OGH 3Ob157/93

OGH3Ob157/9323.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Rohrer und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst O*****,*****vertreten durch Dr.Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Wilhelm P*****, *****vertreten durch Dr.Dietrich Clementschitsch ua, Rechtsanwälte in Villach, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8.Juni 1993, GZ 6 R 94/92-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6.März 1992, GZ 29 Cg 137/91-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist auf Grund eines Urteils des Erstgerichtes vom 24.10.1984 schuldig, dem Beklagten DM 62.000 und 4 % Zinsen seit 27.8.1975 in österreichischen Schilling zum Mittelkurs der Wiener Börse am Zahlungstag zu bezahlen und die mit S 208.125,03 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Dem Beklagten wurde gegen den Kläger am 9.5.1985 auf Grund des angeführten Urteils und des bestätigenden Urteils des Gerichtes zweiter Instanz zunächst zur Sicherung der Forderung von S 435.891 samt 4 % Zinsen seit 27.8.1985 und verschiedener Kosten die Exekution durch Pfändung und Verwahrung von Fahrnissen und durch bücherliche Vormerkung des Simultanpfandrechts auf mehreren im Eigentum des Klägers stehenden Liegenschaften bewilligt. Nachdem das Urteil des Erstgerichtes rechtskräftig geworden war, bewilligte dieses am 2.8.1989 dem Beklagten gegen den Kläger zur Hereinbringung einer Forderung von S 491.005,91 samt 4 % Zinsen seit 1.7.1989 die Exekution durch Anmerkung der Rechtfertigung bei dem vorgemerkten Simultanpfandrecht und durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf beweglicher Sachen.

Mit Beschluß vom 16.2.1990 bewilligte das Erstgericht dem Beklagten als betreibenden Partei zur Hereinbringung von S 499.080,91 sA die Exekution durch Zwangsversteigerung der mit dem zwangsweisen Pfandrecht des Beklagten belasteten Liegenschaften.

Der Kläger erhob mit der am 14.3.1991 bei Gericht eingelangten Klage Einwendungen gegen den vom Beklagten mit den angeführten Exekutionen betriebenen Anspruch. Er habe am 31.7.1986 gemeinsam mit seiner Ehefrau dem Beklagten eine Forderung in der Höhe von 825.000 S abgetreten, die ihnen gegen die Österreichischen Bundesbahnen zugestanden sei. Die Abtretung sei gemäß der mit dem Rechtsfreund des Beklagten geschlossenen Vereinbarung an Zahlungs Statt erfolgt. Die Österreichischen Bundesbahnen hätten in der Folge zur Tilgung der Schuld den Betrag von S 832.375,- bei Gericht erlegt, weil er nicht nur vom Beklagten, sondern auf Grund einer Forderungspfändung noch von einem Kreditinstitut, dessen Schuldner er (Kläger) sei, in Anspruch genommen worden sei. Der Beklagte habe sich mit dem Kreditinstitut dahin geeinigt, daß jedem von beiden die Hälfte des erlegten Betrages und somit 416.187,50 S samt den Erlagszinsen ausbezahlt würden. Zum Abschluß dieser Vereinbarung sei der Beklagte aber nicht berechtigt gewesen, weil das Kreditinstitut die Pfändung der gegen die Österreichischen Bundesbahnen bestehenden Forderung erst nach der mit dem Beklagten geschlossenen Abtretungsvereinbarung erwirkt habe und diese hiedurch daher nicht beeinträchtigt worden sei. Die Forderung gegen die Österreichischen Bundesbahnen sei unter diesen Umständen aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten (gemeint wohl: teilweise) "uneinbringlich" geworden, weshalb ihm (Kläger) eine Schadenersatzforderung in der Höhe des betriebenen Anspruchs zustehe; diese werde aufrechnungsweise eingewendet.

Der Beklagte bestritt, daß ihm die in der Klage angeführte Forderung an Zahlungs Statt abgetreten worden sei.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auszusprechen, daß der vom Beklagten betriebene Anspruch erloschen sei, ab. Es war auf Grund des von ihm festgestellten Sachverhalts rechtlich der Meinung, daß der Kläger und seine Ehefrau die ihnen gegen die Österreichischen Bundesbahnen zustehende Forderung nur zahlungshalber abgetreten hätten. Das Kreditinstitut hätte zwar auf Grund der Forderungspfändung keinen Anspruch auf Ausfolgung des hinterlegten Betrages gehabt, weil die Forderung des Klägers schon vorher abgetreten worden sei. Dieser Forderung sei jedoch eine Enteignungsentschädigung in der Höhe von S 232.375 und eine "Umwegsentschädigung" in der Höhe von S 600.000 zugrundegelegen. Beide stünden aber im Sinn des Eisenbahnenteignungsgesetzes den dinglich Berechtigten, zu denen auch das Kreditinstitut gehöre, zu, weshalb der Beklagte keinen Anspruch auf Ausfolgung des hinterlegten Betrages gehabt habe. Der gemeinsame Antrag auf Ausfolgung sei daher vom Beklagten zu Recht gestellt worden, weshalb der Kläger gegen ihn keinen Schadenersatzanspruch habe.

Das Berufungsgericht gab infolge Berufung des Klägers dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es stellte nach Wiederholung der vom Erstgericht aufgenommenen Beweise im wesentlichen folgendes fest:

Zusätzlich zu den vom Beklagten in Exekution gezogenen Liegenschaften war der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer zweier Liegenschaften, auf denen umfangreiche Hypotheken zugunsten des Kreditinstituts eingetragen waren. Dieses führte gegen den Kläger und seine Ehefrau auch Exekution durch Zwangsversteigerung dieser Liegenschaften. Am 15.7.1986 kam es zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau einerseits und den Österreichischen Bundesbahnen andererseits zu einer Vereinbarung, wonach der Kläger und seine Ehefrau sich damit einverstanden erklärten, von den angeführten Liegenschaften zum Ausbau einer Eisenbahn eine Grundfläche im "ungefähren", durch Vermessung noch genau festzustellenden Ausmaß von 4.500 m2 gegen eine "ungefähre" Gesamtablösesumme von S 225.000 abzutreten. Außerdem erklärten sie ihre Zustimmung zur Auflassung einer Überfahrtsbrücke, wofür eine pauschale "Umwegsentschädigung" von S 600.000 vereinbart wurde. Der Gesamtbetrag von S 825.000 (mehr oder weniger) sollte spätestens nach drei Monaten bezahlt werden.

Der Kläger übermittelte dem Rechtsfreund des Beklagten eine Ablichtung der Urkunde über die mit den Österreichischen Bundesbahnen getroffene Vereinbarung. Der Rechtsfreund des Beklagten begab sich am Morgen des 31.7.1986 zum Kläger und begehrte die Unterfertigung einer mitgebrachten Urkunde über die Abtretung der dem Kläger und seiner Ehefrau gegen die Österreichischen Bundesbahnen zustehenden Forderung. Die Ehefrau des Klägers war zunächst nicht damit einverstanden, den ihr zustehenden Anteil an dieser Forderung dazu zu verwenden, die Schulden des Klägers gegenüber dem Beklagten zu tilgen. Der Kläger redete auf sie ein, um von ihr die Zustimmung zur Abtretung ihres Forderungsanteils zu erlangen. Auch der Rechtsfreund des Beklagten bemühte sich in diesem Sinn und erklärte, daß der Beklagte keine Forderung mehr gegen den Kläger habe, wenn dessen Ehefrau die Zustimmung gebe, und er "lasse R***** (ds die vom Beklagten in Exekution gezogenen Liegenschaften des Klägers, auf denen sich dessen Hofstelle befindet) in Ruhe". Der Rechtsfreund des Beklagten als dessen Vertreter war damit einverstanden, daß die Ehefrau des Klägers unter der Bedingung ihr Einverständnis zur Abtretung erteilt, daß damit die ganze Schuld des Klägers gegenüber dem Beklagten getilgt ist. Sodann unterfertigten der Kläger und seine Ehefrau im Vertrauen auf die Erklärung des Rechtsfreundes des Beklagten, daß mit der Abtretung die ganze Schuld des Klägers gegenüber dem Beklagten getilgt ist, eine Urkunde, in er sie erklärten, ihre Forderung gegen die Österreichischen Bundesbahnen dem Beklagten abzutreten. Der Kläger wollte durch die Tilgung der Schuld gegenüber dem Beklagten verhindern, daß der Beklagte auch auf die ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau gehörenden, schon von dem Kreditinstitut in Exekution gezogenen Liegenschaften ebenfalls Exekution führt.

Zur Zeit des Abschlusses der Abtretungsvereinbarung betrug die Forderung des Beklagten gegen den Kläger auf der Grundlage eines Umrechnungskurses von S 7,- je D-Mark S 434.000 an Kapital, S 189.658,- an Zinsen und S 264.758,38 an Kosten und somit insgesamt S 888.416,38.

Dem Kreditinstitut wurde mit Beschluß vom 9.1.1987 gegen den Kläger und seine Ehefrau die Exekution durch Pfändung und Überweisung der ihnen gegen die Österreichischen Bundesbahnen zustehenden Forderung von S 832.375 sA bewillligt. Der Rechtsfreund des Beklagten teilte den Österreichischen Bundesbahnen mit Schreiben vom 16.2.1987 mit, daß der Kläger dem Beklagten auf Grund der im einzelnen näher bezeichneten Gerichtsurteile insgesamt S 910.000 schulde und daß der Kläger und seine Ehefrau dem Beklagten ihre Forderung gegen die Österreichischen Bundesbahnen abgetreten hätten, wovon diese nach Angabe des Klägers bereits verständigt worden seien. Daraufhin hinterlegten die Österreichischen Bundesbahnen am 20.3.1987 beim zuständigen Gericht den Betrag von S 832.375 zugunsten des Kreditinstituts und des Beklagten. Diese stellten am 28.3.1989 beim Erlagsgericht gemeinsam den Antrag, ihnen den Erlag je zur Hälfte auszufolgen. Dies geschah am 14.4.1989, wobei jeder der Erlagsgegner nach Abzug der Verwahrungsgebühr S 414.522,50 erhielt.

Rechtlich folgerte das Berufungsgericht aus dem von ihm festgestellten Sachverhalt, daß das Einverständnis der Parteien, daß mit der Abtretung der Forderung des Klägers und seiner Ehefrau an den Beklagten dessen Forderung gegenüber dem Kläger getilgt sein sollte, als Abtretung an Zahlungs Statt anzusehen sei. Der Beklagte könne daher auf die ursprüngliche Forderung nur dann zurückgreifen, wenn die Vereinbarung über die Hingabe an Zahlungsstatt im Wege der Wandlung wieder aufgehoben werde. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sei aber davon auszugehen, daß der Beklagte - ordnungsgemäßes prozessuales Verhalten vorausgesetzt - den Ausfolgungsprozeß gegen das Kreditinstitut bei Berufung auf die vorrangige Abtretung für sich entschieden hätte. Die vom Erstgericht zu § 34 EisbEG angestellten Überlegungen seien nicht zielführend, weil eine Enteignung im Sinn dieses Gesetzes nicht stattgefunden habe. Durch die Vereinbarung über die lastenfreie Abtretung der Trennstücke seien diese, aber auch ihr Erlös aus dem Exekutionsobjekt ausgeschieden und damit dem Zugriff der dinglich Berechtigten entzogen. Die vom Kreditinstitut bewirkte Pfändung habe wegen der Vorrangigkeit der Abtretung keine Wirkung gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist unzulässig.

Bei der Entscheidung über die Revisionsgründe der Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und Aktenwidrigkeit sind Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO bezeichneten Art nicht zu lösen. Abgesehen davon, daß der unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit geltend gemachte Mangel der Sach- (=Klags-)legitimation eine Nichtigkeit nicht begründet (vgl Fasching, ZPR2 Rz 338 und 345), ergibt sich die Unrichtigkeit der in der Revision in diesem Zusammenhang vertretenen Auffassung schon aus § 234 ZPO. Die als Mangelhaftigkeit gerügte Abweisung des Beweisantrags durch das Berufungsgericht ist, wie der Beklagte in der Revision selbst erkennt, durch die Entscheidung EvBl 1991/95 = RZ 1991/79 und die dort noch angeführte Rechtsprechung gedeckt; überdies betraf der Beweisantrag ein hier nicht wesentliches Beweisthema. Eine Aktenwidrigkeit im Sinn des § 503 Z 3 ZPO (vgl hiezu Fasching, ZPR2 Rz 1771 und 1914) wurde in der Revision nicht dargestellt.

In der Sache hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Revision daraus abgeleitet, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob der auf einer Vereinbarung beruhende Ablösebetrag für gemäß den §§ 15 ff LiegTeilG lastenfrei abgeschriebene Grundflächen einer in Exekution gezogenen Liegenschaft den dinglich Berechtigten oder dem Grundeigentümer gebührt. Diese Frage ist hier jedoch nicht zu lösen:

Geht man, wie das Berufungsgericht, davon aus, daß die Forderung, die dem Kläger und seiner Ehefrau gegen die Österreichischen Bundesbahnen zustand, an Zahlungs Statt abgetreten wurde, so bewirkte schon die Abtretung das Erlöschen der Forderung des Beklagten gegen den Kläger. Der Beklagte könnte auf diese Forderung nur zurückgreifen, wenn er die Aufhebung des Abtretungsvertrages, etwa infolge Irrtums oder auf Grund des § 1397 ABGB wegen Wandlung (vgl SZ 51/68), erreicht hätte. Auf eine solche Aufhebung hat er sich im Verfahren erster Instanz nicht berufen und er hat entgegen der nunmehr in der Revision aufgestellten Behauptung auch nicht die Aufhebung des Vertrages wegen Rechtsmängel behauptet, was ja seinem Rechtsstandpunkt entsprach, daß es sich nur um eine Abtretung zahlungshalber handle. Überdies war im Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsstreites die Gewährleistungspflicht ganz offensichtlich schon abgelaufen, und zwar auch dann, wenn man sie mit drei Jahren annimmt, weshalb diese Frage (vgl hiezu Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1397) hier nicht zu entscheiden ist.

Folgte man aber dem Rechtsstandpunkt des Beklagten, daß eine Abtretung zahlungshalber vorgelegen sei, so kommt es ebenfalls nicht darauf an, wer Anspruch auf die Ablöse hatte, weil dann die Forderung des Beklagten ohnedies nur im Umfang der ihm auf Grund der Abtretung zugekommenen Zahlung erloschen wäre.

Die Lösung der demnach für den Erfolg der Klage allein maßgebenden Frage, ob es sich um eine Abtretung an Zahlungs Statt oder zahlungshalber handelte, hängt von der Auslegung des Verhaltens der Beteiligten und damit von den besonderen Umständen des hier zu entscheidenden Falles ab und geht in ihrer Bedeutung darüber nicht hinaus, weil nicht anzunehmen ist, daß sich derselbe oder ein im wesentlichen gleichartiger Sachverhalt nochmals ereignet. Die Revision wäre daher nur zulässig, wenn dem Berufungsgericht ein grober Fehler unterlaufen wäre (EvBl 1993/59; JUS 1993/1258; Rz 1992/50 ua). Ein solcher wurde in der Revision aber nicht dargetan, weshalb diese nicht gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist.

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