Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am 19.10.1921 geborene Kläger bezieht seit 1.11.1981 von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 122 BSVG und eine Ausgleichszulage, die jeweils unter Berücksichtigung einer Pauschale für den aufgegebenen Betrieb ermittelt wurde. Ab 1.1.1990 betrugen die Pension S 3.671,20 und die Ausgleichszulage S 1.505,80 monatlich.
Am 3.4.1990 beantragte der Kläger die Erhöhung der Ausgleichszulage mit folgender Begründung:
Sein Grundbesitz habe einschließlich der unproduktiven Flächen ein Ausmaß von ca. 15 ha gehabt. Davon seien 0,7933 ha mittels Schenkungsvertrages vom 23.11.1987 übergeben und 2,2101 ha zu einem jährlichen Pachtschilling von 6.000,-- S verpachtet worden. Die restliche Fläche von ca. 12 ha habe im Laufe der Zeit seit der Pensionierung verkauft werden müssen, da der Kläger übermäßig hoch verschuldet gewesen sei. An die Betriebsübernahme des gesamten Besitzes durch eines der sechs Kinder sei aufgrund der Schulden nicht zu denken gewesen. Der Kläger habe daher keinerlei Ausgedingsleistungen erhalten. Er beantrage, die verkauften Flächen bei der Berechnung des Pauschales außer Betracht zu lassen und insoweit seine Ausgleichszulage neu festzustellen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16.5.1990 ab. Die Ausgleichszulage sei nicht zu erhöhen, weil ein Härtefall im Sinn des § 140 Abs.8 BSVG nicht vorliege.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage stellte der Kläger das Begehren, die Beklagte sei schuldig, "einen Härtefall im Sinne des § 140 Abs.8 BSVG anzunehmen und bei der Feststellung der Ausgleichszulage die Anrechnung eines fiktiven Ausgedinges zu unterlassen". Da ein Betrieb dieser Größe sehr wenig Ertrag abwerfe und der Kläger mit seiner Gattin aus den Erträgnissen des Betriebes sechs Kinder zu ernähren gehabt habe, sei die Verschuldung immer höher geworden. Der Kläger habe den Betrieb gerade noch bis zu seiner Pensionierung "retten" können und sei dann gezwungen gewesen, aufgrund der hohen Verbindlichkeiten den größten Teil des Betriebes zu veräußern, um einer drohenden Zwangsversteigerung zuvorzukommen. Der Verkaufspreis habe gerade ausgereicht, die Verbindlichkeiten einigermaßen abzudecken. Dieser Verkauf komme daher einer Zwangsversteigerung gleich.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im Bescheid eingenommenen Standpunkt. Vom Fehlen jeglicher Naturalversorgung könne im Fall des Klägers nicht die Rede sein, da er außer Pachteinnahmen sicher noch ein freies Wohnrecht habe. Die Einflußnahme auf die Gewährung von Gegenleistungen aus dem aufgegebenen landwirtschaftlichen Betrieb sei dem Kläger nicht zur Gänze entzogen. Der Verkauf von Teilen des Betriebes sei nicht durch besondere Umstände erzwungen worden, sondern aus freiem Willen erfolgt, sodaß die Voraussetzungen des § 140 Abs.8 BSVG nicht zuträfen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:
Das Ausmaß des seinerzeit im Eigentum des Klägers und seiner Ehegattin stehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes betrug ca. 15 ha. Davon wurden etwa 1 ha verschenkt und etwa 12 ha verkauft; die restlichen ca. 2 ha sind verpachtet. Über die in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufschillinge hinaus wurden weitere Leistungen wie etwa Ausgedingsleistungen nicht vereinbart. Der Betrieb wurde Stück für Stück allmählich abverkauft. Die Betriebsführung hatte schon mit Inkaufnahme von Schulden begonnen; die aus den Verkäufen erzielten Erträgnisse reichten niemals aus, um den Schuldenstand abzudecken; ein Veräußerungserlös ist dem Kläger nicht geblieben.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Voraussetzungen nach § 140 Abs.8 BSVG idF der 14.Novelle seien beim Kläger nicht gegeben. Er habe nach dem Stichtag 1.11.1981 seinen ehemaligen Betrieb durch Schenkung, Verkauf und Verpachtung aufgegeben. Unbestritten stehe fest, daß jedenfalls der Kläger stets selbst gehandelt habe, sodaß die Betriebsaufgabe keinesfalls seiner Einflußnahme entzogen gewesen sei, sondern vielmehr auf eine solche zurückgehe. Es müsse ihm daher die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen zugerechnet werden, denn es wäre an ihm gelegen, anläßlich der Liegenschaftsverkäufe auch die Erbringung solcher Leistungen zu vereinbaren. Würde man der Argumentation des Klägers folgen, so hätte es ein Betriebsführer durch schlechte Betriebsführung und Inkaufnahme einer Überschuldung des Betriebes in der Hand, sich für einen Pensionsfall in den Genuß der Ausgleichszulage zu bringen; dies könne aber nicht der Sinn des Institutes der Ausgleichszulage sein.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Die Begünstigung des § 140 Abs.8 BSVG idF der 14.Novelle solle, um den notwendigen Mehraufwand in vertretbaren Grenzen zu halten, ausschließlich jenen Pensionsbeziehern zuteil werden, die aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, vom Bezug jeglicher Naturalleistungen aus einem aufgegebenen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ausgeschlossen seien. Den Gesetzesmaterialien (1102 BlgNR 17.GP) sei unmißverständlich zu entnehmen, daß der Gesetzgeber nicht nur dann einen Härtefall annehme, wenn die vereinbarte Ausgedingsleistung aus bestimmten Gründen ausbleibe, sondern auch dann, wenn es gar nicht zur Vereinbarung einer Ausgedingsleistung kommen könne, wie etwa bei einer Zwangsversteigerung des Betriebes. Die Gewährung von Gegenleistungen sei auch dann zur Gänze ausgeschlossen, wenn es gar nicht zu einer Betriebsübergabe komme. Auch ein Freihandverkauf im Zuge einer Zwangsversteigerung sei als Härtefall zu werten, weil es dabei ebenfalls nicht möglich sei, eine Ausgedingsleistung zu vereinbaren. Daß der Pensionsbezieher schlecht gewirtschaftet habe und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, zum Stichtag Ausgedingsleistungen zu vereinbaren, könne ihm nicht vorgehalten werden, sonst könnte ja auch bei einer Zwangsversteigerung, die in der Regel auf schlechtes Wirtschaften zurückzuführen sein werde, ein Härtefall nicht angenommen werden. Daß der Kläger die Betriebsführung schon mit Inkaufnahme von Schulden begonnen habe und die aus den Verkäufen erzielten Erträgnisse niemals ausgereicht hätten, um den Schuldenstand zu tilgen, könne nicht zu einer Verweigerung der Ausgleichszulage führen, die zur Deckung der Lebenshaltungskosten in einem Mindestmaß diene. Ob der freihändige Verkauf der zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Liegenschaften durch den Kläger und seine Gattin auf Gründen beruhe, die seiner Einflußnahme entzogen gewesen seien, könne jedoch aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Das Erstgericht werde zu klären haben, ob allenfalls eine Zwangsversteigerung gedroht habe, welchen Verkehrswert die einzelnen verkauften Grundstücke aufgewiesen hätten und welcher Verkaufserlös jeweils erzielt worden sei, erst danach könne endgültig beurteilt werden, ob der Kläger zum Verkauf der Liegenschaften genötigt gewesen sei, ohne daß er entsprechende Ausgedingsleistungen hätte vereinbaren können. Diese Beurteilung werde hinsichtlich der einzelnen Grundstücke allenfalls auch unterschiedlich vorzunehmen sein.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten (unrichtig als Revisionsrekurs bezeichnet) mit dem singemäßen Antrag, ihn aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens zu erkennen.
Der Kläger beteiligte sich am Rekursverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, in den Gesetzesmaterialien seien für die Annahme eines Härtefalles ausschließlich Gründe demonstrativ aufgezählt, die nicht von der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers umfaßt seien. Das Ausgedinge als Spezifikum der Landwirtschaft stelle neben der Pension einen unverzichtbaren Bestandteil der Altersversorgung der ländlichen Bevölkerung dar, sodaß die Begünstigung des § 140 Abs.8 BSVG nur ausnahmsweise angewendet werden könne, eben in jenen Fällen, in denen der Pensionsbezieher aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen von jeglicher Naturalleistung ausgeschlossen sei. Dem Kläger wäre es hingegen möglich gewesen, am Stichtag ein Ausgedinge zu vereinbaren und es auch verbüchern zu lassen. Die Rechtssache sei daher im Sinne einer Abweisung der Klage (und demgemäß Bestätigung des Ersturteils) spruchreif.
Da der Oberste Gerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anzuwendenden Bestimmungen des § 140 Abs 7 und 8 BSVG hatte, stellte er mit Beschluß vom 25.2.1992, 10 ObS 374/91, gemäß § 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 140 Abs 7 BSVG idF der 14. und der 15.Novelle und § 140 Abs 8 idF der 14.Novelle gemäß Art 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 10.12.1993, G 60/92-17 ua, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag ab; die vom Obersten Gerichtshof aufgeworfenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Frage stehenden Bestimmungen träfen nicht zu. Bei der Entscheidung über den Rekurs ist daher von der Geltung dieser Bestimmungen auszugehen.
Die Ausgleichszulage zu einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung stellt sich ihrem Wesen nach als eine Leistung der Sozialhilfe dar, sodaß die erforderlichen öffentlichen Mittel für derartige Leistungen nur subsidiär herangezogen werden dürfen. Daher sind bei Feststellung des Ausgleichszulagenanspruches neben der Pension in der Regel auch alle sonstigen Einkünfte zu berücksichtigen. Für land(forst)wirtschaftliche Betriebe gilt die Regelung, daß die aus der Aufgabe (Übergabe) eines solchen Betriebes üblicherweise gewährten Leistungen an den Übergeber nicht in jedem Einzelfall betragsmäßig bewertet, sondern pauschal berücksichtigt werden. Diese Art der Berücksichtigung von Zuwendungen aus der Übergabe eines Betriebes beruht einerseits auf der Überlegung, daß dem Eigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes zugemutet werden könne, seinen Betrieb so zu verwerten, daß er einen Teil seines Lebensunterhaltes auch nach der Aufgabe der Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten in der Lage sei. Andererseits ist aber eine genaue ziffernmäßige Ermittlung der in Güterform aus dem übergebenen Betrieb tatsächlich empfangenen bzw erzielbaren Naturalleistungen im Hinblick auf die große Zahl der Ausgleichszulagenbezieher praktisch ausgeschlossen. Zu dem kommt noch, daß die pauschale Berücksichtigung dieser Sachleistungen auf die Höhe des Einheitswertes des übergebenen Betriebes Bedacht nimmt, sodaß letztlich dessen Ertragsfähigkeit ausschlaggebend ist. Wenngleich die Regelung über die pauschale Berücksichtigung des Ausgedinges auf den Einheitswert des Betriebes und damit auf die Ertragsfähigkeit Bedacht nimmt, so wurden die Auswirkungen dieser Rechtslage allgemein mit Unzufriedenheit aufgenommen. Ein Grund hiefür war unter anderem, daß die pauschale Berücksichtigung eines Sachverhaltes dem jeweiligen Einzelfall nicht gerecht werde; dies trifft insbesondere auf jene Fälle zu, in denen aus Gründen, die der Einflußsphäre des Betriebsinhabers entzogen sind, ein Ausgedinge nicht erbracht werden kann und demnach der faktischen Anrechnung des Ausgedinges keine tatsächlich empfangenen Naturalleistungen gegenüberstehen. Diesem Umstand wollte die 14. BSVG-Novelle BGBl 1989/644 durch Einführung des § 140 Abs 8 BSVG Rechnung tragen. Diese Bestimmung lautet:
"Ist die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergegebenen (aufgegebenen) land(forst)wirtschaftlichen Betrieb in Geld oder Güterform (landwirtschaftliche Produkte, unentgeltlich beigestellte Unterkunft) aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich geworden, so hat eine Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (Verpächters) zu unterbleiben, und zwar solange, wie diese Voraussetzungen zutreffen und die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen dem Ausgleichszulagenwerber nicht zugerechnet werden kann."
Die Regierungsvorlage führt dazu aus, daß in jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, die Erbringung von Ausgedingsleistungen unmöglich (geworden) ist, eine Pauschalanrechnung überhaupt unterbleiben soll. Nach den Vorstellungen der Regierungsvorlage sind diese Voraussetzungen dann gegeben, wenn der Betrieb (die Betriebsführung) dem Betriebsinhaber gegen seinen Willen entzogen worden (Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung), wenn der Betrieb durch höhere Gewalt (Feuer bzw sonstige Elementarereignisse) zerstört worden ist oder wenn örtliche Verhältnisse (Grenzlandgebiet) bzw sonstige Gegebenheiten (ungünstige Produktionsverhältnisse) zur Betriebseinstellung gezwungen haben, ohne daß die Fortsetzung der Betriebsführung durch andere Personen als zumutbar gewertet werden kann. Im Vordergrund hat daher immer die Tatsache zu stehen, daß eine Ermittlung des Einkommens (Anrechnung) zur Feststellung des Ausgleichszulagenanspruches nur in jenen Fällen zu unterbleiben hat, in denen das Fehlen jeglicher Naturalversorgung aus dem Betrieb dem ehemaligen Betriebsinhaber nicht zugerechnet werden kann. Nach den weiteren Vorstellungen der RV wird etwa eine Betriebsauflösung durch freihändige Veräußerung ohne zwingende Gründe die genannten Voraussetzungen ebensowenig erfüllen können, wie eine Betriebseinstellung trotz möglicher Bewerber für eine Fortführung; auch ein Verzicht des Ausgleichszulagenwerbers auf Ausgedingsleistungen kann die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Die Begünstigung soll daher, um den notwendigen Mehraufwand in vertretbaren Grenzen zu halten, ausschließlich jenen Pensionsbeziehern zuteil werden, die aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, vom Bezug jeglicher Naturalleistungen ausgeschlossen sind, und zwar solange, wie diese Voraussetzungen zutreffen (1102 BlgNR 17.GP 7 f; siehe auch SSV-NV 5/84).
Die Regierungsvorlage erwähnt damit ausdrücklich, daß ein freihändiger Verkauf ohne zwingende Gründe die Voraussetzungen für die Begünstigung nicht zu erfüllen vermag. Hieraus ergibt sich umgekehrt, daß ein durch zwingende Gründe veranlaßter Freihandverkauf sehr wohl einen Härtefall begründen kann. Im Fall der Veräußerung des Betriebes sind daher nicht nur Fälle, in denen die Liegenschaft dem Ausgleichszulagenwerber gegen seinen Willen entzogen wird, sondern auch solche dem § 140 Abs 8 BSVG zu unterstellen, in denen der Pensionist selbst seinen Betrieb veräußerte, sofern er hiezu durch die Umstände gezwungen war. Wird etwa ein Betrieb veräußert, um hiedurch einer drohenden Zwangsversteigerung zu entgehen, so sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel erfüllt, wenn bei dieser Veräußerung mit Rücksicht auf den Schuldenstand ein Ausgedinge nicht vereinbart werden konnte und bei wirtschaflicher Verwertung praktisch der gesamte Erlös zur Deckung der Schulden erforderlich war. Es wäre mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, wollte man die Begünstigung auf den Fall der exekutiven Verwertung der Liegenschaft beschränken. Der Ausgleichszulagenwerber müßte das zusätzliche Kosten verursachende Zwangsversteigerungsverfahren durchführen lassen und wäre nicht selten nach dessen Abwicklung unter Umständen noch mit beträchtlichen Schulden belastet, zumal die exekutive Verwertung vielfach geringere Erlöse bringt als ein freihändiger Verkauf. Ist der Betrieb mit Schulden belastet, die den Wert der Liegenschaft erreichen, so ist die Vereinbarung eines Ausgedinges nicht möglich. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel sind auch in einem solchen Fall erfüllt.
Auch soweit die Beklagte ins Treffen führt, die Verschuldung des Betriebes sei durch schlechte Wirtschaftsführung durch den Kläger begründet, was er selbst zu vertreten habe, sodaß auch aus diesem Grund die Anwendung der Härteklausel ausscheide, kommt dem Rechtsmittel keine Berechtigung zu. Ein Fall des § 140 Abs 8 BSVG ist nämlich unter anderem dann gegeben, wenn die Erzielung eines Ausgedinges aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, am Stichtag ausgeschlossen ist. Dies kann nicht etwa dahin verstanden werden, daß in jedem Fall eine Aufrollung der wirtschaftlichen Gebarung für die gesamte Zeit der Betriebsführung zu erfolgen hätte und in jedem Fall, in dem eine nachprüfende Kontrolle ergibt, daß wirtschaftliche Fehler bei der Führung des Betriebes Grund für die Verschuldung sind, die Härteklausel unanwendbar wäre. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht auf den Fall der Zwangsversteigerung verwiesen. Zumeist sind es wirtschaftliche Fehlleistungen, die letztlich zur zwangsweisen Verwertung der Liegenschaft führen. Dieser Fall wird aber in der Regierungsvorlage als einer der Hauptanwendungsfälle für den § 140 Abs 8 BSVG genannt, ohne daß sich aus den Gesetzesmaterialien ein Hinweis dafür ergäbe, daß die Härteklausel in diesem Fall nur zur Anwendung zu kommen habe, wenn dem Ausgleichszulagenwerber an der Zwangsversteigerung kein Verschulden zur Last falle. § 140 Abs 8 BSVG ist vielmehr dahin auszulegen, daß bei der Prüfung, ob der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogene Gründe vorliegen, die die Gewährung von Gegenleistungen aus der Verwertung des Betriebes unmöglich machen, auf den Zeitpunkt der Verwertung abzustellen ist und die Gründe, die zur Verschuldung führten, außer Betracht zu bleiben haben. Veräußert der Ausgleichszulagenwerber seinen Betrieb, so ist zu prüfen, ob im Hinblick auf den bestehenden Schuldenstand und den bei der Verwertung erzielbaren Erlös die Vereinbarung eines Ausgedinges möglich war. Nur dann, wenn er es unterlassen hat, ein Ausgedinge zu vereinbaren, obwohl dies im Hinblick auf den Wert des Betriebes und die Höhe der Schulden möglich gewesen wäre, ist die Anwendung des § 140 Abs 8 BSVG ausgeschlossen. Bei anderer Betrachtungsweise käme dieser Bestimmung ein pönaler Charakter bezüglich wirtschaftlicher Fehlleistungen während der Zeit der Betriebsführung zu; ein solcher Inhalt kann der Norm aber nicht unterstellt werden. Es soll vielmehr das Mindesteinkommen eines Pensionisten gesichert werden, der im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe außerstande ist, ein Einkommen aus Ausgedingsleistungen zu erzielen.
Wohl hat dieses Ergebnis zur Folge, daß ein schlecht wirtschaftender Landwirt, dessen Betrieb am Stichtag überschuldet ist, Anspruch auf Ausgleichszulage hat, ein gut Wirtschaftender hingegen, der einen gut bestellten Betrieb übergibt, auf das pauschal angerechnete Ausgedinge verwiesen wird. Es wäre allerdings nicht lebensnah anzunehmen, daß etwa ein Landwirt seinen Betrieb nur deshalb verschuldet, um in den Genuß der Ausgleichszulage zu kommen, weil für ihn damit doch häufig beträchtliche anderweitige Nachteile verbunden sind.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist daher zutreffend; die Tatfragen, bezüglich derer das Berufungsgericht zusätzliche Aufklärungen für erforderlich hielt, sind für die Entscheidung von maßgeblicher Bedeutung (vgl auch 10 ObS 31/94 und 10 ObS 32/94).
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Kosten des Rechtsmittelverfahrens wurden nicht verzeichnet.
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