OGH 8Ob19/93

OGH8Ob19/9330.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Ablehnungssache des Antragstellers Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, vertreten durch Dr.Haimo Puschner und Dr.Johann Poigner, Rechtsanwälte in Wien, infolge Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7.September 1993, Nc 84, 143 und 144/93-6, womit die Ablehnungserklärung des Antragstellers zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller brachte zunächst in von ihm selbst verfaßten Eingaben vom 25. und 26.12.1992 und sodann in einem darauf Bezug nehmenden Schriftsatz seiner Rechtsvertreter vom 13.1.1993 (alle erliegend zu ON 1 bis 3 des Aktes 21 Nc 1/93 des Landesgerichtes Wels) vor, der Konkursrichter Mag.H***** habe in den den Antragsteller und seine Unternehmungen betreffenden, vor dem Landesgericht Wels geführten Konkursverfahren zahlreiche Unregelmäßigkeiten begangen, sodaß er als Richter von der Führung dieser Verfahren ausgeschlossen sei und vom Antragsteller auch als befangen abgelehnt werde. Diese Anträge und Vorwürfe wiederholte er in zahlreichen von ihm selbst verfaßten, zu ON 5, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 16 des vorgenannten Aktes erliegenden Eingaben sowie in einem am 7.5.1993 zu ON 28 erstatteten Schriftsatz seiner Rechtsvertreter und in einer zu ON 33 eingebrachten, wiederum von ihm selbst verfaßten Eingabe.

Zu ON 35 stellte der Antragsteller sodann einen Ablehnungsantrag gegen alle Richter des Landesgerichtes Wels "wegen der Besorgnis der nicht völligen Unbefangenheit", zumal sich diese Richter hinsichtlich eines von einem Gläubiger namens R***** gegen Mag.H***** eingebrachten Konkurseröffnungsantrages selbst für befangen erklärt hätten. Diesen Antrag wiederholte er in den zu ON 37 und ON 38 erliegenden Eingaben mit der gleichen Begründung sowie am 21.6.1993 zu ON 47, hier verbunden mit dem weiteren Antrag, auch die Ausgeschlossenheit aller Richter des Landesgerichtes Wels festzustellen, "da die Ausschließungsgründe bezüglich Mag.H***** bereits seit 1985 oder früher datieren" und alle diese Richter daher "durch Unterlassung Beihilfe zum Amtsmißbrauch begehen". In dem ebenfalls mit 21.6.1993 datierten, zu ON 48 erliegenden Schriftsatz der Vertreter des Antragstellers wurde mangels bisheriger Entscheidung über den "am 28.1.1993 eingebrachten Antrag vom 13.1.1993 auf Feststellung der Ausgeschlossenheit des Mag.H*****" ein Fristsetzungsantrag gemäß § 91 GOG gestellt. In der selbstverfaßten Eingabe zu ON 54 ergänzte der Antragsteller wieder seinen Antrag auf Feststellung von Ausschließungsgründen hinsichtlich Mag.H*****.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß vom 7.9.1993 entschied das Oberlandesgericht Linz ausdrücklich über den Verfahrensgegenstand "Feststellung von Ausschließungsgründen und Befangenheit der Richter des Landesgerichtes Wels in Zusammenhang mit dem dort zu 21 Nc 1/93 anhängigen und Mag.Werner H***** als Konkursrichter zu S 45, 46, 51, 57, 63, 74/85 und S 66/86 des Landesgerichtes Wels betreffenden Ablehnungsverfahren" dahin, daß es die Erklärung des Antragstellers, die Richter des Landesgerichtes Wels in der Mag.H***** betreffenden Ablehnungssache als befangen abzulehnen, zurückwies.

In seiner Entscheidungsbegründung vertrat das Oberlandesgericht Linz unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes den Standpunkt, daß Pauschalablehnungen eines ganzen Gerichtshofes grundsätzlich nicht möglich seien, vielmehr gegen jeden einzelnen Richter Ablehnungsgründe in konkretisierter Form geltend gemacht werden müßten. Dies sei hier allenfalls hinsichtlich des Präsidenten des Gerichtshofes Dr.F***** der Fall, da ihm gegenüber der Vorwurf erhoben wurde, die behaupteten Unregelmäßigkeiten des Mag.H***** zu decken. Hinsichtlich der wegen ihrer angeblichen Untätigkeit in Zusammenhang mit den gegenüber Mag.H***** erhobenen Vorwürfen vom Antragsteller ebenfalls als ausgeschlossen bzw. befangen abgelehnten Richter des Oberlandesgerichtes Linz habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 8 N 2/93 vom 13.8.1993 bereits ausgesprochen, daß es sich um eine unzulässige Pauschalablehnung handle und habe demgemäß diese Ablehnung zurückgewiesen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Linz erhebt der Antragsteller Rekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, in eventu sie dahin abzuändern, daß die mangelnde Unparteilichkeit sämtlicher Richter des Landesgerichtes Wels zur Entscheidung über den Antrag auf Feststellung der Ausgeschlossenheit bzw. Befangenheit des Richters Mag.H***** in den im einzelnen angeführten Konkursverfahren festgestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und der Aktenwidrigkeit der bekämpften Entscheidung sind nicht gegeben (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO). Hinzuweisen ist darauf, daß der Antragsteller schon in von ihm auch vor dem Obersten Gerichtshof geführten unzähligen früheren Ablehnungsverfahren immer wieder über die Unzulässigkeit der Pauschalablehnung von Richtern belehrt wurde.

In seiner Rechtsrüge verweist der Antragsteller auf die von Mag.H***** in der Zwischenzeit selbst abgegebene Erklärung seiner - nunmehrigen - Befangenheit in den Konkurssachen des Antragstellers, sowie die Befangenheitsanzeige des Richters Dr.S***** und weiters darauf, daß sich in Zusammenhang mit einem vom Antragsteller (hinsichtlich Mag.H*****) eingebrachten Subsidiarantrag alle Richter des Landesgerichtes Wels für befangen erklärt hätten. Offenkundig sei es auch, daß hinsichtlich der Richter Dr.S*****, Mag.A***** und Dr.W***** Ausschließungsgründe vorlägen. Eingeräumt werde, daß die Frage der mangelnden Unparteilichkeit der Richter des Landesgerichtes Wels in Zusammenhang mit einem Strafverfahren aufgeworfen worden sei. Ein strafprozessualer Ausschließungsgrund ergebe aber zumindest einen zivilprozessualen Befangenheitsgrund, denn die Voraussetzungen für die richterliche Befangenheit seien in allen Verfahrensarten gleich geregelt (§ 72 Abs 1 StPO, § 19 Abs 2 JN). In einer demokratischen Gesellschaft dürfe die Unparteilichkeit nicht zweifelhaft sein, gerade dies sei aber bei der vorliegenden Konstellation der Fall. Die Berufskollegen dürften nicht über die Unparteilichkeit ihres Kollegen Mag.H***** entscheiden. Betreffe ein Verfahren einen Richter, so sollten sich die anderen Richter desselben Gerichtshofes für befangen erklären. Hier müsse hinsichtlich Mag.H***** auch entschieden werden, wieweit seine Befangenheit in die Vergangenheit zurückreiche und ob nicht auch ein Ausschließungstatbestand vorliege.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:

Nach dem Inhalt des Aktes 21 Nc 1/93 des Landesgerichtes Wels hat sich in der gegenständlichen, die Ausgeschlossenheit und Befangenheit des Konkursrichters Mag.Ho***** betreffenden Ablehnungssache von den Mitgliedern des Ablehnungssenates des Landesgerichtes Wels lediglich eines für befangen erklärt, während die anderen Mitglieder ausdrücklich erklärten, nicht befangen zu sein (siehe ON 22 bis 27). Die vom Antragsteller hinsichtlich aller Richter des Landesgerichtes Wels erklärte "Besorgnis der nicht völligen Unbefangenheit" stellt mangels konkretisierter Darlegung der besonderen Gründe dafür, warum jeder einzelne dieser Richter nicht objektiv über die Frage der Ausgeschlossenheit oder Befangenheit des Mag.H***** entscheiden könnte, eine unzulässige Pauschalablehnung dar. Ablehnungen auch wegen angeblicher Ausgeschlossenheit aller Richter eines Gerichtshofes setzen im übrigen jedenfalls die Geltendmachung von in § 20 JN erschöpfend aufgezählten Ausschließungsgründen (4 Ob 78/77; 11 Ns 12/85; 6 Ob 526/85; 8 N 2/93; Fasching ZPR2 Rz 163) voraus. Solche wurden hier gar nicht behauptet.

In der Ablehnungssache des Mag.H***** hat der Antragsteller wie nunmehr die Richter des Landesgerichtes Wels auch bereits die Richter des Oberlandesgerichtes Linz pauschal wegen Ausgeschlossenheit und Befangenheit mit der - gleich wie hier lautenden - Begründung abgelehnt, sie hätten ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem Konkursrichter Mag.H***** verletzt und die vom Antragsteller behaupteten Unregelmäßigkeiten nicht zum Anlaß dienst- oder strafrechtlicher Maßnahmen genommen. Diese Ablehnungserklärung wurde vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung 8 N 2/93 vom 13.8.1993 mit der Begründung zurückgewiesen, es liege eine unzulässige Pauschalablehnung aller Richter vor, weil nicht hinsichtlich jedes einzelnen Richters des Oberlandesgerichtes Linz detailliert konkrete persönliche Befangenheitsgründe behauptet worden seien und weil keiner der in § 20 Z 1 bis 5 JN aufgezählten Ausschließungsgründe geltend gemacht worden sei.

Die vorstehenden Argumente gelten in gleicher Weise auch hier für die Beurteilung der durch den Antragsteller erfolgten Erklärung der Ablehnung aller Richter des Landesgerichtes Wels. Hinsichtlich der Ablehnung der Richter in ihrer Gesamtheit wird auch im Rechtsmittel letztlich auf die Frage ihrer mangelnden Unparteilichkeit abgestellt, sodaß eine förmliche Berichtigung des - entgegen der Entscheidungsbegründung - auf die Ablehnung auch wegen angeblichen Vorliegens von Ausschließungsgründen nicht Bedacht nehmenden Spruches des angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses entbehrlich ist.

Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.

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