Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der R***** AG in V***** wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 14.Oktober 1991 der Konkurs eröffnet. Der Kläger meldete in diesem Konkurs insgesamt 474.254 S an Entgeltforderungen an und begehrte in dieser Höhe Insolvenzausfallgeld. Der Kläger, dem die Verkaufsleitung für die Region Deutschland-Nord übertragen worden war, hatte seine Arbeitsleistung in der Zweigniederlassung H***** in Deutschland zu erbringen und dort auch die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge von seinem in DM ausgezahlten Gehalt zu entrichten. Mit dem Dienstgeber waren die Anwendung deutschen Arbeits- und Sozialrechtes sowie der Gerichtsstand München ausdrücklich vereinbart.
Mit Bescheid vom 13.April 1992 lehnte das beklagte Arbeitsamt die Gewährung von Insolvenzausfallgeld an den Kläger ab.
Der Kläger begehrte 474.254 S an Insolvenzausfallgeld. Das IESG beziehe die Ansprüche sämtlicher Arbeitnehmer eines in Österreich insolvent gewordenen Arbeitgebers in seinen Geltungsbereich ein, unabhängig davon, wo die Arbeitsleistung zu erbringen sei und auch unabhängig davon, ob für das Dienstverhältnis eine Versicherungspflicht in der österreichischen Sozialversicherung bestehe.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es liege ein Dienstverhältnis nach deutschem Arbeits- und Sozialrecht vor, dem die entsprechende Anknüpfung an das österreichische Sozialversicherungssystem fehle. Das Dienstverhältnis des Klägers sei in das deutsche Sozialversicherungssystem einbezogen gewesen; Beiträge zur österreichischen Sozialversicherung seien weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer geleistet worden, so daß der Kläger der österreichischen Risikogemeinschaft nicht angehört habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 439.205 S netto sA statt und wies das Mehrbegehren von 35.049 S netto sA ab. Nach § 1 Abs 1 IESG sei nur darauf abzustellen, ob über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet worden sei; hingegen sei nicht zu prüfen, ob die Arbeitsleistung in Österreich oder im Ausland zu erbringen gewesen sei und ob österreichisches oder deutsches Sozialversicherungsrecht anzuwenden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Arbeitgebers in Inland stelle keine ausreichende Anknüpfung für den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld dar. Im Hinblick auf die Zugehörigkeit des IESG zum Sozialversicherungsrecht biete sich die analoge Anwendung der für dessen räumlichen Geltungsbereich geltenden Grundsätze, wie Territorialitätsprinzip sowie Ein- und Ausstrahlungsprinzip an. Für den Kläger, dessen Arbeitsverhältnis außer dem Sitz seines Arbeitgebers in Österreich keinen sozialversicherungsrechtlichen Anknüpfungspunkt zu Österreich gehabt habe, sei durch Verträge und Abkommen, die zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen worden seien, klargestellt, daß er einen in Deutschland geltend zu machenden Anspruch auf Konkursausfallgeld habe. Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung vom 19.Juli 1978, BGBl 392/1979, beziehe sich nach seinem Art 2 Abs 1 auch auf die österreichischen Rechtsvorschriften über das Insolvenzausfallgeld (lit f) und auf die deutschen Rechtsvorschriften über das Konkursausfallgeld (lit e). Gemäß Art 5 Abs 1 dieses Abkommens richte sich die Versicherungs- und Beitragspflicht nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet der Arbeitnehmer beschäftigt sei, und zwar auch dann, wenn sich der Arbeitgeber im anderen Vertragsstaat befinde. Nach Art 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet des Konkurs- und Ausgleichs-(Vergleichs-)rechtes vom 25.Mai 1979, BGBl 233/1985, erstreckten sich die Wirkungen des in einem Vertragsstaat eröffneten Konkurses auch auf den anderen Vertragsstaat. Gemäß Art 13 Abs 2 dieses Vertrages bestimme sich der Einfluß des Konkurses nach dem Recht des Vertragsstaates, in dem die Arbeit gewöhnlich zu verrichten sei; ebenso seien gemäß Art 19 Abs 2 des Vertrages Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet worden sei. Zur Berichtigung dieser Ansprüche sei auch vorweg die in diesem Vertragsstaat vorhandene Konkursmasse heranzuziehen. Nach Art 20 Abs 3 des Vertrages seien - abweichend von der in Art 20 Abs 1 und 2 normierten grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Rechtes des Konkursgerichtes für die Zuständigkeit über Konkursforderungen - für Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen die Gerichte des Vertragsstaates zuständig, in dem die Arbeit gewöhnlich zu verrichten gewesen sei. Nach diesen Bestimmungen könne kein Zweifel darüber bestehen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Gemeinschuldnerin der Sozialversicherungspflicht in Deutschland unterlegen sei, seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ausschließlich nach deutschen Rechtsvorschriften zu beurteilen und im Falle ihrer Bestreitung im Konkurs vor deutschen Gerichten geltend zu machen seien. Nach diesen Vorschriften habe der Kläger Anspruch auf Konkursausfallgeld nach deutschen Vorschriften, darüber hinaus aber mangels einer ausweichenden Anknüpfung zum österreichischen Sozialversicherungsrecht keinen Anspruch auf Insolvenzausfallgeld nach österreichischem Recht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Da die Begründung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes zu erwidern:
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist die Sicherung der Entgeltansprüche des Arbeitnehmers bei Insolvenz des Arbeitgebers Teil des gesetzlichen Sozialversicherungsrechtes, in dessen Rahmen bestimmte soziale Risken, wie Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Minderung der Arbeitsfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Alter aufgrund einer gesetzlichen Regelung versichert sind. Zweck des IESG ist die sozialversicherungsrechtliche, sich weitgehend an die Einrichtungen der Arbeitslosenversicherung anschließende Sicherung gegen die von den Arbeitnehmern typischerweise nicht selbst abwendbare und absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes sowie des Lebensunterhaltes ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen angewiesen sind (RV 464 BlgNR 14.GP, 6 f; WBl 1991, 328 = RdW 1991, 333). Im Sozialversicherungsrecht gilt das Territorialitätsprinzip, wobei nach der dieses allgemeine Prinzip für Arbeitsverhältnisse konkretisierenden Norm des § 1 ASVG territorialer Anknüpfungspunkt bei unselbständig Beschäftigten die Beschäftigung im Inland ist (siehe Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 42; Grillberger, Österreichisches Sozialrecht2 23 f). Darüber hinaus gilt für das Sozialversicherungsrecht im allgemeinen das Versicherungsprinzip, wonach grundsätzlich nur der Anspruch auf Leistung hat, der Beiträge geleistet hat oder für den Beiträge geleistet wurden (siehe Tomandl aaO, Rz 5 und 42 sowie Grillberger aaO 2). Gemäß § 12 Abs 1 Z 5 IESG ist der Versicherungsbeitrag in Form eines Zuschlages zu den vom Arbeitgeber zu leistenden, gemäß § 62 ALVG von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung einzuhebenden Anteil des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung zu leisten. Arbeitslosenversicherungspflichtig sind Dienstnehmer, die in der Krankenversicherung pflichtversichert sind (§ 1 Abs 1 lit a ALVG), sohin alle im Inland beschäftigten Dienstnehmer (§ 1 iVm § 4 Abs 1 Z 1 ASVG), das sind die unselbständig Erwerbstätigen, deren Beschäftigungsort im Inland gelegen ist (§ 3 Abs 1 ASVG). Da demnach nur für im Inland beschäftigte Dienstnehmer von den Dienstgebern Beiträge zum Aufwand des Insolvenzausfallgeldfonds zu leisten sind, spricht auch das Versicherungsprinzip für eine Einschränkung des Anwendungsbereiches des IESG auf im Inland beschäftigte Dienstnehmer (vgl VfSlg 12.230). Da damit die umschreibbare Fallgruppe der von einem im Inland in Konkurs verfallenen Arbeitgeber im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer von den Grundswertungen und Zwecken des Gesetzes entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs 1 IESG nicht getroffen wird und sich von der "eigentlich gemeinten" Fallgruppe der im Inland beschäftigten Arbeitnehmer soweit unterscheidet, daß die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt wäre, ist der Anwendungsbereich des IESG teleologisch auf Arbeitnehmer zu reduzieren, deren Beschäftigungsverhältnisse nach den §§ 1, 3 und 30 Abs 2 ASVG in die allgemeine österreichische Sozialversicherung fallen (siehe Bydlinski in Rummel ABGB2 I Rz 7;
Schwarz-Reissner-Holzer-Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz3 82).
Steht dem Kläger aber kein Anspruch auf Insolvenzausfallgeld nach dem IESG zu, kann er auch aus der Vorschrift des Art 6 des Abkommens BGBl 392/1979 nichts für seinen Standpunkt gewinnen. Danach richtet sich der Anspruch auf die in Art 2 Abs 1 des Abkommens angeführten Leistungen, zu denen auch das österreichische Insolvenzausfallgeld und das deutsche Konkursausfallgeld zählen, nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet der Anspruch geltend gemacht wird. Da dem Kläger das geltend gemachte Insolvenzausfallgeld nach den österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften nicht zusteht, entspricht die Abweisung der österreichischen Rechtslage.
Abschließend ist zu bemerken, daß auch die Regelung des Art 8 Abs 5 des zitierten Abkommens nicht für den Standpunkt des Klägers spricht; darin wird für Grenzgänger, bei denen der gewöhnliche Aufenthaltsort und der Beschäftigungsort auseinanderfallen, abweichend von dem in Art 8 Abs 1 des Abkommens für das Arbeitslosengeld normierten generellen Anknüpfungspunkt des gewöhnlichen Aufenthaltes, für den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld auf den Ort der Beschäftigung abgestellt und damit für diese Leistung der allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Anknüpfung an den Ort der (letzten) Beschäftigung der Vorzug gegeben. Daraus kann wohl nicht abgeleitet werden, daß Arbeitnehmern, deren Wohn- und Beschäftigungsort nicht in Österreich liegt, Insolvenzausfallgeld nach österreichischen Rechtsvorschriften zusteht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 ASGG, zumal der Kläger keine Gründe für einen ausnahmsweisen Zuspruch nach Billigkeit darlegt.
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