grün und grün-schwarz habe sie sich nur aus Kostengründen entschieden. Sie habe die Ausstattung der Klägerin nicht bewußt nachgeahmt.

Wesentlicher Teil eines Zeitrelais sei nicht die periphere Schaltung, sondern der ASIC, von dem sämtliche Steuerungen ausgingen. Die Erstbeklagte verwende einen völlig anderen ASIC als die Klägerin; die Produkte der Streitteile seien daher einander nicht gleich. Größere Teile der peripheren Schaltung seien technisch vorgegeben. Andere Lösungen seien kaum oder nur mit wesentlich höherem Aufwand möglich. Die peripheren Schaltungen seien im übrigen technischer Standard; nur insoweit stimmten die Schaltungen der Streitteile auch überein. Die teilweise Übereinstimmung der Schaltungen sei allenfalls auch darauf zurückzuführen, daß der bei der Klägerin mit Entwicklungsarbeiten beschäftigt gewesene Jirsi V***** auch das Relais der Erstbeklagten entwickelt habe. Besondere Umstände, die das Nachbilden sonderrechtlich nicht geschützter Erzeugnisse sittenwidrig machen könnten, lägen nicht vor.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Auch eine Farbe könne in ihrer konkreten Erscheinungsform Ausstattungsschutz genießen. Die blattgrüne Farbe, vor allem aber die Farbkombination blattgrün-schwarz habe sich in den beteiligten Verkehrskreisen als Kennzeichen des Unternehmens und der Produkte der Klägerin durchgesetzt. Die Relais der Klägerin mit grün-schwarzem Gehäuse seien jenen der Erstbeklagten verwechselbar ähnlich. Das auffälligste Merkmal, die Farbkombination blattgrün-schwarz, sei gleich. Die Unterschiede in der Form hätten nur untergeordnete Bedeutung.

Die Beklagten hätten die periphere Schaltung der Klägerin glatt übernommen, um so der Klägerin mit deren eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen. Das sei sittenwidrig iS des § 1 UWG.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht änderte die Feststellungen des Erstgerichtes dahin ab, daß es die mangelnde Übereinstimmung des von den Streitteilen verwendeten Farbtones annahm und feststellte, der Grünton der Beklagten sei geringfügig heller.

Bei Farben und Farbverbindungen bestehe ein bedeutendes Freihaltebedürfnis, so daß ein strenger Maßstab anzulegen sei. Schutz könne nur für die konkrete Erscheinungsform, für die Einheit von Farbe und Form, gewährt werden. Jener Teil der unmittelbar beteiligten Verkehrskreise, der die von der Klägerin verwendete Farbe und Farbkombination nicht als bestimmtes Herkunftszeichen erkenne (15 % bzw 18 %) sei nicht so gering, daß er bei Beurteilung der Verkehrsgeltung vernachlässigt werden könnte. Im übrigen könnte nur die Einheit der Farbe und Farbkombination mit der - offenkundig technisch vorgegebenen - Form der Relais Ausstattungsschutz genießen. Selbst wenn Farbe und Form entscheidende Kennzeichnungskraft zuzumessen wäre, bestünde keine Verwechslungsgefahr, weil sich die Relais der Erstbeklagten in wenigstens annähernd gleich auffälligen Punkten von denen der Klägerin unterschieden. Das seien die auffällige Beschriftung des Gehäuses, die Unterschiede in der Form und der - wenngleich geringfügig - hellere Farbton.

Das Nachahmen fremder Erzeugnisse, die keinen Sonderschutz genießen, sei grundsätzlich erlaubt. Ein Verstoß gegen § 1 UWG liege nur vor, wenn sich die Sittenwidrigkeit der Handlung aus den Begleitumständen ergebe. Einer dieser Fälle sei die vermeidbare Herkunftstäuschung. Die Nachahmung sei nicht sittenwidrig, soweit der Nachbau eines Erzeugnisses technisch bedingt sei. Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für technische Ausweichmöglichkeiten treffe den Kläger. Eine "unmittelbare Aneignung" eines fremden Arbeitsergebnisses sei gegeben, wenn jemand ohne eigene Leistung und ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernehme, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen.

Die Klägerin habe das Vorliegen technischer Ausweichmöglichkeiten weder behauptet noch bescheinigt. Diese Frage könne erst im Hauptverfahren durch Vernehmung eines Sachverständigen geklärt werden. Dabei sei zu beachten, daß die Entwicklung auf den Leistungen von Jirsi V***** beruhe, der damals Bediensteter der Klägerin gewesen sei und jetzt für die Erstbeklagte arbeite. Von der "unmittelbaren Aneignung" eines fremden Arbeitsergebnisses könne nicht gesprochen werden, wenn der Schöpfer selbst sein eigenes Arbeitsergebnis, wenn auch allenfalls vertrags- oder sonst rechtswidrig, verwerte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist zurückzuweisen, weil sie verspätet, dh nach Ablauf der 14tägigen Frist des § 402 EO, eingebracht wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist auch berechtigt.

1/ zur behaupteten Aktenwidrigkeit

Die Klägerin bekämpft die Feststellung des Rekursgerichtes als aktenwidrig, wonach der von der Erstbeklagten verwendete Grünton geringfügig heller als der der Klägerin sei. Auch bei genauestem Vergleich könne kein Farbunterschied festgestellt werden.

Die bekämpfte Feststellung ist für die Entscheidung unerheblich: Auch wenn sich die beiden Grüntöne, je nach Lichteinfall, geringfügig voneinander unterscheiden (der von der Erstbeklagten verwendete Farbton hat vielleicht einen leichten Gelbstich), so schließt dies, wie noch ausgeführt werden wird, die Verwechslungsgefahr nicht aus (s ÖBl 1969, 137).

2/ zu Punkt a/ des Sicherungsantrages

Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß für den von ihr gewählten Farbton praktisch kein Freihaltebedürfnis bestehe. Blattgrün sei für technische Erzeugnisse wie Zeit- und Überwachungsrelais völlig unüblich; den Beklagten stehe eine nahezu unbegrenzte Auswahl von Farbtönen und Farbkombinationen zur Verfügung. Schon ein relativ geringer Kennzeichnungs- oder gar Zuordnungsgrad genüge daher, um Ausstattungsschutz zu begründen. Bei einem Bekanntheitsgrad von mehr als 50 % liege bereits "überragende Verkehrsgeltung" vor. Die Aufschrift "H*****" könne Verwechslungsgefahr - jedenfalls im weiteren Sinn - nicht ausschließen. Die Verwechslungsgefahr werde durch die weitgehende "Personenidentität" der beiden Unternehmen gefördert.

Farben und Farbverbindungen gehören zu den wichtigsten und gebräuchlichsten Werbemitteln, so daß ein bedeutendes Freihaltebedürfnis des Geschäftsverkehrs anzunehmen ist. Sowohl bei der Feststellung der Verkehrsgeltung als auch bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher ein strenger Maßstab anzulegen (ÖBl 1974, 35; ÖBl 1977, 103; ÖBl 1982, 101). Daß bei Farben das Freihaltebedürfnis sehr groß und die Kennzeichnungskraft sehr gering ist, gilt allerdings nicht im gleichen Maß für alle Farben (Farbtöne). Je unüblicher ein Farbton, desto geringer ist das Freihaltebedürfnis, desto größer ist auch die Kennzeichnungskraft (s Hodik, Der Grad der Verkehrsgeltung und seine Feststellung, ÖBl 1983, 1 [4]). Zwischen Freihaltebedürfnis, Kennzeichnungskraft und Verkehrsgeltung besteht eine Wechselbeziehung: Je größer das Freihaltebedürfnis und je geringer die Kennzeichnungskraft, desto höher muß die Verkehrsgeltung sein, um einen Schutz zu rechtfertigen (ÖBl 1987, 63; ÖBl 1991, 251; MR 1992, 257; ecolex 1993, 35; s auch Hodik aaO 2).

Die Klägerin hat einen Grünton gewählt, der für technische Artikel, wie sie die Klägerin erzeugt, nicht häufig verwendet wird. Die vom Rekursgericht geforderte hohe Verkehrsdurchsetzung ist daher nicht notwendig.

Nach § 9 Abs 3 UWG wird Ausstattungsschutz gewährt, wenn das Ausstattungsmerkmal innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gilt. Einer der beteiligten Verkehrskreise sind jene Personen, die an Zeit- und Überwachungsrelais interessiert sein können (s Hodik aaO 5). Von den Interessenten für Zeit- und Überwachungsrelais kennen 57 % die grüne Farbe und 67 % die Farbkombination grün-schwarz als Kennzeichen eines bestimmten Produktes; 49 % ordnen die grüne Farbe, 51 % die Farbkombination grün-schwarz der Klägerin zu. Die Klägerin hat daher für den Grünton eine Verkehrsgeltung von 57 % erreicht, für Grün-Schwarz einen solchen von 67 %, weil insoweit Farbe und Farbkombination als Hinweis auf die gemeinsame Herkunft aus einem Betrieb verstanden werden (ÖBl 1989, 162; 257; ÖBl 1992, 221). Dies reicht angesichts der Unüblichkeit des Grüntones aus, um den Ausstattungsschutz nach § 9 Abs 3 UWG zu begründen. Daß 82 % (85 %) jener, die die Klägerin kennen, den Grünton (Grün-Schwarz) als Kennzeichen von Relais der Klägerin erkannt haben, ist im übrigen nicht maßgebend. Einerseits sind Kunden, die die Klägerin kennen, kein relevanter Verkehrskreis iS des § 9 Abs 3 UWG (s ÖBl 1991, 251), anderseits ist der Zuordnungsgrad - die Angabe, wie weit das Unternehmen, mit dem das Zeichen in Zusammenhang gebracht wird, namentlich bekannt ist - keine notwendige Voraussetzung der Verkehrsgeltung; nach ihm muß nur dann gefragt werden, wenn die Frage nach dem entscheidenden Kennzeichnungsgrad zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat (ÖBl 1989, 162; ÖBl 1992, 221; ecolex 1993, 35 = MR 1992, 257 mwN).

Eine Farbe kann als Ausstattungselement selbständigen Schutz genießen, allerdings nur in der konkreten Erscheinungsform, in der sie verwendet wird (so schon Friedl, Der gesetzliche Schutz von Werbemaßnahmen und Werbemitteln nach österreichischem Recht, ÖBl 1965, 55 [58]; s auch ÖBl 1974, 35; ÖBl 1977, 103; ÖBl 1982, 101; ÖBl 1991, 247; vgl SZ 32/99). Daß - wie es in ÖBl 1974, 35 und ÖBl 1977, 103 heißt - nur die durch die Konturen, die graphische Anordnung, den Farbton, die Farbfläche oder die Farbaufteilung individualisierte - Einheit von Farbe und Form schutzfähig ist, bedeutet, daß die Farbe nur in ihrer Verwendung für einen bestimmten Gegenstand geschützt ist. Dem trägt der Sicherungsantrag der Klägerin Rechnung.

Ein - wie hier - auffälliger Farbton ist ein bestimmendes Ausstattungsmerkmal. Die Übereinstimmung der Relais der Streitteile in der Farbe - der, je nach Lichteinfall vorhandene, allfällige leichte Gelbstich des von der Erstbeklagten verwendeten Grüntons fällt nur auf, wenn die Relais nebeneinander liegen und genauestens betrachtet werden - begründet daher Verwechslungsgefahr, wenn - wie hier - die Unterschiede in der Form nur geringfügig sind und nicht im Gedächtnis haften bleiben. Die Verwechslungsgefahr wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Relais der Erstbeklagten die Aufschrift "H*****" tragen. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, ist trotz dieser Aufschrift, wenn sie nicht überhaupt für eine Produktbezeichnung der Klägerin gehalten wird, zumindest auf wirtschaftliche, organisatorische oder sonstige Beziehungen zwischen den beiden Unternehmen zu schließen. Die dadurch hervorgerufene Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn reicht aus, um den Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs 3 UWG zu begründen (s WBl 1987, 246; ÖBl 1990, 29).

3/ zu Punkt b des Sicherungsantrages

Die Klägerin weist darauf hin, daß sie den Beklagten nicht vermeidbare Herkunftstäuschung, sondern unmittelbare Leistungsübernahme vorwirft. Die Beklagten hätten nicht behauptet, daß die identische Übernahme der peripheren Schaltung der Klägerin notwendig sei; daß eine technische Notwendigkeit für die Übernahme der Schaltung nicht bestanden habe, sei zwischen den Parteien sogar unstrittig. Im übrigen könnte nur ein zwingender technischer Grund den Nachbau rechtfertigen. Die unmittelbare Übernahme der Arbeitsergebnisse von Konkurrenten sei bereits als solche sittenwidrig. Die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten werde noch dadurch unterstrichen, daß die Beklagten das "Wissen" des Zweitbeklagten und des ehemaligen Mitarbeiters der Klägerin Jirsi V***** ausgenützt hätten, die sich dieses "Wissen" durch "Einblick" in die Konstruktionsunterlagen der Klägerin verschafft hätten. Das Verhalten der Beklagten wäre auch dann sittenwidrig, wenn Jirsi V***** die Schaltungen für die Klägerin entwickelt und dann für die Erstbeklagte nachgebaut hätte.

Richtig ist, daß die Klägerin behauptet hat, die Beklagten hätten die peripheren Schaltungen unmittelbar von ihr übernommen; das Erstgericht hat dies auch festgestellt. Eine unmittelbare Leistungsübernahme ist wettbewerbswidrig, wenn sich ein Wettbewerber ohne einen sachlich anzuerkennenden Grund ein fremdes, schutzwürdiges Leistungsergebnis aneignet. Er macht sich schmarotzerischer Ausbeutung fremder Leistung schuldig, wenn er ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang, das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen (SZ 53/35, ÖBl 1991, 217; ÖBl 1992, 109; MR 1993, 30). Sachlich anzuerkennender Grund für die unmittelbare Leistungsübernahme ist (zB) ein zwingender technischer Grund (MR 1987, 221). Da die schmarotzerische Ausbeutung eines fremden Arbeitsergebnisses auch ohne Hinzutreten besonderer Umstände sittenwidrig ist, ist das Fehlen technisch und wirtschaftlich vertretbarer Ausweichmöglichkeiten - anders als das Bestehen solcher Möglichkeiten bei der vermeidbaren Herkunftstäuschung (ÖBl 1971, 100; 4 Ob 127/92) - vom Beklagten zu behaupten und zu beweisen. Das Bestehen von Ausweichmöglichkeiten ist insoweit nicht Tatbestandsmerkmal, sondern ihr Fehlen Rechtfertigungsgrund.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, daß für die Übernahme ihrer Schaltungen durch die Beklagten kein technischer Grund besteht. Die Beklagten haben dem zwar entgegengehalten, daß größere Teile der peripheren Schaltung technisch vorgegeben seien; sie haben aber auch vorgebracht, daß die teilweise Übereinstimmung auf die Entwicklung der Relais durch Jirsi V***** zurückzuführen sei und dies durch das von ihnen vorgelegte Privatgutachten bescheinigt. Eine Behauptung, wonach sie die Schaltungen der Klägerin aus einem zwingenden technischen Grund unmittelbar übernommen hätten, haben die Beklagten nicht aufgestellt.

Das Erstgericht hat festgestellt, daß die Beklagten die peripheren Schaltungen zumindest ihrer Typen TM 01 und TE 02 unmittelbar vom Typ DCR 3 X der Klägerin übernommen haben. Somit steht für das Provisorialverfahren bindend fest, daß die Beklagten das ungeschützte Arbeitsergebnis der Klägerin glatt übernommen und dadurch schmarotzerisch ausgebeutet haben. Ein Arbeitsergebnis der Klägerin ist die Entwicklung der Schaltungen auch dann, wenn sie dafür ihren damaligen Dienstnehmer Jirsi V***** eingesetzt hat. Die aufgrund eines Arbeits- oder Auftragsverhältnisses erzielten Arbeitsergebnisse sind dem Arbeit- oder Auftraggeber zuzurechnen; für den Arbeit- oder Auftragnehmer sind sie, was ihre weitere Verwendung betrifft, "fremde" Arbeitsergebnisse (s ÖBl 1991, 217; 4 Ob 159/93; die E ÖBl 1992, 109 betrifft einen anders gelagerten Sachverhalt).

Der Sicherungsantrag der Klägerin ist daher zur Gänze (zur Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen zur Sicherung eines Beseitigungsbegehrens s SZ 53/35; MR 1993, 232 ua) begründet.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Rekurskosten der Beklagten auf §§ 40, 50 ZPO.

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